Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.
Ihnen keine volle Stunde mehr!« krächzte Burns heiser. »Bronco Bill ist nicht allein. Er hat zwei prächtige Boys bei sich.«
»Yeah, sie gehören ins amerikanische Geschichtsbuch mit ihren prächtigen Gesichtern!« warf Hampton ein. »Havelock und Jordan sind wirklich zwei Halunken der Sonderklasse!«
»Wir haben noch mehr Freunde!«
»Natürlich, der dicke schwitzende Wilkins und der liebe Jack, nicht wahr?«
»Und vergessen Sie vor allem den Mayor nicht«, sagte der Missourier ruhig, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. »Er ist in der Stadt. Sein Pferd steht hinten im Hof der City Hall.«
Ein lästerlicher Fluch entfuhr der Kehle Gill Braddocks. Insgeheim hatte er sich von Cornwall noch Rettung erhofft. Daß Bronco Bill wirklich etwas tun würde, jedenfalls etwas für sie hier im Jail, wagte er nicht wirklich zu hoffen. Aber Cornwall, der Mayor, der hatte schließlich allen Grund, etwas zu tun!
Wyatt hatte die Straße scharf im Auge.
Vor allem drüben den Eingang des Hotels.
Da trat Hampton nahe an ihn heran. Er flüsterte so leise, daß nur der Marshal es hören konnte: »Es sind zu viele, Mister Earp.«
Wyatt antwortete nichts darauf.
»Wenn Cornwall wirklich da ist, sind es vier. Und sollte Wilkins mitmischen, dann sind es sogar fünf. Und wer weiß, ob sich dann nicht die anderen Freunde der Bande auch rühren werden. – Ich habe Ihr Pferd gesattelt, Marshal. Es steht bereit…«
Wyatt warf dem Alten einen Blick zu.
»Thanks, Sheriff«, entgegnete er ebenso leise. »Aber das geht nicht. Erstens würde ich es nicht tun, auch wenn zwanzig Männer draußen auf mich warteten, und zweitens hätte es keinen Sinn. Vor Bronco Bill fliehen? No, Hamp – nicht nur er, sondern hundert andere Tramps würden mir folgen, um meine Flucht zu beenden, um mich irgendwo niederzuknallen.«
Der alte Hampton verstand. Er kannte schließlich den Westen.
Polternd kam von Osten her eine Overland in die Mainstreet.
»Die kommt von Lubbock – alle drei Tage«, sagte Hampton.
Die Postkutsche rollte vorüber und zog einen wahren Nebel von Staub hinter sich, der die Straße sekundenlang völlig einhüllte.
Das Geräusch verebbte unweit vom Office, etwa fünfzig Yards weiter westlich vom Post Office.
Als sich der Staub gelegt hatte, sah Wyatt Earp drüben einen Mann auf dem Vorbau des Hotels stehen.
Bronco Bill.
»Ah…!« entfuhr es Hampton. »Er kommt!« Kleine Schweißperlen traten auf seine Stirn.
Die Gefangenen, die von der gespannten Stille, die im Raum herrschte, angepackt worden waren, hatten einen Herzschlag lang den Atem angehalten.
Jetzt rissen Ernest Burns die Nerven. »By gosh!« schrie er los. »Er kommt! Bronco Bill! Hol ihn! Mach ihn fertig! Friß ihn mit deinen Kugeln auf, diesen verdammten Earp! Säg ihn auseinander, diesen elenden Wolf.«
Jetzt stand auch auf Braddocks Stirn der Schweiß. Auch er hatte die Trallen mit seinen klobigen Händen umspannt. Und plötzlich brach es auch aus ihm heraus:
»Bronco Bill! Mach ihn fertig!«
Die anderen Gefangenen warfen sich plötzlich wie auf ein stummes Komando hin gegen die Gitter.
»Bron-co Bill! Bron-co Bill!«
Der Desperado drüben auf der Treppe hatte den Kopf angehoben. Er hatte die Schreie gehört. Noch einen Augenblick verharrte er reglos auf dem Fleck, dann setzte er sich in Bewegung.
Bisher hatte er nichts gedacht. Gar nichts über den Gunfight. Wenn er etwas gedacht hatte, dann nur an die Bucks, die Jube Cornwall gestern vor ihn hingelegt, die er in kleinen goldenen und silbernen Säulen vor ihm aufgebaut hatte.
Aber jetzt, als er langsam die Treppe hinunterschritt und die sieben Yards bis zur Straßenmitte durchmaß, da dachte er plötzlich an etwas anderes.
Wyatt Earp! Den Namen würde er jetzt rufen.
Wyatt Earp? Zounds! War er denn wahnsinnig? War der Mann drüben im Office tatsächlich der berühmte Dodger Marshal? Der Mann, der Milt Rice, Hal Flanagan, Jim Butler, Ho-
geeter, Cumberland und zahlreiche andere Männer zur Strecke gebracht hatte? Der Marshal mit dem Buntline Special? Der Zweihandschütze aus Dodge City…?
Urplötzlich wirbelten die Gedanken nur so durch das Hirn des Desperados, Gedanken, die sich alle laut-stark und buntschillernd mit Wyatt Earp befaßten. Auf einmal drängten sich zahllose Dinge in den Vordergrund seines Bewußtseins, Dinge, die Wyatt Earp betrafen. Jerry William Heeth, der sich selbst Bronco Bill genannt hatte, weil er am Oberlauf des heißen Bronco geboren war – er erinnerte sich plötzlich einer Menge Dinge, die er von diesem Wyatt Earp gehört hatte.
Vor allem aber der Tatsache, daß dieser Mann einer der gefährlichsten, schnellsten und sichersten Schützen war, die der Westen überhaupt je kannte.
Wyatt Earp…! Wie Paukenschläge dröhnte der Name im Hirn des Banditen.
Und dann stand er auf der Straßenmitte.
Er öffnete die Lippen.
Aber er brachte keinen Ton hervor.
Drüben wurde die Tür des Sheriffs Office geöffnet.
Er kam heraus. Sehr groß, breitschultrig, aufrecht, mit sicherem, federndem Gang.
Wyatt Earp!
Bronco Bill sah sofort den großen Revolver an der linken Seite. Den Buntline Special, mit dem der Missourier so unfehlbar sein sollte.
Für zwei Sekunden schloß der Des-perado Bronco Bill die Augen.
Er hatte eine scheußliche Vision: In fünf oder spätestens zehn Sekunden werde ich hier vorn im heißen Sand liegen und tot sein.
Er öffnete die Augen und mußte sich gewaltsam bemühen, den Blick nicht auf den gelben Sand zu seinen Füßen zu senken.
Pinky ist ja da! Suchte er sich einzureden. Pinky und Jonny Havelock! Sie haben alle Gewehre bei sich.
Und auch selbst hatte ja sein
Sharpsgewehr in der Hand.
Wyatt Earp hatte jetzt drüben die Straßenmitte erreicht.
Wenigstens zwanzig Schritte trennten die beiden voneinander. Eine Entfernung, die kein Colt sicher durchmessen konnte.
Ich muß handeln. Sofort handeln! hämmerte es in seinem Schädel.
Er wollte das Gewehr gleich hochreißen.
»Heeth!« Metallen hatte der Marshal ihn angerufen.
Bronco Bill zuckte zusammen.
»Hör zu, Heeth! Nur damit du im Bilde bist, der Revolver hier«, und plötzlich lag in seiner Linken der große Revolver aus seinem linken Halfter. Jerry Heeth hatte den Atem angehalten. Hell und devils, wie war das denn möglich? Das war doch ein Spuk! Heeth wischte sich durchs Gesicht, und wie aus weiter Ferne hörte er die Stimme des Missouriers: »Dieser Revolver hat einen ziemlich langen Lauf, Heeth! Die Distanz hier ist keine Entfernung für ihn.« Und dann bellten plötzlich zwei Schüsse auf.
Fingernah neben der rechten und der linken Stiefelkante des Desperados stiebte der Sand auf. Die glühenden Geschosse hatten sich in den Boden gebohrt.
Bronco Bill stand wie versteinert da.
»Bron-co Bill! Bron-co Bill!« schrie es da vielstimmig aus dem Jail.
Der Desperado schluckte.
»Wirf das Gewehr weg, Heeth!« mahnte ihn der Marshal.
»Wenn du das tust, Bill, schieße ich dich von hier aus nieder!« kam da plötzlich eine belfernde Stimme oben von der