Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg
wollte das tun, was du für richtig hieltest, Ulrich. Aber es ist nichts Gutes daraus geworden.«
Sein Mund legte sich auf den ihren. »Doch, Asta. Wir beide haben einander gefunden. Ich liebe dich seit unserer ersten Begegnung. Aber ich fürchtete, dass du deine enttäuschte Liebe nicht vergessen könntest. Trotzdem war ich sicher, dass du niemals in die Ehe der Hellendorfs einbrechen würdest. So etwas bringst du nicht fertig. Deshalb konnte ich auch das, was Bodo von Hellendorf mir heute mitteilte, nicht glauben.«
»Ich habe ihm heute einen langen Brief geschrieben. Morgen wird er ihn bekommen. Wenn ich ihm gegenübersitze, ist es schwer, ihm zu erklären, warum ich niemals seine Frau werden kann. Das lässt sich besser schriftlich mitteilen. Ich denke, er wird mich verstehen.«
»Asta, jetzt hast du schon mehrmals gesagt, dass du Bodo von Hellendorf nicht heiraten willst. Aber wie du zu mir stehst, weiß ich immer noch nicht.«
Sie schlug die klaren graublauen Augen zu ihm auf. »Weißt du das wirklich nicht, Ulrich?«, entgegnete sie lächelnd.
»Sag’ mir, dass du mich liebst, Asta. Ich will es hören.«
»Ich liebe dich, Dr. Ulrich Volkert. Ich liebe dich viel zu sehr. Aber ich hätte nie zu hoffen gewagt, dass auch du mich liebhast.« Ihre Stimme klang wie eine Glocke.
»Dein Vater wird wieder nicht einverstanden sein, fürchte ich. Ich bin Arzt, nicht Ingenieur.«
»Ich bin siebenundzwanzig Jahre alt, Ulrich, und glaube, dass ich selbst über meine Zukunft zu entscheiden habe. Für die Fabrik lässt sich gewiss ein guter Ingenieur als leitender Direktor finden.«
»Bedeutet das, dass du mir keinen Korb gibst?«
»Bestimmt nicht, Ulrich. Glück und Liebe sind etwas Kostbares, das man mit beiden Händen festhalten soll, damit es keine Scherben gibt. Eine Fabrik ist nicht so empfindlich. Das wird auch mein Vater einsehen.«
»Dann frage ich dich hiermit in aller Form, ob du meine Frau werden willst, Asta.«
»Und ich antworte dir in aller Form, dass ich mir nichts Schöneres auf der Welt denken kann.«
Astas teures Kleid wurde zerdrückt. Sogar ein paar Tränen fielen auf die glänzende Seide. Doch es waren Freudentränen.
»Was machen wir aber nun mit Reni und Bodo?«, fragte Asta nach einer Weile. »Wir dürfen diese Scheidung nicht zulassen. Es wird schwer werden, denn die beiden sind dazu entschlossen. Trotzdem gehören sie zusammen.«
»Ihr Mann muss zu ihr. Ich habe zu einem etwas hinterlistigen Mittel gegriffen und sie mit einem Medikament eingeschläfert. Schwester Regine wird die Injektion gegen Morgen wiederholen. Bis elf oder zwölf Uhr müssen wir ihren Mann zu ihr bringen.«
»Vielleicht versetzt du ihn ebenfalls in Narkose«, scherzte Asta. »Du scheinst mir ein gefährlicher Mensch zu sein.«
Ulrich Volkert erklärte ihr, warum er einen Tiefschlaf im Augenblick für das Beste gehalten habe.
Asta neigte den Kopf. »Schon gut, Ulrich. Ich bin sicher, dass du niemals leichtfertig handeln würdest. Was hältst du davon, Bodo unsere Verlobung mitzuteilen? Muss ihn das nicht gewaltsam auf den Boden der Tatsachen zurückführen? Zumindest kann er sich dann keine Hoffnung mehr auf mich machen.«
»Dein Vorschlag ist klug. Du hättest Medizin studieren sollen.«
»Warten wir erst ab, wie es ausgeht, Ulrich. Er soll zu Reni. Einmal muss dieser schreckliche Zustand doch ein Ende finden. Dann wären Begegnung und Abschied von der kleinen Manuela schließlich doch heilsam für Reni gewesen.«
»Wir müssen es abwarten, Asta. Nach allem, was Bodo von Hellendorf gestern am Telefon äußerte, wird es nicht leicht sein, ihn umzustimmen. Er ist an einem Punkt angekommen, an dem er um jeden Preis Schluss machen will.«
»Ich werde mit ihm reden, Ulrich. Mein Brief muss schon morgens dort sein. Die Post kommt früh an in Hellendorf. Wenn ich ihn gegen neun Uhr anrufe, sollte er den Brief bereits gelesen haben.«
»Wenn du das versuchen willst, Asta?«
»Wer so glücklich ist wie ich, hat nur den einen Wunsch, auch andere glücklich zu sehen, Ulrich. Man kann Renis Töchterchen nicht wieder lebendig machen. Aber ich hoffe, dass wir Reni und Bodo helfen können.«
Ulrich Volkert nahm das schöne Mädchen noch einmal fest in die Arme. »Ohne dich wäre es vielleicht nicht möglich, Asta«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Ich selbst habe einen Fehler nach dem anderen gemacht. Wissenschaft und guter Wille genügen nicht, um einen Beruf erfolgreich auszuüben. Man muss gelegentlich den Rat der Frau einholen können, von der man geliebt wird und die man liebt.«
»Du machst mich stolz und glücklich, Ulrich.«
Er sah auf die Uhr. »Ich darf jetzt nicht länger bleiben. Wir brauchen beide wenigstens ein paar Stunden Schlaf. Wirst du in Hellendorf anrufen und mir danach mitteilen, was du erreicht hast?«
»Mein Wort darauf, Ulrich.«
Arm in Arm gingen die beiden durch die Halle. Dann winkte Asta dem Mann ihres Herzens nach, als er langsam davonfuhr. Ihr Gesicht war wie von innen erhellt. In ihren Augen leuchtete das Glück.
*
Bodo von Hellendorf legte den Hörer auf. Seine Hand zitterte. Das Gespräch mit Asta hatte ihn tief erschüttert. Er griff in die Schublade seines Schreibtisches und zog den Brief hervor, den er am frühen Morgen erhalten hatte. Es war Astas endgültiges Nein. Und nun hatte sie ihm auch noch mitgeteilt, dass sie Ulrich Volkerts Frau werden wolle, und ihn beschworen, Reni nicht im Stich zu lassen, sondern ihr beizustehen. Anfangs hatte er sich gewehrt. Zuletzt aber war er nicht mehr imstande gewesen, sich Astas Drängen zu widersetzen. Er hatte das feste Versprechen gegeben, innerhalb der nächsten Stunde nach Sophienlust zu fahren.
Kann ich das überhaupt, fragte er sich nun. Habe ich Reni nicht schon viel zu lange warten lassen?
Bodo stand auf, stieg die Treppe hinauf und betrat das Zimmer, in dem Gitti geschlafen hatte. Das weiße Bettchen stand noch so da wie früher. Das Spielzeug lag im Regal.
Bodo von Hellendorf stand lange neben dem kleinen Bett. Dann schöpfte er tief Atem und verließ das Zimmer wieder. Er suchte die getreue Emmi auf und sagte ihr, dass er nach Sophienlust fahren wolle.
Emmi stellte keine Fragen. Sie nickte nur. »Das ist gut.«
»Ich weiß nicht, ob es gut ist, Emmi«, zweifelte Bodo.
»Aber ich weiß es.« Emmis Stimme klang wie die einer Mutter. Es ging Trost und Zuversicht von ihr aus.
Bodo holte seinen Wagen aus der Garage und fuhr in raschem Tempo davon. Emmi, die sonst immer tätig war, ließ die Hände sinken und faltete sie zu einem stillen Gebet.
*
Reni konnte sich zunächst nicht erinnern, wo sie war. Sie fühlte sich matt, aber auf eine seltsame Weise erfrischt. Nur zögernd schlug sie die Augen auf. Es war heller Mittag.
Jemand hielt ihre Hand. Reni wandte den Kopf und erkannte, der Mann auf dem Sessel neben dem Bett war Bodo.
»Ich habe lange geschlafen«, sagte sie unsicher.
»Ja, ich bin schon eine ganze Weile bei dir.« Seine Finger umschlossen ihre Hand fester. »Möchtest du etwas zu trinken haben? Ich soll dich fragen.«
»Ein bisschen Tee, bitte. Ich bin durstig.«
Bodo stand auf und läutete. Irmela erschien an der Tür. Wenig später brachte sie ein Tablett mit einer Kanne und zwei Tassen. Auch der Zucker war nicht vergessen.
Reni trank und seufzte dankbar auf. »Das tut gut, Bodo.«
»Fühlst du dich besser?«, fragte er behutsam.
»Bin ich krank?«
»Nein, Reni. Aber du hast mich bisher nicht sehen und nicht sprechen wollen.«
»Ich weiß, Bodo. Ich habe nichts vergessen.«