Wyatt Earp Staffel 2 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Staffel 2 – Western - William Mark D.


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      »Ich verstehe Sie nicht. Was habe ich damit zu schaffen?«

      »Deger hat Angst, er wird einen Mann wie Holliday nie bewegen können, abzuziehen.«

      »Ach, dachten Sie etwa, ich sollte dieses Amt übernehmen?«

      Gilbert schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich dachte im Gegenteil, daß Sie es verhindern können. Ich dachte…, vielleicht ist Doc Holliday Ihr Freund.«

      Wyatt ließ vor Schreck seinen Hut aus der Hand fallen. »Mein Freund? Wie kommen Sie denn darauf?«

      Gilbert kratzte sich das Kinn. »Hm, als ich da neulich mit ihm zusammen einige Drinks genommen hatte, sprach ich mit ihm auch über Sie. Ich sagte es Ihnen ja. Als ich darauf zu sprechen kam, daß ich es großartig fände, wie er Ihnen beigesprungen sei, da winkte er ab. Und als ich ihn fragte, ob er jedem anderen auch so geholfen hätte, schüttelte er den Kopf. Er sagte sogar: ›Nein, ganz bestimmt nicht.‹ ›Also haben Sie es nicht für die Stadt getan?‹ Da lachte er nur. ›Sicher nicht! Also haben Sie es nur für Wyatt Earp getan?‹ Da nickte er. Er sagte eigentlich nur, daß er Sie schon ziemlich lange kenne, und Sie wären ganz bestimmt der einzige Mensch auf der ganzen Welt, für den er es jederzeit wieder tun würde.« Gilbert fuhr sich durch seinen grauen Schopf. »Nun ja, da dachte ich eben, Sie wären sein Freund.«

      Wyatt blickte den Arzt betroffen an. Das, was er da gehört hatte, war tief und unverlöschlich in seine Seele gedrungen. Der Verachtete und überall vertriebene Spieler hatte doch absolut keinen Grund gehabt, irgend etwas für einen Mann des Gesetzes zu tun.

      Und wie hatte er sein Leben in die Schanze geschlagen! Fraglos und ohne die geringste Chance, einen Gegenwert dafür zu bekommen. Und wieder hing das Damokles-Schwert über ihm. Wieder wollte man ihn aus der Stadt vertreiben.

      Aber wie hätte der Marshal ihm helfen sollen? Er war ein Outlaw, dieser John Holliday. Ein Mann, der sich den Teufel um Recht und Gesetz scherte. Er war kein Falschspieler und kein Bandit, sicher nicht, aber er war ein Abenteurer, ein Mensch, der nicht daran dachte, sich in das ohnehin so mühsam errichtete Ordnungsgefüge dieses Landes zu finden.

      Der Marshal nahm sein Bündel wieder auf.

      »Es ist ein Jammer um ihn, Mr. Earp«, sagte der Arzt gedankenverloren.

      Wyatt rieb sich mit dem Handrücken über das Kinn. »Sicher ist es das, Doc. Aber ich kann ihm nicht helfen. Er will sich auch gar nicht helfen lassen. Solche Menschen muß man ihren Weg zu Ende gehen lassen.«

      Während Wyatt zur Tür ging, wußte er, daß er nicht so dachte, wie er eben gesprochen hatte. Irgendwo in seinem Inneren hatte dieser John Holliday sich seit der Minute, da er sich unaufgefordert und mit einer wahren Todesverachtung in das Gefecht warf, einen Platz erobert. Hatte dem Marshal schon die Manier, in welcher der Spieler zu kämpfen verstand, imponiert, so hatten die Worte, die Holliday dem alten Doktor gesagt hatte, wahre Bleigewichte in das trotz aller äußeren Rauhheit so empfindliche Gemüt des Missouriers gesenkt.

      Unschlüssig stand der Marshal in der Tür. Dann wandte er sich um und reichte dem Arzt die Hand. »Vielen Dank, Doc Gilbert. Sie haben es gut gemeint. Und ich werde gern an Sie und Ihre liebe Frau zurückdenken. Aber jetzt muß ich weiter. Es sollte nicht sein, daß ich in Dodge lebe.«

      Im Flur verabschiedete er sich auch von der Frau.

      Als er neben dem greisen Arzt auf den Vorbau trat, sich den schweren Sattel über die Schulter schwang und die Straße hinunterblickte, sagte er leise: »Merkwürdig, als die Overland in die Frontstreet rollte, hatte ich das sichere Gefühl, daß ich hier bleiben würde…« Er schüttelte den Kopf, drückte dem bekümmerten Doktor noch einmal die Hand und schlenderte über den Vorbau auf den Mietstall zu.

      Als er den Long Branch Saloon hinter sich hatte, verlangsamte er plötzlich den Schritt, blieb dann stehen, wandte sich um und ging bis zu der Pendeltür zurück.

      Die blendende Helle der Straße warf ein diffuses Licht in den unbeleuchteten leeren Raum.

      Vorn an einem der mit grünem Tuch bespannten Tisches saß Doc Holliday. Er hatte den Kopf gesenkt, die breite Krempe seines grauen Hutes verdeckte sein Gesicht. Vor ihm stand ein halbvolles Whiskyglas und daneben lag ein Kartenspiel.

      Wyatt stieß mit dem Sattel die bastgeflochtene Pendeltür auseinander und ging langsam auf den Tisch des Spielers zu.

      »Hallo, Doc.«

      Holliday hob den Kopf. »Hallo, Marshal.«

      Wyatt blickte in das greisenhaft scheinende, kantige Gesicht des Mannes. Dann reichte er seine Rechte über den Tisch. »So long, Doc.«

      Holliday nahm die Hand, drückte sie kurz und kräftig und sagte mit belegter Stimme: »So long, Marshal.«

      Wyatt blieb noch einen Augenblick stehen.

      Ob auch er, der Spieler, etwas von jenem Funken gespürt hatte? Ob auch ihn ein Windhauch des gemeinsamen Schicksals, das vor ihnen lag, angeweht hatte?

      Der Missourier wandte sich um und verließ mit harten, sporenklirrenden Schritten den Saloon. Vor der Tür blieb er nicht stehen. Er blickte auch nicht nach rechts. Denn er wußte genau, daß er dann in die Augen des alten Joe Gilbert gesehen hätte, der immer noch vor seiner Haustür stand.

      Der hochbeinige Falbe wieherte freudig, als Wyatt ihn aus dem Stall auf den Hof führte und aufsattelte.

      Der Mietstallbesitzer, ein alter graubärtiger Mann, winkte ab, als Wyatt ihm das Futtergeld geben wollte. »Nichts da, Marshal. Sie haben mehr als genug für die Stadt getan…«

      Als der Reiter die Straße erreichte, sah er links auf den Stepwalks eine Frau stehen. Es war Jenny Hoover. Sie trug ein himmelblaues Kleid, das unterhalb des Gürtels in einer weiten Glocke bis über ihre blanken Schuhspitzen fiel.

      Wyatt hob die Hand zum Hut, als er an ihr vorüberritt.

      Und als er dann nach vorne blickte, stand mitten auf der Straße ein kleiner Junge. Er hatte flachsblondes struppiges Haar, das ihm weit über die Stirn fast bis in die Augen fiel. Zwischen vollen roten Wangen blickte eine winzige mit Sommersprossen bedeckte lustige Stupsnase hervor. In den blanken blauen Augen des Knaben stand ein seltsamer Ernst.

      Da der Junge keine Anstalten machte, aus dem Wege zu gehen, nahm Wyatt mit der Rechten die Zügelleine hoch und hielt den Falben an. Er beugte sich über das Sattelhorn und blickte in die runden Kinderaugen.

      »Na, kleiner Mann?«

      Der Junge wischte sich mit dem Jackenärmel über die Nase. »Du bist Wyatt Earp, nicht wahr?«

      Der Marshal nickte lächelnd.

      Und dann sagte der kleine Kerl etwas, das dem großen Mann den Atem verschlug. »Ich kenne dich schon lange. Aussehen tust du ja, wie ich gedacht habe. Und schießen tust du noch besser. Aber sonst bist du ganz anders. Wenn du nämlich so wärst, wie ich dich mir vorgestellt habe, wärest du viel freundlicher und würdest jetzt nicht aus der Stadt reiten.«

      Wyatt zog die Augenbrauen hoch.

      »Ja«, sagte der Kleine. »Old Bully meint das auch!«

      Nachdem Wyatt das geschluckt hatte, fragte er: »Und wer ist Old Bully?«

      »Mein Großvater. Er hat draußen am Rande der Stadt eine Farm.«

      »Aha. Und wer bist du?«

      »Ich bin Franky.«

      »Ein schöner Name.«

      »Findest du?« Der Kleine machte eine nutzlose Bemühung, das strähnige Blondhaar aus der Stirn zu streichen, und meinte dann: »Ich hab’ noch einen Namen, den hab’ ich von meinem toten Vater geerbt. Ich heiße Franky Rood. Mein Vater ist im Krieg gefallen. Und Mama war deshalb so traurig, daß sie auch gestorben ist. Deshalb muß sich Old Bully mit mir herumärgern. – Du hast ein schönes Pferd. Es ist noch ziemlich jung, nicht wahr?«

      »Ja, noch sehr jung.«

      »Ist es schnell?«


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