Wyatt Earp Staffel 4 – Western. William Mark D.
Flanagan lachte gutmütig, dann sagte er zur Verwunderung des Texaners: »Doch, ich habe etwas dagegen.«
Jake richtete sich auf. Sofort wurde der Trotz in ihm wach. »Und was hast du dagegen?«
»Ich will sie heiraten.«
Halbot stieß eine prustende Lache aus. »Du willst sie heiraten? So eine komische Figur!«
Flanagan nahm die Pfeife aus dem Mund. »Ich will hier auf ihrem Hof keinen Streit mit dir anfangen.«
Damit wandte er sich ab.
Jake tippte ihm auf die Schulter.
Als Flanagan sich umwandte, krachte ihm ein fürchterlicher Faustschlag ins Gesicht, der ihn mehrere Yards weit zurücktaumeln und dann niederstürzen ließ.
»Verschwinde, Pfeifenmann. Und wenn ich dich noch mal hier sehe, kracht’s!«
Flanagan richtete sich langsam auf, wischte sich durch sein Gesicht und kam heran. »Hör zu, Stranger, du hast eine eigene Art, die Dinge zu regeln. Ich habe dir gesagt, daß ich auf ihrem Hof keinen Streit mit dir anfangen will. Ich werde dich deshalb etwas fragen: Willst du sie heiraten?«
Halbot starrte dem Mann verblüfft ins Gesicht. »Du bist verrückt, Mensch! Verschwinde.«
Flanagan wandte sich ab, hob da, wo er gestürzt war, seine Pfeife auf, und ging vom Farmhof.
*
Zwei Tage später kam der ›Pfeifenmann‹ wieder auf den Hof.
Diesmal trug er einen Waffengurt.
Als Halbot ihn sah, riß er sofort den Colt aus dem Halfter.
»Well, Brother, wolltest du dir eine Kugel von mir holen?«
»Komm auf die Straße!« sagte Flanagan heiser.
Da stand die Frau in der Tür zum Hof. »Was ist hier los?«
Flanagan wurde flammendrot.
Halbot lachte und schickte dann zwei Kugeln auf die Reise.
Sie ließen dicht vor den Stiefelspitzen Flanagans den Dreck aufspritzen.
»Der Bursche hat Flöhe im Kopf!« bellte der Texaner.
Flanagan ging.
Er hatte sich nicht mit dem Fremden schießen wollen. Er hatte gedacht, daß der vielleicht aufgeben würde, wenn er einen Mann mit einem Revolver sah.
Langsam trottete er aus dem Hof.
Halbot folgte ihm.
»Jake!« rief die Frau hinter ihm her.
Er wandte sich um.
»Wo wollen Sie hin?«
»Lassen Sie mich in Ruhe!« faucht er und ging weiter.
Als er auf die Straße kam, sah er Flanagan bereits in zehn Yards Entfernung vor sich.
»He, Brother!«
Flanagan ging weiter.
Halbots Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. Der Rausch kam über ihn.
»Bleib stehen!« bellte er.
Flanagans Schritt wurde langsamer.
»Stehenbleiben!« brüllte der Texaner.
Flanagan blieb stehen.
»Dreh dich um!«
Vom Hof her schrillte die ängstliche Stimme der Frau: »Tun Sie es nicht, Jim!«
»Umdrehen, du Feigling!« belferte der Bandit.
Da wandte sich der andere langsam um.
Er kam nicht mit der Hand zum Revolver, kaum bis in die Nähe des Gurts.
Da fauchte drüben schon der Schuß los.
Die Kugel streifte die Schläfe Flanagans.
Er wankte und stürzte zu Boden.
Mit einem gellenden Aufschrei des Entsetzens lief Jenny Winters auf ihn zu.
Oben aus der Mainstreet kam der Sheriff. Ein kleiner kurzbeiniger Mann mit martialischem Schnauzbart und ewig puterrotem Gesicht. Er sah Flanagan am Boden liegen, die Frau über ihm – und drüben am Tor den Fremden mit dem Revolver. »Ist er tot?«
Jenny Winters richtete sich auf. »Ich glaube, er lebt noch!« Sie rannte hinüber zu Doc Carruther.
Der Sheriff blickte auf den Texaner. Langsam kam er auf ihn zu.
Halbot ließ den Colt ins Halfter gleiten, reckte seine Gestalt und schob das Kinn vor.
»Es war Notwehr!« sagte er rauh.
Der Sheriff blieb stehen. Er sah ihn forschend an. »Notwehr? Ein Bursche wie Flanagan hat in seinem ganzen Leben keinen Schuß abgegeben.«
»Was geht das mich an? Mich interessiert nur, daß der Halunke mich bedroht hat.«
»Wie heißen Sie?« drang die rauhe Stimme des Sheriffs an sein Ohr.
Halbot zog die Unterlippe über die Oberlippe. »Turner, Jess Turner.«
»Aus Texas?«
»Texas? No, ich komme aus Oklahoma.«
Die Frau kam mit dem Arzt zurück.
Jim Flanagan war nur betäubt durch den harten Streifschuß an der Schläfe.
Jenny stand stumm dabei, als der Arzt den Mann verband.
Der Sheriff fragte sie: »War es Notwehr?«
Sie nickte. »Ich glaube ja.«
*
Jake Halbot war dem Strick wieder einmal entronnen. Sein graues Leben konnte weitergehen.
Er durfte auf der Farm bleiben. Aber niemand sah ihn an. Auch Jenny nicht. Nicht einmal Kid.
Drei Tage später stand er in der Scheune und lungerte herum.
Draußen regnete es.
Kid war in der Stadt, um Einkäufe für Mutter zu machen.
Halbot wußte, daß Jenny jetzt bald in die Scheune kommen mußte, um das Hühnerfutter zu holen.
Sie lief durch den Regen vom Haus über den Hofplatz zur Scheune. Kurz vor dem Scheunentor rutschte sie aus und fiel in eine Wasserlache. Sie hatte sich an einem spitzen Stein verletzt. Als sie ins Scheunentor trat, wurde sie plötzlich brutal am Arm gepackt und ins innere der Tenne gerissen.
Steif vor Schreck starrte sie in die wild funkelnden Augen Halbots. »Was soll –?«
»Sei still, Sweety. Ich werde sonst grob«, zischte er sie an.
Die Frau riß sich los. »Gehen Sie, Mister Turner. Sofort verlassen Sie die Farm!«
Halbot lachte diabolisch. »Das könnte dir so passen…«
Er ging mit federnden Schritten auf sie zu.
Jenny floh – aber sie fand keinen Ausweg. Ein heller Schrei flog von ihren Lippen über den Hof.
»Weshalb schreist du, Sweety? Ich bin schließlich ein anderer Kerl als dieser armselige Flanagan.«
»Gehen Sie, Mister Turner! Sofort!«
Der Mann streckte seine Hände nach ihr aus.
Da ließ ihn ein hartes Klicken herumfahren.
Er griff zum Revolver, aber da brüllte ihm der Schuß schon entgegen.
Vor der Frau taumelte er zur Seite und brach dann zusammen.
Als sich die Pulverwolke verzog, sah Jenny Winters zu ihrem Entsetzen im Scheunentor den kleinen Kid stehen.
Er hatte das Gewehr noch in der Hand.
»Kid!« stieß