Wyatt Earp Staffel 2 – Western. William Mark D.
zu behalten.
*
Am nächsten Nachmittag lehnte Wyatt in der Tür seines Büros und sah mehreren Reiter zu, die von Osten her in die Frontstreet einritten. Es waren breitschultrige, bärtige Typen, die statt der Satteldecken Tierfelle unter den Sätteln hatten.
Rauhe, verwegene Kerle, die mit blitzenden Augen die vielen Saloons und Bars in der Hauptstraße musterten.
Bat Masterson reinigte sein Gewehr. »Was sind denn das für Bürger?« fragte er.
Wyatt kaute auf einem Streichholz herum. »Büffeljäger.«
»Woran erkennen Sie die?«
»An den Fellen, an ihren Anzügen, an ihren Gesichtern. Ich habe selbst lange Zeit oben in Montana Büffel gejagt.«
Bat kam an die Tür. »Büffeljäger? Hoffentlich kommen nicht noch mehr davon in die Stadt.«
»Ganz sicher.«
»Wenn das keinen Ärger gibt.«
»Todsicher. Cowboys und Büffeljäger haben einander noch nie riechen können.«
Tatsächlich trafen im Laufe des späten Nachmittags noch so viel Jäger in der Stadt ein, daß alle Hotels vor sechs Uhr belegt waren.
In den Bars ging es hoch her.
Der Lärm währte bis spät in die Nacht. Kurz vor elf Uhr krachten plötzlich Revolverschüsse über die Straße.
In Wilborns Saloon war der Teufel los.
Wyatt, der sich in dieser Nacht nicht zur Ruhe hatte legen wollen, stürzte mit Bat auf den Vorbau.
»Mein Gewehr!« rief der Marshal dem Deputy zu, während er über die Straße rannte.
Vor Wilborns Saloon lag ein Mann auf den Dielen.
Er hatte eine klaffende Wunde an der Stirn.
Bat kam mit der Winchester und reichte sie dem Marshal.
Der stieß mit dem Kolben die Pendeltüren auseinander.
Ein Schuß peitschte ihm entgegen. Ein kleiner krummbeiniger Cowboy hatte ihn abgefeuert. Die Kugel schlug neben dem Missourier in den Türrahmen.
»Der Marshal stört uns!« grölte der Kuhtreiber. »Weg mit ihm! Drauf Boys!«
Schüsse brüllten los und die angetrunkenen Männer stürmten vorwärts.
Wyatt stand hinter dem Türpfosten, riß die Winchester hoch und schoß. Rasendschnell peitschten sieben Schüsse in den Raum; so schnell, daß Bat Masterson den Mund vor Verwunderung aufriß.
Das Heulen des schweren Gewehrs verfehlte seine Wirkung nicht.
Die Männer im Saloon blieben stehen.
Wyatt rief ihnen entgegen: »Hände hoch! Kommt einzeln raus, sonst sieht’s schlecht um euch aus.«
In zehn Minuten war der Saloon leer. Auf dem Vorbau lag ein Berg von Revolvern, und unten auf der Straße standen dreiundzwanzig texanische Kuhtreiber und siebzehn vor Grimm bebende Büffeljäger.
Der Marshal trat an die Treppe. »Hört zu, Leute. Die Colts holen morgen je ein Cowboy und je ein Büffeljäger im Office ab. Mit einem Wagen meinetwegen. Und noch eins: Das Tragen von Schußwaffen in der Stadt ist von dieser Stunde an verboten!«
Da war es wieder, das berühmte Earpsche Verbot, das vor zwei Jahren schon die Stadt Wichita in Aufruhr gebracht hatte. Würde der Marshal es auch hier durchdrücken können? Hier, wo es dreifach so wild herging wie in Wichita.
»Wer von heute an mit einer Schußwaffe in der Stadt angetroffen wird, setzt sich der Gefahr aus, niedergeschossen oder eingesperrt zu werden!«
»Er muß wahnsinnig sein!« maulte der Büffeljäger, ein rothaariger Mann mit weit vorstehenden Backenknochen.
»Drauf, Boys, schlagt ihn in Stücke!«
Da riß der Marshal die Winchester durch, das harte metallische Geräusch des Durchladens ließ die anstürmenden Männer innehalten.
Drüben, an einem dunklen Fenster über dem großen Long Branch Saloon, stand ein Mann und steckte den Colt wieder ins Halfter. Doc Holliday, der die Szene beobachtet hatte, wußte, daß der Marshal gewonnen hatte. Er wandte sich um, verließ das Zimmer und ging wieder hinunter an seinen Spieltisch.
*
Wyatt Earps Waffenverbot war das Gespräch des folgenden Tages.
Pat Kennedy, der Inhaber der City News, hatte einen großen Leitartikel über dieses Verbot in seiner Zeitung gebracht. Und die zwanzig Plakate, die der Marshal bei ihm hatte in fetten Lettern drucken lassen, hingen an sämtlichen Stadteingängen, in der Frontstreet, am Marshal Office, vor der City Hall, an der Schmiede, in der Wellstreet und an allen Saloons.
»Das wäre ein Ding, wenn er das hier durchkriegte!« meinte Doc Gilbert zu einem seiner Patienten, der sich gerade einen gichtigen Arm behandeln ließ.
Der Patient war der siebzigjährige Fred Hope. Er grinste über das ganze Gesicht. »Tja, das wär’ ein Ding!«
Da hob der Arzt den Kopf.
»Was gibt’s?« wollte Hope wissen.
Doc Gilbert kniff die Augen ein. »He, wenn das nicht Stunk gibt. Percy Roft ist in der Stadt. Damned, seine Colthalfter sind leer!«
»Roft? Der Spieler?«
»Yeah – wenn der nicht auch ein Hühnchen mit Holliday zu rupfen hat, heiße ich Abe Lincoln!«
»Das hat er bestimmt. Holliday hat ihn in Lawrence fertiggemacht. Vor einem Jahr. Roft hat ein Jahr in Kansas City wegen Betrug im Gefängnis gesessen. Es hat doch in allen Zeitungen gestanden.«
»Damned, dann gibt es bestimmt Stunk!«
Aber noch andere Augen hatten den Reiter gesehen. Zum Beispiel die Augen des wachsamen Marshals. Er kannte den Mann aus dem Keno-Saloon in Wichita, wo er ihn wegen Falschspiels und einer Schießerei festnehmen mußte. Wyatt wußte, daß Roft in Lawrence durch Holliday aufgeflogen war. Er beobachtete, wie der Spieler vom Pferd stieg und einen Mann ansprach.
Der deutete auf den Long Branch Saloon, wo Doc Holliday ein Zimmer gemietet hatte.
Wyatts Augen musterten die Gestalt des Gamblers scharf, als der über den Vorbau auf den Saloon zuging.
Nur wenige Minuten später ritten zwei Männer von Osten her in die Frontstreet. Auch sie trugen scheinbar keine Schußwaffen. Als sie das Pferd des Spielers sahen, blickten sie sich sichernd in der Straße um, rutschten ebenfalls aus den Sätteln und gingen auch auf den Saloon zu.
Für den Marshal war die Sache eindeutig.
Er schnallte seinen Waffengurt um und verließ das Office zum Hof hinaus, überquerte eine enge Laufgasse und erreichte den Hof des Long Branch Saloons.
Im Hausgang traf er den Salooner. »Morning. Wo wohnt Doc Holliday?«
»Oben, in Zimmer vier!«
»Thanks.«
Wyatt stieg die Treppe hinauf.
Vor dem Zimmer mit der Nummer vier blieb er stehen und klopfte.
Hollidays rauhe Stimme war sofort da. »Was gibt’s?«
»Ich bin’s!«
»Earp?«
»Yeah!«
Die Tür wurde geöffnet. Das blaßbraune Gesicht des Spielers erschien. Er sah müde und übernächtigt aus. »Was gibt’s so mitten in der Nacht, Marshal?«
»Nichts Besonderes. Percy Roft ist in die Stadt gekommen. Zwei Kiebitze sind bei ihm. Roft hat im linken Stiefelschaft einen Cloverleaf-Colt versteckt.«
Über das Gesicht des ehemaligen Zahnarztes sprang ein Lachen. »Das ist ja nicht viel. Aber immerhin. Wie