Das Mädchen da oben auf der Treppe .... Harry Robson

Das Mädchen da oben auf der Treppe ... - Harry Robson


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ging Hoppbock zu ihm und fragte, ob er einen Moment Zeit habe. Ja gerne, was ist denn? Nun, stammelte Hoppbock, es wäre so, er wollte gerne, also es hätte sich so ergeben, dass seine Freundin schwanger wäre. „Herzlichen Glückwunsch“, gratulierte der Boss jovial. Nun, stammelte Hoppbock weiter, es sei ja so, dass sein Gehalt nicht reichen würde, eine Familie zu versorgen und da hätte er, Hoppbock, sich gedacht, dass eine Gehaltserhöhung die Sache erleichtern würde.

      Der Boss lief rot an, sein Blutdruck stieg in atmosphärische Höhen. „Sie bumsen so eine blöde Kuh an und ich soll dafür bezahlen? Haben Sie noch alle Tassen im Schrank? Halten Sie ihren Schwanz doch unter Kontrolle! Ich bezahle für Leistung im Büro und nicht Ihre Rumfickerei! Sie können ja noch nicht mal selber telefonieren, dass muss der Lehrling für Sie machen! Das ist ja auch kein Wunder, wenn sie immer nur ans Bumsen denken!“ Es folgten noch eine Menge Schimpfworte, die ich noch gar nicht alle kannte und die Sekretärin schritt ein: „Was Sie da sagen, sagt kein feiner Mann“. Die Antwort wird mir unvergessen bleiben. Er schlug mit dem Locher immer wieder fest auf den Schreibtisch und brüllte dabei im Takt: „ICH WILL KEIN FEINER MANN SEIN!!!“

      Es gab für Hoppbock keine Gehaltserhöhung, aber ich musste nun auch nicht mehr Hoppbocks Privattelefonisten spielen.

      Eines Morgens, ich wollte gerade die Bürotür aufschließen, trat ein Mann aus dem Schatten hervor und zeigte mir seinen Ausweis. Er sei vom BKA und was ich da vorhabe. Ich bin der Lehrling und will ins Büro, arbeiten. Das, so der Unbekannte, sei nicht möglich. Die Firma sei geschlossen. Er nahm mir den Schlüssel ab und schickte mich nach Hause; dort solle ich auf weitere Nachricht warten.

      Anrufe beim Boss blieben unbeantwortet, die Sekretärin ging ebenfalls nicht ans Telefon und der Prokurist auch nicht. Was tun? Die Polizei wusste nichts, die IHK nicht, der Firmenanwalt erklärte mir nur, ich würde mein Geld weiter bekommen, alles andere würde sich finden.

      Nach drei Wochen fuhr ich zur IHK und fragte nach, was zu tun sei. Mittlerweile war dort ein Antrag meines Arbeitgebers eingetroffen, das Lehrverhältnis solle aufgelöst werden, da ich seit Wochen nicht mehr zur Arbeit erschienen war. Ich konnte jedoch alles ausräumen und die IHK sagte mir zu, eine Firma zu finden, bei der ich meine Lehrzeit beenden konnte. Der Vertrag wurde aufgelöst, und schon 2 Tage später war ich bei meinem neuen Lehrherrn. Dazu muss man sagen, dass es zwischenzeitlich überall rum war, dass gegen meinen Boss wegen Urkundenfälschung, Steuerhinterziehung und anderen glanzvollen Tätigkeiten ein Strafverfahren eingeleitet worden war. Einige Zeit später ist er dann in der DDR bei einem Autounfall mit Totalschaden tödlich verunglückt. Komisch.

      7. Kapitel

      Meine neue Lehrstelle lag in Bonn, aber die Berufsschule für mich war weiterhin Siegburg. Mit meinem neuen Arbeitgeber konnte ich mich auf eine Verkürzung des Lehrvertrages auf 2,5 Jahre einigen, so dass ich zum 31.3.1970 mit der Ausbildung fertig war. Kurz vor dem Ende der Lehrzeit sprach mich mein Berufsschullehrer an. Es gäbe für mich die Möglichkeit, Berufsschullehrer zu werden, ganz ohne Abitur. Mittlere Reife, abgeschlossene Lehre und ein Zeugnis mit lauter Einsen würden dafür genügen. Ich müsse zwei Jahre lang einen speziellen Kurs besuchen und danach sei ich Lehrer, mit den Vollakademikern gleichgestellt. Das war natürlich verlockend, hätte ich doch wenige Jahre später Beamter werden können. Andererseits hatte ich keine Lust, die nächsten 40 Jahre immer wieder den gleichen Kram zu unterrichten. Also lehnte ich dankend ab.

      Mir war klar, dass ich nach dem Ende der Lehrzeit unbedingt zu Hause raus musste. Ich war dann 20 Jahre alt und mit 21 Jahren wurde man erst volljährig. Ich hätte also noch ein Jahr zu Hause verbringen müssen, denn mein Vater ließ keine Zweifel aufkommen, dass ich nach der Lehre mein verdientes Geld zu Hause abliefern müsse. Er habe jahrelang in mich investiert und wolle nun Kasse machen. Ach ja: Die Lehre hab ich mit der Note „gut“ beendet. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass die Durchfallquote bei 45 % lag.

      In meiner Lehrzeit hatte ich ja festgestellt: Wissen ist Macht! Ich wollte mein Wissen also unbedingt erweitern und begann, nach Lösungen zu suchen. Nach einigen, vielen Recherchen kam ich dann auf folgende Lösung: Wenn man sich auf 2 Jahre bei der Bundeswehr verpflichtete, wurden 1,5 Jahre so gestellt, als ob man im erlernten Beruf gearbeitet habe. Wenn man nun direkt nach der BW die Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt startete, musste man keine 2 Jahre Berufstätigkeit nachweisen, sondern nur 1,5 Jahre. Also ging ich als Freiwilliger zu Marine, denn nur dort funktionierte mein Ausbildungsmodell so, wie ich es geplant hatte.

      Romika war Feuer und Flamme, versprach, mich in allem zu unterstützen. Zwischenzeitlich waren wir so eng miteinander, dass wir ganz offen von Hochzeit sprachen. Sobald wir genug Geld verdienten, wollten wir heiraten und Kinder haben. Am 31. März 1970 hob ich zum letzten Mal Kegel auf und am 01. April 1970 saß ich im Zug nach Glückstadt, um dort die Grundausbildung zu beginnen.

      8. Kapitel

      Das Schlimmste war die Trennung von Romika. Wir schrieben uns fast jeden Tag einen Brief. Natürlich gab es bei der Marine viel zu berichten. Alles war neu, anders und völlig unbekannt. Das Zusammensein mit 12 fremden Männern in einer Stube war gewöhnungsbedürftig. Gemeinsames Duschen, gemeinsames Essen, gemeinsame Freizeit. Es gab wirklich nichts, wo man hätte mal für sich alleine sein können.

      Glücklicherweise hatte ich den „DLRG Leistungsschein“ und wurde bei schönem Wetter zur Schwimmbadwache eingeteilt. Dadurch blieb mir manch unangenehmer Dienst erspart. Bei der Grunduntersuchung, zu Beginn der Wehrzeit, wurde festgestellt, dass ich schlechte Zähne habe. Also besorgte ich mir so schnell es ging einen Termin beim Anstaltsarzt. Das war ein fertiger Zahnarzt aus Köln, der in jeweils 3-monatigen Abschnitten seinen Wehrdienst absolvierte. Daheim in Köln besaß er eine gutgehende Praxis, die er jedes Jahr für 3 Monate schließen musste, bis sein 18-monatiger Grundwehrdienst abgeleistet war.

      Nachdem wir festgestellt hatten, dass wir quasi Nachbarn waren, machte er mir ein erstaunliches Angebot: Er würde mir in den kommenden 3 Monaten meine Zähne komplett überarbeiten und alle Plomben entfernen. Dafür dann überall Goldinlays oder entsprechende Kronen anfertigen. Das würde mich ca. 50 - 80 DM für das Gold kosten. Natürlich war ich einverstanden, zumal er mir versicherte, dass ich die Termine nach Wunsch haben konnte, müsse nur rechtzeitig Bescheid sagen.

      Beim Grundwehrdienst lernten wir so allerlei. Besonders verhasst war mir das Rudern. Es handelte sich nicht um Ruderboote, wie man sie vom Rhein oder Bötchensee her kennt, wo man sonntags mit seiner Freundin ein bisschen umherruderte. Es waren Ungetüme, die für eine Atlantiküberquerung gedacht schienen. Die Ruder waren so lang und schwer, dass man sie mit zwei Mann tragen musste. Außerdem lernte man neben dem Rudern das Arbeiten mit Seilen und Tauen. Die waren steinalt und ließen sich kaum bewegen. Schnell hatte man die Finger von kleinen Taustückchen gespickt, die wie kleine Nägel in die Finger stachen, um dort wochenlang herauszueitern. Meine Zähne und der Zahnarzt ließen das jedoch nicht zu, so dass ich nur einmal an dieser Veranstaltung teilnehmen musste. Danach wurde immer ohne mich gerudert.

      Ebenfalls zu meinen ungeliebten Übungen zählte das Schießen. Jeder Soldat bekam zu Beginn des Wehrdienstes eine „Braut“. Das war ein Gewehr, Typ G3, für das der Soldat voll verantwortlich war. Geschossen wurde bis auf wenige Ausnahmen mit Übungsmunition. Die machte ordentlich Krach und verbreitete einen fürchterlichen Gestank. Abends, wenn wir vom Kriegsspielen zurück waren, mussten die Dinger zerlegt und gereinigt werden. Anschließend sah man aus wie ein Automechaniker nach dem Ölwechsel. Um diesen unangenehmen Praktiken aus dem Weg zu gehen, verschenkte ich meine Übungsmunition immer an Otto. Er verehrte den Krieg und war immer der Erste, dem die Munition ausging. Otto liebte mich dafür, und mir war es egal. Nach der Reinigungsstunde kam dann immer der UFZ (Unteroffizier vom Dienst) um zu prüfen, ob die Bräute auch schön sauber waren. Zu diesem Zweck schaute er in den Lauf, den er auf Rückstände prüfte, die nun nicht mehr vorhanden sein sollten. Außerdem besaß er noch einen Zahnarztspiegel, den er auch für den Lauf benutzte.

      Als er meine Braut prüfte, fragte er scheinheilig, wann ich denn das letzte Mal damit geschossen habe. Da seien Spinnweben im Lauf, die nicht von heute sein konnten. Ohne auf meine Antwort zu warten, nahm er mich und die Braut mit nach draußen und drückte mir 100 Schuss Übungsmunition in die Hand. „Los, schießen!“ befahl er mir, und mit Tränen in den Augen


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