Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.
bemerkte er, daß der Georgier verschwunden war. Er blieb stehen und sah sich um.
Da von dem Spieler nichts zu sehen war, nahm er die beiden Hengste mit und brachte sie zusammen mit dem Pferd des Mexikaners in den Stall des Sheriffs.
Bitters schloß die Stalltür und löschte die kleine Laterne.
»Und wo geht es jetzt hin?«
»Sie können hierbleiben, Sheriff. Ich gehe hinüber ins Hotel.«
»Hierbleiben? Sie haben Humor. Glauben Sie, Jeff Bitters würde schlafen, wenn Wyatt Earp kämpft? Nein, Marshal, ich habe jahrelang darauf gewartet, Ihnen einmal zu begegnen, und jetzt stehen Sie im Kampf gegen die Graugesichter. Glauben Sie etwa, daß ich die Gelegenheit, Ihnen beizustehen, vorüberlassen würde?«
Wyatt wußte nicht, wie er das ungute Gefühl in seiner Brust deuten sollte, als der kleine wackere Sheriff mit ihm hinaus auf die Straße ging.
Sie gingen auf das Hotel zu.
Es war ein ziemlich großer zweigeschossiger Holzbau mit einer pompösen, hellgestrichenen Fassade.
Wyatt öffnete die Tür zur Halle und trat an die Rezeption.
Der Sheriff deutete mit dem Kopf auf ihn und erklärte dem Mann hinter dem Pult: »Das ist Wyatt Earp. Ich weiß zwar nicht, was er hier will, aber tun Sie, was er sagt.«
Der Mann schluckte, schob sich seine dickglasige Brille zurecht, nickte und sah den Marshal fragend an.
»Kann ich das Gästebuch sehen?«
»Natürlich, Marshal.« Es zuckte in dem Gesicht des Mannes auf, als er mit dem rechten Arm unter den Rezeptionstisch griff.
Da schnellte die Linke des Marshals vor und umspannte seinen Unterarm. Er riß die Hand hoch – und Bitters, der die Szene verblüfft beobachtet hatte, sah, daß der Brillenmensch einen vierschüssigen Cloverleaf in der Rechten hielt.
»Synders!« kläffte Bitters, »sind Sie wahnsinnig geworden!«
Theodore Synders schien regelrecht in sich zusammengefallen zu sein. Jede Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Er ließ den Kopf hängen. Die Brille rutschte ihm aus dem Gesicht und zerschlug am Boden.
»Synders!« fauchte der Sheriff, rannte um das kleine Pult herum und packte ihn am rechten Arm. »Was soll das bedeuten? Ich verlange eine Erklärung!«
Synders antwortete nicht.
»Geben Sie sich keine Mühe mit ihm«, meinte der Marshal, »ich weiß schon Bescheid.«
Der Sheriff blickte den Missourier verständnislos an.
»Sie wissen Bescheid, aber ich nicht.«
»Vielleicht ist es auch nicht nötig. Tun Sie mir einen Gefallen und bringen Sie den Mann hinüber ins Jail.«
»Los, Synders, kommen Sie.«
Wyatt nahm das Gästebuch vom Bord, wo er es sofort entdeckt hatte – denn nur deshalb war ihm der Griff unter den Rezeptionstisch verdächtig vorgekommen – und schlug es auf.
Heute hatte sich kein neuer Gast eingetragen. Gestern zwei und vorgestern auch zwei Leute. Wyatt blickte die Namen durch.
Aber Namen sind Schall und Rauch. Er hatte auch gar nicht ernsthaft damit gerechnet, daß ihm das Gästebuch Aufschluß darüber geben könnte, ob hier vielleicht der Boß der Graugesichter abgestiegen war.
Kannte er den Mann doch gar nicht!
Wußte er doch immer noch nicht, wie er hieß, wie er aussah, wo er herkam!
Er preßte die Lippen aufeinander und ging mit weiten Schritten auf die Treppe zu, die ins Obergeschoß führte.
In diesem Augenblick fiel draußen auf der Straße ein Revolverschuß.
Wyatt wandte sich sofort um und tigerte auf den Eingang zu, stieß ihn auf und sah mitten auf der Straße einen Mann liegen. Ein zweiter flüchtete drüben auf eine Häuserlücke zu.
»Stehenbleiben!« brüllte der Marshal.
Aber der Mann hetzte weiter.
Da jagte ihm der Marshal eine Kugel nach.
Sie traf den Flüchtenden ins linke Bein und ließ ihn zusammenknicken.
Wyatt ging auf ihn zu und schleppte ihn zurück.
Der Mann, der auf der Straßenmitte lag, war der kleine Sheriff Jeff Bitters. Reglos lag er mit dem Gesicht im Staub der Mainstreet.
Und niedergeschossen hatte ihn anscheinend der zweiunddreißigjährige Hotelangestellte Theodore Synders.
Der Marshal hatte ihn entwaffnet und spannte seine Linke um das Gelenk des Outlaws.
Dann waren von der Gassenmündung her rasche Schritte zu hören.
Wyatt zog mit der Rechten den anderen Revolver aus dem Halfter, ließ die Waffe aber sofort wieder zurückgleiten. Denn der Mann, der da herankam, war Doc Holliday.
Er wechselte einen kurzen Blick mit dem Marshal, sah Synders an und ließ sich dann neben dem Sheriff nieder, wandte ihn auf den Rücken und horchte an seiner Brust.
Als er sich wieder aufrichtete, sagte er leise: »Er ist tot.«
Synders Kopf fiel auf die Brust herunter.
»Nein«, keuchte er, »das ist nicht meine Schuld! Lieber Gott, das nicht!« Der kräftige Mann war dem Weinen nahe.
Wyatt packte ihn und führte ihn zum Jail hinüber, stieß ihn in eine Zelle und warf die Gittertür zu.
»Du mußt dich eine Weile gedulden, bis der Doktor kommt und nach deinem Bein sieht, Bandit.«
Der Mann humpelte auf die Gitter zu, spannte beide Fäuste um die Stäbe und keuchte: »Mr. Earp, ich gehöre ja gar nicht dazu. Ich bin nur getrieben worden. Verstehen Sie mich doch, ich bin doch kein Mörder!«
Wyatt, der das Licht in der linken Hand hatte, blickte ihn eiskalt an.
»Du wirst hängen, Bandit. Du bist ein Sheriffsmörder!«
»Aber ich habe doch gar nicht… Ich war es gar nicht…« Wyatt kehrte ihm den Rücken zu und verließ das Office.
Als er auf die Straße hinaustrat, kam ihm Doc Holliday entgegen und hielt ihm einen Derringer hin.
»Ist das die Kanone, die Sie ihm abgenommen haben?«
»Drinnen habe ich ihm einen Cloverleaf weggenommen. Und dieses Eisen da verlor er jetzt auf der Flucht.«
»Soll er damit den Sheriff erschossen haben?«
»Ja, eine dritte Waffe hat er nicht.«
»Hier«, sagte Holliday.
Der Marshal hielt die Hand auf.
Holliday öffnete die Läufe der kleinen Waffe. Zwei Patronen fielen in die Hand des Marshals.
Wyatt Earp blickte verblüfft auf die Geschosse.
»Dann hat er gar nicht geschossen! Er ist doch nicht der Mörder!«
Holliday schüttelte den Kopf und blickte zur Front des Hotels hinauf. »Nein, er nicht.«
Drüben schleppten zwei Männer den leblosen Körper des tapferen kleinen Sheriffs fort.
Wyatt blickte ihnen nach. Hatte er sich auch in der Person des Mörders geirrt, insofern hatte seine Ahnung ihn also auch diesmal nicht getrogen: Da hatte der kleine Bitters seinen Mut mit dem Leben bezahlen müssen. Der erste Sheriff seit langer Zeit, der ihnen beigestanden hatte. Und wieder wehte den Missourier der Atem des Schicksals an. Der Vorfall hatte ihm gezeigt, wie nahe auch er selbst immer am Tod vorüberschritt.
»Ich habe das Gefühl, daß es hier eine ziemlich lebhafte Stadt ist«, meinte Doc Holliday und sah sich in der Straße um. Seine Augen suchten den Spielsaloon. »Schade, ich dachte, ich könnte da unten ein paar