Samoafahrten. Otto Finsch

Samoafahrten - Otto Finsch


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führt mich zu einigen allgemeinen Bemerkungen über die anthropologisch meist noch sehr verkannte Rasse der Papuas oder Melanesier,[17] für welche gerade die Haarbildung besonders wichtig wird. Das Haar wächst beim Papua anfangs gerade wie bei uns und fängt erst an, sich nach einiger Zeit, wenn es etwas länger wird, zu krümmen, d. h. mehr oder minder eng spiralig zu drehen, ähnlich den Windungen eines Korkenziehers. Bei gewisser Länge verfilzen sich die einzelnen Haare leicht in- und untereinander, namentlich an den Enden, wo sich Klümpchen bilden, und so entstehen eine Art Locken, aus denen sich je nach der Behandlung dichte Strähne, Zotteln oder die eben beschriebene Wolke entwickeln. Die letztere ist aber keineswegs ein Rassencharakter des Papua, wie so häufig angegeben wird, sondern höchstens die Neigung zur spiraligen Drehung des einzelnen Haares, wodurch die Gesamtheit ein kräusliches Ansehen erhält, das zuweilen bei dichtem und kurzem Haare an den Wollkopf eines echten Negers erinnert. Wenn in unseren neuesten Lehrbüchern die büschelweise Anordnung des Papuahaares, das ähnlich wie bei einer Bürste gruppiert verteilt sein soll, als ein Hauptcharakter der Papua-Rasse hervorgehoben wird, so ist dies ein völliger Irrtum, der leider, gegenüber berichtigenden neueren Untersuchungen, noch heut dem Engländer Windsor Earl gedankenlos nachgeschrieben wird. Ich habe so viele Papuaköpfe untersucht, solche eigens zu dem Zwecke rasiert, um das Wachstum zu beobachten und weiß daher zur Genüge, daß die Haare beim Papua in gleicher Weise wie bei Europäern hervorsprießen. Aber meine Untersuchungen haben mich auch gelehrt, daß es schwierig ist, einen durchgreifenden diagnostischen Charakter des Papuahaares zu finden, da gar so viele individuelle Abweichungen vorkommen, sowohl in Haarbildung als Färbung. So sind Locken- und Krausköpfe nichts Ungewöhnliches, ja ich habe unter reinen Papuas sowohl in Neu-Guinea als anderwärts sanft gewelltes wie schlichtes Haar angetroffen, hinsichtlich der Färbung natürlich fuchsrotes. Nächst dem Haare ist es besonders die Hautfärbung, welche für diese Menschenrasse wichtig, aber bisher meist so sehr mißverstanden wurde, daß ein paar Worte hierüber nicht schaden können. Wenn hervorragende Anthropologen, die freilich Papuas nicht aus eigener Anschauung kennen, diesen eine schwarze, ja »bläulich schwarze« Färbung zuschreiben, so ist dies eben falsch. Man kann sich noch nicht daran gewöhnen, innerhalb einer Rasse so erhebliche Färbungsverschiedenheiten zu finden, die gerade bei der papuanischen mehr als bei anderen vorzukommen scheinen. Wenn auch im allgemeinen eine dunkle Färbung vorherrscht, so kann Schwarz doch keineswegs als ein Charakter der ganzen Rasse gelten. Wie das vorzugsweis vorhandene satte Braun sich durch Tiefbraun bis zur Schwärze des typischen Negers steigert, so geht es andrerseits bis zu den lichten Tönen des Polynesier und selbst des Malayen herab. Auch weiße Papuas[18] lernte ich kennen, so weiß als Europäer, und insofern nicht Albinos im gewöhnlichen Sinn, als manche auch am Tage scharf zu sehen vermochten. Zu diesen Verschiedenheiten in Hautfärbung wie Haar tritt noch eine große individuelle der Physiognomie, wie die mit besonderer Sorgfalt ausgewählten, naturgetreuen Illustrationen von papuanischen Charakterköpfen am besten zeigen werden. So ist es daher schwer, auch in dieser Richtung einen durchgreifenden Rassencharakter zu fixieren. Jedenfalls stehen die Papuas den echten Negern am nächsten, und wenn auch im allgemeinen der negerähnliche Typus vorherrscht, so finden sich doch so vielerlei Abweichungen, nicht nur in derselben Landschaft, sondern demselben Dorfe, ja Familie, daß gerade dieses Unbeständige mit charakteristisch wird. Man darf daraus auf eine stattgehabte Vermischung mit anderen Rassen, zunächst den benachbarten Ozeaniern und Malayen, schließen, aber historisch nachweisbar ist dies nicht. Selbst in solchen Küstenstrichen, wo schwerlich solche Nachbarvölker eingedrungen sein können, ja auch bei den Bergstämmen, die ich an der Südküste von Neu-Guinea kennen lernte, tritt diese Verschiedenheit in der Färbung hervor, bald einzeln, bald häufiger; hier trifft man eine vorwiegend dunkle, dort eine hellere Bevölkerung, die man anfänglich für eine ganz andere Menschenrasse hält. Aber es darf nicht vergessen werden, daß sich helle Individuen in allen melanesischen Gebieten finden, einzeln nicht selten in dunklen Familien, ähnlich wie bei uns blonde und brünette Individuen in ein und derselben Familie vorkommen. Die Gelehrten werden sich daher daran gewöhnen müssen, an den früheren Auffassungen von Stabilität der Färbung nicht allzustarr festzuhalten und wohlthun, geistreiche Betrachtungen über die Entstehung solcher Abweichungen durch Mischung lieber zu unterlassen, da dieselben doch nur ins Gebiet der Spekulation verfallen und die exakte Wissenschaft nicht weiterbringen. Daß bei farbigen Völkern Färbungsnüancierungen viel stärker hervortreten als bei sogenannten weißen, darf nicht verwundern, aber sie sind sehr häufig rein individueller Natur, und wer lange unter Papuas gelebt hat, wird die oft erheblichen Färbungsverschiedenheiten als etwas Gewöhnliches und Selbstverständliches betrachten, welche eben mit zum Charakter der Rasse gehören.

      Da unsere Reisen uns nur mit Papuas zusammenführen, so war es notwendig, über diese Rasse einige Mitteilungen zu machen, die zum besseren Verständnis derselben beitragen dürften.

      Auch die Bewohner von Astrolabe-Bai sind echte Papuas, im ganzen ziemlich lichtdunkelbraun, oder hellchocolatbraun gefärbt und von nicht sehr kräftigem Körperbau. Stattlichere Männer zählten zu den Ausnahmen, aber gerade die Bevölkerung von Bongu schien überhaupt schwächlicher und armseliger. Ringwurm (Psoriasis), jene Hautkrankheit, welche sich in Schnörkeln oft über den ganzen Körper einfrißt, war ziemlich häufig vertreten, genierte aber ebenso wenig als Schuppenkrankheit (Ichthyosis) und selbst Elephantiasis. Letztere hindert die Bewegung gar nicht, und der brave Sa-ulo lief trotz seines Alters und dicken Beines (vom Knie bis zu den Zehen) so schnell wie ein junger. Diese mehr oder minder bei allen Südseevölkern verbreiteten Krankheiten überraschten mich natürlich nicht, umsomehr aber Pockennarben, welche ich hier zum erstenmale, später aber wiederholt an der Küste Neu-Guineas beobachtete. Wie mochte diese Krankheit hierher gekommen sein? Jedenfalls hat sie viele Opfer gefordert und wesentlich mit zu der im allgemeinen so geringen Bevölkerung beigetragen.

      Im Vergleich mit Neu-Britanniern war die äußere Erscheinung der Bewohner von Konstantinhafen schon deshalb ansprechender, weil sie alle wenigstens eine gewisse Bedeckung haben, während jene völlig nackend einhergehen, wie wir dies zuletzt auf den French-Inseln sahen.

       Die Männer tragen den Mal, d. h. ein oft mehrere Meter langes Stück Zeug aus geschlagener Baumrinde, ähnlich der Tapa der Polynesier, sorgfältig um die Hüften und zwischen den Beinen durchgezogen (vergl. Atlas T. XVI 3.), und nur kleine Knaben gehen völlig nackt. Dagegen sind noch sehr kleine Mädchen bereits mit einem Lendenschurz bekleidet, der ebenfalls Mal heißt und sich in dieser Form über ganz Neu-Guinea als das einzige Bekleidungsstück des weiblichen Geschlechtes (vergl. Abbild. S. 40) verbreitet. Als Material dient die gespaltene Blattfaser der Kokos-, für feinere die der Sagopalme. Letztere werden häufig buntgefärbt, meist rot oder mit roten, schwarzen und gelben Längsstreifen und kleiden junge Mädchen sehr artig. Der Lendenschurz geht entweder um den ganzen Körper und bildet dann eine Art bis über die Knie herabreichendes Röckchen, oder er bedeckt nur gewisse Teile vorder- und hinterseits und ist dann mehr Schürzen zu vergleichen.

      Hinsichtlich des übrigen Ausputzes der hiesigen Papuas ist wenig zu bemerken, da sie im ganzen arm zu sein scheinen. Armbänder, aus einer Art Gras oder Liane (Lynosia) geflochten, Sagiu, zieren wie überall den Oberarm bei beiden Geschlechtern; die Männer tragen zuweilen noch ähnliche Bänder fest unter dem Kniee umgeflochten. Diese Arm- und Kniebänder sind zuweilen hübsch mit kleinen Kaurimuscheln (vergl. Atlas XX. 4) verziert, wie Muscheln hauptsächlich zu Schmuck- und Zieraten verwendet werden. So namentlich die zu Scheiben geschliffenen Basisteile der Conusmuscheln, aus denen man Halsketten verfertigt. Weit wertvoller sind Hundezähne, die überhaupt bei allen melanesischen Stämmen als Material zu Schmuck eine so hervorragende Stelle einnehmen und bereits bei unseren Vorfahren gleichen Zwecken dienten. Die Weiber müssen sich gewöhnlich mit ein paar Hundezähnen als Zierat der Ohren begnügen, während die Männer breite Ringe aus Schildpatt (Atlas XVII. 4) tragen, wie außerdem eine Menge anderer Dinge. Aber bei allen Naturvölkern schmückt sich das männliche Geschlecht eben weit mehr als das weibliche. Tätowierung, die, da wo sie Sitte ist, vorherrschend den Körper des Weibes verziert, ist hier, wie an der ganzen Küste unbekannt. Dagegen bemerkte ich zuweilen, und zwar an beiden Geschlechtern, Ziernarben, die, wie in den Gilberts-Inseln und anderswo, durch kleine Brandwunden hervorgebracht werden. Kämme (Atlas XVII. 1) dienen nur dem Haare des Mannes als Schmuck und werden von den Frauen nicht getragen. Wie erwähnt, benutzt


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