Neuestes Süddeutsches Kochbuch für alle Stände. Viktorine Schiller
gerne genossen wird. Das Kalbfleisch muß schön weiß und die Nieren müssen recht mit Fett bewachsen seyn, sonst ist es ein Zeichen, daß das Kalb zu bald von der Mutter weggenommen wurde; das Fleisch ist dann roth, unappetitlich und unschmackhaft.
Beim Hammelfleisch macht nicht nur das Alter und das Geschlecht, sondern auch die Jahreszeit, in der es geschlachtet wird, einen großen Unterschied. Nicht das ganze Jahr hindurch ist dieses Fleisch genießbar und schmackhaft, sondern die beste Schlachtzeit währt nur von Johannis bis in den Spätherbst; zu anderer Zeit ist das Fleisch gewöhnlich mager und zäh, so wie es auch immer von alten Thieren zu seyn pflegt. Gutes Hammelfleisch muß fett und von frischer Fleischfarbe seyn, und muß sich, wenn man es zwischen den Fingern drückt, weich anfühlen. Wenn das Fleisch von einem jungen Thiere gekocht ist, so kann es wohl, ohne Nachtheil für die Gesundheit, genossen werden; ist es aber alt und zäh, so ist es höchst unverdaulich, und man muß es, ehe man es kocht, wie ein großes Stück Rindfleisch, recht durchklopfen.
Von Wildbret kann nicht viel gesagt werden, indem man es an manchen Orten selten bekommen kann. Viele ziehen das Rehfleisch dem andern Wildbret vor, weil es allzeit mürber und milder ist; auch kann man es beinahe das ganze Jahr hindurch haben. Je jünger das Wildbret ist, desto delikater ist sein Fleisch, sowie man auch bei allen Arten das weibliche dem männlichen vorzieht, weil es durchaus von zärterer Beschaffenheit ist; nur in der Brunstzeit, welche im September anfängt und bis Ende Oktober (jedoch nicht bei allem Wild) dauert, ist das Wildbret mager und unschmackhaft, und sollte ohne Noth nicht genossen werden. Sonst zählt man das Wildbret zu den gesundesten Speisen; denn es wird, ohne Speck bei seiner Zubereitung anzuwenden, auch Kranken zu essen erlaubt.
IV. Von Giften, die in der Küche vorkommen.
Unter der allgemeinen Benennung „Gift“ wird Alles verstanden, was der Gesundheit nachtheilig ist und bei öfterem Genusse oft unheilbare Krankheiten nach sich zieht. Darum ist oben, bei Beschreibung der Kochgeschirre, schon angemerkt worden, daß sich in den kupfernen Gefäßen bei feuchter Luft gerne an den Fugen oder am Boden Grünspan ansezt, und wenn in einem solchen Geschirre gekocht würde, die schlimmsten Folgen daraus entstehen könnten. Auch die zinnernen Geschirre können uns sehr schädlich werden, weil das Zinn mehr oder weniger Arsenik enthält; lassen wir saure Speisen: Salat, Eier, fette Brühe u. dgl. in zinnernen Gefäßen stehen, so werden wir finden, daß das Zinn von sauren Sachen blaue Flecken bekommt, von Eiern und Salz hingegen schwarze Flecken entstehen; ein Beweis, daß etwas von seinen Theilen aufgelöst und in die Speisen übergegangen ist. Alle Feuchtigkeiten, Säuren und Honig lösen mit der Zeit das Zinn auf, und wäre in diesem auch kein Arsenik, so ist doch das Blei, mit dem das Zinn häufig vermischt ist, schon nachtheilig genug. Dieses Metall bewirkt Verstopfungen des Leibes, Lähmung und Auszehrung. In geringer Menge in den Körper gebracht, verursacht es wenigstens Magendrücken und Unverdaulichkeit.
Insofern nur Blei und andere Metalle zur Glasur der irdenen Kochgeschirre angewendet werden, sind auch diese der Gesundheit schädlich, wenn man nämlich Milch und saure Sachen so lange darin aufbewahrt, daß sich die Glasur auflösen kann.
Muß man also beim Gebrauche der Küchengeschirre, um Gift zu vermeiden, äußerst vorsichtig seyn, so ist dieses bei den Materialien zu den Speisen selbst um so dringender zu empfehlen.
Das Fleisch und die Milch von krankem Vieh, ranziger Speck, ranzige Mandeln und ranzige Oele, verdorbene Eier und Barbenrogen wirken als heftige Gifte. Gleiche Vorsicht ist auch bei allen Arten von Schwämmen anzuwenden, weil sich leicht giftige darunter befinden können, deren Unterscheidung von den guten nicht so leicht ist. Ein Schwamm ist immer verdächtig, wenn er eine bläuliche Farbe hat, oder überhaupt bunt und hochgestielt ist. Zur Vorsicht muß man während des Kochens der Schwämme eine weiße Zwiebel beilegen; wird diese schwarz, so ist es Zeit, das Geschirr sammt dem Inhalte wegzuwerfen, weil dann gewiß giftige Schwämme untermengt sind. Ebenso können schädliche Samen unter den Linsen und andern Kernen und Früchten seyn, weßwegen sie sorgsam ausgeklaubt (ausgelesen) werden müssen.
Im Pflanzenreiche finden wir noch eine Menge giftiger Stoffe, worunter sich der Schierling vorzüglich auszeichnet. Der große, wohlgefleckte, gemeine Garten-Schierling (Conium maculatum), den man auch Hundspetersilie nennt, blüht im Juli und August; seine Wurzel ist von mittlerer Dicke, runzlich, und von Geruch der Pastinakwurzel ähnlich; daher hat man traurige Beispiele, daß dieser Schierling zu Speisen genommen worden ist. Man unterscheidet den Schierling von der Petersilie durch den Geruch; auch sind der lezteren Blätter viel feiner und spitziger eingeschnitten, dunkler grün als die Blätter des Schierlings, und die Samengipfel sind zahlreicher und größer. Durch gleiche Merkmale unterscheidet er sich auch vom Körbel. Um seine Wurzel nicht für Pastinak anzusehen und zu nehmen, müssen wir bemerken, daß der Pastinak einen weißen Saft, eine reichere und dickere Wurzel hat, die auch weniger in Aeste getheilt ist. Der kleine Schierling oder die Gartengleisse (Aethusa Cynapium) ist noch schwerer von der Petersilie zu unterscheiden; das Auge des Unerfahrenen wird, besonders wenn die Pflanze noch jung und am gefährlichsten ist, sehr leicht getäuscht, und man muß die Nase zu Hülfe nehmen, um Gleisse und Petersilie zu unterscheiden. Bei genauer Beobachtung merkt man jedoch unter den Stielen der Blumen 3 lange spitzige Blättchen, welche wie ein Bart hinabhängen, was bei der Petersilie nicht der Fall ist. Dieses sind neben dem Geruche die sichersten Kennzeichen, die Pflanzen von der Petersilie und andern Gewürzkräutern zu unterscheiden. Beide Schierlingsarten sind höchst schädlich, ja tödtlich, und gehören unter diejenigen Gifte, die scharf und betäubend zugleich sind.
Noch ist zu bemerken, daß man ja bei Gemüsen, ehe man sie zum Feuer bringt, im Klauben (Lesen) und Waschen äußerst vorsichtig seyn muß, besonders des Mehlthaues wegen, der öfters auf den Blättern liegt und der Gesundheit sehr nachtheilig werden kann. Ebenso kann ein Stückchen Kalk, welcher von der Wand herab in das Kochgeschirr unversehens kömmt, oft heftige Krankheiten verursachen.
V. Vom Holz und Wasser.
Man könnte glauben, es wäre ganz gleichgültig, was für Holz und Wasser beim Kochen gebraucht wird; aber die Reinlichkeit u. a. m. belehrt eines Andern. Wenn wir zu einem Spießbraten Feuer von weichem Holze machten, so würde der Braten sammt der Sauce von den abgesprungenen Kohlen nicht nur unappetitlich aussehen, sondern auch nicht so leicht ausgebraten werden, weil hartes Holz immer ein langsameres, aber stärkeres Feuer gibt. Zum Heizen der Bratöfen kommt aber nicht so viel darauf an; doch ist immer zu bemerken, daß weiches Holz ein geschwindes und helles, hartes ein gelinderes, aber doch mehr Hitze machendes Feuer gibt.
So müssen wir auch den Unterschied im Wasser bemerken, weil es auch in weiches und hartes eingetheilt wird. Zu trockenen Hülsenfrüchten, wie auch zu trockenen Fischen, darf durchaus kein hartes Wasser genommen werden; sie würden beide, auch bei anhaltendem Kochen, nicht weich werden. Zum Waschen des Fleisches und der Gemüse ist es aber gleichgültig, ob das Wasser hart oder weich ist. So kocht sich auch das Fleisch in Wasser, das zu viel Salpetertheilchen enthält, roth, und dieses Wasser ist es vorzüglich, welches auch am wenigsten zum Kochen der Hülsenfrüchte taugt.
Eine ganz einfache Probe des Wassers besteht darin, daß man in eine jede Art desselben ein Läppchen von Leinwand taucht; dasjenige, welches das weiche Wasser in sich gezogen hat, wird geschwinder trocken als dasjenige, welches mit dem harten Wasser befeuchtet wurde. Gutes Wasser muß klar, ohne Geruch und Geschmack, auch leicht am Gewicht seyn und, wenn man es schüttelt, stark Perlen werfen, aber keinen Schaum halten; mit Seife, welche sich leicht darin auflöst, muß es stark schäumen; sollte man aber an seinem Wohnorte modriges oder unreines Wasser haben, so kann man ihm in etwas zu Hülfe kommen, wenn man zu verschiedenen Malen glühendes Eisen darin ablöscht. Noch geschwinder erreicht man aber seinen Zweck, wenn man Vitriolspiritus in das Wasser tröpfelt, oder, wenn man diesen nicht bei der Hand hat, ein Glas voll Branntwein in das Wasser gießt, welcher dann das Unreine unverzüglich