Gift für die Sklavin. Cosette

Gift für die Sklavin - Cosette


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nicht.

      An der nächsten Kreuzung, an der sie halten musste, nahm Candice ihr Mobiltelefon zur Hand. Sie blies den Zigarettenrauch aus ihren Lungen, wählte die Handynummer ihrer Freundin und klemmte das Telefon zwischen Ohr und Schulter ein.

      «Alyssa Brescia.»

      «Hi Al, ich muss mit dir reden», schoss es aus ihr raus, während sie den Blinker setzte und abbog. Sie hätte beinahe einen Fußgänger übersehen, konnte aber noch rechtzeitig bremsen. Mit heftig pochendem Herzen schaute sie dem Jungen nach, der beneidenswert unbekümmert über die Straße hüpfte. Zum Glück hatte er nicht mitbekommen, dass Candy ihn fast überrollt hätte.

      Ein Kind zu überfahren, dachte Candice und fuhr weiter, das fehlt mir noch an diesem ätzenden Tag.

      «Du glaubst nicht, was für eine Schicht ich hinter mir habe», sprudelte es aus Alyssa heraus. «Wir haben uns in dieser unerträglichen Schwüle um den neuen Anbau der Uni gekümmert. Ich hatte noch Glück, weil ich die Bepflanzung machen durfte, aber die Männer mussten die Wege pflastern. Ich verstehe immer noch nicht, warum Landschaftsgärtner so etwas machen müssen. Kaputt bin ich, total fertig! Darum habe ich schnell geduscht und bin noch einmal zur Pearl Street Mall gegangen, um mir einen Banana Java Chip Frappuccino Blended Coffee von Starbucks zu gönnen.»

      «Einen was?»

      Alyssa kicherte wie ein Mädchen. «Das ist ein Eiskaffee mit Bananen und Schoko-Chips.» Als wollte sie beweisen, dass sie die Wahrheit sprach, sog sie so laut am Strohhalm, dass Candy das Geräusch am anderen Ende der Leitung hörte. «Komm doch zur Mall. Ich warte auch artig auf dich.»

      Unter anderen Umständen hätte Candy sofort das Lenkrad ihres Pick-ups herumgerissen, um zur Pearl Street, der Haupteinkaufsstraße Boulders, zu eilen, doch sie steuerte weiter ihre Wohnung an. «Ich kann nicht. Ich bin mit Jay verabredet und muss vorher noch zuhause vorbeischauen.»

      «Oh, wie gemein! Ihr vögelt in einer Woche mehr als ich in einem Monat. Stimmt doch, dass dein Gebieter dich zum Vögeln irgendwohin bestellt hat, oder?»

      Gereizt nahm Candy einen tiefen Zug von der Pall Mall. «Al, ich habe ein Problem.»

      «Ich höre es. Du schaffst es nicht, mit dem Paffen aufzuhören.»

      «Wenn es nur das wäre …» Sie erzählte ihrer besten Freundin in kurzen Sätzen, was auf dem Revier vorgefallen war, und sie musste sich zusammenreißen, um nicht zu schluchzen.

      «Hast du der Polizei gesagt, dass Jay dem Typen auf dem Phantombild ähnlich sieht?»

      «Bist du verrückt? Ich liefere doch meinen Freund nicht an die Cops aus.»

      «Aber du bist dazu verpflichtet, zumal du sogar für die Polizei arbeitest.»

      Al hatte recht, musste sich Candy eingestehen, doch seltsamerweise war sie plötzlich auf ihre Freundin sauer, dabei konnte diese gar nichts für die vertrackte Situation. Ihre Hände umschlossen das Lenkrad so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß wurden und ihr die brennende Zigarette fast runtergefallen wäre. «Er wäre nie dazu fähig, eine fremde Frau zu kidnappen und sexuell zu unterwerfen.»

      «Das macht er doch mit dir andauernd.»

      «Aber nur in Form eines Rollenspiels. Außerdem bin ich damit einverstanden und im Alltag ist er ein liebender Partner.»

      «Vielleicht reichen ihm die Spielchen mit dir nicht mehr. Habt ihr es jemals mit anderen getrieben?»

      Candy erinnerte sich, dass Jay einmal den Vorschlag gemacht hatte, auf eine SM-Party nach Denver zu fahren, weil er seine Sklavin gerne öffentlich vorführen und auch von anderen benutzen lassen wollte, doch für sie kam das nicht in Frage. Es war nicht so, dass sie nicht davon träumte, aber sie war noch nicht so weit. Sie trug bis zum heutigen Tag ja nicht einmal den Ring der O so, dass jeder ihren Sklavenstatus sehen konnte.

      Alyssa saugte laut den letzten Rest Frappuccino aus ihrem Becher. «Hast du Bridget gegenüber deinen Verdacht geäußert?»

      «Nein, dann hätte ich es genauso gut den Cops sagen können. Außerdem hat sie ihnen beim Verhör auch nichts von dem Frettchen erzählt, hat sie mir gebeichtet. Es war ihr zu peinlich.»

      «Warum hat sie es dann dir erzählt?»

      «Sie hat meinen Ring gesehen und meinte wohl, wenn ich SM lebe, könne mich nichts so leicht schockieren.»

      «Da hat sie sich wohl getäuscht.»

      «Ja, das Phantombild war für mich schockierender als die Beschreibung der Sexorgie, ich meine des Tathergangs.»

      «Ihr haltet beide Hinweise zurück. Wie soll die Tat denn so jemals aufgeklärt werden?»

      Vielleicht will ich das ja überhaupt nicht, dachte Candy und spielte in Gedanken das Szenario durch.

      Die Polizei würde Jay verhören und egal, ob er schuldig war oder nicht, würde es einen Bruch zwischen ihm und ihr geben. Ihre Beziehung bekäme eine Narbe, die niemals wieder ganz verheilen würde. Im schlimmsten Fall würde er sie sogar verlassen, weil eine Beziehung ohne Vertrauen sinnlos wäre. Besonders wenn man BDSM praktizierte, brauchte es großes Vertrauen. Und was, wenn man Jay der Tat überführen würde?

      So oder so, Candy würde Jay verlieren.

      Plötzlich hupte es von beiden Seiten. Candy schreckte zusammen, verlor das Handy und trat kräftig auf die Bremse. Der glühende Zigarettenstummel fiel ihr aus der Hand und landete zwischen ihren leicht gespreizten Oberschenkeln auf dem Sitz. Hektisch wischte sie ihn fort, damit er ihre Beine nicht verbrannte. Er hinterließ ein Brandloch im Polster. Sie bückte sich, nahm den Glimmstängel mit zittrigen Händen auf und warf ihn aus dem Fenster.

      Weil das Hupkonzert immer lauter wurde, schaute Candy sich um und fand sich mitten auf einer Kreuzung stehend wieder. Sie musste eine rote Ampel übersehen haben und blockierte nun den Verkehr. Mit hochrotem Gesicht tastete sie nach dem Mobiltelefon und fand es unter ihrem Sitz wieder.

      «Ich melde mich noch einmal kurz, wenn ich zuhause angekommen bin», beeilte sich Candy zu sagen und klang dabei ganz atemlos. Sie schaltete das Handy aus, ohne auf Alyssas Reaktion zu warten, und düste von der Kreuzung. Nur weg! Was war das nur für ein Tag?

      Wie schon unzählige Male zuvor nahm sie sich vor, während des Autofahrens künftig weder zu rauchen noch zu telefonieren, und wusste gleichzeitig, dass sie diesen Vorsatz nicht einhalten würde.

      Nachdem sie vor dem Haus, in dem sich ihre Wohnung befand, geparkt hatte, schloss sie sekundenlang die Augen. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn und bemühte sich, ruhig zu atmen. Dann zog sie ihr Jackett aus, warf es auf den Rücksitz und verwünschte Jay, der ihr trotz der Hitze aufgetragen hatte, das schicke Nadelstreifenkostüm zu tragen, damit sie aussah wie eine karrieresüchtige Tippse. Sie wirkte sehr distanziert und kühl mit ihren hochgesteckten Haaren, die sie an den Seiten mit Gel zurückgestrichen hatte, damit sie eng anlagen, und die extrem hohen Schuhe, in denen sie kaum gehen konnte, bildeten dazu einen sexy Kontrast. Alle auf dem Revier hatten sie angestarrt. «Je arroganter du wirkst, desto besser», hatte Jay gesagt. «Ich kann es kaum erwarten, deine harte Schale zu knacken.»

      Candy eilte in ihr Apartment, denn die Zeit wurde knapp, und nahm nur ihr Handy mit. Leise schloss sie die Wohnungstür hinter sich, als wollte sie nicht, dass Pistol von ihrer Anwesenheit erfuhr.

      «Jetzt machst du dich vollkommen zum Idioten!», schimpfte sie mit sich selbst. Sie holte sich eine Flasche Mineralwasser aus der Küche, straffte den Rücken und trat ins Wohnzimmer, von dessen Fenster aus sie zwar nicht die Rocky Mountains, aber immerhin einen wunderschönen Bergahorn, in dem ein Vogel sein Nest gebaut hatte, sehen konnte.

      Aber jetzt hatte Candy nur Augen für ihr Frettchen.

      Pistol schaute sie mit großen Augen aus dem Käfig heraus an, der rechts neben dem Fernseher in der Ecke gegenüber vom Sofa stand, und fing sofort an, an den Gitterstäben zu kratzen.

      Candy lehnte sich mit der Schulter gegen den Türrahmen. «Ich kann dich jetzt nicht rauslassen», sagte sie mit belegter


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