Kritik der reinen Verleugnung. Volker Kulessa
der Name, den er ererbt hat, höher ist als ihr Name. Der Sohn höher als die Engel. Denn zu welchem Engel hat Gott jemals gesagt (Psalm 2,7): »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt«? Und wiederum (2.Samuel 7,14): »Ich werde sein Vater sein und er wird mein Sohn sein«? Und wenn er den Erstgeborenen wieder einführt in die Welt, spricht er (Psalm 97,7): »Und es sollen ihn alle Engel Gottes anbeten. “ (Hebr 1,1-6)
O. Hofius in seiner Exegese des Hebräerbriefs: „V 20a besagt: Jesus hat uns einen neuen und lebendigen Weg eröffnet, einen Weg, der durch den Vorhang des himmlischen Allerheiligsten hindurch in die unmittelbare Nähe Gottes führt. […]. >Eröffnet< ist der Weg in das himmlische Allerheiligste durch das Kommen Jesu in die Welt, durch seine Inkarnation (V.20; vgl. 9,6-10; 10,5.9). Daß wir den Weg beschreiten dürfen und ihn am Tag der Heilsvollendung auch tatsächlich beschreiten werden und daß wir ferner dessen schon jetzt in freudiger Zuversicht gewiss sein können, das ist begründet in dem hohepriesterlichen Selbstopfer Jesu, der seinen Leib und sein Blut zu unserer vollkommenen Reinigung dahingegeben hat (V19; vgl. 19,19.14) (Im Verweis: Mit V19 stimmt 6,19f. überein.) Auch dort ist mit keinem Wort gesagt, dass Jesus den Weg zu Gott erst durch seinen Eintritt in das himmlische Sanctissimum eröffnet habe. Die Stelle spricht vielmehr davon, daß >unsere< Hoffnung am Tage der Heilsvollendung in Gottes Wohnung einzugehen, eine feste und gewisse Hoffnung sein darf, weil der ewige Hohepriester Jesus sein Selbstopfer als Vorläufer für uns bereits eingegangen ist. “218
In einer, dieses Kapitel abschließenden Überlegung, möchte ich zeigen, daß Jesus Christus im Neuen Testament immer wieder Gott als „Abba“, d.h. als „mein lieber Vater“ anspricht.
„Nicht weniger als 170mal begegnet in den Evangelien das Wort Vater für Gott im Munde Jesu. “ 219
„Inder Gottesanrede „Abba“ äußert sich das letzte Geheimnis der Sendung Jesu. Er wußte sich bevollmächtigt, Gottes Offenbarung zu vermitteln, weil Gott sich ihm als Vater zu erkennen gegeben hatte. (Mt 11,27 par.). “220
Eine ausführliche Darstellung findet sich im Buch von Joachim Jeremias, „Abba“ aus dem ich hier einige wenige Gedanken dazu zitiere:
„Alle fünf Quellenschichten der Evangelienüberlieferung stimmen darin überein, daß Jesus Gott im Gebet als Vater angeredet hat. Diese Belege verteilen sich wie folgt:
Markus 26,39; Lk.22,42 | 1 | Mk 14,36 par. Mt |
Mt und Lk gemeinsam 11,25.26 par. Lk 10, 21a.b | 3 | Mt 6,9 par. Lk 11,2; |
Lukas darüber hinaus allein | 2 | Lk 23,34.46 |
Mt darüber hinaus allein 14,36; Mt 26,42; (Wiederhlg.) | 1 | Mt 26,39 par Mk |
Johannes | 9 | Joh 11, 41; 12,27f; 17, 1.5.11.21.24.25 |
[…] Wir haben […] gesehen, daß die persönliche Gottesanrede „mein Vater in der Literatur des älteren palästinensischen Judentums nicht nachgewiesen ist (o. S. 31-33). Es ist also etwas Neues, daß Jesus Gott mit „mein Vater“ anredet. […] Damit stehen wir vor einem Tatbestand von allergrößter Bedeutung. Während es in der jüdischen Gebetsliteratur keinen einzigen Beleg für die Anrede Gottes mit Abba gibt, hat Jesus Gott (mit Ausnahme des Kreuzesrufes Mk. 15,34 par) immer so angeredet. Wir haben es also mit einemvöllig e i n d e u t i g e n K e n n z e i c h e n d e r i p s i s s i m a v o x J e s u zu tun. […] Die Abba Anrede Jesu ist […] keineswegs nur Ausdruck der Vertraulichkeit Jesu im Umgang mit Gott. in ihr liegt zugleich die völlige Hingabe des Sohnes im Gehorsam gegenüber dem Vater (Mk. 14,36; Mt. 11,25f). […] in dem Abba kommt ein besonderes Gottesverhältnis zum Ausdruck. […] in dem Abba Jesu kommt seine Gewißheit zum Ausdruck, im Besitz der Offenbarung zu sein, weil ihm der Vater die volle Gotteserkenntnis geschenkt hat. Auch in Jesu Gebeten ist Abba nicht nur Ausdruck des gehorsamen Vertrauens (Mk. 14,36 par), sondern zugleich Wort der Vollmacht. […] der Abba-Ruf liegt jenseits aller menschlichen Möglichkeiten und ist nur im Bereich des durch den Sohn geschenkten neuen Gottesverhältnisses möglich.“221
„Die Evangelien bezeugen, daß mit dem Kommen Jesu die erhoffte Wiederkehr des Paradieses bereits angebrochen und die durch Adams Fall zerstörte Gottesgemeinschaft mit Gott wiederhergestellt ist. (Verweis auf J. Jeremias ThW V (1954), 770f).“222
„>Große Freude – aller Welt! Der Heiland. Hier in Bethlehem< (Lk2). Wenn Gott geboren wird, der >Rein-Entsprungene<, in der Sternstunde des Himmels, im Morgensturz einer neuen Zeit. Wenn die Gesichter emporgerissen werden. Wenn ein als Mensch Geborener eine geheimnisvolle Freude ausstrahlt, beim Anbruch ungestümer Wahrheit, Hier – und nirgendwo anders. Das Glück der Wahrheit, der brennende Dornbusch, das flammende Zeichen
– das ist hier. >Er heißt Jesus Christus, der Herr Zebaoth, und ist kein anderer Gott. < (EG 362,2) Christus ist hier (Röm 8,34). Gott ist nicht die Mutmaßung eines Eigentlichen. >Ich. Bin. Da.<, hört Mose aus dem Dornbusch. >Ich bin, der Ich bin. Ich werde sein, der Ich sein werde< (2 Mose 3,14): der nämlich einen Namen haben wird >über alle Namen< und der darin, in dem Namen Jesu Christi, sein wird, der er ist. “223
„die dynamis der Menschwerdung schon die Macht der Endvollendung, und die Macht der Auferweckung ist die Macht von Gottes Leben, schließlich alles in allem zu sein (I Kor 15,28). Die Kraft der Auferweckung ist daher auch schon die Kraft der endgültigen Wiederkunft Christi. Dergestalt ist die Macht der Neugeburt der Welt (Act 2,24; Röm 8,18ff.) nichts anderes als die Dynamik des Gottseins Gottes.“ 224
„Er allein, der Kyrios, ist Anfang und Ende, Mitte und Maßstab aller christlichen Theologie.“ 225
„Ich aber sage euch“, über 160 Mal finden wir im Neuen Testament diese Weisungen Jesu. Mit messianischem Hoheitsanspruch tritt er uns entgegen. Mit dem wiederholten “Ich aber sage euch” zeigt sich Jesus als der von Gott autorisierte Herr. Hier offenbart sich Jesus Christus, wer er in Wahrheit ist, nämlich der Messias, Jesus Christus.
Ausgewählte Zeugnisse der Gottessohnschaft aus dem Neuen Testament:
„Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“
(Mt 3,17)
„Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!! (Mt 17,5)
„Und da geschah eine Stimme vom Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“ (Mk 1,11)
„Und es kam eine Wolke, die überschattete sie. Und eine Stimme geschah aus der Wolke: Das ist mein lieber Sohn; den sollt ihr hören!“ (Mk 9,7)
„und der Heilige Geist fuhr hernieder auf ihn in leiblicher Gestalt wie eine Taube, und eine Stimme kam aus dem Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen. “ (Lk 3,22)
„Und es geschah eine Stimme aus der Wolke, die sprach: Dieser ist mein auserwählter Sohn; den sollt ihr hören!“ (Lk 9,35)
„Denn zu welchem Engel hat Gott jemals gesagt (Psalm 2,7): »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt«? Und wiederum (2.Samuel 7,14): »Ich werde sein Vater sein und er wird mein Sohn sein«? (Heb. 1,5)
„So hat auch Christus sich nicht selbst die Ehre beigelegt, Hoherpriester zu werden, sondern der, der zu ihm gesagt hat (Psalm 2,7): »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt«“ (Hebr 5,5)
„Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ (2 Petr 1,17)
„Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. […] Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater,