Die Babenberger sind an allem Schuld. Hubert Hinterschweiger

Die Babenberger sind an allem Schuld - Hubert  Hinterschweiger


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heute ein Marmorgehäuse mit einer Wolfgangstatue aus dem 15. Jahrhundert. Heilig gesprochen wurde er schon 1052.

      Die Zeit um das Jahr 1000 ist eine andere Welt, ein anderer Geist, eine andere Art des Verständnisses. Wir leben in der Romanik, in der Zeit der Heiligen, Geister, Kobolde, Hexen und Teufel, dazwischen muss aber auch der christliche Glaube seinen Platz haben. Aber beides, überliefertes Heidentum und vor allem der neue Glaube, der Glaube an die Hoffnung, befreit die menschliche Seele und gibt dem Menschen wieder Zuversicht. Man kennt keine wissenschaftlichen, physikalischen Erkenntnisse, nur gute oder böse Geister. Was immer sich an Naturereignissen zuträgt, Blitz, Donner, Dürre, Überschwemmungen oder Verwüstungen, sind mahnende Stimmen der verschiedenen Götter oder doch nur die Stimme des einen, wahren Gottes. Aber nur die Götter oder nun der eine Gott ruft die schuldigen, sündigen Menschen zur Ordnung. Es war nicht immer leicht, zwischen den Vorstellungen verschiedener Götter zu unterscheiden und sie auseinander zu halten. Auf der einen Seite die bisher geübten Naturreligionen und auf der anderen Seite der neue christliche Glaube.

      Es muss bewundernd festgehalten werden, dass unter der Führung der Kirche durch den Glauben der Mönche unglaubliche Vorleistungen erbracht wurden. Um den aus allen Himmelsrichtungen stürmenden, in verschiedenen Sprachen und Dialekten sprechenden Menschen durch Wort, Gebet und Gesang die christliche Botschaft näher zu bringen, war es die gefährliche, entbehrungsreiche Pflicht der Mönche und Wanderprediger, sich dieser Aufgabe zu widmen. Tiefgläubige, gute Christenmenschen versuchten immer und überall im Namen des Kreuzes zu wirken und das Wort des Herrn den Menschen durch gute Taten und Wunder näher zu bringen. Das hatte zur Folge, dass nur Kirchen und Klostergründungen Garanten für den Bestand eines gewissen Friedens und der christlichen Einheit waren.

       Andere heilige Vorfahren, etwa der heilige Severin

      Der heilige Wolfgang ist einer von vielen Gotterwählten, die nicht in Vergessenheit geraten sollten, auch wenn sich der Nebel der Vergangenheit über sie gebreitet hat. In unerschütterlichem Glauben und Sendungsbewusstsein riskieren sie ihr Leben, um in christlicher Demut Gottes Wort und Nächstenliebe zu verkünden. Ostarrichi, Österreich, oder damals das Gebiet im Osten, hatte schon immer überragende Persönlichkeiten, die für dieses Land von Nutzen waren, zum Beispiel den um 400 n. Chr. lebenden heiligen Severin. Er stammte aus einer vornehmen römischen Familie und verabschiedete sich von Gold, Glitzer und all dem Tand, der Menschen blendet und verführt. Als einfacher Mönch erlebte er bewusst den Untergang des Römischen Reiches, den Verfall der Städte, des Landes und der alten Ordnung.

      Nachdem das Wort »Barbaren« einen abschreckenden Beigeschmack hatte und den unfolgsamen Kindern oft damit gedroht wurde, musste auch die Bevölkerung südlich der Donau schmerzlich erleben, wie richtig all diese Äußerungen und Drohungen waren. Es war ein Schmähwort der Römer für die struppigen, bärtigen Gesellen, für die da drüben über der Donau, derer man nicht Herr werden konnte. Und weil sie eben so rau, wild und struppig waren und Barba auf deutsch Bart heißt, war auch schon die Verunglimpfung und Schmähung erfunden.

      Man konnte sie nicht mehr bändigen, die anstürmenden Völker, die wilden Kämpfer, die sich über den in Schutt verwandelten Limes in schönes, kultiviertes römisches Gebiet ergossen und zeitweise sogar Rom erstürmten. Für Menschen, für konservative Menschen, die Griffeln und Tafeln fein säuberlich auf ihren Tischen liegen hatten, ging eine Welt unter, und ihr Glaube an Recht und Ordnung schmolz in Verzweiflung dahin.

      Reisen, heute eine lustvolle Tätigkeit, führte damals sehr oft durch unbekannte, feindliche Gebiete und war stets mit Gefahren verbunden. Reisen heiliger Männer dienten an und für sich weniger der Lust denn der Buße oder der Glaubensverkündung. Verfolgt man die Wanderungen dieser Menschen, kann man kaum die Strapazen, Entbehrungen und Leiden dieser über Tausende Kilometer zählenden Züge nachempfinden. So ergeht es auch dem heiligen Severin. Dieser heilige Diener Gottes kommt nach einer Reise aus dem Morgenland, nach dem Besuch des Heiligen Grabes zu Fuß, zeitweilig vielleicht auf einem Eselskarren, nach Pannonien und lässt sich in einer kleinen Stadt namens Asturis (Klosterneuburg) nieder. Er lebt nach den Lehren des Evangeliums und erfüllt sein christliches Vorhaben, den einzig richtigen Glauben durch Liebe, Hilfe und heilige Werke zu bezeugen und zu verbreiten. Er ist nicht nur Prediger, sondern vermittelt auch zwischen den Bewohnern des ehemals Römischen Imperiums und den jenseits der Donau siedelnden und eindringenden Stämme. Streit, Raub, Mord und verschiedene Überfälle kann er auf Grund seiner Würde und Überzeugungskraft schlichten. Der Ruf seines heiligen Waltens und seiner Wunderkraft dringt weit ins Land und sein Name wird mit Ehrfurcht genannt. Wo immer er auftaucht, schart sich eine große Zahl von Hilfesuchenden und Gläubigen um ihn, und wo immer er kann, predigt und hilft er den Menschen, in sich selbst Sicherheit und Frieden zu finden. Heute würde man sagen, er predigte die Selbsthilfe, nach dem christlichen Spruch: »Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott«. Severin wanderte stromauf bis Mautern, gegenüber von Krems gelegen, bezog eine Klause und verstarb im Jahr 482. Wie alt er wurde, kann niemand sagen, aber ein langes Leben war den Menschen damals nicht beschieden, schon mit 40 Jahren war man ein Methusalem. Nur der heilige Severin, der bildet eine Ausnahme, er ist unsterblich, denn über all die Jahrhunderte ist er Österreichs Schutzpatron geblieben.

      Und nun zu einem anderen der unzähligen Heiligen, die unser Land beschützen. In grauer Vorzeit, östlich des fränkischen Reiches und nördlich des Langobardenreiches, beobachtet Herzog Theodor II. von Bayern die Erfolge der christlichen Missionare und ersucht um Hilfe für den dünn besiedelten wilden Osten. Das war eine Aufgabe, die den aus königlichem Geschlecht stammenden Rheinländer und Wormser Bischof Rupert veranlasst, diesem Hilferuf Folge zu leisten. In Lauriacum (Lorch), einem Ort an der Ennsmündung, macht er Station, um dann langsam missionierend donauaufwärts zu ziehen, bis er die zerstörten Grundmauern des römischen Iuvavum (Salzburg) sieht.

      »Schöne Gegend, ein steiler Hügel und herrlich klares Wasser. Dies wird meine neue Residenz, mein neuer Bischofssitz.« Knapp am Fuße des Hügels errichtet er ein kleines Kirchlein genau auf dem Flecken, wo heute die wunderschöne Salzburger Peterskirche steht. Das Kirchlein wird vergrößert, ein Kloster gegründet und schon steht die Region unter dem Schutz der heiligen Kirche. Salzburg wird, mit dem Titel »Primas Germaniae«, im Jahr 798 das erste Bistum auf unserem Boden und der heilige Rupert Salzburgs Schutzpatron. Die vier ältesten Bistümer sind Passau, Regensburg, Freising und eben Salzburg, alle im Land der Bayern.

       Die Aufgabe unserer Heiligen in grauen Vorzeiten

      Damals, nach dem Fall des Limes, mit der Auflösung einer befestigten Staatsgrenze, war nichts mehr, wie es vorher war. Eine chaotische Zeit nahm ihren Lauf, eine Zeit der Zerstörung und des Umbruchs alter Werte. Fremde Völker, Fußvolk und Reiterscharen, die von irgendwoher auftauchten und nach Überlebenschancen gierten, strömten ohne Zögern und Rücksichtnahme ins Land. Die Kirche, die bis zum Limes über eine bereits gut aufgebaute christliche Organisation verfügte, musste gegen diese Flut neuer Menschenmassen ankämpfen. Und zwar wirklich ankämpfen, denn jeder der heranziehenden, heranstürmenden Neuankömmlinge hatte seine Götter, brauchte weder neue noch fremde Priester, schon gar nicht eine Schöpfergeschichte eines verurteilten, gekreuzigten, schwachen Verlierers, dem man noch überirdische Fähigkeiten zusprach. Da waren ihnen ihre vielfältigen, kraftvollen, strengen, strafenden, kämpferischen Götter einfach näher, den ebenfalls kämpferischen, unbarmherzigen Eindringlingen.

      Verständlich, dass die Mönche, die Geistlichen in ihren Kirchlein keine Chance hatten, die hungrigen, alles gierig raubenden Fremden zu einem Gespräch einzuladen. Es war schon eine unerhörte Arbeit, seine bereits getauften Schäflein bei der Stange zu halten. Zwar zeigten die bildlichen Darstellungen des Bösen, der Hölle und der ewigen Qualen Wirkung, ebenso die Darstellungen des Guten und Gottgefälligen, aber einige fanden wieder neuen Gefallen an den alten Sitten des Raubens und Mordens. Besann man sich des einzigen wahren Gottes, so erhoffte man sich durch die heilige Beichte und durch fromme Gebete Nachlass der begangenen Sünden. Jeder Mensch hat seinen Glauben, nur die Götter sind unterschiedlicher Art. Aber gerade diese Situation war erfrischend, um zwischen den unterschiedlichsten Göttern zu wandeln


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