Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman - Marie Francoise


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wir wirklich nicht mehr so schnell nach Steinhausen.«

      Gutmütig zog Irene ihn an den Ohren. »Du Lausebengel willst mir drohen? Na warte…«

      »Gnade, Tantchen«, flehte Stefan lachend.

      Schmunzelnd hatte Dr. Daniel das scherzhafte Geplänkel verfolgt, jetzt mischte er sich ein.

      »So, ihr zwei, ich glaube, das reicht«, meinte er. »Setzen wir uns ins Eßzimmer.« Er wandte sich seinen Kindern zu. »Irene hat sich nämlich selbst übertroffen und einen original bayrischen Schweinebraten mit Knödeln gezaubert.«

      »Wie bitte?« fragte Karina grinsend. »Eine waschechte Kielerin versucht sich an einem bayrischen Schweinebraten?«

      Irene zuckte die Schultern. »Euer Vater liebt die bayrische Küche, also muß ich mich schnellstens umstellen. So, und jetzt setzt euch, dann werden wir sehen, ob der Braten auch so gut schmeckt, wie er aussieht.«

      Er schmeckte sogar noch besser, und für eine halbe Stunde war außer dem Geklapper von Besteck und einem gelegentlichen genußvollen Seufzen nichts zu hören.

      »Mag noch jemand ein Dessert?« fragte Irene, während sie mit Karinas Hilfe den Tisch abräumte.

      »Um Himmels willen, nein!« stöhnte Dr. Daniel. »Noch einen Bissen, und ich platze!«

      »Was hast du denn Feines?« wollte Stefan neugierig wissen.

      »Vanilleeis mit heißen Himbeeren«, verkündete Irene stolz.

      »Das geht immer«, behauptete Stefan.

      Völlig entgeistert sah Dr. Daniel seinen Sohn an und fragte sich, wie er eigentlich bei den Mengen, die er so verdrücken konnte, seine gute Figur behielt. Genußvoll löffelte Stefan sein Dessert, dann lehnte er sich zurück.

      »So, jetzt bin ich satt«, meinte er.

      »Schon?« fragte Dr. Daniel mit einer Spur Sarkasmus.

      Stefan grinste. »Seit mein Schwesterlein bei mir wohnt, werde ich zwar ausgezeichnet bekocht, aber für so ein üppiges Mahl reicht die Zeit meistens nicht. Immerhin studieren wir nebenbei ja auch noch.«

      »Und wie läuft’s?« wollte Dr. Daniel wissen.

      Stefan schüttelte den Kopf. »Kein Kommentar, Papa. Mein Studium ist eine Sache, die nur mich etwas angeht.«

      Dr. Daniel seufzte. »Ich sehe schon, wir wechseln besser das Thema.«

      »Einverstanden«, stimmte Stefan sofort zu. »Du willst morgen deine Praxis wieder eröffnen, oder?«

      Dr. Daniel nickte. »Ja, und ich freue mich darauf. Die Arbeit bei Kurt Gebhardt hat mir zwar Spaß gemacht, und eine Gemeinschaftspraxis hat auch gewisse Vorteile, aber ich bin doch froh, jetzt wieder mein eigener Herr zu sein.« Er senkte den Kopf. »Allerdings weiß ich nicht, was ich gemacht hätte, wenn Kurt mich damals in seiner Praxis nicht aufgenommen hätte. Hier in Steinhausen wäre ich zugrunde gegangen.«

      Stefan spürte, daß sein Vater im Begriff war, in sehnsuchtsvollen Erinnerungen an seine verstorbene Frau zu versinken.

      »Hast du denn so schnell eine neue Sprechstundenhilfe gefunden?« versuchte er deshalb abzulenken.

      Dr. Daniel blickte lächelnd auf. »Da hatte ich mehr Glück als Verstand. Stell dir vor, Frau Kaufmann wird wieder bei mir anfangen.«

      »Deine ehemalige Sprechstundenhilfe?«

      »Genau diese. Sie und eine gewisse Frau Meindl wurden vor einem knappen halben Jahr arbeitslos. Sie waren beide bei einem Gynäkologen in der Kreisstadt beschäftigt, der seine Praxis aus Altersgründen aufgegeben hat. Und der Zufall oder das Schicksal wollten es wohl, daß beide bis jetzt keine neue Arbeit fanden. Frau Kaufmann wird also wieder als Sprechstundenhilfe bei mir arbeiten, und Frau Meindl habe ich als Empfangsdame eingestellt.«

      Stefan grinste. »Die alte Kaufmann wird sich freuen, wieder bei ihrem geliebten Chef zu sein.«

      Dr. Daniel hob drohend den Zeigefinger. »Ein bißchen mehr Respekt, wenn ich bitten darf, mein Sohn. Frau Kaufmann ist eine sehr fähige Kraft und mit ihren fünfzig Jahren beileibe noch nicht alt.«

      Abwehrend hob Stefan beide Hände. »Gnade! Ich wollte deiner Perle wirklich nicht zu nahe treten.« Er überlegte einen Moment. »Und wie ist die andere? Ein betagtes Fräulein oder noch ein wirkliches?«

      Dr. Daniel mußte lächeln. »Ich nehme an, das, was du unter einem wirklichen Fräulein verstehst. Sie ist fünfundzwanzig und ein sehr freundliches junges Mädchen.«

      Stefan zog die Augenbrauen hoch. »Oho, die muß ich mir mal ansehen.«

      Wieder drohte Dr. Daniel mit dem Zeigefinger. »Denk du zuerst mal an dein Studium, junger Mann.«

      Stefan verdrehte die Augen. »Meine Güte, Papa, du warst in meinem Alter doch bestimmt auch kein Chorknabe mehr.«

      »In deinem Alter war ich bereits mit deiner Mutter verheiratet«, erklärte Dr. Daniel ernst.

      »Sei mir nicht böse, Papa, aber in diesem Punkt möchte ich dir nicht unbedingt nacheifern«, entgegnete Stefan. »Ich bin nur einmal jung und möchte mein Leben genießen.«

      »Das kannst du auch, Stefan, aber vergiß dabei nicht, daß du ein Ziel hast. Du möchtest Arzt werden, und dazu gehört unter anderem auch eine Menge Disziplin.«

      »Bitte, Papa«, wandte Stefan ein. »Das hast du mir alles schon hundertmal vorgekaut. Ich weiß genau, worauf ich mich eingelassen habe, als ich mich entschlossen habe, Medizin zu studieren. Und ich setze auch wirklich alles daran, um ein guter Arzt zu werden, aber ich lasse mich von dir trotzdem nicht gängeln.«

      »Das tu ich doch gar nicht!« verteidigte sich Dr. Daniel.

      »Doch, Papa, so leid es mir tut, aber genau das versuchst du, und das war ja auch der Grund, warum ich vor vier Jahren ausgezogen bin.« Stefan spürte, wie sehr seine Worte den Vater verletzten. Er legte Dr. Daniel eine Hand auf den Arm. »Nimm das nicht persönlich, Papa. Ich liebe und verehre dich, und ich respektiere dein Können als Arzt, aber du mußt einsehen, daß ich meinen eigenen Weg gehe. Ich mache mein Studium, und wahrscheinlich werde ich dann irgendwann Gynäkologe. Mehr Zugeständnisse kann ich dir im Augenblick aber nicht machen.«

      Dr. Daniel senkte den Kopf. Er liebte diese Diskussionen mit seinem Sohn nicht besonders, und für einen Augenblick fragte er sich, ob dieses Gespräch nicht wenigstens heute hätte verhindert werden können. Aber nachdem sie nun schon bei dem leidigen Thema angekommen waren, wollte Dr. Daniel doch noch eine Frage loswerden.

      »Heißt das… du wirst meine Praxis nicht übernehmen?«

      Stefan wich dem Blick seines Vaters aus.

      »Ich habe noch keine endgültige Entscheidung darüber getroffen«, erklärte er. »Das wäre auch viel zu früh, wo ich noch nicht mal mein Examen gemacht habe. Allerdings will ich ehrlich sein – vom Standpunkt des Studenten aus gesehen, würde mich im Moment die Arbeit an einer Klinik mehr interessieren. Wie das nach der Assistenzzeit dann aussehen wird, weiß ich noch nicht.« Er zwang sich zu einem Lächeln. »Vielleicht bin ich dann froh, einer Klinik den Rücken kehren und bei dir in der Praxis einsteigen zu können.«

      Dr. Daniel war enttäuscht, versuchte aber, es sich nicht anmerken zu lassen. Und so nickte er. »Gut, lassen wir es also vorerst dabei bewenden.«

      »Na, ihr zwei, führt ihr schon wieder tiefsinnige Gespräche?« wollte Karina wissen, und ihre fröhliche Art wirkte auf Dr. Daniel gerade nach der eher unerfreulichen Diskussion mit Stefan direkt erfrischend.

      »Nein«, entgegnete er nicht ganz wahrheitsgemäß. »Wir haben uns nur über sein Studium unterhalten.«

      Karina verdrehte die Augen.

      »Oje«, war ihr einziger Kommentar, dann schlang sie ihre Arme um Dr. Daniels Hals. »Weißt du was, Papilein, Tante Irene, Stefan, du und ich werden jetzt einen ausgedehnten Spaziergang machen, der uns zum Waldcafé führen wird.« Sie grinste


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