Wyatt Earp Staffel 2 – Western. William Mark D.
den Hufgelenken. Es ist sicher auch ein großer Springer?«
»Doch, ja. Hast du auch ein Pferd?«
Der Kleine hob den Kopf und blickte den Marshal von der Seite an. »Sieht man mir das nicht an?«
Wyatt zog die Schultern hoch.
Da streckte Franky zwei Finger in den Mund und stieß einen Terzpfiff aus.
Im nächsten Augenblick schoß drüben aus einer Seitengasse ein braunweißgeschecktes Pony heraus. Das hübsche Tier blieb neben dem Jungen stehen. »Das ist Tom. Wie gefällt er dir?«
»Sehr gut.«
»Hat dein Pferd auch einen Namen?«
»Sicher. Es heißt Arrow.«
»Die Indianer nennen ihre Pferde so«, versetzte der Junge.
»Ich habe es von einem Indianer gekauft.«
Der kleine Bursche machte dem Marshal richtig Spaß.
Mit einem Satz saß er auf dem sattellosen Rücken des Ponys. »Reitest du nach Osten?«
»Ja.«
»Ich reite ein Stück mit dir.«
Ohne die Zustimmung des Marshals abzuwarten, setzte Franky sein Pony in Bewegung.
Nebeneinander ritten die beiden aus der Stadt.
Franky deutete auf die Steinhügel, die sich im Nordosten ausdehnten. »Da ist Luppys-Land, ich reite oft da herum. Hast du schon mal eine richtige Höhle gesehen?«
»Schon mehrere.«
»Meine hast du noch nicht gesehen. Ich habe sie auch noch keinem Menschen gezeigt. Aber du bist Wyatt Earp und kannst schweigen; wenn du willst, zeige ich sie dir. Willst du nach Topeka?«
Wyatt blickte den Dreikäsehoch verblüfft an. »Wie kommst du denn darauf?«
»Ich habe es gehört, wie du es an der Tür zu Doc Gilbert gesagt hast.«
»He, du spionierst.«
»Nur manchmal. Ich weiß eine Abkürzung auf die Straße nach Kinsley. Wenn du willst, zeige ich sie dir.«
»Doch, das würde mich freuen.«
»Wir kommen ganz nah bei meiner Höhle vorbei…«
Eine knappe Stunde später trieb der Junge sein Pony rechts vom Weg ab zu den Hügeln.
Über einen Trampelpfad ging es bergan.
Plötzlich rutschte der Kleine mit artistischer Geschwindigkeit im Trab von seinem Pferd und verschwand in den Büschen.
Tom lief einen kleinen Bogen, kam zurück wie ein gehorsamer Hund und blieb vor den Büschen stehen. Er schien diese Gegend hier zu kennen.
Es dauerte zwei Minuten, da hörte der Marshal oberhalb des Gebüsches die helle Stimme des Kindes. »Hallo, Mister Earp. Schauen Sie mal hoch! Hier bin ich!«
So sehr Wyatt das Gestein auch absuchte, er konnte Franky einfach nicht entdecken.
Nach weiteren zwei Minuten kam der Kleine wieder aus dem Gebüsch. »Na, ist es eine prima Höhle, oder nicht? Da findet mich nicht mal Milt Rice.«
Wyatt tat dem Knirps den Gefallen, die »prima Höhle« zu besichtigen. Vielleicht mochte diese Gesteinsaushöhlung in früheren Jahren Indianern als Schlupfwinkel und Versteck auf ihren Raubzügen gedient haben.
Als sie wieder auf ihren Pferden saßen, reichte der Kleine dem Marshal die Hand. »Auf Wiedersehen, Wyatt Earp. Ich hab’ mich gefreut, dich mal gesehen zu haben. Wir haben oft von dir gesprochen. Und Old Bully meint, du wärst der größte Marshal von ganz Amerika. Old Bully meint auch, daß Milt Rice wiederkommt und noch eine Menge Leute erschießt…« Unvermittelt sagte der Boy: »Ich muß jetzt gehen, Mister Earp. Ich hätte gern was als Erinnerung an dich mitgenommen. Vielleicht wirst du später noch mal so bekannt, daß mir keiner mehr glaubt, daß ich dich gekannt habe, und daß du mit mir in meiner Höhle warst.«
Wyatt lächelte. Und dann tat er das, was der kleine Franky gewiß am allerwenigsten erwartet hätte: Er nestelte seinen silbernen Fünfzack von der Brust und reichte ihn dem Jungen.
Der starrte mit runden ungläubigen Augen auf den Marshalstern. »Nein…«, stammelte er, hilflos vor Verlegenheit und Glück. »Nein…, du… willst mir doch nicht deinen Stern schenken?«
»Doch, damit kannst du am besten beweisen, daß du mich gut gekannt hast.«
Der Junge nahm den Stern, befühlte ihn und drehte ihn um. Dann las er andächtig: US-Marshal, und hinten stand tatsächlich Wyatt Earp! Mit einer gedankenschnellen Bewegung war der Stern in der Hosentasche des Kleinen verschwunden. »Ja, jetzt kann ich es immer beweisen, denn wegnehmen läßt du dir so was bestimmt von keinem Menschen!«
»Bestimmt nicht.«
Plötzlich krauste sich die Stirn des Kleinen. »Jetzt hast du aber keinen Stern!«
»Ich bekomme in Topeka einen neuen.«
»Hm. Dann…«, er druckste herum. »Dann hefte ich ihn mir an die Weste…«
Wyatt reichte dem lustigen Knirps die Hand und verabschiedete sich von ihm.
Sicher dachte er in diesem Augenblick nicht daran, daß der drollige kleine Franky Rood noch eine wichtige Rolle in seinem Leben spielen sollte.
*
Es war am späten Nachmittag.
Doc Holliday hatte sich in Leeverys Stores Tabak Durham und hellbraunes Zigarettenpapier aus St. Louis gekauft.
»Geben Sie mir noch zwei Kästen fünfundvierziger Munition.«
Der Händler zuckte zusammen. Seine Augen hingen auf dem blanken Colt, der über dem rechten Oberschenkel des Spielers hing.
Tub Leevery hatte mit eigenen Augen gesehen, wie der unheimliche Mann damit umgehen konnte.
»Wollen Sie weiterreisen?« fragte Leevery unvorsichtigerweise.
Holliday hob den Kopf und zog die Brauen zusammen. »No«, sagte er düster.
Leevery glaubte, eine Gänsehaut auf seinem Rücken zu verspüren. Er sah, wie die schlanken, nervigen Hände des Spielers Geld aus dem Gürtel nahmen.
Leevery, der seinen Fehler wiedergutmachen wollte, sagte schnell: »Wyatt Earp ist wohl ein alter Bekannter von Ihnen, Mister?«
Holliday legte das Geld auf den Tresen und knurrte: »Nein, das kann ich leider nicht behaupten. Ich kannte ihn; das ist alles.«
Leervery blickte hinter der hohen, schlanken Gestalt des Spielers drein, wie er mit elastischen, federnden Schritten den Laden verließ.
Draußen auf dem Vorbau blieb Doc Holliday plötzlich stehen.
Tub Leevery sah deutlich, wie seine harten Augen auf einmal messerscharf wurden und eine Eiseskälte auszustrahlen schienen. Der ganze Mann hatte plötzlich etwas von einer sprungbereiten Raubkatze an sich, ohne sich auch nur im geringsten bewegt zu haben.
Es waren die drei Reiter, die seine Aufmerksamkeit erregt hatten.
Drei Männer, die vor dem Long Branch Saloon haltmachten, aus den Sätteln rutschten. Der vorderste war untersetzt, vierschrötig, hatte ein breites Gesicht und Schlitzaugen. Die beiden anderen hatten ausdruckslose Cowboygesichter, waren dunkelhäutig und trugen große Sternradsporen.
Sie lockerten ihre Colts und staksten auf den Long Branch Saloon zu.
Leevery sah, wie Doc Holliday die Lippen öffnete. »Hallo, Yster!«
Die drei Männer fuhr herum.
Ihre Gesichter waren zu Masken erstarrt.
Der Schlitzäugige hatte jetzt etwas von einem Indianer an sich, als er den Kopf senkte und den Spieler drüben auf dem Vorbau musterte.
Die