Die Babenberger sind an allem Schuld. Hubert Hinterschweiger

Die Babenberger sind an allem Schuld - Hubert  Hinterschweiger


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beschriftet, und auf Grund der Feinheit seiner Oberfläche war es möglich, Teile der biblischen Geschichte zu zeichnen und zu malen. Das war der Beginn der Buchmalerei. Geschrieben wurde mit einem Gänse- oder Rabenkiel. Fein oder breiter zugespitzt, schrieb, nein, malte der Mönch Texte der Heiligen Schrift in lateinischer Sprache auf das Pergament. Immer wieder musste er absetzen, um den Kiel in Tinte zu tauchen, sehr vorsichtig dosiert, denn das Gleichmaß der Schrift und des Schriftbildes durfte durch nichts gestört werden. Die einfachste Art, Tinte selbst herzustellen war, Ruß und Fettbestände zu mengen. Aber schon seit Jahrhunderten verwendete man die Eisengallustinte, eine Mischung von ausgekochten Eichengallen und Eisenvitriol.

      Für diese Tätigkeiten hatten die Klöster ihre Spezialisten, die all die genannten Fähigkeiten vollkommen beherrschten. Bleiben wir bei der Buchmalerei, so kann man sich vorstellen, wie groß der Zeitaufwand für die Darstellung einer Begebenheit aus der Bibel war. Da saßen nun die Mönche im Scriptorium, wo es im Sommer kühl, aber im Winter bitterkalt war, um Überschriften, Randleisten und den ersten Buchstaben eines neuen Kapitels phantasievoll geschwungen zu schreiben und auszumalen. Die Schrift glich einem Ornament, so gleichmäßig und schön war sie geschrieben, und schaute man sich die bildlichen Darstellungen an, die den Text als Miniaturen begleiten, ahnt man die tiefe Gläubigkeit und Spiritualität dieser Künstler, die sicher in Gebeten versunken diese Kunstwerke zustande brachten.

      Mit einer sehr spitzen Feder zeichnete der Mönch das Bild und füllte es dann mit aquarellierenden Tönungen, auch mit Deckfarben und Blattgold aus. Die Farbherstellung war eine Wissenschaft, die der Vater dem Sohn weitergab, oder der Mönch dem Mönch, denn dieses Wissen garantierte Ansehen und Wohlstand. Die Farben wurden aus Pflanzen oder deren Säften gewonnen, aus Wurzeln und Blüten erzeugt und auch aus Blut oder Saft toter Tiere oder deren Organen. Eine große Zahl von Steinen, zu Pulver verrieben, mit Öl vermischt ergaben wunderbare Erdtöne. Dazwischen lagen noch Möglichkeiten von Auskochen und Mischen verschiedener Bestandteile. Also, Farben gab es genug, bis auf Purpur, das war die Farbe des Kaisers oder des Papstes. In Purpur gekleidet, das haben die Kinder oft in Märchen gelesen und sich mit träumerischem Blick Prinzen und Könige vorgestellt, die in diesen wertvollen Gewändern in ihren herrlichen Hallen wandelten. Nachdem die Purpurschnecken nur in warmen Meeren heimisch sind, war die Herstellung dieser Farbe nicht möglich. Sie kam aus dem Orient und das ließen sich die Händler gut bezahlen. Aus dem farblosen Drüsensekret der Purpurschnecken gewonnen, verändert sich die Flüssigkeit unter Einwirkung von Licht und Luft zu einem wunderbaren Farbton. Von blaurot bis rotblau reicht die Skala der Farben, und die damit eingefärbten Stoffe wurden nur zu Gewändern für hohe Würdenträger verarbeitet. Wer sonst konnte den Preis für dieses wunderschöne Material bezahlen? In Persien, Griechenland und Byzanz entwickelte sich ein Kult, der noch heute in der katholischen Kirche beim Färben des Kardinalmantels gepflegt wird.

      Auch das Auswalzen von Blattgold war eine Kunst, die schon die Ägypter seit Jahrtausenden kannten, bis diese Fertigkeit den Weg nach Europa fand. Reines oder mit anderen Edelmetallen legiertes Gold konnte man schon damals hauchdünn auswalzen, dann auf einem glatt polierten Amboss aus Marmor zwischen zwei Pergamentblättern mit einem Hämmerchen so lange bearbeiten, bis die gewünschte Stärke erreicht war. Erst dann nahm man mit einer hölzernen Zange das Blättchen auf, um es weiter zu bearbeiten. Man kann sich wohl kaum die langwierige Arbeit vorstellen, wenn man staunend vor einer Seite einer mittelalterlichen Bibel steht.

      Zum Schluss mussten die Seiten gefaltet, gebunden und gleichmäßig beschnitten werden, um endlich die Form eines Buches zu erhalten. Jedes Buch war ein Unikat, immer anders als das nächste. Der Buchdruck, die beweglichen Lettern wurden erst rund 400 Jahre später erfunden.

      Um sich die Herstellung von Pergament zu ersparen, hatten einige Mönche die wunderbare Idee, die für sie alt und wertlos erscheinenden Bücher, ebenfalls aus Pergament, zu zerlegen und die Schrift der einzelnen Seiten mit dem Messer abzuschaben und den Rest mit Limettensaft zu behandeln. Oft genug wiederholt, begann die alte Schrift zu verblassen, um nur noch bei genauem Hinsehen Schatten eines Textes erkennen zu lassen. Waren die Seiten groß genug, wurden diese quer auseinander geschnitten, das Blatt um 90 Grad gedreht und wieder beschrieben. Hunderte alte Bücher wurden auf diese Weise wiederverwertet und Palimpseste hergestellt, wie das griechische Wort für Recycling heißt. Vor nicht allzu langer Zeit hatten Historiker ein Palimpsest genauer angesehen, den Schatten der Schrift und der Zeichnungen etwas aufgefrischt und Seiten wissenschaftlicher Aufzeichnungen des Archimedes sichtbar gemacht. Im Moment sucht man weitere Seiten dieses berühmten Mathematikers aus Syrakus, der in seinem Garten, eine wissenschaftlichen Lösung in den Sand kritzelnd, von einem römischen Soldaten ermordet worden war.

      Was die Texte in lateinischer Sprache betraf, so war Latein die Universalsprache der Gebildeten Europas, alles andere waren Sprachen und Dialekte, die man nicht zur Kenntnis nahm. Noch in der Barockzeit verstand ein Höfling kein Wort der unartikulierten Laute österreichischer Bevölkerungsschichten, denn da war Französisch die Sprache der Gebildeten.

      Um wieder auf Markgraf Heinrich I. zurückzukommen, muss man anerkennend feststellen, dass er ein treuer Gefolgsmann Kaiser Heinrichs II. war. Gefolgsmann ist immer mit Kriegführen gleichzusetzen. Bei all den Kämpfen hatte Markgraf Heinrich wesentlichen Anteil am Erfolg.

      Spektakuläres aus dieser Zeit ist nicht zu berichten. Die Arbeit von Heinrich I. war der Ausbau und die Stabilisierung der Mark im Osten. Als Einzelgänger ohne Weib und Kind diente er der Mark, und als die Zeit des Abschiednehmens kam, verstarb er ohne Aufsehen und machte seinem Bruder Adalbert Platz.

      MARKGRAF ADALBERT

      DER SIEGREICHE (1018–1055)

      Adalbert folgte seinem Bruder Heinrich und regierte von 1018 bis 1055; er diente drei Kaisern: Heinrich II., Konrad II. und Heinrich III.

      Sich auf drei Herren einzustellen, erfordert schon ein angemessenes Quantum an Fingerspitzengefühl. Markgraf Adalbert dürfte dieses Feingefühl auch bei Frauen gehabt haben, wurden ihm doch in erster Ehe zwei prachtvolle Buben geschenkt. Seine erste Frau war Glismod, die gütige, verträumte Schwester des Bischofs Meinwerk von Paderborn.

      Aber wer hat schon Zeit für Familienidylle, das Tagesgeschäft hat einen fest im Griff. Sehr störend machten sich wieder die Magyaren bemerkbar, da auch König Stephan als gekrönter Christ nicht in der Lage war, den Frieden und die Ruhe, die man sich nun an der Ostgrenze des Landes erwartete, so ohne weiteres herbeizuführen. Dem Frieden war deswegen kein Erfolg beschieden, weil ein Großteil der ungarischen Stammesfürsten noch immer nicht daran dachte, sich unter das christliche Joch zwingen zu lassen. Das sensible, nervöse Temperament der Magyaren geriet aus dem Gleichgewicht, und um ihrem Unmut Ausdruck zu geben, waren Unruhen und Aufstände über Jahrzehnte die Folge. Zu den unterschiedlichen Interpretationen der christlichen Pflichten kamen die aufkeimenden Investiturstreitigkeiten, die nicht gerade beruhigend auf die ungarische Seele wirkten. Und jetzt kam noch dazu, dass die Menschen die Folgen der Christianisierung überhaupt nicht zufriedenstellend fanden. Nichts hatte sich im Leben jedes Einzelnen trotz Lockungen und Versprechungen der Kirche und deren Patres zum Besseren verändert, überhaupt nichts. Ganz im Gegenteil – besonders ärgerlich empfanden die Bekehrten die Zehentzahlung an den Kaiser als übergeordnete Instanz. Gepaart mit anderen Unannehmlichkeiten ließ das die Glut zur Flamme der Empörung lodern, und in Erinnerung vergangener Tage begann man wieder mit Überfällen, Raub und Mord, um die gekränkten Gedanken abzulenken. Ja, ja, das ungarische Temperament!

      Wer hatte schon Angst vor der bayerischen Markgrafschaft Ostarrichi? Das Gebiet hatte eine Ausdehnung von der Enns bis zur March und von der Thaya bis etwas nördlich von St. Pölten. Wirklich ein lächerlich kleines Stück Land in hochexplosiver Lage.

       Die Kämpfe gegen Ungarn mit wechselndem Erfolg

      Dem Zur-Schau-Stellen gekränkter Eitelkeit kann Kaiser Konrad II. keinen besonderen Geschmack abgewinnen und überlegt einen Kriegszug gegen Ungarn. Es ist Zeit, dem Nachbarn eine Lektion zu erteilen. Mit seinem Reichsheer und mit Hilfe des Babenbergers gedenkt er die Sache in einigen Tagen bereinigt zu haben. Der


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