Ayurveda - Handbuch der Energietypen. Jutta Mattausch

Ayurveda - Handbuch der Energietypen - Jutta Mattausch


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Lebensenergie“, denn sie verstehen die hohe Kunst, Nahrungsmittel in Heilmittel zu verwandeln.

      Vielleicht haben Sie im Restaurant eine ähnliche Szene beobachtet: Ein Paar setzt sich an den Nachbartisch und studiert die Speisekarte. Der Mann ist kräftig gebaut und eher behäbig, während seine Frau sehr schlank ist, etwas unruhig wirkt und viel spricht. Nach einer Weile kommt die Bedienung und bringt das bestellte Essen: Nun steht vor dem Mann ein Teller mit einem ordentlichen Stück Fleisch und Kartoffeln, während die Frau einen Frühlingssalat mit Baguette bestellt hat. Die beiden lassen sich ihr Essen schmecken und verlassen das Restaurant. Die Fortsetzung dieser Szene könnte mit großer Wahrscheinlichkeit folgende sein: Zuhause fällt der Mann satt gegessen bald in die Federn, während seine Frau mit einem unangenehm aufgeblähten Bauch und vielen Gedanken noch stundenlang wach im Bett liegt. Was haben die beiden nach ayurvedischer Vorstellung falsch gemacht? Beide verstärkten durch die Speisewahl ihre Schwachstellen: Der Mann, ohnehin von „Schwere“ geprägt, verzehrte ein für ihn viel zu schweres Essen, seine Frau entschied sich mit dem Salat für ein zu leichtes Essen. Hätte der Ober ihre Teller vertauscht, wäre es beiden gewiss besser gegangen, da sie Ausgleich geschaffen hätten. So einfach kann Ayurveda im Alltag aussehen. Wegen der außerordentlich großen Bedeutung, die Ernährung für das Wohlbefinden darstellt, werden wir auf dieses Thema ab Seite 216 ausführlich eingehen.

       Erholung:

      Die beiden Pole von Aktivität und Entspannung sind das natürliche Spannungsfeld, in dem wir uns Tag für Tag bewegen. Um tagsüber mit Energie und Tatkraft unser Pensum zu bewältigen, um voller Lebensfreude und kreativ zu sein, brauchen wir zum Ausgleich ausreichend Zeit zum Regenerieren. Daher ist ein gesunder Schlaf so außerordentlich wichtig, denn nachts tanken wir neue Lebenskraft auf. Ein erholsamer Schlaf ist einer der wichtigsten Faktoren für Vitalität und Gesundheit. Im Schlaf beruhigen sich die Sinne, Stoffwechsel, Nervensystem und Organe können regenerieren und der Geist kann im Traum die Eindrücke des Tages verarbeiten.

      Gehen Sie daher nicht später als 22.30 Uhr zu Bett. Der Schlaf vor Mitternacht ist der intensivste. Nachdem im Ayurveda jeder Lebensaspekt individuell ist, variiert auch die empfohlene Schlafdauer. Menschen mit Vata-Natur brauchen mindestens acht Stunden Schlaf, um völlig zu regenerieren. Pitta-Typen brauchen sieben Stunden und Menschen mit hohem Kapha sollten höchstens sieben Stunden schlafen. Wenn Sie regelmäßig meditieren, werden Sie bald mit weniger Schlaf als bisher auskommen.

      Sehr viele Menschen leiden heutzutage an Schlafproblemen. Wer tagsüber unter ständigem Stress und starker Anspannung steht, kann nachts oft nicht abschalten. Womöglich kommen dazu Ängste und Sorgen. Wer keinen Schlaf findet, ist auch Untertags ständig erschöpft und nervlich gereizt. Das Abwehrsystem wird geschwächt und der Mensch ist dadurch anfällig für allerart Erkrankungen. Wenn Sie Schlafprobleme haben, sollten Sie unbedingt etwas dagegen tun. Vielleicht probieren Sie einmal folgendes ayurvedisches Rezept: Trinken Sie vor dem Zubettgehen eine Tasse warme Milch mit einer Prise Gelbwurz (Kurkuma) und geben Sie sich eine leichte Ölmassage an Kopf und Füßen. Mehr Tipps gegen Schlaflosigkeit finden Sie unter „Vata“.

       Sexualität:

      Sexualität ist als drittes menschliches Grundbedürfnis eine weitere wichtige Säule des Lebens. Ein gesunder Mensch verspürt ein natürliches Bedürfnis nach Sinnlichkeit und Sexualität, während umgekehrt ein unbefriedigtes Sexualleben zu inneren Spannungen und unterdrückten Gefühlen führt. Sexualität ist die intimste Weise, auf der sich zwei Menschen begegnen. Indem beide Partner sich füreinander öffnen, entsteht ein intensiver Austausch von Geben und Nehmen, sodass eine tiefe Befriedigung aus dieser intimen Begegnung erfahren wird. Jede sinnliche Begegnung kann unsere Sinne sensibilisieren und für sanfte Impulse öffnen. Sobald wir Hingabe und Vertrauen entwickeln und in Achtsamkeit auf die Wünsche unseres Partners eingehen, ist jede sexuelle Begegnung ein Geschenk, das zwei Menschen einander machen. In einer erfüllten Sexualität tanken Sie Ihre Kräfte neu auf, Sie fühlen sich vitalisiert, entspannt und empfinden eine immense Lebensfreude.

      Räumen Sie Ihrer Sexualität daher einen besonderen Stellenwert ein: Nehmen Sie vorher ein entspannendes Bad, dekorieren Sie das Schlafzimmer mit Blumen und hören Sie sanfte Musik. Wenn Sie sich gegenseitig mit warmem duftendem Öl massieren, stimmen Sie sich perfekt auf diese Begegnung ein.

      Allerdings warnt das Ayurveda ausdrücklich vor sexueller Überaktivität. Dadurch verliert der Mensch Ojas, jene reinste Substanz, der wir gute Körperenergie und ein stabiles Immunsystem verdanken.

      Für das rechte Maß an erotischen Vergnügungen orientiert sich das Ayurveda wiederum an der Natur: Im Winter ist Sex die optimale Wärmequelle – genießen Sie ihn so oft Sie daran Spaß haben, denn neben der Wärme, die er Ihnen schenkt, hellt er die Stimmung auf. Im Frühjahr und Herbst wird Geschlechtsverkehr höchstens zweimal pro Woche empfohlen. Und im Sommer, wenn wir ohnehin genug innere Hitze haben, schwächt Sex den Körper. Entsprechend lautet die ayurvedische Empfehlung: Sex nur alle zwei Wochen in der Kühle des Abends.

      Nach dem Akt, so heißt es in den Texten, sollten beide Partner ein kühles Bad nehmen, und zur Stärkung gesüßte Milch oder Likör trinken und dazu Süßigkeiten naschen.

      Nach dem Verständnis des Ayurveda umfasst Gesundheit wesentlich mehr als ein subjektives Wohlgefühl oder das Fehlen offensichtlicher Beschwerden. In Sanskrit bedeutet Gesundheit „die Lebensweise, die der eigenen Natur gehorcht“. Indem wir also unseren inneren Bedürfnissen folgen, erfahren wir vollkommene Lebensfreude, Kraft und Gesundheit. Unsere innere Intelligenz weiß, was wir wirklich brauchen, da sie instinktiv nach Harmonie strebt.

      Die klassischen Schriften definieren entsprechend den Begriff von „Gesundheit“ sehr tief gehend:

      „Wahrhaft gesund ist der:

      ·dessen Doshas im Gleichgewicht sind;

      ·dessen Verdauung und Stoffwechsel ausgewogen sind;

      ·dessen Gewebe richtig aufgebaut sind und von dem die Abfallstoffe ausgeschieden werden;

      ·dessen fünf Sinne richtig arbeiten und …

      ·… der dabei in Zufriedenheit und innerem Glück lebt.“

      Besonders interessant ist der letzte Punkt dieser Definition „Zufriedenheit und inneres Glück“. Demnach sind körperliche und geistige Gesundheit wiederum Grundlagen für das höchste Ziel im Leben, nämlich die Entwicklung von Spiritualität und Gotteserkenntnis.

       Agni – unser Lebensfeuer

      Eine gute Verdauung gilt im Ayurveda als eine der wichtigen Voraussetzungen für Gesundheit. Umgekehrt ist schlechte Verdauung der Grund für viele Erkrankungen. In Abwandlung des Satzes: „Man ist, was man isst“ kann man deshalb sagen: „Man ist, was man verdaut“. Auch das hochwertigste Essen aus dem Bioladen nützt uns nichts, wenn wir es nicht ordentlich verwerten können. Deshalb sollte unser ständiges Augenmerk auf Agni, unserem Verdauungsfeuer, liegen. Agni gleicht einer Kerzenflamme, die gleichmäßig und moderat brennen sollte. Ein gutes Agni ist daran zu erkennen, dass die Nahrung nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam verbrennt. Während der hoch komplizierten Verdauungsvorgänge wird die Nahrung mithilfe von Enzymen in körpereigene Substanzen umgewandelt. So werden die Zellen mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt, sodass Gewebe und Organe bestens genährt werden und alle Körperabläufe richtig funktionieren. Wenn alle Gewebe richtig aufgebaut sind, bildet sich das feinstoffliche Konzentrat Ojas, das im Herzen sitzt. Ojas ist jene höchste Kraft, die uns eine frische Ausstrahlung, Mut und ein gutes Immunsystem verleiht. Daher strahlt ein Mensch mit gutem Agni Vitalität, Frische und Lebensfreude aus. In der Charaka Samhita, einem klassischen Ayurvedatext, heißt es: „Ojas wird aus der Essenz aller Körpergewebe gebildet, so wie Honig die Essenz der Blumen ist, welche die Bienen sammeln.“

      „Verdauung“ ist aber nicht nur die Verwertung der Nahrung, sondern auch alle anderen Eindrücke, die wir verarbeiten, wie Geräusche, Gerüche, Informationen und


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