Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.
Frank Stilwell reichte ihm Feuer. Bill Clai-borne und Pete Spence sahen sich erschrocken um, als das winzige Lichtchen aufflammte.
»Ich kann euch nicht alle brauchen«, sagte der Boß plötzlich laut, daß die anderen zusammenschraken, weil die Worte von den Männern widerhallten.
»Wir bleiben«, erklärte Frank McLowery.
Sein Bruder nickte nur.
»Ich bleibe auch«, sagte Bill Claiborne.
Curly Bill schob die Hände auf die Revolverknäufe und meinte: »Was
gibt’s da zu reden?«
Ike entfernte sich von den anderen, setzte sich auf eine zerbrochene Wagendeichsel und stierte in die Düsternis des Corrals.
Die anderen gingen auf und ab.
Nach einer Stunde herrschte eine sonderbare Stille in der Enge des Corrals.
Da hörte Ike harte sporenklirrende Schritte hinter sich. Er wandte sich um und erkannte seinen Bruder Billy.
»Ike…«
»Was willst du?«
»Sie sind fort!«
»Wer?«
»Indian Charly, Pete Spence, Frank Stilwell und Curly Bill. Nur Frank und Tom sind noch da.«
»Und ich«, krächzte es da von den Pferden her. Es war Billy Claibornes Stimme.
Siedendheiß durchzuckte der Schreck die Brust des Bandenführers. Er mußte sich zwingen, ruhig zu erklären:
»Well, ich habe sie ja weggeschickt.«
Billy ging langsam und mit gesenktem Kopf zum Tor zurück.
Als der erste organgerote Schimmer im Westen aufstieg, rutschte Isaac Clanton von der geborstenen Deichsel, schob seine Revolver zurück und ging an den Pferden vorbei zum Eingang.
Links an der Holzwand lehnte sein Bruder Billy. Er rauchte.
Auch Bill Claiborne, der sich zwischen die Pferde gestellt hatte, rauchte ununterbrochen.
Die beiden McLowerys lungerten rechts von der Wand von Flys Galery und starrten auf die Straße hinaus, die von der aufgehenden Sonne wie mit einem roten Teppich bedeckt zu sein schien.
»Jetzt werden sie bald kommen«, ließ sich Franks näselnde Stimme vernehmen.
Und nach einer Weile schnarrte Tom: »Curly Bill und Indian Charly hätten bleiben können.«
Bill Claiborne schob sich hinter den Pferden hervor.
»Sie hätten alle bleiben können, wenn ich bedenke, wie schnell Wyatt schießt.«
Das Geräusch hastig näherkommender Schritte ließ die Banditen zusammenschrecken und aufhorchen.
»Sie kommen!« entfuhr es Clai-
borne bebend.
Die Tramps stießen sich von den Wänden ab und stellten sich neben ihren Boß.
Aber es war nur der Schritt eines einzelnen, der aus der Thirdstreet kam.
Der kleine Clanton schob den Kopf vor.
»He! Das ist Jonny Behan! Was will der denn?«
Keuchend kam der Hilfssheriff heran.
»Ike!« stieß er hastig hervor.
»Woher wissen Sie, daß wir hier sind?« fuhr der Bandenchief ihn brüsk an.
»Von Stilwell, ich habe ihn vorhin getroffen.« Das war eine dreiste Lüge, denn der kleine Ferguson hatte dem Sheriff schon am Abend vorher erzählt, daß Ike vorhabe, die Earps im O.K. Corral zu fordern.
»Ike!« stammelte Behan nach Atem ringend, und die sechs Worte, die er dann sprach, trafen die fünf Desperados wie Peitschenhiebe: »Doc Holliday ist in der Stadt.«
Ike packte den Schlotternden und zog ihn mit einem Ruck zu sich heran.
»Sind Sie denn übergeschnappt, Mensch?«
»Ich schwöre es«, ächzte Behan, »er ist da. Ich habe in Nelly Cashmans
Boardinghouse geschlafen und hörte, wie zwei Männer auf dem Gang sprachen!«
»Was sprachen sie?« fuhr ihn der Bandenführer barsch an.
»Daß sie ihn gesehen hätten – im Crystal Palace.«
Ike Clanton wandte den Kopf ab und starrte geblendet in die aufgehende Sonne.
»Das – ist – nicht – wahr!«
»Ich schwöre es, bei meinem Leben.«
Ike spie aus und preßte die Zähne so hart aufeinander, daß man das Knirschen bis über die Straße vernehmen konnte.
»Virgil Earp hat gesagt, daß keiner der Cowboys mehr bewaffnet durch die Straßen laufen dürfe«, stotterte Jonny Behan. »Er hat es gestern zu mir gesagt. Ike – Sie müssen es aufgeben. Gegen Wyatt Earp und Doc Holliday kommen Sie allein nicht an.«
»Ich bin nicht allein!« schrie der Gangster unbeherrscht und stieß den papiernen Sheriff brutal zurück.
Jonny Behan stürzte in den Straßenstaub, raffte sich auf und wich im Krebsgang zurück.
»Verschwinde!« herrschte Ike Clanton ihn an.
Der Hilfssheriff trollte sich davon.
Zwischen den Banditen herrschte eisiges Schweigen.
Doc Holliday! Also war er doch noch gekommen. Der Spieler mit den beiden mörderischen Revolverhänden – im allerletzten Augenblick war er gekommen. Und damit war die große Gefahr, die der Marshal von Dodge City allein schon für die Tramps bedeutete, zumindest verdoppelt worden.
Die beiden Wölfe würden also zusammen kämpfen. Was das bedeutete, wußten die Verbrecher nur zu genau. Hatten sie Wyatt Earp und Doc Holliday doch schließlich oft genug zusammen erlebt.
Es war Frank McLowery, der das Schweigen brach.
»Was willst du tun, Ike? Wyatt Earp und Doc Holliday sind beide dabei. Das Bild hat sich gestern früh um hundertachtzig Grad gewendet. Da waren es nur Virg und Morg. Die Verstärkung, die die beiden bekommen haben, gefällt mir nicht.«
»Lieber schlag ich mich mit einer Horde Indianer herum«, knurrte Tom.
Ike nagte an seiner Unterlippe, stieß plötzlich einen lästerlichen Fluch aus und versetzte einer vor ihm liegenden Radnabe einen Fußtritt, daß sie an der Wand von Flys Galery entlangschepperte.
Dann warf er den Kopf herum und packte Frank McLowery am Arm. »Du suchst Curly Bill! Und du, Tom, schaffst Frank Stilwell herbei. Oder nein, Pete Spence ist besser. Und die anderen! Trommelt sie zusammen und bringt sie her!« Dann wandte er sich an seinen Bruder. »Du wirst jetzt noch einmal zu ihnen gehen, Bill. Sag Wyatt, daß er warten muß. Sag, daß wir beide allein wären und auf Frank und Tom warteten.«
»Aber das wird er doch nicht glauben«, wagte Bill zu widersprechen.
»Tu, was ich sage!« schrie Ike den Bruder an.
Der Bursche schob sich den Hut aus der Stirn und trottete davon.
Der Bandenführer hatte einen besorgten Blick zur aufgehenden Sonne geworfen und schrie Bill mit sich überschlagender Stimme nach.
»Du sollst laufen, verdammter Kerl!«
*
Die Furcht vor dem Gespann Wyatt Earp – Doc Holliday hatte die Banditen gelähmt und saß ihnen wie eine Eisenklammer hinten im Nacken.
Stunde um Stunde verrann.
Wie ein gefangener Tiger schritt Ike Clanton im Corral auf und ab. Endlich, um halb zehn, ließ er sich sein Pferd bringen, gab den anderen einen Wink und sprengte davon.
Die Menschen in Tombstone getrauten