Götterglaube. Kristina Licht

Götterglaube - Kristina Licht


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der tätowierte Biker, der Falk niedergestochen hatte.

      »Nein. Sie wird nicht so dumm sein, wieder dorthin zurückzukehren.«

      »Aber wo wird sie dann hingehen?«, fragte die Schwarzhaarige.

      »Das lasst mal Ewans Sorge sein. Er wird sie schon für uns finden.«

      Ein teuflisches Grinsen glitt auf Darians Gesichtszüge, während Falk ein Schauer den Rücken hinabrieselte. Ja, diese Geschöpfe stammten aus dem Himmel – doch ihr Auftrag war es, den Tod zu bringen.

      ***

      Darian war offensichtlich nicht dumm. Der Plan, den er geschmiedet hatte, konnte tatsächlich funktionieren. Sie waren zurück zu Ewans Wagen gegangen, um ihm sein Auto wiederzubringen. Ewan würde damit fortfahren und Kiara suchen – und Raphael würde sich im Körper der hübschen Schwarzhaarigen an seine Fersen heften.

      Falk mischte sich nicht ein. Er hoffte, dass Kiara schlau genug war, um das Weite gesucht zu haben. Wenn sie die Möglichkeit zur Flucht hatte, würde sie sich nicht wieder von Ewan einfangen lassen, oder?

      »Wir anderen brauchen ebenfalls ein Auto«, sagte Darian. Er reichte Raphael die Schlüssel für Ewans Wagen und nahm ein altes Buch vom Rücksitz. Die Bibel der Verdammten. Falk kannte sie in- und auswendig.

      »Mein Wirt wohnt hier in der Gegend. Ein fetter Jeep stand vor dem Haus, den können wir nehmen«, schlug Uriel vor.

      »Sehr gut. Rapha, du weißt, was du tust?«

      Die Schwarzhaarige saß bereits hinterm Steuer und startete den Motor. »Ist nicht der erste Wagen, den ich fahre.«

      Darian verdrehte die Augen. »Das meine ich nicht.«

      Raphael grinste. »Ich weiß, Bruderherz. Aber sieh mich an. Ich habe den Körper eines Models. Männer sind so einfach gestrickt – ich habe bereits einen Plan.« Als sie verführerisch die Augen niederschlug, entwich Falk ein belustigtes Schnauben. Glaubte sie wirklich, sie könnte Ewan verführen? Dafür war er eindeutig der falsche Mann.

      »Was gibt es da zu lachen, Verfluchter?«, fuhr Gabriel ihn an.

      »Nichts, sorry.«

      Raphael schlug die Fahrertür zu und winkte ihnen zum Abschied, ehe sie mit durchdrehenden Reifen davonbretterte.

      Die anderen Gesandten setzten sich ebenfalls in Bewegung, Gabriel packte Falk am Arm und zog ihn mit sich. Vorerst standen seine Chancen zur Flucht schlecht, doch irgendetwas sagte ihm, dass die Lage für ihn noch schlimmer werden würde, wenn sie den Wald erst einmal verlassen hatten.

      Sie kamen bei dem Jeep an, als hätten die Gesandten ein verdammtes Navigationsgerät in ihrem Gehirn installiert. Falk war es ein Rätsel, wie sie es so gezielt und schnell aus dem Inneren des Waldes geschafft hatten. Dass Uriels Körper hier wohnte, konnte nicht die ganze Erklärung sein. Die Engel mussten eine Verbindung zum Himmel haben, einen Kontaktmann, der sie mit Informationen versorgte und sie leitete, anders konnte Falk sich das nicht erklären.

      »Haben wir einen Plan?«, fragte Uriel und blieb in der Einfahrt stehen. Das Haus vor ihnen war rustikal und groß. Es hatte eine hölzerne Veranda und eine rote Fassade.

      »Wir gehen rein, binden ihn fest und verhören ihn. Währenddessen besorgt einer von uns die Waffen. Ihr werdet alle eine brauchen, wenn wir uns mit den Verdammten anlegen.«

      Bei Darians Worten überlief Falk ein kalter Schauer. Er hatte schon immer wissen wollen, woher die Gesandten ihre himmlischen Klingen bekamen. Wenn ihre Seelen in menschliche Körper geschickt wurden, konnten sie schließlich keine Schwerter mitnehmen. Wenn sie nur wüssten, dass Falk selbst eine dieser Waffen bei sich trug …

      »Ich bleib’ hier und verhör den Wichser.«

      Darian und Uriel blickten den tätowierten Biker entsetzt an.

      »Deine Wortwahl lässt wirklich zu wünschen übrig, Gabriel«, tadelte Uriel.

      »Ist der Einfluss des Menschen, in dem ich stecke. Sorry, Jungs.« Er zuckte mit den Achseln.

      Darian legte Uriel eine Hand auf die Schulter und beugte sich zu ihm. »Ich bin froh, dass du da bist, Uriel. Wenigstens einer, der seine Rationalität und Ruhe behalten hat«, raunte er ihm zu, gerade so, dass Falk es noch hörte. Er musste herausfinden, bei welchem dieser Seelen seine Chancen am besten standen, um angehört zu werden. Welcher Engel würde seine Geschichte glauben?

      »Dann werde ich mich wohl allein auf dem Weg in die Kirche machen. Hoffentlich haben sie dort genug auf Vorrat. Mir scheint es so, als bietet diese Umgebung nicht gerade die prunkvollsten Gotteshäuser«, bemerkte Uriel seufzend und ließ seinen Blick über die Wälder und Weiden schweifen, die sich in alle Richtungen erstreckten.

      »Du wirst schon eine finden«, sagte Darian und klopfte ihm bestätigend auf die Schulter.

      »Pass auf ihn auf.« Uriel nickte in Richtung Gabriel und stieg dann in den schwarzen Jeep. »Wäre super, wenn der Verfluchte noch lebt, wenn ich wiederkomme.« Er schlug die Wagentür zu.

      »Ohne die richtige Waffe kann ich ihn nicht töten!«, rief Gabriel ihm zu. »Also bring sie mir!«

      Nachdem Uriel gefahren war, betraten sie das Haus. Darian öffnete die Tür, als bräuchte er nicht einmal einen Schlüssel. Obwohl Falk in seiner Zeit als Verdammter schon einiges über Seinesgleichen und den Himmel erfahren hatte, wusste er dennoch nicht, wie weit die Kräfte der Gesandten gingen. Wie weit der Einfluss des Himmels auf der Erde reichte.

      »Such was zum Festbinden«, wies Darian Gabriel an und schob Falk unterdessen in die Küche. »Setz dich doch, Verdammter.«

      Falk nahm auf einem der Küchenstühle Platz, wobei der Dolch in seinem Rücken sich hart gegen seine Haut presste und nach oben rutschte. Zum Glück hatte er ein Tuch um die Klinge gewickelt, sodass er sich nicht selbst aufschlitzte. Währenddessen ließ Falk Darian nicht aus den Augen. Er kannte dieses Gesicht, als wäre es sein eigenes. Es war nach all der Zeit immer noch seltsam für ihn, dass sich Michael in diesem Körper befand. Die Mimik, die Gestik, all die Details wichen von der Erscheinung des echten Darians ab. Ob er den echten Darian jemals wiedersehen würde?

      »Was wollt ihr von mir?«, fragte Falk. Jetzt, da er saß und der Adrenalinspiegel wieder sank, spürte er den Schwindel, der von seinem Blutverlust herrührte. Lange würde er hier nicht aushalten, weshalb er die Zeit nicht mit Schweigen vergeuden durfte.

      Darian lehnte sich mit dem Rücken gegen die Küchentheke und verschränkte die Arme vor der Brust. Aus diesen vertrauten braunen Augen musterte er ihn neugierig.

      »Du hast alle die ganze Zeit an der Nase herumgeführt.« Er legte den Kopf schief und kniff die Augen zusammen. »Wieso?«

      »Wieso ich Kiara und Ewan nicht gesagt habe, was ich bin?«, echote Falk ungläubig. War das hier ernsthaft die wichtigste Frage, die im Raum stand?

      6. neue und alte verbündete

      Fliehen ist einfacher als kämpfen. Beim Taekwondo gewinne ich meine Kämpfe, weil ich meine Gegner und ihre Schwachstellen kenne. Weil ich die Schritte und meine Tritte beherrsche. Doch wenn man nicht weiß, wer der Feind ist, wenn man seinem eigenen Verstand nicht mehr trauen kann, dann erstarrt man und kann die einfachsten Bewegungen nicht mehr ausführen. Man fühlt sich nicht mehr in der Lage zu kämpfen, obwohl man sein ganzes Leben lang dafür trainiert hat.

      - aus den Erkenntnissen einer Seele -

      »Wir müssen reden.«

      Kaum hatte ich Mia zurückgetextet, dass ich noch lebte, aber für einige Wochen wegen eines gebrochenen Beines nicht mehr zum Taekwondo kommen würde, da stand Milan in der Tür.

      »Worüber?«, fragte ich und blickte von meinem Handy auf.

      Der blonde Mann, von dem ich im Grunde nichts wusste, außer dass er ein Bekannter von Ewan war und mit ihm das gleiche untote Schicksal teilte, kam auf mich zu und blieb vor dem Bett stehen. Aus grünen


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