Wyatt Earp Staffel 2 – Western. William Mark D.
der Buggy vorbeirollte. Der Deputy blickte ihr stirnrunzelnd nach.
»Sie gefällt dir wohl, die junge Frau?« fragte der Blacksmith den Burschen.
Bat schüttelte den Kopf. »No, Mister Asmussen. Sie gefällt dem Marshal nicht, also gefällt sie auch mir nicht.«
Der Schmied lachte derb. »Auch eine Anschauung. Aber vielleicht habt ihr beide recht. Obwohl sie ja ein verdammt hübsches Gesicht hat, diese Betty; Lumbage sagte zwar, er habe sie von einer Ranch in New Mex geholt, mir ist aber, als hätte ich sie schon irgendwo anders gesehen. Ich kann mich nicht darauf besinnen, wo es war. Eines weiß ich gewiß, es war kein angenehmer Ort…«
Bat begriff den Schmied nicht. Aber er war ein gutmütiger Bursche und nickte.
Asmussen ließ den schweren Hammer auf ein glühendes Eisenstück fliegen. »Sag mal, der Marshal ist wohl nur Police-Officer. Für Frauen hat er anscheinend nichts übrig.«
Masterson schob sich den Hut in die Stirn. »Weiß ich nicht. Er hat ja auch keine Zeit. Vor Jahren war er drüben in Missouri verheiratet.«
»Ach…«
»Seine Frau ist an Typhus gestorben.«
Der Schmied wischte sich mit dem stark behaarten Unterarm über die Stirn, dann hämmerte er weiter auf dem Eisen herum. »Doch, ja«, sagte er dabei, »er ist ein prächtiger Mann, unser Marshal. Und du hast allen Grund, stolz auf ihn zu sein.«
Bat warf noch einen Blick die Straße hinunter, an deren Ausgang eben der kleine Buggy verschwand, dann schlenderte er nach einem kurzen Gruß wieder der Frontstreet zu.
*
Betty Lumbage hatte inzwischen den Weidezaun des Small Ranchers Bully Rood erreicht. Sie fuhr auf den breiten Wagengeleisen entlang und hielt Ausschau nach ihrem Opfer.
Hoffentlich sah sie der Alte nicht.
Keine fünfzig Yards vom Zaun entfernt hockte der kleine flachshaarige Franky im hohen Gras und arbeitete an einem Weidepfahl. Jetzt stand er auf und spitzte mit einem Beil den Pfahl unten an.
Die Frau ließ die Füchse vor dem Zaun auf der Höhe des Jungen halten.
Als der Kleine einmal aufblickte, sah er sie mit dem Wagen auf der Straße stehen. Er tippte nur an den Hutrand und arbeitete weiter.
Da rief ihn die Frau an. »Komm mal her, Franky.«
Langsam und mit wenig freundlichem Gesicht näherte sich der Junge dem Zaun.
Ein schwarzweißer Collie sprang um ihn herum.
Als Franky den Zaun erreicht hatte, sah er in die hellen Augen der Frau. »Was wollen Sie von mir?« fragte er barsch.
Oh, sie hätte ihn ohrfeigen mögen, diesen elenden Bengel. Da schuftete er, daß ihm der Schweiß auf der Stirn stand, nur um diese kleine Ranch zu halten. Drüben weidete eine kleine Herde, und hinten in der Ferne blickten die Dächer der Ranch über einen flachen Hügelkamm.
Betty Lumbage verstand es meisterhaft, ihre wahren Gefühle zu verbergen. »Komm her, Franky. Meine Zugstränge sind nicht straff genug. Zurre sie mir bitte etwas fester.«
Sie hatte sich nicht verrechnet. Der kleine Bursche war viel zu gut erzogen, um ihr den Wunsch abzuschlagen.
Franky kletterte durch die unteren beiden Drähte des Weidezauns und schnallte die Stränge der beiden Füchse kürzer. Wozu das gut sein sollte, leuchtete ihm nicht ein, denn der düstere Geoffrey hatte die Gäule vollkommen ordnungsgemäß eingespannt.
Die Frau sah auf den Jungen herab. Er hatte den Hut vom Kopf genommen und auf einen Weidepfahl gestülpt. Sein flachsblonder Schopf leuchtete hell in der Sonne.
Wenn ich ihm jetzt mit dem metallbeschlagenen Ende der Peitsche eins über die Schädel gäbe…, zuckte es durch das verbrecherische Hirn der Frau, dann müßte er umfallen. Denn wer weiß, ob er den Kuchen nimmt?
Blitzschnell drehte sie die Peitsche um und nahm das Ende nach oben.
Da richtete sich der Junge hoch und sah ihr in die Augen. »Right so, Madam?« fragte er.
Vor dem Blick der Kinderaugen senkte die Frau den Peitschenknauf; ein galliges, böses Lachen stand um ihren Mund.
Franky wollte sich entfernen.
Da rief die Frau ihm mit heller Stimme nach: »Komm her, Franky, ich hab’ etwas für dich. Es ist eigentlich mein Reiseproviant – ich will zur Hutton-Ranch.«
Sie deckte den Korb auf und nahm den appetitlichen kleinen Schokoladenkuchen heraus.
Franky spürte, wie ihm beim Anblick des Leckerbissens das Wasser im Munde zusammenlief. »Nein, Madam, danke schön – meinetwegen brauchen Sie den schönen Kuchen nicht anzuschneiden. Außerdem – ich mag gar keinen Kuchen.«
Die Lüge stand rot in seinem Gesicht.
Die Frau lächelte honigsüß. Dann nahm sie ein Messer aus dem Korb und schnitt ein Stück aus dem Gebäck.
Franky schluckte.
Wenn ihm die ärmste Frau drüben in der Stadt ein solches Stück Kuchen angeboten hätte, würde er mit beiden Händen zugegriffen haben. Aber von Jerry Lumbages Frau würde er nichts annehmen.
Sie reichte ihm das Stück hinunter.
»Na, komm schon, Frankieboy. Du darfst mich doch nicht kränken. Ich habe ihn selbst gebacken.«
Da nahm der Junge den Kuchen und sah darauf nieder. Der Duft, der ihm in die Nase stieg, machte ihm ordentlich zu schaffen. Verdammt, wenn es nicht noch so lang bis Mittag wäre…
»Na, ich will weiter«, sagte die Lady, hob den Zügel an, lächelte dem Kleinen zu und rief: »Laß es dir gut schmecken, Franky!«
Als der Wagen an ihm vorüber war, zog der liebe Franke eine Fratze, die – wenn Mrs. Lumbage sie gesehen hätte – sie in einiges Erstaunen versetzt haben würde.
Der Junge kroch durch den Zaun und sah auf den Kuchen.
Dann roch er daran.
Er streckte schon die Zunge heraus, um an dem blanken Schokoladenüberzug zu lecken, als ihn der Collie ansprang.
Da wurde das Gesicht des Knaben plötzlich hart. Er schleuderte den Kuchen zurück und über den Zaun und preßte durch die Zähne: »Iß deinen Kram selbst, alte Gewitterhexe!«
Damit ging er zurück zu seinen Pfählen und zu seinem Beil.
Er sah nicht den Colliehund, der wieder durch den Zaun sprang, nach dem Kuchen schnappte und das große Stück in kurzer Zeit gefressen hatte.
Vielleicht eine halbe Stunde später wollte Franky aufbrechen, weil der Großvater an den Blecheimer auf dem Ranchhof geschlagen hatte.
»Sim!« rief er.
Aber der Hund kam nicht wie gewöhnlich.
»Sim! Sim…«
Ein paar Minuten danach fand er den Hund vor dem Zaun. Er lag verkrampft da, sein von schneeweißen Haaren umgebenes Maul war braun von Schokolade…
Der Junge starrte entgeistert auf das Tier. Dann stürzte er schreiend auf die kleine Ranch zu.
Kurz nach Mittag war Franky mit seinem Pony in der Stadt. In der Frontstreet machte er vor dem Marshal Office halt.
Bat Masterson stand an der Tür.
»Ist der Marshal da?« stieß der Junge hastig hervor.
Wyatt kam an die Tür. »Na, Franky, was gibt’s denn?«
Weinend erzählte der Junge, was ihm widerfahren war.
Der Marshal und Bat Masterson hörten ihm schweigend zu.
Bat nickte. »Yeah, ich habe sie aus der Stadt fahren sehen, als ich beim Blacksmith war…«
Weil er sich auch um all die kleinen Dinge