Die Babenberger sind an allem Schuld. Hubert Hinterschweiger

Die Babenberger sind an allem Schuld - Hubert  Hinterschweiger


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Glaubensrichtungen der verschiedenen Völker mit den vielen unterschiedlichen Göttern auszurotten war aufopfernde, harte Knochenarbeit. Es dauerte geraume Zeit, bis die Kirche in den neuen Gebieten mit halbwegs braven, treuen Christen rechnen konnte, um die Übersicht zu behalten.

      Aber so wie alles, hat auch die Bekehrung zum Christentum zwei Gesichter. Als Bekehrter, als guter Christ war die Gegenwart etwas leichter zu ertragen, denn immer wieder predigte man aus dem Evangelium, dass erst im Jenseits das ewige Leben seinen Anfang nehme. Das Leben hier auf Erden sei nur eine Station der Prüfung, der Wertung, wer für das Jenseits, das Paradies würdig sei. Daher der beschwerliche, mühevolle Weg ins Jenseits, ins ewige Leben. Um dieses Traumbild der Herrlichkeit zu erreichen, seien alle Prüfungen dieser Welt zu bestehen, auch die damit verbundenen Plagen. Demut, Hingabe und vor allem das geneigte Haupt vor der gottgewollten Ordnung waren das oberste Gebot eines guten Christen. Das gab vielen Halt und vor allem Hoffnung, dem Bösen doch zu widerstehen. Aber alles hat seinen Preis. Der Nachteil, nein der Preis für den Bekehrten ist der zu leistende Zehent im Diesseits, und zwar sofort, denn die Kirche wollte und will immer Bares für christliche Handlungen und Nächstenliebe. Während solch anstrengender Reisen, Kämpfe und anderer christlicher Tätigkeiten war der Wechsel des Priesterrocks gegen einen sicheren Panzer und umgekehrt ein nützliches Unterfangen, mit dem Vorteil, das jeweils abgelegte Kleidungsstück auslüften zu lassen.

       Körperkultur – Esskultur

      Auslüften lassen, das war nicht nur so eine Redewendung. Mein Gott, die Hygiene war ein unbekanntes Wort, vom Waschen und Baden soll gar nicht geredet werden. Schon das Bartscheren war eine blutige Sache, denn richtig scharf waren die Klingen damals nicht, um den Bart einfach so abzurasieren. Daher waren die »Schertage« nicht gerne gesehen und wurden, wenn möglich, übergangen. Allein was sich in so einem Bart im Laufe von Monaten alles an kulinarischem Abfall angesammelt hatte!

      Nach dem Essen strich man sich nachdenklich durch den Bart und der Hygiene war Genüge getan. Und was gab es schon an kulinarischen Genüssen in unserem Eck: Brotfladen, Gesottenes, am Feuer gebratenes, mitunter leicht verkohltes Fleisch oder Fisch. Man stocherte und schnitt sich ein Stück des bereits gebratenen Stücks mit seinem Dolch vom Spieß herunter, wechselte das heiße Stück fluchend von einer Hand in die andere, legte es auf ein Holzbrett oder einen Steingutteller, um dann die zerkleinerten Stücke mit der Hand in den Mund zu schieben. Essbereit war man immer, das war auch sehr wichtig, denn nicht zu jeder Zeit war die nächste Mahlzeit programmierbar. Der Dolch steckte immer seitlich im Gürtel und so musste nicht lange nach einem Messer gefackelt werden. Gab es aus dem Sud des Gesottenen eine Suppe, auch das kam vor, war ein grober Holzlöffel zur Stelle. Besonders Vorsichtige hatten den Löffel griffbereit im Stiefel stecken.

      Getreide erntete man schon immer, seit Jahrtausenden. Zerstampft und zu Brei verkocht diente es als Hauptnahrungsmittel für den Großteil des Volkes. Eine kulinarische Entdeckung des Mittelalters war, den Brei zu verdicken und daraus Brot zu backen. Das war eine unerhörte Bereicherung des Speisezettels. Um all das hinunterzuspülen gab es Met, Wein, manchmal fast schon Essig, meistens trüb, und dann auch noch Bier und sonstige vergorene Säfte aus Obst oder Milchprodukten.

      Natürlich gab es zu jeder Zeit Haubenköche, oder soll man der Zeit entsprechend »Helmköche« sagen, die mit viel Erfindungsgeist und Raffinesse Köstlichkeiten auf den Tisch stellten und den allerhöchsten Ansprüchen gerecht wurden. Aber wer konnte sich das schon leisten? Eines der wichtigsten Gewürze war das Salz. Zart Gebratenes gut gesalzen, war von derartigem Geschmack, dass man ruhig mit der Zunge schnalzen konnte, so etwas hatte man nicht oft auf dem Teller. Nicht nur, dass Salz sehr teuer war, musste es auch im Haus sein. Kaum alle Tage war ein Händler zur Stelle, der in kleinsten Mengen diesen Reichtum anbot. Hatte man dieses weiß schimmernde Gewürz im Haus, hielt man es verborgen, verschlossen, nicht jeder durfte Zugriff haben. Als weitere Geschmacksverstärker dienten Knollen und Wurzeln, die man schon seit Jahrhunderten kannte. Mit einem Wort, man wusste sich in einem noblen Haus zu helfen, durch gute Köche gerühmt zu werden. Ein sehr wesentlicher Bestandteil des Kochens war die Zugabe von Fett oder Öl. Die Haustierhaltung war nichts Neues, daher hatte man Schmalz immer vorrätig, aber Öle aus den verschiedensten Fruchtkernen gepresst gelten heute noch als eine Delikatesse, die von Feinschmeckern sehr geschätzt werden. Entweder man verstand sich aufs Ölpressen, dann steigerten einige Tropfen Öl den Wohlgeschmack des zubereiteten Stückes, oder man streute mit der Hand getrocknete oder geröstete Saatkörner über das Gericht: heute noch weiß man die Wirkung dieser Würzung zu schätzen. Mit einem Wort, gut essen ist und war sicher nichts Neues, aber eben nur für die Vornehmsten der Vornehmen.

      Ebenso hielt man es mit dem Trinken. Wollte man an heißen Tagen einen klaren Kopf behalten, waren Wein oder Bier nicht empfehlenswert, aber gewässerter guter Essig löschte rasch den Durst und ließ das Essen besser verdauen, besser als klares Wasser. Essig ist so alt wie die Menschheit, denn irgendwann verdarb irgendwo irgendwem irgendwas und neugierig und immer wissbegierig steckte irgendwer einmal einer seinen Finger in den Krug, zog ihn durch den Mund und sagte »Aha!«. Und genau dieser Ahasager war der Entdecker des Essigs. Heute wird Essig nur zur Salatzubereitung verwendet, nun ja, auch für andere Zugaben beim Kochen, aber damals war Essig wesentlich wertvoller, da es vor allem ein Allheil- und Reinigungsmittel war. Ob Schwellung, Verletzung oder schlechter Atem, Desinfektion oder sonstige Reinigung, für alles musste der Essig herhalten und meistens mit Erfolg, wie auch die heutige Schulmedizin lehrt.

      Ein fast göttlicher Balsam war der Honig. Bienenzucht war hierzulande noch unbekannt und der Platz, der Baum, in dem die Waldbienen in Baumhöhlen nisteten, war ein so wohl gehütetes Geheimnis wie heute die guten Schwammerlplätze. Mit der Zeit machte man die Erfahrung, daneben stehende Bäume auszuhöhlen, um ein neues Bienenvolk anzulocken und sesshaft zu machen. Und räuberte man dann unter großen Gefahren Nester aus, so ähnelte das Ergebnis einem Wunder. Der Geschmack des Honigs, seine Farbe, das gleißende Gelb gegen die Sonne gehalten, verhieß Gesundheit und Kraft. Nur die vornehmsten Familien hatten die Mittel, sich ein Lebenselixier dieser Klasse zu leisten. Als Heilmittel diente der Honig in Verbindung mit Milch gegen viele Leiden, half gegen böse Verkühlungen, konnte lindern und heilen, und die besondere Kraft, gewöhnlichem Brot eine gänzlich andere Geschmacksrichtung zu geben, grenzte an ein Wunder. Man muss tatsächlich die Augen schließen, um sich in die Welt von vor tausend Jahren zu versetzen. Beeren waren süß, einige Wurzeln und Rinden verschiedener Bäume und Sträucher auch, aber der Geschmack des Honigs übertraf alles bisher Gekannte. Besonders begehrt war vergorener Honigsaft, Met genannt, der gerade durch seinen süßen Geschmack und den hohen Alkoholgehalt die Männer im wahrsten Sinn des Wortes umwarf. Um nun die Vornehmheit auf die Spitze zu treiben, badeten, so erzählten damals wunderbare Geschichten, Prinzessinnen und Königinnen in Milch und Honig, der Schönheit wegen. Wie strahlend zart und blass musste die Haut dieser edlen Damen gewesen sein, und welcher Glanz sprühte aus den Augen der Vornehmen! Ach, könnte man doch nur Prinzessin sein! Nicht nur, dass man von Prinzessinnen träumte, man schwelgte auch in Gedanken von dem Land, wo Milch und Honig fließen.

      Zu den traditionellen Haustieren gehörten Kühe, Schafe, Ziegen und Hühner. Die Kühe spendeten Milch, Fleisch und die Haut, die zu Leder verarbeitet wurde, desgleichen die Schafe und Ziegen. Aber noch ein besonderes Gut haben diese braven Haustiere bis heute, die Wolle. Von den Bäuerinnen versponnen, konnte man auf senkrecht stehenden Webstühlen Stoffbahnen weben, die mit zunehmender Erfahrung schöner, dichter und durch Färben der Wollstränge bunter wurden. Flachs und Wolle waren die Rohstoffe für Webgut.

      Die Lebensschnur war zwar kurz, aber unter den geschilderten Voraussetzungen erreichten die besser gestellten Herren und Damen des Landes ein höheres Alter und erzielten im Laufe von Generationen einen höheren, kräftigeren Wuchs, da doch regelmäßig die oben genannte Nahrung zur Stelle war und viel Fleisch, Wein, Bier und alle damals bekannten Lebensmittel schlicht und einfach nahrhafter waren als bescheidener Brei, Sterz und Brotfladen. Für die einfachen Menschen, für die Siedler, die das Land urbar machten, war schon Buchweizenmehl eine besondere Köstlichkeit. Einige Wurzeln und Knollen aus Wald und Feld und die von den Wikingern überkommenen Gemüsesorten wie Karotten, Kohl und andere Grünpflanzen waren bescheidene Zutaten, um ein wenig Abwechslung in den Speiseplan zu


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