Time of Lust | Band 2 | Absolute Hingabe | Roman. Megan Parker
»Wieso kaufst du ihr ein Kleid?« David streckte seinen Arm nach mir aus. »Komm, wir gehen! Mein Wagen wartet.«
Nichts lieber als das ... In der Sekunde sprang ich auf und nahm seine Hand. Lacourt rief uns nach: »Du schuldest mir etwas, David!«
Im Lift fiel ich David um den Hals. Er erzählte mir, dass er am Telefon an meiner Stimme erkannt hatte, dass etwas nicht stimmte. Deshalb hatte er sofort den nächsten Flug genommen. Doch ich konnte nicht reden und ihm nichts erklären ... konnte kaum fassen, dass er tatsächlich hier war und dass ich es überstanden hatte.
Auf der Rückbank der Limousine lehnte mich in die andere Ecke des Wagens. Ich wollte David einfach nur ansehen ...
»Wir bleiben heute in einem Hotel und fliegen erst morgen nach New York«, erklärte er mit ruhiger Stimme, während er versuchte, aus meinem Gesicht schlau zu werden ... »Willst du es mir erzählen?«, fragte er vorsichtig.
Ich schüttelte den Kopf.
Er nahm verständnisvoll meine Hand in seine und ich fühlte mich in Sicherheit.
Still überlegte ich, wie viel von meinem Kummer ich mit ihm teilen durfte, denn schließlich wollte auch er Santiago einen Denkzettel verpassen. Bestimmt würde er darin seine Chance sehen, gleich zwei Fliegen mit einem Streich zu erschlagen, wenn er wüsste, was dieser Psychopath mir angetan hatte. Ich musste es für mich behalten solange ich konnte ...
Neues Leben
Am nächsten Morgen erwachte ich in Davids Armen. Ich war glücklich. Geradezu euphorisch. Vor mir lag die Freiheit ... New York ... und David.
»Fliegen wir heute?«, fragte ich aufgeregt.
»Ja«, antwortete er, während er mit meinen Haaren spielte.
Die Sonne strahlte in unser Hotelzimmer und wir bekamen ein herrliches Frühstück ans Bett serviert.
David hatte am Abend zuvor noch stundenlang auf mich eingeredet, er wollte sich nicht mit meinem Schweigen begnügen und wenn nötig, wollte er sogar selbst noch einmal in die Klinik fahren und Lacourt zur Rede stellen. Doch irgendwann in den frühen Morgenstunden hatte ich schließlich eine Version gefunden, mit der er sich annähernd zufrieden gab. Das Entscheidende war schließlich, dass er definitiv rechtzeitig gekommen war und so das Schlimmste verhindern konnte. Und für mich selbst betrachtete ich nun das, was mir von Lacourts Tat geblieben war, als eine Art Entschädigung für meine Qualen. In ein paar Tagen würde ich David meine Jungfräulichkeit zum Geschenk machen und ich hoffte, im Gegenzug würde er mir meine kleinen Notlügen verzeihen. Doch jetzt wollte ich nur noch weg aus Miami.
Wir flogen Business-Class und es war richtig eigenartig und aufregend zugleich, nun zum ersten Mal mit David allein unterwegs zu sein. Wir redeten nicht mehr über Lacourt, stattdessen wollte er wissen, wie ich damals Santiago im Flugzeug kennengelernt hatte, und ich erzählte es ihm bereitwillig in allen Details. Manchmal sah ich ihn amüsiert schmunzeln. Vermutlich kannte er bereits Santiagos Version und vielleicht unterschied sie sich ein wenig von meiner.
»Glaubst du, er wird uns zurückhaben wollen?«, fragte ich David.
»Ich gehe nicht zurück! Aber ich denke, er wird es versuchen. Das ist mit ein Grund, warum ich mich für New York entschieden habe. Dort findet er uns nicht leicht. Die Wohnung läuft offiziell auf Hayles Mutter. Ich möchte ihm nicht eines Tages unerwartet gegenüberstehen müssen.«
»Hayles Mutter?«
»Ja, es ist ja nur eine Mietwohnung.«
»Und was machen wir mit meiner Wohnung?«
»Um die musst du dich ab jetzt selbst kümmern, aber ich möchte, dass du so wenig Zeit wie möglich dort verbringst. Das wäre zu riskant. Bis jetzt hat es auch genügt, einmal pro Monat nach dem Rechten zu sehen.«
Ich nickte und David erzählte weiter: »Auch Hayle wollte nach New York. Er möchte versuchen, wieder als Tänzer beim Musical zu arbeiten. Und ich habe mir gedacht, wenn deine Narben schön verheilt sind, willst du es vielleicht noch mal bei deiner Agentur versuchen. Natürlich nur, wenn du Lust hast, und wenn ich dich aus meinem Bett lasse.« Er drückte zärtlich meinen Kopf an seine Schulter und küsste meine Haare.
»Aber mein Brandmal ...«, erinnerte ich David.
»Tattoos werden auch überschminkt. Du solltest es zumindest versuchen.«
Während der nächsten Tage stellte sich jedoch heraus, dass meine Achillessehnen ein viel größeres Hindernis darstellten als alles andere. David behandelte sie regelmäßig und trotzdem brauchte ich zumindest Zehn-Zentimeter-Absätze, um schmerzfrei gehen zu können. Also vorläufig war an ein Vorsprechen bei meiner Agentur nicht zu denken.
Unsere neue Wohnung lag direkt am Central Park. Es war ein edles Gebäude mit prunkvollem Eingang. Im vierten Stock gab es nur zwei Türen, beide ohne Namensschild. Hayle öffnete uns in einem seidigen Kimono und ich war mir nicht sicher, wie ich ihn begrüßen sollte. David kam mir zuvor und küsste ihn auf den Mund. Ich wollte nicht, dass Hayle auf mich eifersüchtig war. Bestimmt dachte er in diesem Moment, ich hätte eine leidenschaftliche Nacht mit seinem Geliebten verbracht. Und bestimmt konnte er sich gar nicht vorstellen, wie heilfroh ich war, das David mich nicht angerührt hatte.
David sah mich zögern, er blickte kurz zu Boden und ich war dankbar für diese kleine Aufforderung, denn ich hatte das grenzenlose Bedürfnis, vor Hayle niederzuknien und ihm die Hand zu küssen. Ich konnte mir nicht erklären warum, aber ich war ganz verrückt danach. Und für einen jungen Mann in seinem Alter zeigte Hayle große Reife. Seine Miene blieb ernst und er ließ es sich gefallen. Er schenkte mir damit ein wundervolles Gefühl.
David führte mich durch die riesige Wohnung. Sie war hell und sonnig, überall Marmorböden, viele Säulen, hohe Spiegel, eine offene moderne Küche mit angeschlossener Bar und ein gemütliches, sehr stilvoll eingerichtetes Wohnzimmer. Selbst das Bücherregal war schon spärlich befüllt. David nahm mich an der Hand und öffnete die Terrassentür. Er ging mit mir hinaus in die Kälte und schlang von hinten seine Arme um mich. Vor uns lag der winterliche Central Park und wir hatten sogar Sicht auf den großen See. Die Wohnung musste ein Vermögen kosten. »Können wir uns das leisten?«, fragte ich ihn.
»Ja«, hauchte er in meine langen Haare.
»Ich kann auch meine Schuhe verkaufen!«, bot ich ihm an.
»Deine Schuhe sind in einem Banksafe. Solange du bei mir bist, sorge ich für dich.«
Ich drehte mich in seiner Umarmung um und sah in seine schönen Augen. »Glaubst du, ich könnte dich jemals verlassen?«
David rang sich ein liebevolles Lächeln ab. »Uns trennen sechsundzwanzig Jahre. Du wirst irgendwann einen Jüngeren kennenlernen, den du nicht teilen musst!«
Ich schüttelte entschieden den Kopf.
Er seufzte. »Vielleicht möchtest du irgendwann Kinder?«
»Ja, vielleicht ... mit dir!«, strahlte ich ihn an. Das war wohl auch das einzige, was ihm Hayle nicht geben konnte.
Aber er schüttelte genauso entschieden den Kopf, wie kurz zuvor ich selbst. »Ich kann keine Kinder zeugen.«
Ein kurzer Schreck fuhr in mein Herz. Das tat weh. Betroffen verbarg ich mein Gesicht an seiner Brust. Er streichelte über meinen Rücken und machte meinen Schmerz mit Worten gleich noch viel größer: »Wenn der Richtige kommt, lasse ich dich gehen.«
Ein dicker Kloß zwängte sich in meinen Hals. Gekränkt löste ich mich von ihm, ich konnte nicht mehr sprechen ... und als er meine Reaktion sah, ging er nach drinnen. Seine gut gemeinten Worte klangen wie eine Drohung für mich. Ich dachte, David wäre der Mann, den ich mir für mein Leben wünschte ...
Doch dann ermahnte ich mich irgendwann selbst, nicht so weit vorauszudenken. Mein Leben drehte sich ohnehin alle paar Monate komplett in eine andere Richtung. Ich versuchte, dieses Thema zu vergessen, mich zu fangen und als ich wieder ins Wohnzimmer kam, saß David mit Hayle auf der Couch.