Die Babenberger sind an allem Schuld. Hubert Hinterschweiger

Die Babenberger sind an allem Schuld - Hubert  Hinterschweiger


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Aufbaustoffen faulten die Zähne sehr rasch ab, und das Durchschnittsalter eines Bauern lag bei 25 bis 30 Jahren.

       Die Taufe des ungarischen Königs Stephan

      Schon unter Kaiser Otto III. wurden vorsichtig christliche Bande zu den Ungarn geknüpft, bei denen der heilige Wolfgang Vorarbeit geleistet hatte. Jedes Saatgut hat seine Reifezeit. Jetzt begannen die Samenkörner bei dem Großfürsten Geza und seinem Sohn Stephan aufzugehen. Geza war dem Heidentum noch zu sehr verbunden, als dass er ein überzeugter Christ geworden wäre. Aber er erkannte in der Christianisierung seines Nomadenvolkes die Möglichkeit, die Autorität seiner Gefolgsleute und Stammesführer zu brechen. Er wollte als Nachfolger Arpads die Autorität über alle Stämme wieder herstellen und aus dem Stammesverband der Reiternomaden ein christliches Königreich errichten. Ganz anders Stephan, der von Jugend an eine christliche Erziehung erhalten hatte. Mit Gottes Hilfe vollzog sich eine Wandlung und erfüllte den zukünftigen König mit tiefer Frömmigkeit. Im Jahr 994 erhielten Vater und Sohn die heilige Taufe. Um die Einheit der christlichen Gemeinschaft weiter zu verstärken, war Gezas größter Wunsch seiner letzten Tage, um Gisela, die Tochter des bayerischen Herzogs, für seinen Sohn Stephan zu werben. Dieser letzte Wunsch wurde dem todkranken Geza erfüllt, die Hochzeit gefeiert, und im Jahr 997 starb der Großfürst letztendlich als guter Christ. Erst durch die Verbindung der Bayerntochter mit dem Magyarenkönig konnten engere Bande der Christianisierung geflochten werden. Priester, Missionare und eine Schar adeliger Ritter begleiteten die Tochter Heinrich des Zänkers und blieben in all den Kämpfen der harte Kern bei der Umbildung eines Nomadenvolkes in ein sesshaftes Christenvolk.

      Um die überzeugende Gläubigkeit und Verbundenheit zu lohnen, entschloss sich Papst Sylvester im Jahr 1001, Stephan eine Krone zu verleihen, die als heiliges und unverletzliches Symbol der Herrschaft über ein christliches Land gilt. Mit dieser symbolischen Handlung war der ungarische König zwar nicht dem Kaiser gleichgestellt, aber ihm auch nicht untertan. Durch die über Jahrzehnte dauernden Kriege ist die erste Krone Stephans verschollen. Um diese Krone spinnen sich Sagen, Meinungen, Wahrheiten. Die heute bekannte, unter Stephan V. um ca. 1270 hergestellte Krone mit dem schiefen Kreuz sollte einmal zwangsläufig in den Besitz der Habsburger kommen. Nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges wird sie 1978 den Ungarn zurückgegeben.

       Der Weg nach Melk

      18 Jahre führte Markgraf Leopold I. sein Land mit fester Hand durch vielfältige Wirren und Kriege. Nimmt man Ybbs oder Pöchlarn oder eben die nähere Umgebung als Ausgangspunkt des Babenberger Daseins, kann man sich das zähe Ringen um fast jeden Meter nach Osten kaum vorstellen. Doch schon das schrittweise Vordringen nach Osten wertete man als Erfolg. Es dauerte Jahre, aber irgendwann erreichte man Melk, an die 20 Kilometer von Ybbs entfernt. Es war eine unerhörte Leistung, wenn man bedenkt, dass die Enns die Grenze des bayerischen Herzogtums bildete. Heute ist Melk ein kleiner, verträumter Ort an der Donau, der im Nibelungenlied Medeliche, unter den Römern Nomare und im Mittelalter Melicium hieß. Diesem über Jahrhunderte anhaltenden Bestand verdankt die Siedlung den steil aufragenden Felsen nächst der Donau, umgeben von dichten Wäldern. Schon seit undenklichen Zeiten erkannten die Menschen den Vorteil des weiten Rundumblicks. Damals ging es nicht um eine schöne Aussicht. Damals war es lebensnotwendig, herannahende, alles raubende Fremde, also Feinde, rechtzeitig zu erkennen und die Umgebung zu warnen. Medeliche war ein strategisch wichtiger Punkt, schon seit Jahrtausenden.

      Warnsignale in Form von Horntönen und auf weitere Entfernung Feuerzeichen, also Rauchsäulen, die man von Anhöhe zu Anhöhe weitergab, ermöglichten eine rasche Verständigung, bei der so ähnlich wie Morsezeichen der Rauch abgedeckt, angefacht, abgeschwächt und wieder abgedeckt wurde, eben nach damals bekannter Zeichensprache.

      All diese Vorteile erkannte damals schon Leopold I. und errichtete auf diesem Bergrücken seine neue Residenz. Burg und Kirche waren Zeichen einer christlichen Besiedelung und gaben der kleinen Siedlung und den Neuankömmlingen Sicherheit. Bereits 985 wurde dieses Kirchlein zu einem Chorherrenstift erweitert, auch mit dem eitlen Hintergedanken, für sich und seine Nachfolger eine würdige Begräbnisstätte einzurichten. Fünf Babenberger fanden tatsächlich im Stift Melk ihre letzte Ruhestätte: Markgraf Leopold I., Heinrich I., Adalbert I., Ernst »Der Tapfere«, Leopold »Der Schöne« und die dazugehörigen Ehefrauen. Hier auf diesem Felsen konnte man halbwegs in Sicherheit regieren.

      Ein weiterer Sicherheitsfaktor war die Donau, da gerade auf dieser Strecke gefährliche Felsen und Klippen für reißende Strömung und Strudel sorgten. Immerhin lagen nördlich der Donau die Böhmen, denen Überfälle und Raubzüge ebenso willkommene Abwechslung waren wie den Ungarn. Es vergingen Jahrzehnte, aber nach der Verlegung der Residenz nach Klosterneuburg übergab Leopold III. Melk den Benediktinern, die seit der Ordensgründung unabhängig von Passau waren.

      Der Benediktinerorden unterschied sich in seiner ursprünglichen Anlage von den späteren Orden dadurch, dass jedes Kloster unter seinem Abt selbstständig war und eine einheitliche Spitze wie zum Beispiel bei den Jesuitenklöstern der General und die Gliederung in Provinzen fehlte.

       Carnuntum

      Im östlichsten Zipfel der Markgrafschaft, dem Marchfeld, steht eine schöne romanische Kirche auf der Anhöhe von Deutsch-Altenburg, die eine Stiftung des Ungarnkönigs Stephan war. Die Legende erzählt, dass der heilige Stephan während eines Unwetters gerade an dieser Stelle bei heftigem Donnerschlag die Herrschaft über sein Pferd verlor und dieses hinabzustürzen drohte, hinab in die Donau. Aber durch Gottes Hilfe wurden Pferd und Reiter zurückgerissen und gerettet. Jahre später kam ein Friedhof zur Kirche dazu, und wiederum später hat man dieses Gotteshaus durch einen herrlichen, gotischen Chor erweitert. Nicht weit von diesem Gotteshaus entfernt, fast auf Sichtweite, befindet sich der heute so genannte Braunsberg, auf dem eine keltische Siedlung lag, die Carnuntum hieß. Die Römer eroberten diese Siedlung und eliminierten die Bevölkerung im Kampf. Anschließend gründeten sie eine neue Siedlung im ruhigen, sonnigen Tal, eben Carnuntum. »Steiniges Feld« nannten die Kelten die Gegend auf dem Berg da oben, und die Römer übernahmen den bestehenden Namen ohne philosophische Überlegungen und Spitzfindigkeiten. Die Römer hatten keine große Scheu, fremde Götter und Religionen zu übernehmen, geschweige denn irgendwelche Namen der weiteren oder näheren Umgebung. Für Nebensächlichkeiten dieser Art hatten sie keine Zeit, waren sie doch hauptsächlich damit beschäftigt, ein Weltreich zu schaffen.

      Das Ende des Markgrafen Leopold I.

      Es war tatsächlich ein Unglück, ein Missgeschick, und das Ende des tüchtigen Markgrafen kam unvermutet und zu Unrecht. Einer der Verwandten des Markgrafen, ein Ritter namens Heinrich, ritt in Begleitung eines aufbrausenden, ungebärdigen Ritters aus dem Gefolge des Bischofs von Würzburg, der ob seiner besonderen Stellung nicht aufhörte, Heinrich zu schmähen. Ritter Heinrich wurde immer ruhiger, und der Hochmütige erkannte nicht die Ruhe vor dem Sturm. Heinrich hörte sich die Verunglimpfungen eine Zeit lang an, um dann bedächtig mit dem Kopf hin und her wiegend festzustellen, dass dieses Benehmen nicht den ritterlichen Tugenden entsprach. Er hielt sein Pferd an, rief seine Gesellen zu sich und erteilte ebenso ruhig wie gelassen den Befehl, diesen schimpfenden Edelmann zu blenden. Sehr voreilig und sehr gewagt, denn dieser Ritter fiel wie gesagt in die Gerichtsbarkeit der Kirche, des Bischofs von Würzburg. Voller Entrüstung beschwerte sich der Bischof bei Kaiser Otto III. und forderte Genugtuung. Selbst wegen einer Schmähung müsse man nicht sofort zum Dolch greifen, umso mehr, als der Ritter ein Gefolgsmann des Bischofs war. Kaiser Otto musste die Konsequenzen ziehen, sich mit Herzog Heinrich in Verbindung setzen, um dem überraschten Markgrafen Leopold die verzwickte Situation zu erklären. Persönliche Gespräche sind immer gut und zeitigen meistens Erfolg. Und gerade in diesem Fall wurde sehr klug und diplomatisch vorgegangen. Ganz klar, der aufbrausende, ungestüme Heinrich wurde des Landes verwiesen, aber – und das war der kluge diplomatische Zug – der Kämpe musste vorher eine Buße erlegen, in Barem. Die monetäre Buße überbrachte der Markgraf


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