Samoafahrten. Otto Finsch

Samoafahrten - Otto Finsch


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werden. Man kann sich daher nur freuen, daß die neue deutsche Ära auch hierin Wandel schaffen und dem willkürlichen Eingreifen einzelner gegen Leben und Eigentum von beiden Seiten strenge Schranken setzen wird. Denn erst dadurch kann die neue Kolonie zu gedeihlicher Entwickelung, namentlich der Plantagenwirtschaft, gelangen. Wie bereits erwähnt, ist in letzterer Richtung bis jetzt nur ein Versuch zu verzeichnen und der Handel, der Koprahandel,[9] der einzige Vermittler zwischen Weißen und Eingeborenen. Der Gesamtertrag an Kopra im Bismarck-Archipel bewegt sich, um dies noch zu erwähnen, zwischen 1000 bis 1500 Tonnen (à 200 Pfd. engl. pro Jahr) und ist nicht minder Schwankungen unterworfen als die Koprapreise selbst, welche in Europa je nach der Konjunktur zwischen 280 und 370 Mark variieren. Die im Bismarck-Archipel beschäftigte Handelsflotte weist unter deutscher Flagge zwei Schuner (von zusammen 180 Tons) und einen Kutter (30 Tons) von Hernsheim und einen Schuner (60 Tons) der Handels- und Plantagen-Gesellschaft, unter amerikanischer Flagge der Firma Farell einen Schuner (70 Tons) und einen Dampfer auf. Bis zum Jahre 1882 unterhielten die beiden deutschen Häuser auch je einen kleinen Dampfer, gaben dieselben aber auf, da sich trotz der geringen Größe (ca. 70 Tons) die Unkosten zu hoch stellten. Seitdem haben sich die Verhältnisse jedenfalls schon dadurch bedeutend verändert, daß die Neu-Guinea-Compagnie ihre drei Dampfer nach dem Bismarck-Archipel schickt.

      Wer in der Südsee reist, muß vor allem Geduld besitzen! Dies erfuhren wir gleich in Mioko, wo das Löschen und Laden viel mehr Zeit erforderte, als wir wünschten. Denn auch in dieser Richtung hatten sich die Verhältnisse, nur nicht zum Besseren, geändert. Die Eingeborenen, welche früher gegen einen Tagelohn von einem Stück Tabak im Wert von vier Pfennigen willig bei solchen Arbeiten halfen, waren bei weitem anspruchsvoller geworden und verlangten andere und bessere Tauschartikel. Ja, was weit schlimmer war, es hielt, trotz der höheren Preise, überhaupt schwer Arbeiter zu erlangen, deren Zahl sich durch die rücksichtslose Ausfuhr der Werbeschiffe[10] ohnehin vermindert hatte. Wie in Faulheit, so waren die guten Neu-Lauenburger, wie sie jetzt heißen sollen, auch im übrigen dieselben geblieben, und Fortschritte in der Civilisation nicht bemerkbar, außer in gewissen Tauschartikeln. Statt der gewöhnlichen weißen Thonpfeifen verlangte man jetzt schwarze »Negerköpfe« (negro-heads), statt ordinärer Äxte (Fan-tails) teure amerikanische u. s. w. Perkussions-Musketen, früher das Ziel des höchsten Wunsches eines Kanaker, waren kaum mehr begehrt. Dagegen Hinterladerbüchsen (Snider-Rifles) sehr gefragt, weit mehr als z. B. Bekleidungsgegenstände. Letztere werden eben nur von einzelnen, an den Hauptstationen beschäftigten Kanakern zuweilen getragen. Aber die große Masse unserer neuen Landsleute in Neu-Lauenburg, Neu-Pommern und Neu-Mecklenburg läuft noch jetzt, und zwar in beiden Geschlechtern, im adamitischen Kostüm umher und findet dasselbe bei weitem einfacher und bequemer, wogegen sich bei einigem Verständnis mit dem Leben und Wesen der Eingeborenen nichts einwenden läßt. Auch die Mission (australische Wesleyan) hat in der von ihr so sehr protegierten Bekleidungsfrage, außer bei ihren unmittelbaren Zöglingen, die sich nach mehr als zehnjähriger Thätigkeit auf kaum 200 Bekehrte[11] belaufen, keinen Einfluß ausgeübt, ja schien überhaupt Rückschritte gemacht zu haben. So wenigstens auf Mioko und der Insel Utuan, der York-Gruppe, wo die beiden samoanischen Lehrer (Teachers) nur noch wenige Eingeborene als Mitglieder der Kirche besaßen. Außer der allgemeinen Lauheit gegenüber der christlichen Lehre, wie jeder Lehre überhaupt, mochte hieran auch der unter der Leitung von Thomas Farrell 1883 wirkungsvoll geführte Feldzug mit schuld sein, der die Eingeborenen für die Ermordung von Theodor Kleinschmidt und seiner beiden weißen Genossen strafte und einer großen Anzahl Eingeborenen, darunter auch Kirchengängern, das Leben kostete.

       Astrolabe-Bai.

       Inhaltsverzeichnis

      Abreise nach Neu-Guinea. — French-Inseln. — Forestier-Insel. — Verkehr mit den Eingeborenen. — Fregattvögel und Tölpel. — Spärliche Nachrichten über Astrolabe-Bai. — Von Miklucho-Maclay. — Herrliche Küste. — Gelbe Bäume. — Der mysteriöse Deutsche. — Eine Südsee-Aventure. — Berthold und der Marquis de Rays. — »Nouvelle France.« — Herr Canar. — Eine wahre Robinsoniade. — Unter Menschenfressern. — In Port Constantin. — Erstes Zusammentreffen mit Eingeborenen. — Sa-ulo. — Vermeintlicher Überfall. — Besuch in Bongu. — Die Damenwelt. — Haartrachten. — Anthropologisches über Papuas. — Haar — wächst nicht büschelförmig. — Hautfärbung. — Individuelle Verschiedenheit. — Bewohner von Bongu. — Krankheiten. — Pockennarben. — Bekleidung und sonstiger Ausputz. — Gestrickte Beutel. — Das Dorf Bongu. — Bauart der Häuser — innere Einrichtung. — Die Barla. — Buambrambra oder Versammlungshaus. — Barum, Signaltrommel. — Telum-Mul, ein Kunstwerk der Steinzeit. — Ahnen, keine Götzen. — Beschneidung. — Reminiscenzen an Maclay. — Eingeführtes Rindvieh. — eine Plage der Eingeborenen. — Schweine. — Hund — rätselhafte Herkunft desselben — sowie des Haushuhnes. — Plantagen. — Urbarmachung. — Kulturpflanzen der Papuas — zugleich Zeugnis der höheren Gesittung. — Genußmittel. — Tabak. — Cigarren. — Betel. — Freundschaftszeichen. — Zierpflanzen. — Keu, gleich Kawa. — Eingeführte Kulturpflanzen. — Russisch in Port Constantin. — Bemerkungen über Tauschhandel. — Eisen- und Steinbeil. — Fischerei und Kanus. — Einfluß des ersten Weißen. — Der Mann des Mondes. — Erster Landerwerb. — Begründung der deutschen Schutzherrschaft. — Geringe Bevölkerung. — Beschränkte Landeskunde der Eingeborenen. — Gutes Einvernehmen mit denselben. — Abschieds-»Mun«.

      In den ersten Tagen des Oktober war die Samoa endlich seeklar und dampfte ihrem Ziele, Astrolabe-Bai, an der Nordostküste von Neu-Guinea, entgegen. Wir gingen um die Nordostspitze Neu-Britanniens und näherten uns am zweiten Tage der French- oder Französischen-Gruppe, die aus einer Anzahl kleiner Inseln besteht und gleichsam eine nordwestliche Fortsetzung des unbenannten Archipels bildet, in welchem Willaumez die bedeutendste Insel ist. Wie Neu-Britannien selbst, so sind auch diese Inseln offenbar vulkanischen Ursprungs, ihre kegelförmigen Berge erloschene Krater, die jetzt mit üppiger Baumvegetation bedeckt, hie und da größere kahle Flächen, Plantagen der Eingeborenen zeigen. Auf Forestier-Insel sahen wir größere Bestände Kokospalmen, unter denen es sich zu regen begann. Mit dem Glase erkannte man Menschen, und bald kamen etliche Kanus ab, um leider nur zu bald in weiter Ferne eine beobachtende Stellung einzunehmen. Die Leutchen trauten uns eben nicht, und so gelang es uns nur mit großer Mühe, sie wenigstens so weit heranzulocken, daß wir mittelst eines langen Bambus in allerdings beschränkter Weise in Tauschverkehr treten konnten. Leere Flaschen und Streifen roten Zeuges[12] fanden den meisten Beifall, weniger Glasperlen, und Tabak wurde ganz verschmäht. An Bord wagte sich trotz aller Verlockungen keine der vor Furcht zitternden Gestalten, im Gegenteil, man suchte in unverkennbarer Weise klar zu machen, uns zu entfernen und sie ungeschoren zu lassen. Die Leutchen mochten daher wohl üble Erfahrungen mit den ersten Civilisatoren gemacht haben, welche kurze Zeit vor uns hier vorgesprochen und »rekrutiert« hatten, wie die sehr passende Südseebenennung dafür lautet. Denn bekanntlich handelt es sich bei der sogenannten »Labourtrade«, wie das Anwerben von Eingeborenen als Arbeiter kurzweg heißt, nicht immer um Freiwillige.

      Astrolabe-Bai und Maclayküste.

      Nach diesem kleinen Intermezzo dampften wir in westlichem Kurs weiter, sichteten die Nordwestspitze Neu-Britanniens mit der Insel Rook und gingen später ganz nahe unter der Nordküste von Crown-Insel hin, ohne irgend eine


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