Der neue Sonnenwinkel Box 2 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Box 2 – Familienroman - Michaela Dornberg


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studieren. Ganz klassisch, Deutsch und Biologie auf Lehramt. Wenn man mir das früher vorgeschlagen hätte, wäre ich schreiend ums Haus gelaufen, jetzt macht es mir unendlich viel Spaß. Die Dinge passieren halt, wenn die Zeit dafür reif ist.«

      »Und Fabian, was sagt der dazu?«

      Hannes mochte seinen Schwager, sehr sogar. Aber für dessen bequemes Leben hatte sich auch einiges verändert. Ricky konnte nicht mehr den Haushalt führen. Die Betreuung der Kinder erforderte eine ganze Menge an Organisation, aber auch an Verzicht.

      »Fabian, mein fabelhafter Mann, steht voll hinter mir. Er findet das toll, unsere Eltern haben sich auch damit arrangiert, die Großeltern sind begeistert. Opa hat mir sogar ein Auto gekauft, und ich bekomme von ihm Geld, um eine Frau zu bezahlen, die sich um die Kinder kümmert. Oma Holper ist ein Segen, sie mag die Kinder, und die Kinder mögen sie.«

      »Also Friede-Freude-Eierkuchen«, sagte Hannes. »Mensch, Ricky, ich freue mich für dich. Dass du nicht studiert hast, war Perlen vor die Säue geworfen. Super, dass du dich besonnen hast. Und das macht mir Mut, weiterhin auf mein Bauchgefühl zu hören und irgendwann zu studieren«, er machte eine kleine Pause, »oder auch nicht.«

      »Denkst du darüber nach?«, erkundigte sie sich, und das klang doch ein wenig entsetzt.

      Hannes zuckte die Achseln.

      »Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Der Onkel, von dem mein Kumpel die Surf- und Tauchschule übernimmt, hat eine ganze Menge Kohle damit gemacht. Und die Gegend dort wurde noch mehr aufgewertet. Verhungern werde ich nicht, zumindest, was das Essen anbelangt, und wenn es mir irgendwann mal nicht reicht, dann steige ich aus. Ich freue mich jetzt auf die Herausforderung, und ich freue mich, dass du mich verstehst. Ich habe es ja allen schon angeboten, mit mäßigem Erfolg. Dich lade ich ebenfalls ein, samt Familie.«

      Ricky klopfte ihrem Bruder auf die Schulter.

      »Wir werden kommen, Fabian, die Kinder und ich, da kannst du Gift drauf nehmen.«

      Klar, besonders für die Großen war es ein Paradies.

      Hannes wollte gerade anfangen zu schwärmen, was er mit den Kindern unternehmen würde, als die Haustür geöffnet wurde. Professor Werner Auerbach kam heraus.

      »Ich beobachte euch schon eine ganze Weile«, sagte er. »Ist das ein konspiratives Gespräch, das vor unserer Haustür stattfindet?«

      Ricky flog ihrem Vater um den Hals.

      »Hallo, Papa, nein, vor Mama und dir hätten wir doch keine Geheimnisse. Hannes hat mir von seinen Plänen erzählt. Ich finde das großartig.«

      Professor Auerbach blickte seine Tochter an.

      »Warum wundert mich das eigentlich nicht?«

      Das war das Schöne an ihren Eltern, sie versuchten, sie auf den Weg zu bringen, den sie für ihre Kinder richtig fanden. Aber sie akzeptierten, wenn deren Entscheidung dann eine andere war.

      Ricky hakte sich bei ihrem Vater ein.

      »So, Papa, nun können wir ins Haus gehen, ich bin nämlich hergekommen, um etwas mit euch zu besprechen. Und Hannes, dich hätte ich eigentlich auch gern dabei. Oder musst du fort?«

      Hannes hatte sich lose mit alten Freunden aus der Schulzeit verabredet, aber die konnte er auch noch später treffen.

      Er hatte seine große Schwester sehr gern, und das hatte überhaupt nichts damit zu tun, dass ihr seine Pläne gefielen. Er wollte noch ein wenig deren Gegenwart genießen, seine Abreise war in greifbarer Nähe. Hannes war aufgeregt, und er freute sich riesig auf sein neues Leben in Aus­tralien mit ganz neuen Herausforderungen. Aber er war auch ein wenig wehmütig. Es war schön, wieder zu Hause zu sein in der Beschaulichkeit des Sonnenwinkels. Noch schöner war es, allgegenwärtig die Zuneigung seiner Familie zu spüren, die er wirklich über alles liebte. Er genoss die Liebe, den Zusammenhalt, die Wärme und die Geborgenheit. Nicht zu vergessen, das wunderbare Essen, das seine Mutter ihm täglich servierte und das er ebenfalls sehr vermissen würde.

      Hannes wusste, dass er in der ersten Zeit Heimweh haben würde, das war auch so gewesen, als er seine Weltreise angetreten hatte. Da war das Heimweh ganz schrecklich gewesen, und er hatte mehr als nur einmal überlegt, alles abzubrechen.

      Wenn es ginge, dann würde er sehr gern seine Familie mitnehmen oder wenigstens dieses wunderbare Gefühl, in das er sich einhüllen konnte, wenn es ihn überkam und er einsam war. Dafür würde er gern Übergepäck zahlen. Es ging leider nicht, und eines war wahr, zu wahr …, man konnte nicht alles haben.

      *

      Die Auerbachs hatten ihre Tochter Ricky davon überzeugt, das Haus nicht zu verkaufen, sondern es erneut zu vermieten. Und Inge hatte nicht nur versprochen, sich darum zu kümmern, nein, sie wäre beleidigt gewesen, wenn man ihr das weggenommen hätte. Es machte ihr Spaß, neben all ihren Verpflichtungen so etwas wie Maklerin zu spielen.

      Bei den Auerbachs war, zumindest was das anbelangte, die Welt wieder in Ordnung.

      Das konnte, nur wenige Häuser weiter, die junge Ärztin Roberta nicht behaupten.

      Sie wusste inzwischen, dass Nicki sich von Roberto Andoni endgültig getrennt hatte, und ­darüber war sie sehr traurig. Vielleicht wäre sie näher darauf eingegangen und hätte versucht, Nicki zur Vernunft zu bringen, wenn bei ihr nicht auf einmal ­alles aus den Fugen geraten wäre.

      Sie hatte dem wichtig aussehenden Brief mit Zustellung zunächst keine Bedeutung beigemessen und erst einmal an eine Geschwindigkeitsüberschreitung oder an ein nicht gezahltes Ticket gedacht, obwohl beides für sie unüblich war.

      Nach der Sprechstunde hatte sie den Brief geöffnet, und dann war sie aus allen Wolken gefallen.

      Es war die Aufforderung, zu ­einem Gerichtstermin zu erscheinen, was an sich nicht schlimm wäre. Sie war mehrfach als Zeugin vorgeladen worden, weil sie einen Verkehrsunfall miterlebt hatte, eine Beleidigung oder ähnliches.

      Aber jetzt ging es um eine Schadensersatzklage in erheblicher Höhe.

      Das musste ein Irrtum sein!

      Sie war so verwirrt, dass sie erst einmal gar nicht so richtig alles erfasste. Doch dann fiel Nicki ihr ein, die sie während der Sprechstunde angerufen hatte, um ihr von einem unliebsamen Zusammentreffen mit ihrem Exmann Max erzählt hatte.

      Roberta hatte dem keinerlei Bedeutung beigemessen, weil Max manchmal ein Schwätzer sein konnte. Doch plötzlich erinnerte sie sich an das, was Nicki ihr erzählt hatte.

      Max wolle sie fertig machen …

      Er habe etwas gegen sie in der Hand …

      Es würde ihr das Genick brechen …

      Sie solle sich warm anziehen …

      Roberta fröstelte.

      Max konnte gefährlich werden, er konnte über die Grenzen des guten Geschmacks hinausgehen.

      Womit wollte er ihr schaden, und warum?

      Nun, über das Warum musste sie nicht nachdenken. Sie hatte sich geweigert, die Praxis zu retten, sie hatte ihm gesagt, er solle nicht wiederkommen. Das reichte, um ihn Rot sehen zu lassen.

      Es klang plausibel, doch das reichte nicht aus, um ihr eine Vorladung zu schicken.

      Schlimm war auch, dass die Verhandlung bereits am morgigen Tag sein sollte, weil die Vorladung an ihre alte Adresse geschickt worden war.

      Es machte alles keinen Sinn, aber Roberta spürte die Bedrohung körperlich.

      Was sollte sie jetzt tun?

      Sie hatte Sprechstunde, konnte die nicht einfach ausfallen lassen, andererseits wusste sie, dass man Vorladungen des Gerichts nicht einfach ignorieren konnte.

      Sie saß in der Zwickmühle, und das ganz gehörig.

      Roberta versuchte ihren Anwalt zu erreichen, der sie bei ihrer Scheidung vertreten hatte. Da meldete sich nur ein Anrufbeantworter, der sagte, dass der Rechtsanwalt in Urlaub


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