Die Babenberger sind an allem Schuld. Hubert Hinterschweiger

Die Babenberger sind an allem Schuld - Hubert  Hinterschweiger


Скачать книгу
zu tun haben. Starke Männer im Bischofsgewand – und nur starke Männer werden Bischöfe, Kardinäle oder noch mehr – haben auch untereinander ihre Scharmützel auszufechten, um ihre Macht ins rechte Licht zu rücken. Das Machtgerangel der Geistlichkeit unterscheidet sich in nichts von dem der weltlichen Fürsten. Und schon ist ein Beispiel zur Hand: Nach längeren Disputen und Drohgebärden erhält Passau anstatt Salzburg die kirchliche Verwaltung der neuen, kolonisierten Ostgebiete zugesprochen.

      Da gibt es den Bischof Pilgrim von Passau und den Benediktiner Wolfgang in gehobener Position im Stift Einsiedeln. Beide sind sie von göttlichem Eifer erfüllt, jedem ist es eine heilige Pflicht, eine Missionsreise ins wilde Magyarenland zu wagen. Aber aus nicht bekannten Gründen – vielleicht ist doch etwas Angst im Spiel – fällt es Wolfgang zu, diese abenteuerliche Reise zu unternehmen. Sehr diplomatisch muss man vorgehen, sehr vorsichtig. Ausdruck des magyarischen Temperaments ist sehr oft der Dolch, das Schwert und auf weitere Distanz der Bogen, und ehe man es sich versieht, ist die Missionsreise abrupt beendet. Sehr behutsam werden Gespräche mit König Stephan von Ungarn in Anwesenheit seiner Söhne geführt, wobei das Verhalten der Männer mit aufbrausender Gestik und lautem Gebell sehr zur Vorsicht mahnt. Große Erfolge sind dem Wolfgang kaum beschieden, erst Jahre später geht der gesetzte Samen im Herzen König Stephans auf. Nach Wolfgangs Rückkehr – man ist schon zufrieden, ihn wieder lebend zurück zu haben – findet Bischof Pilgrim von Passau es angemessen, Wolfgang ob seiner makellosen Haltung 972 zum Bischof von Regensburg zu investieren.

      Damals, in der Zeit des Aufstands von Herzog Heinrich dem Zänker und seinen Getreuen gegen Kaiser Otto I. 976, wich Bischof Wolfgang in das Regensburger Eigenkloster Mondsee aus und vertrat von dort die Interessen von Regensburg und Mondsee. Es kam immer wieder vor, dass bei einer Visitation eines Klosters das Erstaunen ob der großzügigen Auslegung des mönchischen Klosterlebens enorm war. So erging es auch Wolfgang im Kloster Mondsee. Nachdem er den ersten Ärger hinuntergeschluckt hatte, begann er den Dienern Gottes zu erklären, was einem Mönch frommt und was nicht. Durch das christliche Vorbild, das Wolfgang den Mönchen vorlebte, fanden auch diese wieder den rechten Weg ins mönchische Leben zurück, und nun widmete er sich dem Bau von zwei Kirchen, der einen am Abersee, dem heutigen Wolfgangsee, und der anderen in Wieselburg in Niederösterreich.

      Nach Beendigung der politischen Zwistigkeiten zwischen Kaiser Otto II. und dem »Zänker« kehrte Wolfgang nach Regensburg zurück und musste gleich einmal am Feldzug Kaiser Ottos II. gegen Frankreich teilnehmen. Zusätzlich genoss er die Ehre, die Erziehung der Kinder des Zänkers zu leiten.

      Aber um wieder auf den gottesfürchtigen Wolfgang zurückzukommen – es lag in Gottes Hand, ihn 994 in Puppingen abzuberufen. Erst nach dem Tod des großen, ehrenhaften, schon zu Lebzeiten heiligen Mannes gingen die Erzählungen und Wundertaten reihum, wobei jeder Erzähler ein ganz klein wenig dazudichtete oder ausschmückte, um seiner Verehrung für den Verblichenen den richtigen Ausdruck zu verleihen. Und erst jetzt begannen Legenden und Geschichten über Wunderheilungen und Taten dieses heiligen Mannes Gestalt anzunehmen.

       Die Sage vom heiligen Wolfgang

      Die folgende Legende ist natürlich romantisch, märchenhaft und hört sich besser an als die wahre Begebenheit, aber wer will schon nackte Tatsachen hören. Die erlebt man dauernd, täglich. Es ist so schön, in Mysterien und Wundern zu kramen und die Sagen immer etwas mehr auszumalen. Auch in der Legende war Wolfgang Bischof von Regensburg, aber diese Würde empfand Wolfgang als Einschränkung, seinen wirklichen christlichen Glauben zu leben. Er legte daher die kostbaren Gewänder ab, stülpte sich eine Mönchskutte über und zog mit einem Gleichgesinnten nach Mondsee. In Falkenstein, einem engen Hochtal bei St. Gilgen, fand er eine kleine Höhle, die genau seinen Vorstellungen entsprach. Hier konnte er in Ruhe Einkehr halten und beten. Je beschwerlicher das Diesseits, desto näher kam man dem befreienden Jenseits. Durst und Hunger und im Winter die schreckliche Kälte waren Weggefährten für das kommende Himmelreich. Um den Durst zu stillen, entsprang nach langen Fürbitten Wolfgangs eine Quelle, die wunderbares, heilsames Wasser spendete. Aber selbst das nun herrlich sprudelnde Wasser konnte den Begleiter nicht davon abhalten, das Eremitendasein zu beenden, denn zu beschwerlich war ihm der Weg ins Paradies. Wozu in die Ferne schweifen, ist das Schöne doch so nah! Er ließ Wolfgang allein in seiner Klause zurück und ward nicht mehr gesehen.

      Der Teufel beobachtete die Veränderung in der Einsiedelei und war sich sicher, auch Wolfgang vertreiben zu können. Durch satanische Sprüche brachte er die Felsen in Bewegung, die auf den heiligen Mann zu stürzen drohten. Wolfgang ahnte das Kommende, lehnte sich gegen die Felsen und betete. Er betete so laut und inbrünstig, dass Gott, der für einen Augenblick weggesehen hatte, sogleich seinen Blick wieder auf den Einsiedler richtete und das Unglück verhinderte. Heute noch sind die Abdrücke im Felsen sichtbar, die Abdrücke seines Kopfes und der betenden Hände. Mit Geifer und glühendem Schwanz verzog sich der Böse und maulte in einer Felsnische, um eine neuerliche Chance abzuwarten.

      Eine Vision beauftragte Wolfgang, eine Kirche in unmittelbarer Nähe zu errichten, und um die geeignete Stelle zu finden, warf er sein Beil den Hang hinab und gelobte, dort das Gotteshaus zu errichten, wo das Beil hinfiel. Es landete auf einem Felsen am Rand des Abersees, wo sich heute der Ort St. Wolfgang befindet. Als zukünftiger Schutzpatron der Hirten, Schiffer, Holzarbeiter, Köhler, Zimmerleute, Bildhauer und Helfer gegen manches Leiden wie Gicht, Lähmung, Schlaganfall, Leibschmerzen, Ruhr, Blutfluss, Fußleiden, Augenkrankheiten und Hautentzündungen hat Wolfgang in bildlichen Darstellungen oder als Skulptur ein Beil lässig über der rechten Schulter liegen. Andere Darstellungen zeigen ihn ein Kirchenmodell in der Hand haltend, und fast immer wird er vom Teufel in schrecklicher Gestalt bedroht und argwöhnisch von einem Wolf beäugt. Betrachtet man all diese Details im nächsten Umfeld des heiligen Wolfgang, scheint in der Sage viel Wahres verborgen zu sein.

      Mit Gottvertrauen und mit der Hilfe der Bevölkerung wurde mit dem Bau des Gotteshauses begonnen. Hui – da war er wieder, der Pferdefüßige, und bot sehr devot seine Hilfe an. Warum nicht, dachte Wolfgang und erkundete die Bedingungen: »Ganz einfach«, sprach der Teufelsbraten, »das erste lebende Wesen, das die Kirche betritt, gehört mir!« Wolfgang dachte nach, blinzelte schelmisch und sagte »ja«, aber ohne Handschlag, versteht sich. Die Kirche war fertig, und Wolfgang bat Gott um Hilfe, um der Forderung des Teufels nach christlicher Spielregel nachkommen zu können. Und siehe da, ein Wolf näherte sich vorsichtig schnuppernd der Kirche, lief in das Gotteshaus, um einen vergessenen, abgenagten Jausenknochen zu schnappen, und schon war es um den Wolf geschehen. Erfreut über diese Beute war er nicht, der Teufel, er wollte eine Menschenseele, aber abgemacht ist abgemacht, und so fuhr er mit Heulen und glühendem Schwanz beim Kirchendach hinaus.

      Die Kirche ist wunderschön an einem romantischen Platz gelegen, zum See hin mit einer Mauer und Rundbögen befestigt, um den Besuchern die Aussicht genießen zu lassen. St. Wolfgang war stets einer der meist besuchten Wallfahrtsorte Österreichs. Heute mag Mariazell vor St. Wolfgang rangieren, aber beide gehören zu den beliebtesten Pilgerstätten Österreichs. Seine Pracht ist der holzgeschnitzte Hochaltar von Michael Pacher, ein einmaliges Kunstwerk der Spätgotik. Auch der barocke Doppelaltar von Thomas Schwanthaler ist ein besonderes Marmorkunstwerk – Österreich kann sich jedenfalls über einen Mangel an Barockaltären nicht beklagen, immer und überall sieht man sie in einer Vielzahl von Kirchen.

      Die Kirche ist weithin sichtbar und daneben das Weiße Rössl, ein Hotel allererster Klasse. Der alte Ortskern hat einen ganz eigenen Charme, mit engen Gassen bergauf, bergab, und um die Kirche herum stehen die meist mit Haflingern vorgespannten Zeugeln, und die Kutscher in Lederhosen mit Ausseerhut und Gamsbart bieten in gemütlichem Salzkammergutdialekt eine Fahrt an.

      In der Kirche in St. Wolfgang soll auch eine Nebenkapelle erwähnt werden, in der jeder Besucher den so genannten Bußstein des heiligen Wolfgang sehen kann. Dieses eigenartige Naturgebilde ist ein Heiligtum, das von den Menschen seit eh und je verehrt wurde. Es ist sicher der wahre Ursprung dieser Wallfahrtsstätte. Mit einer etwas anderen Legende haben die Kirchenväter den Stein verklärt; diese erzählt, Wolfgang habe sich, um Buße zu tun, auf diesen Stein geworfen. Auf einen Fingerzeig Gottes geschah das Wunder. Der Stein schmiegte sich den Formen des heiligen Mannes an und nahm die Abdrücke


Скачать книгу