Kritik der reinen Verleugnung. Volker Kulessa

Kritik der reinen Verleugnung - Volker Kulessa


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schlechterdings entzogen ist und ausschließlich auf Grund göttlicher Offenbarung erkannt werden kann. Paulus legt das eingehend in den theologisch höchst gewichtigen Ausführungen von 1.Kor. 2,6-16 dar, und er weist an anderen Stellen seiner Briefe darauf hin, dass die Christusoffenbarung in grundlegender Weise den Aposteln Jesu Christi durch die Begegnung mit dem Auferstandenen Kyrios zuteil geworden ist.205

      Hofius weiter: „Der Sicht des Paulus lässt sich diejenige der vier Evangelisten an die Seite stellen, der zufolge Jesu Persongeheimnis nicht nur den Zeitgenossen (Anmerkung bei Hofius: das wird durch Texte wie die folgenden signalisiert: Mk 6,1-6 par. Mt 13,53-58; Mk 6,14-16 par. Mk 8,27 f par. Lk 4,22(nicht als positive Reaktion zu deuten); Joh 6,42; 7,27-40.43.), sondern gerade auch den Jüngern vor Ostern verborgen war und erst den zu Aposteln berufenen Jüngern durch die Selbsterschließung des auferstandenen Herrn bzw. durch das offenbarende Wirken Gottes enthüllt worden ist. (längere Anmerkung bei Hofius hier nicht zitiert). Paulus und die Evangelisten bringen mit den angedeuteten Aussagen auf unterschiedliche Weise zur Sprache, dass die Antwort auf die Frage nach Person und Werk des irdischen Jesus nirgends anders als in dem Christuszeugnis der Apostel Jesu Christi zu finden ist, das sich der Erkenntnis und Glauben wirkenden Selbstoffenbarung des auferstandenen Herrn verdankt. Unverkennbar wird damit der Anspruch erhoben, dass das, was die apostolischen Zeugen über Jesus sagen, nicht das Ergebnis menschlichen Denkens und Deutens, sondern geoffenbarte göttliche Wahrheit ist. […] Bei den Evangelien handelt es sich weder um Biografien noch auch um eine bestimmte Form von Geschichtsschreibung, sondern um narratives Christuszeugnis und somit um eine völlig neue und analogielose literarische Gattung (es folgt eine Anmerkung bei Hofius in der näher gezeigt wird, daß das NT keine Biografie und Geschichtsschreibung darstellt) […]

      Der Jesus der Evangelien ist der von den Aposteln bezeugte Christus, und das will bei der Exegese aller in ihnen berichteten Ereignisse und aller in ihnen mitgeteilten Worte bedacht sein. Das bedeutet: Jede Erzählung und jedes Wort ist im Lichte des Todes und der Auferstehung Jesu zu lesen und zu bedenken. “206

       „Im Schrei der Geburt“, im Schrei am Kreuz, im Ja des Auferstandenen: so klingt Gottes Ja. […], als Gekreuzigter am Schandpfahl, und dann in der anderen Gestalt im Lichterglanz der himmlischen Heerscharen des Auferstandenen: so lässt Gott sich sehen. Und so erweist er die Macht menschlicher Liebe und Schwachheit als die einzig wahre göttliche und menschliche Macht. Gottes Ja: Ein wahrer Mensch! Aber eben: Gottes Ja! Und darum unvermischt und unverwandelt, ungetrennt und unzerteilt, […] Wahrer Mensch und wahrer Gott. Gott spricht sein Ja zur Welt nicht so, dass er in diesem Ja aufhörte, Gott zu sein. Gott wurde Mensch, ohne sich darin als Gott, als Schöpfer und Herr der Welt aufzugeben. Das Wort ward Fleisch, ohne darin aufzuhören, das ewige Wort „das Ja vom ewigen Wurzelgrund“ (Wilfried Joest) zu sein. “207

      Ganz offenbar ist Bultmanns Herangehen davon fundamental unterschieden. Er folgt unübersehbar einem eigenen Vorverständnis – vgl. insbesondere Kapitel 6.2 und 6.5 -- auch über den Charakter der neutestamentliche Texte, andernfalls könnte er wohl kaum davon sprechen, dass sich große Teile davon als erledigt erwiesen haben und den Glaubenden und dem neutestamentliche Texten „Primitivität“208 und der Predigt solcher Texte „Sinnlosigkeit“209 vorhalten. So muss man denn Bultmann vorhalten, was Trowitzsch so ausdrückt:’ In Anwesenheit Jesu Christi, der ja mitten unter uns ist, tut die Zeit so, als wäre er nicht da. Darin liegt Schlimmeres als Situationsblindheit und Vermeintlichkeit vor, nämlich Widerwille und Lüge. ’210

      Ganz anders das Neue Testament. „Sohn Gottes“ ist zentraler Inhalt des christlichen Glaubens. Jesus Christus, seine Person und sein Heilswerk ist die Mitte der Schrift, ist Inhalt der Verkündigung, ist die alles entscheidende, end-gültige Wende im Gottesverhältnis des Menschen, eschatologisch verstanden.

      ‘Diese Mitte ist zugleich Wende, also nicht nur Begriff, sondern Ereignis.’211

      Den neutestamentlichen Christuszeugnissen geht es um die Darstellung der Einmaligkeit, Unwiederholbarkeit, Geschichtlichkeit, Zeitlichkeit, Personalität < des > biblischen Christus<. Jesus Christus ist selbst Gottes versöhnende Tat. Gott setzt nichts Geringeres ein als sich selbst in Jesus Christus. Das alles aber kann einzig von der gottheitlichen Eigentlichkeit des Sohnes her verstanden werden. Jesus Christus ist der, der er ist, der er immer schon war, kraft seiner Sendung durch den Vater, kraft seines Ursprungs aus der Wirklichkeit Gottes, kraft seiner Stellung als Sohn. Das Wunder, von dem das Neue Testament Zeugnis gibt, ist nicht zunächst, daß Gott >Gott< ist, sondern daß er zum >Menschen< sich kehrt, >Mensch< wird. ’212

      „Christus ist nicht nur einer von Millionen Lebenden, sondern alles geschaffene Leben gründet in ihm und hat an seinem Leben teil, so dass er selbst als „das Leben“ (Joh 1,3f; 11,25f; 14,6) verstanden wird. Er hat nicht nur erhellende Worte und ist nicht nur eine lichtreiche Persönlichkeit, sondern er ist selbst „das Licht“, in dem alles besteht und lebt (Joh 1,4; 8,12). Er spricht nicht nur die Wahrheit und lehrt nicht nur Verbindliches, sondern er ist selbst „die Wahrheit“ (Joh 14,6) und damit Maßstab und Kriterium der Wirklichkeit. Er ist nicht nur ein „Seiender“, sondern „das Sein“ selbst, nicht nur ein „Liebender, sondern die „Liebe in Person“, denn „Gott ist die Liebe!“ (1 Joh 4,8.16). “213

      „So war „Gott in Christus“ (2. Kor. 5, 19), so war er das in die Welt kommende, wahrhaftige Licht (Joh. 1, 9): ἐφανερώθη ἐν σαρκί (1. Tim. 3, 6), ἐρχόμενος ἐν σαρκί (1. Joh. 4, 2; 2. Joh. 7). Wer das leugnet, der ist nach 2. Joh. 7 der Verführer und der Antichrist! Denn was die Bibel Offenbarung nennt, das steht und fällt mit diesem „Kommen im Fleische“. Jeder Vorbehalt: sei es dagegen, daß hier Gottes Wort in Person handelnd gegenwärtig ist – sei es dagegen, daß dieses handelnde Gegenwärtig Sein Gottes in Person wirklich hier, im Fleische, in Menschengleichheit stattfindet – jeder solchen Vorbehalt macht die Offenbarung und die Versöhnung unverständlich. Und umgekehrt: je bestimmter man beides zusammensieht als eines: das Wort Gottes – Fleisch, Gott selbst in Person – in Menschengleichheit, desto besser versteht man, was die Bibel Offenbarung nennt.“214

      O. Hofius: „Unsere Überlegungen haben zu dem Ergebnis geführt, daß die Johannesapokalypse in zentralen christologischen Aussagen die wesenhafte Gottheit Jesu Christi bezeugt. Im hieran anschließenden Verweis heißt es: „Damit hat sich voll bestätigt, was Wirkenhauser, Offenbarung über den „Messias der johanneischen Apokalypse“ sagt: „Er ist der Löwe aus dem Stamm Juda und der Sproß Davids (5,5; 22,16). Aber er ist nicht ein Mensch wie andere Menschen, sondern der ewige Gottessohn. [geboren als Sohn Gottes, als Davids Sohn adoptiert]. Er besitzt göttliches Wesen. Der Apokalyptiker gibt ihm die höchsten Prädikate, die nur Gott zukommen. Er ist das A und das O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende (1,17;22,13), der König der Könige und Herr der Herren (17,14;19,16), der ewig Lebende (1,18), der Allwissende (2,23), der Anbetungswürdige (1,6;5,8ff)…Im neuen Jerusalem ist er mit Gott die Quelle ewigen Lebens und Seligkeit für die Auserwählten (21,22f;22,1ff)215

       „Der Glaube an Jesus Christus, der aus der Begegnung lebt, die Jesus Christus selber uns im Wort – und als das Wort – schenkt, schließt den unerhörten Satz in sich, daß Gott-selbst in Christus gehandelt hat und handelt. “ 216

       „Gottes Wort ist wirklich in unsere Geschöpflichkeit und Geschichte eingegangen und nicht nur in unser Existenzverständnis! Und so ergeht von den „Geschichten“, die da geschehen sind, ein Wirklichkeitsanspruch sui generis, der nicht nur hierfür wie für einen ausgesparten Bezirk fromm zu respektieren ist, sondern von dem aus nun auch >alle< Wirklichkeit irgendwie anzugehen, jedenfalls in ihrem Absolutheitsanspruch zu erschüttern ist; denn was hier geschehen ist, will ja nicht nur auch Wirklichkeit sein, sondern es will die Wirklichkeit aller Wirklichkeiten sein.“217

      „Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn, den er eingesetzt hat zum Erben über alles, durch den er auch die Welt gemacht hat. Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines


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