Griechische Mythologie. Ludwig Preller
diese göttliche Natur nicht zurück, deren Wesen überall kein sittliches oder durch die Forderungen der Vernunft bestimmt ist, sondern nur ein ästhetisches; auch in ihrer Seligkeit, welche keine andere ist als die der höchsten, durch kein Alter und keinen Tod getrübte Empfänglichkeit für Schönheit Anmuth Freude, kurz für die Genüsse einer verfeinerten Sinnlichkeit. Kein Wunder also daß diese durch den reichsten Schimmer poetischer Vollendung empfohlene Auffassung in ästhetischer Hinsicht sehr anregend gewirkt hat, so daß Dichter und Künstler immer am liebsten auf sie zurückgegangen sind, weil nur bei solchen festen und plastischen Umrissen eine mythologische Kunst möglich war; daher auch das Volk sich bald an diese derb sinnliche Auffassung gewöhnte und seine Götter nicht selten gerade so körperlich und leibhaftig erscheinen sah, wie seine Dichter sie schilderten und die Künstler sie bildeten182. Dahingegen andrerseits die Philosophen und die Reformatoren der Volksreligion seit Xenophanes und Pythagoras nicht müde geworden sind auf das Verwerfliche, den tieferen Bedürfnissen des menschlichen Gemüths Widerstrebende dieser poetischen Götterwelt hinzuweisen, mit welcher sich auch die ernsteren Dichter und der Gottesdienst, dieser vollends in den Zeiten der Mysterien, in den entschiedensten Widerspruch setzten. Diesen Gegensatz und seine Folgen ausführlicher zu entwickeln muß einer Geschichte der griechischen Religion vorbehalten bleiben, welche außerhalb der Grenzen dieses Buches liegt. Wohl aber müssen wir im voraus erklären daß es uns auch innerhalb dieser Grenzen vorzüglich darum zu thun ist, nicht blos die epische und poetische Mythologie der Griechen, sondern auch deren Begründung in dem älteren Naturglauben des griechischen Volks zu entwickeln, wie derselbe als ein lange vor Homer existirender mit Sicherheit vorausgesetzt werden darf und auch nach demselben an vielen Spuren jener gottesdienstlichen und volksthümlichen Ueberlieferung deutlich genug zu erkennen ist.
Fußnote
170 Il. 18, 483 ἐν μὲν γαῖαν ἔτευξ', ἐν δ' οὐρανόν, ἐν δὲ ϑάλασσαν. Es sind dies die τρεῖς λήξεις Paus. 2, 24, 5, die tria corpora, tres species dissimiles mundi, welcher deshalb auch selbst triplex oder natura triplex genannt wird, Lucr. 5, 93, Ovid M. 5, 368; F. 5, 11, Stat. Theb. 4, 516, Lucil Aetn. 100, Orph. H. 11, daher bei der Hekate, bei der Aphrodite und andern All-Göttern immer ihre Herrschaft über die drei Theile besonders hervorgehoben wird, z. B. bei Hesiod th. 412. Sonst werden auch die Quellen und Flüsse, κρῆναι καὶ ποταμοί, neben den Mächten des Himmels und der Erde genannt, namentlich in Schwurformeln, vgl. Il. 3, 275 ff. und die der kretischen Stadt Dreros.
171 Der gewöhnliche Sprachgebrauch ist οἱ ἄνω und οἱ κάτω, οἱ ὕπατοι und οἱ χϑόνιοι, auch οἱ οὐράνιοι und οἱ χϑόνιοι. Vgl. die Schwurformeln Il. 15, 36, Od. 5, 184 u. Il. 19, 258, Soph. O. C. 1654 ὁρῶμεν αὐτὸν γῆν τε προσκυνοῦνϑ' ἅμα καὶ τὸν ϑεῶν Ὄλυμπον ἐν ταυτῶ λόγω, meine Dem. u. Perseph. 184 ff. u. die Cultusgebräuche b. Hermann Gottesd. Alterth. § 13, 6; 21, 12; 28, 16 u. 27; 29, 1; 45, 5. Auch im Cultus der Römer war dieser Gegensatz der vorherrschende, Röm. Myth. 46.
172 Euripides deutet das Bild im Anaxagoreischen Sinne auf die Sonne, Or. 982, und so versteht es auch Plato Theaet. 153, welchem zu Liebe später die Neuplatoniker außerordentlich oft auf dasselbe zurückkommen.
173 Il. 8, 558 οὐρανόϑεν δ' ἀρ' ὑπερράγη ἄσπετος αἰϑήρ. Aesch. Pr. 1091 ὠ πάντων αἰϑὴρ κοινὸν φάος εἰλίσσων. Aristoph. Nub. 285 ὄμμα γὰρ αἰϑέρος ἀκάματον σελαγεῖται μαρμαρέαις ἐν αὐγαῖς. Eurip. b. Corn. n. d. 20 κορυφὴ δὲ ϑεῶν ὁ πέριξ χϑόν' ἔχων φαεννὸς αἰϑήρ. Plato Tim. 580 ἀέρος τὸ εὐαγέστατον ἐπίκλην αἰϑὴρ καλούμενος. Steph. B. αἰϑὴρ ὁ ὑπὲρ τὸν ἀέρα πεπυρωμένος τόπος. Ennius b. Cic. n. d. 3, 29 adspice hoc sublime candens quem invocant omnes Iovem. Vgl. Krische Forsch. 306 ff. Immer ist der Aether leuchtendes Feuer, strahlender Glanz; daher das beständige Epitheton λαμπρὸς αἰϑήρ. Auch der Name drückt dieses aus, αἰϑὴρ von αἴϑω wie πρήστηρ von πρήϑω.
174 ὕπατος μήστωρ, ϑεῶν ὕπατος καὶ ἄριστος, Ζεὺς ὕπατος Κρονίδης, ὕπατος κρειόντων, κύδιστε μέγιστε, ὃς πᾶσιν ϑνητοῖσι καὶ ἀϑανάτοισιν ἀνάσσει u. s. w. Ueber Ζ. Κρονίων s. oben S. 44.
175 πατὴρ ἀνδρῶν τε ϑεῶν τε, eine Erweiterung der alten Anrufungsformel Ζεῦ πάτερ, welche wie Jupiter, Janus Pater u. dgl., also nicht in genealogischem, sondern nur in patriarchalischem Sinne zu verstehen ist, Röm. Myth. 50. 166.
176 Ζεὺς καὶ ϑεοὶ oder ϑεοὶ ἄλλοι, wie in Rom Jupiter ceterique dii. Ueber den Gebrauch von ϑεός und ὁ ϑεός s. Welcker Gr. Götterl. 1, 180 u. Lehrs popul. Aufs. 128.
177 εἰ γὰρ Ζεῦ τε πατερ καὶ Ἀϑηναίη καὶ Ἄπολλον Il. 2, 371; 4, 288; 7, 132; 16, 97, Od. 7, 311; 18, 235; 24, 376. Von Athena und Apoll allein εἰ γὰρ ἐγὼν ὧς εἴην ἀϑάνατος καὶ ἀγήραος ἤματα πάντα, τιοίμην δ' ὡς τίετ' Ἀϑηναίη καὶ Ἀπόλλων Il. 8, 537, und mit der characteristischen Variation: εἰ γὰρ ἐγὼν οὕτω γε Διὸς πάις αἰγιόχοιο εἴην ἤματα πάντα, τέκοι δέ με πότνια Ἥρη, τιοίμην δ' ὡς τίετ' Ἀϑηναίη καὶ Ἀπόλλων 13, 825. Es ist zu bemerken daß beidemal Hektor spricht und daß diese drei Götter, Zeus Athena und Apollon, die vornehmsten Burggötter von Troia waren, obwohl sie auch in Athen statt aller übrigen genannt wurden, s. Plato Euthyd. 302, Demosth. Mid. 198. Sie scheinen eine Art von feststehender Trias gebildet zu haben, wie die drei Capitolinischen Götter, Jupiter Juno Minerva für Etrurien und Rom und in andern Religionen andre Götter.
178 Hesych v. τρεῖς ϑεοί. Nach Poll. 7, 142 τρεῖς ϑεοὺς ὀμνύναι κελεύει Σόλων, ἱκέσιον καϑάρσιον ἐξακεστῆρα, wäre es Zeus in drei verschiedenen Eigenschaften gewesen. Die Heliasten schwuren beim Zeus Basileus, Apollo Patroos u. der Demeter, Arist. Eq. 941, Poll. 8, 122, Meineke Philol. 15, 139.
179 Von Deukalion s. Hellanikos b. Schol. Apoll. 3, 1085. 1086, Von Herakles Pind. Ol. 5, 5 βωμοὺς ἓξ διδυμοὺς ἐγέραρεν ἑορταῖς ϑεῶν μεγίσταις, wo die Scholien