Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Paket 2 – Western - William Mark D.


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      *

      Ein neuer Tag war angebrochen. Die Sonne, die im Osten über den Horizont stieg, warf orangerot flammende Strahlenbündel in die Mainstreet von Whiteface.

      In der Dachkammer der City Hall richtete sich der Mann auf, der da auf einigen Decken übernachtet hatte.

      Es war Jubal Cornwall, der Mayor von Whiteface. Er besaß den Schlüssel zur City Hall, den allerdings auch Wilkins und der Sheriff hatten, aber er allein hatte auch den Schlüssel zu der Dachkammer.

      Stoppelbärtig und mit eingefallenem Gesicht stand er da und starrte durch das halbblinde Fensterchen auf die Straße hinunter. Das Vorbaudach versperrte ihm ein Teil der Sicht.

      Er war seit gestern hier. Zusammen mit Braddock war er in die Stadt gekommen, und Braddock hatte darauf bestanden, dem Jail einen Besuch abzustatten. Sie hatten ausgemacht, zwei Dynamitrollen in das Jail zu schleudern. Die Absicht, die sie damit verfolgten, war eindeutig.

      Gilbert Braddocks Versuch war mißglückt. Das stand für Cornwall fest. Höchswahrscheinlich hatte ihn dieser Fremde eingesperrt. Dieser verdammte Fremde!

      Da Cornwall keinerlei feste Verbindung zur Stadt gehabt hatte, wußte er auch noch nicht, mit wem sie da wirklich zu tun hatten.

      Schneckenmäßig langsam kroch der Tag dahin. Er schien nicht vergehen zu wollen.

      Und unten auf der Mainstreet ereignete sich nichts.

      Weshalb gingen die Leute nicht in die Golden West Bar?

      Cornwall, der die Straße ständig beobachtete, hatte es schon am Vormittag bemerkt.

      Und dann, am späten Nachmittag, sah er es: Ein langer Bursche kam heraus, der trotz der Hitze eine Felljacke und einen schwarzen Hut trug und ein Gewehr in der Hand hielt.

      »Bronco Bill!« entfuhr es dem Mörder Cornwall. Ein Hoffnungsfunke stieg in ihm auf.

      »Bronco Bill – er wird mir das alles abnehmen.«

      Als es dunkel geworden war, verließ er sein »Quartier«, huschte wie ein Gespenst durch die Parallelgasse, bis er die Rückfront seines Hauses erreicht hatte.

      Kaum hatte er einen Schritt auf die Treppe zur Hintertür getan, als oben im weißen Gewand die Frau erschien.

      »Jube?«

      »Yeah, ich bin’s, Kate.«

      »Gott sei Dank. Ich habe solche Angst ausgestanden! Sag mir, was passiert ist! Was will dieser Mann? Was kann er von dir wollen? Jim Bleasdale war hier und hat mir gesagt, daß der Marshal dich und…«

      Der Mann war in den dunklen Korridor getreten und dann stehengeblieben.

      »Der Marshal?« unterbrach er die Frau. »Welcher Marshal?«

      Die Frau erschrak. »Ja, weißt du es denn nicht – er ist Wyatt Earp!«

      Der Mann zuckte wie unter einem Peitschenschlag zusammen.

      »Er ist – Wyatt Earp?«

      Heiser und rostig brach es aus seiner Kehle. So völlig entgeistert, daß die Frau fühlte, wie sich ihr Herz zusammenkrampfte.

      Sie umspannte den rechten Unterarm ihres Mannes.

      »Jube«, flehte sie, »sag mir, was geschehen ist! Du mußt es mir sagen! Ich vergehe vor Angst! Diese entsetzliche Ungewißheit! Was will dieser Mann aus Kansas hier? Ich kenne ihn. Er war damals in Albuquerque, als sie die Roger-Brothers suchten. Ein Sheriff, zwei Deputies, zwei texanische Staatenreiter und eine gewaltige Posse Freiwilliger haben die Rogers gejagt. Und er allein hat sie gefunden und gestellt. Ich habe in der Mainstreet gestanden und gesehen, wie er Lat, den Gefährlichsten der Bande, zusammen mit seinem Bruder Hamp in die Knie gezwungen hat. Allein, Jube, ganz allein. Du hast keine Chance gegen ihn! Du nicht und ganz sicher deine Freunde nicht! Ich habe dir immer gesagt, laß deine Finger von den Geschäften Gilberts – er ist ein Bandit. Er hat dich in irgendeine Teufelei verstrickt! Jube, du mußt offen zu mir sein…«

      Ein brutaler Stoß des Mannes ließ die Frau aufstöhnen und zurücktaumeln.

      »Laß mich zufrieden!«

      Er ging in die Stube und suchte die kleine Truhe mit den Eisenbeschlägen unterm Sofa hervor, schloß sie auf und nahm mehrere Bündel daraus hervor.

      Die Frau stand in der Tür und sah ihm zu.

      »Was hast du vor?« keuchte sie. »Du nimmst das Geld mit? Jube, ich bitte dich, denke daran, daß wir zweimal zehn Jahre daran gespart haben. Du – und ich. Wir haben uns nichts, gar nichts gegönnt. Du bist Major und hast nicht einmal einen schwarzen Anzug! Jube, ich flehe dich an! Denk doch an die Kinder. Sie haben mitgedarbt…«

      Sie brach in die Knie.

      Aber das Gesicht des Mannes blieb verschlossen.

      »Du sollst mich in Ruhe lassen, habe ich gesagt. Verschwinde endlich!«

      Er stopfte die Beutel in die Tasche und machte sich wieder davon.

      Der Anblick der schluchzenden Frau, ihre verzweifelten Augen, ihre flehenden Bitten, das alles rührte ihn nicht im geringsten.

      Jubal Cornwall stahl sich wie ein Dieb aus seinem eigenen Haus, mit seinem eigenen Geld schlich er wie ein Verbrecher davon.

      Er hatte die Bucks mitgenommen, an denen er einundzwanzig Jahre gespart hatte. Er hatte sie genommen, um sie in einer einzigen Minute zu vertun. Um sie einem Desperado zu geben, damit er ein Menschenleben auslöschte.

      Das Leben des Dodger Marshals Wyatt Earp.

      Cornwall hatte vorgehabt, nur einen kleinen Beutel mitzunehmen. Als er aber den Namen des Mannes erfahren hatte, gegen den Bronco Bill antreten sollte, hatte der verbrecherische Mayor sein ganzes Hab und Gut mitgenommen.

      Bronco Bill würde eine hohe Forderung stellen, wenn er überhaupt annahm.

      Cornwall huschte wie ein Schatten über die Straße und verschwand im Dunkel des Vorbaus gegenüber vom Sheriffs Office.

      Da drüben saß jetzt Ernest Burns, der Sheriff, in seinem eigenen Jail. Eingesperrt von dem Wolf aus Dodge City!

      Und der kaltschnäuzige Gil Braddock, der mit einer mörderischen Absicht und zwei Rollen Dynamit in den Hof des Jails gegangen war – auch er war der unheimlichen Spinne ins Netz gegangen.

      Was war mit Wilkins? Der saß wahrscheinlich auch.

      Er hatte sie doch alle nacheinander eingefangen, wie mit magischer Kraft hatte er sie angezogen und eingelocht!

      Der Mann in der Häusernische des Gewehrmachers Gablonz schickte einen grimmigen Blick über die nächtliche Mainstreet.

      »Ich werde dich vernichten, Marshal Earp.« Tonlos formten seine Lippen diese Worte. »Ich, der kleine unbedeutende Mayor von Whiteface! Kein berühmter Bandit, keine Revolverschwinger von Rang und Namen! Ein kleiner armseliger Bürgermeister einer Llanostadt, dem du den großen Coup verdorben hast…«

      Ungesehen kam der Mayor in den Hof des Hotels, in dem Bronco Bill sein Quartier genommen hatte. Als er an seinem Stapel leerer Kisten vor-über wollte, schlossen sich von hinten zwei Hände über seine Augen.

      »Rate mal, wer das ist?« zischelte jemand.

      Cornwall war sekundenlang vor Schreck wie gelähmt, dann riß er die Hände des anderen herunter.

      Im schwachen Mondlicht erkannte er das Gesicht Jonny Havelocks.

      »Sieh an, der Mayor. Hatten wir nicht bereits einmal die Ehre miteinander, Mayor? Vor einem Jahr? Oder waren es zwei? Ist ja auch völlig ei-nerlei. Jedenfalls sind wir alte Bekannte.«

      Daß der Mayor dem Sheriff Hampton gestanden hatte, um ihn aus der Stadt zu weisen, daß er gelaufen war, um Freiwillige gegen die Broncoleute aufzubieten, das schien der Des-perado völlig vergessen zu haben.

      »Was willst du hier, Mayor? Bringst du etwa Bucks?«

      Roch


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