Frontschweine. Léon Lancee
küsste ihn erneut und strich durch seine Haare: „Das ist lieb von dir“, flüsterte sie in sein Ohr, „Und es wird der Mühe des Wartens wert sein, das verspreche ich dir.“
Nachdem sie sich noch eine Weile geküsst und gestreichelt hatten, schliefen Mannfred und Jelena sich in den Armen liegend ein.
So traf Wolff die beiden an, als er sie wecken wollte. Er kniete neben Mannfred und schüttelte ihn leicht an einer Schulter.
„Aufwachen, junge Leute. Die grausame Welt wartet auf euch, und es wird heute ein wichtiger Tag für uns.“
„Hau ab“, grinste Mannfred, der sofort wach war, „Ich nehme mir heute einen freien Tag, und unsere Führerin denkt genauso darüber.“
Das Mädchen errötete, als sie Wolff ansah, blieb aber ruhig an Mannfred geschmiegt liegen.
Wolff lachte verständnisvoll: „Wie es einem echten Herrn geziemt, werde ich mich zurückziehen, sodass ihr ungestört aufstehen könnt. Aber Tempo machen bitte, Helmuth will auch heute rechtzeitig losgehen.“
Mannfred übersetzte, was Wolff gesagt hatte, während dieser sich umdrehte und zu den anderen zurückging.
Aus der Ferne hatten die Männer zugeschaut und grinsten breit, als die beiden sich zum Rest gesellten.
Zunächst machte niemand eine Bemerkung, was Mannfred misstrauisch machte.
Er sah Wolff fragend an, als dieser dem Mädchen seine Feldflasche reichte.
Wolff grinste breit und sagte: „Tut mir leid für dich, du Trottel. Aber wir haben heute keine faden Witze auf Lager. Ich kann euch höchstens alles Glück wünschen, auch im Namen der anderen, und wir bestehen darauf, dass du dies sofort ins Russische übersetzt.“
Mannfred lachte entspannt, und das Mädchen lächelte etwas später auch, als sie erfuhr, was gesagt worden war.
Die Gruppe beschloss, sofort aufzubrechen, denn zu essen hatten sie ja sowieso nichts mehr, und heute wollten sie die Rollbahn wiederfinden, um endlich Kontakt mit den eigenen Truppen herstellen zu können.
Sie gingen davon aus, dass sie die Partisanen abgeschüttelt hatten und ausreichend weit nach Westen gezogen waren, um jetzt in einer geraden Linie zur Rollbahn gelangen zu können, ohne auf die Männer aus dem Lager von Jelena zu stoßen.
Diesmal gingen die Anderen voran und gingen Mannfred und das Mädchen hinten.
Helmuth brauchte nur seinem Kompass in südliche Richtung zu folgen, um zur Rollbahn zu kommen.
Es versprach wieder ein warmer und sonniger Tag zu werden.
Mannfred und das Mädchen fühlten sich glücklich und gingen auf manchen flachen Strecken Hand in Hand. Nach einigen Stunden machten sie zum ersten Pause, und Jelena setzte sich dicht zu Mannfred.
Sie saßen etwas von den anderen entfernt, sodass die nicht hören konnten, worüber sie sprachen.
Das Mädchen gab ihm einen Kuss auf den Hals und flüsterte: „Du hast in der vergangenen Nacht Wort gehalten und dich zurückgehalten, das fand ich sehr lieb von dir. Wo wir heute Nacht schlafen werden, weiß ich auch noch nicht, aber wo das auch sein wird, heute Nacht bin ich dein. Diese Nacht will ich mich dir auch wirklich ganz hingeben!“
Mannfred sah sie angenehm überrascht an. „Bist du dir da ganz sicher?“
Das Mädchen nickte mit strahlenden Augen. „Auf jeden Fall, ich fand es in der vergangenen Nacht auch schwierig, denn ein Teil von mir wollte, aber auf der anderen Seite war ich noch unsicher und wollte auch gern wissen, ob du dein Wort mir gegenüber trotz der Spannung halten würdest. Denn wenn du dich durchgesetzt hättest, hätte ich dich auch nicht davon abhalten können. Wahrscheinlich hätte ich letztendlich wohl nachgegeben, aber dann wäre ich hinterher vielleicht auch ein wenig enttäuscht gewesen. Jetzt bin ich mir sicher, dass ich heute Nacht ganz dein sein möchte.“
Mannfred lachte glücklich: „Dass du dich dabei besser fühlst, macht, dass diese eine Nacht Warten absolut ganz der Mühe wert gewesen ist. Ich bin der glücklichste Junge, der in diesem Moment in Russland herumläuft, und für alle weiteren Probleme finden wir beide zusammen eine Lösung. Alles wird gut, das verspreche ich dir.“
Er zog sie an sich und küsste sie lange auf den Mund.
Ein Kuss, der erst endete, als die spöttische Stimme von Wolff zu ihnen durchdrang.
„Kommt, ihr Schätzchen, die anderen sind bereits losgegangen, weil ihr nicht hören wolltet, als ihr gerufen wurdet. Beeilung und anschließen! Heute Abend in Minsk gibt es noch Zeit genug für solche Übungen.“
Lachend standen sie auf und schlossen sich Wolff an.
Nach einigen Stunden Marschieren erreichte die Gruppe einen schmalen Waldweg und nach kurzer Überlegung beschlossen sie, dem zu folgen, weil Jelena angab, dass der Weg zur Rollbahn führen würde.
Helmuth ging mit Horst und Wolff kurz hinter sich voran, während Mannfred und Jelena ein kleines Stück dahinter gingen.
Lebhaft über ihre Pläne für die nahe Zukunft flüsternd und ihre Gesellschaft gegenseitig genießend.
Plötzlich hob Helmuth seine Hand, worauf alle stehen blieben.
Die absolute Stille fiel auf, es war kein Vogel mehr zu hören.
Mannfred schrie: „Deckung!“ und wollte das Mädchen beim Arm fassen.
Fast im gleichen Moment krachte ein Gewehrschuss durch die Stille und das Mädchen wurde auf Mannfred geschleudert.
Der fasste sie um ihre Taille und zog sie mit sich ins Gebüsch neben dem Weg. Dort setzte er sie vorsichtig auf den Boden.
Auch die anderen ließen sich fallen und rollten in Deckung.
Mannfred rollte das Mädchen auf die Seite, und sah ein riesiges Loch in ihrem Rücken, mitten in ihrem rechten Schulterblatt.
Von einer explosiven Kugel verursacht, wie sie die Russen öfter verwendeten, obgleich das dem Völkerrecht zuwider war.
Das Blut strömte aus der grässlichen Wunde.
Er schrie auf: „Wolff, bring’ Verband!“
Das Mädchen ließ er mit ihrem Oberkörper auf seinen Schoß sinken, und er unterstützte ihren Kopf vorsichtig mit seinem rechten Arm.
Sie sah ihn an und flüsterte kaum verständlich: „Mannfred…..es tut mir …. so leid….dass ich…..heute Nacht…. warten wollte.“
Sie atmete schwer.
„Nur ruhig bleiben“, sagte Mannfred zu ihr, „Wir werden dich verbinden, und dann wird alles wieder gut!“
Jelenas Augen füllten sich mit Tränen, während sie langsam ihren Kopf schüttelte.
„Sei nicht….traurig…..ich liebe dich. Bitte….noch einen……Kuss“, murmelte sie.
Während die Verzweiflung in ihm hoch stieg, beugte er sich über sie und küsste sie zärtlich auf den Mund.
In dem Moment fuhr ein leichtes Zittern durch ihren Körper und als er aufblickte, sah er, dass der Glanz aus ihren weit aufgerissenen Augen verschwunden war.
Eine einzige Träne rollte noch langsam aus einem Augenwinkel über ihre Wange herunter.
Er erkannte, dass das Mädchen tot war.
„Oh Gott, lass es nicht wahr sein“, stöhnte er, während er ihren Körper fest an sich drückte.
Wolff war inzwischen kriechend herangekommen und sah den tiefen Kummer in den Augen seines Kameraden.
Der warf seinen Kopf in den Nacken, und ein fast tierischer Schrei von Verzweiflung und Wut schallte durch den Wald.
Er legte den Körper des Mädchens vorsichtig auf den Boden und sah Wolff mit einem Blick an, den dieser noch nie bei seinem Freund gesehen hatte.
Mannfreds