Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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könnte ich denn tun, Herr Doktor?«, fragte Bodo zurückhaltend. »Sie wird mir wieder ins Gesicht schreien, dass ich am Tod unseres Kindes Schuld sei. Das ertrage ich nicht mehr. Ich habe wahrhaftig lange genug Geduld gehabt und gewartet. Sicherlich ist meiner Frau am besten geholfen, wenn ich ihrem Wunsch entspreche und mich scheiden lasse. Ich bin jetzt dazu entschlossen, denn ich bin am Ende meiner Kräfte. Ich werde nun genau das tun, was Reni ständig von mir fordert. Zuerst die Scheidung, dann ein neuer Anfang mit Asta Berner. Diese Frau hat in meinen bittersten Stunden zu mir gehalten. Mit ihr konnte ich sprechen, ­­­­­­­sie war immer für mich da. Ich kann nicht ein Leben lang warten und allein ­bleiben. In einer Ehe mit Asta Berner werde ich das, was hinter mir liegt, ­vielleicht nach und nach überwinden.«

      Ulrich Volkert ließ Bodo reden. Er war Arzt und hatte gelernt, dass Zuhören oft wichtiger war als Sprechen. Doch sein kluges Gesicht war bleich geworden.

      »Ist Ihr Entschluss endgültig, Herr von Hellendorf?«, fragte er leise.

      »Ja.«

      »Dann – ja, dann muss ich überlegen, ob ich Ihre Frau nicht doch in eine Klinik einweisen soll. Der Schock der Trennung von der kleinen Spanierin war zu schwer. Heilsam könnte jetzt nur die Heimkehr sein.«

      »Sie würde nicht zurückkommen, Doktor. Selbst Asta Berner hat vergeblich versucht, sie dazu zu bewegen.«

      »Ich kann Sie nicht zwingen, das zu tun, was ich für richtig halte. Es war eine Bitte. Garantieren könnte ich Ihnen ohnehin nicht, dass eine Begegnung zwischen Ihnen und Ihrer Frau ihren Gemütszustand ändert. Doch die Hoffnung besteht.«

      »Auf unbestimmte Hoffnungen gebe ich nichts. Sie meinen es sicher gut. Nur übersehen Sie, dass Sie zu viel von mir verlangen. Leben Sie wohl, Doktor.«

      Ulrich Volkert legte auf. Sein Abschiedsgruß klang höflich, aber traurig und enttäuscht.

      »Asta Berner«, flüsterte er. »Ich habe so fest darauf vertraut, dass sie zu ihrem Wort stehen würde. Will sie nun seine Frau werden?«

      Dr. Volkert strich sich mit der Hand das Haar zurück. Die Bewegung wirkte müde. Aber er durfte jetzt nicht grübeln. Was er selbst wünschte, war nicht wichtig.

      Ulrich Volkert kehrte zu Reni von Hellendorf zurück, die in tiefem Schlaf lag. Lange saß er neben ihrem Bett und blickte sorgenvoll auf die schlanke Gestalt herab. Endlich kam er zu einem Entschluss. Er wollte noch nicht aufgeben – noch nicht.

      Nachdem er sich überzeugt hatte, dass der Puls der Patientin ruhig und gleichmäßig war, verließ er das Zimmer, hielt nach Schwester Regine Ausschau und übergab ihr ein Päckchen, das eine Fertiginjektion enthielt.

      »Können Sie Frau von Hellendorf das Medikament spritzen, Schwester Regine?«, erkundigte er sich.

      »Selbstverständlich. Es ist ja nicht intravenös.«

      »Dann bitte ich Sie, es morgen früh gegen sechs Uhr zu tun. So lange wird die Patientin schlafen. Dieses Mittel wird dafür sorgen, dass sie danach noch ein paar Stunden schläft.«

      »Eine Schlafkur?«, fragte Schwester Regine interessiert.

      »Nein, ich will Zeit gewinnen. Schauen Sie mal nach ihr?«

      »Natürlich, Herr Doktor.«

      Er nickte ihr zu. »Ich komme morgen Vormittag wieder, Schwester Regine. Empfehlen Sie mich bitte Frau von Schoenecker.«

      Einige Minuten später fuhr sein Wagen ab. Schwester Regine kümmerte sich zunächst um die Kinder, wobei ihr Irmela und Pünktchen halfen. Dann betreute sie Reni, zog ihr die Stiefel und das Reitzeug aus und deckte sie zu.

      Reni spürte nicht, was mit ihr geschah. Das Medikament tat seine Wirkung.

      Abends kam die Familie von Schoen­ecker zurück. Irmela berichtete von den Geschehnissen des Nachmittags, und Denise machte sich nachträglich Vorwürfe, dass sie weggefahren war. Von Schoeneich aus telefonierte sie mit Bodo von Hellendorf und erhielt von ihm den gleichen Bescheid, den schon Ulrich Volkert erhalten hatte.

      »Ich glaube, dass Reni die Freiheit braucht, um gesund zu werden, Denise«, bekräftigte er seinen Entschluss. »So wie jetzt kann und darf es nicht weitergehen.«

      »Willst du wirklich dabei bleiben, Bodo?«, fragte Denise bestürzt.

      »Ich muss, wenn ich nicht auch noch den Verstand verlieren soll, Denise. Vielleicht verstehst du mich nicht. Ich habe keine Kraft und keine Geduld mehr.«

      Denise sagte einen kurzen Abschiedsgruß und legte auf. »Es kommt, wie ich gefürchtet habe, Alexander«, seufzte sie. »Bodo will Asta Berner heiraten. Er ist fest entschlossen, sich scheiden zu lassen.«

      »Dann kann man Reni nur wünschen, dass aus ihr und dem Doktor ein Paar wird, wie Nick neuerlich vermutete. Wir können das Schicksal nicht aufhalten, Isi. Reni ist möglicherweise bei einem Nervenarzt am besten aufgehoben. Er versteht es, auf sie einzugehen.«

      Denise schüttelte ärgerlich den Kopf. »Ich glaube nicht daran, dass diese Ehe auseinandergehen muss. Es gibt doch gar keinen Grund dafür.«

      Alexander nahm sie in die Arme und küsste sie. »So gut wie unsere Ehe ist nun mal nicht jede, Isi. Man soll nie von sich auf andere schließen. Reni ist noch sehr jung. Sie wird bestimmt in einiger Zeit wieder gesund und fröhlich sein. Der Tod der kleinen Gitti ist sicherlich unendlich traurig, aber man muss doch bedenken, dass das Kind schwerkrank war. Der Tag wird kommen, an dem Reni das einsehen wird.«

      »Hoffen wir, dass du recht hast. Wenn Dr. Volkert Reni helfen kann, sollte man sich nicht dagegen sträuben. Ich bin doch ein wenig altmodisch in meinen Ansichten.«

      »Bleib’ nur, wie du bist, Isi.«

      *

      Es war nach elf Uhr abends, als Ulrich Volkert zum dritten Mal den Versuch unternahm, Asta Berner zu erreichen. Trotz der ungewöhnlichen Stunde wurde er diesmal sofort empfangen.

      Asta sah wunderschön aus. »Ich war mit meinem Vater eingeladen, Dr. Volkert«, begrüßte sie ihn. »Es tut mir leid, dass Sie schon vergeblich hier waren.«

      Er konnte die Blicke nicht von ihr wenden.

      »Wollen wir uns nicht setzen, Doktor? Mein Vater war müde. Er ist gleich in sein Schlafzimmer gegangen. Aber ich bin ganz frisch. Sie haben gewiss einen besonderen Grund für Ihren Besuch?«

      Ulrich Volkert blieb stehen. »Ich dachte, dass Sie bei Herrn von Hellendorf wären«, brachte er endlich stockend hervor.

      Asta schüttelte den Kopf. »Nein. Ich kann nicht mehr zu ihm fahren, Doktor. Es war ein Fehler, dass ich es immer wieder getan habe. Sie haben mir keinen guten Rat erteilt.«

      »Ich verstehe Sie nicht …«

      Astas Wangen röteten sich »Bodo von Hellendorf hat sich plötzlich zur Scheidung von seiner Frau entschlossen und will mich heiraten.«

      »Ja, das hat er mir heute Nachmittag am Telefon auch mitgeteilt.«

      »Ich habe alles versucht, um ihm klarzumachen, dass er sich nicht von Reni trennen darf. Außerdem habe ich …« Asta stockte.

      Ulrich Volkert trat auf sie zu. In seinem Gesicht leuchtete jähe Freude auf. »Was haben Sie, Asta?«

      »Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn niemals heiraten könnte, weil ich ihn nicht liebe«, flüsterte sie. »Diese Liebe war damals nur eine Träumerei. Sie hat nicht standgehalten. Zunächst glaubte ich, dass ich diesen Schlag nie verwinden würde. Jetzt weiß ich, dass es so hat kommen müssen.« In ihren Augen erwachte ein wundervolles Leuchten. Es gab mit einem Schlage nichts mehr, was sie von Ulrich Volkert trennte.

      »Ja, Asta – so und nicht anders. Es ist mir bitter schwer geworden, dich immer wieder zu ihm gehen zu lassen. Ich wollte aber nicht egoistisch sein.«

      »Es war ein Fehler.«

      Ulrich Volkert nahm Asta in die Arme. »Ja, Asta, es war ein Fehler. So ein Doktor ist eben auch


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