Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.
hat er den größten Coup gelandet, den je ein Bandenführer im Westen gelandet hat…«
Cochise nickte.
»Ja, das ist anzunehmen. Ich habe noch in der Nacht von einem meiner Späher davon erfahren. Ich war unten bei Avaco, um einen sterbenden Freund zu besuchen.«
Wyatt blickte den Indianerhäuptling versonnen an.
»Weiß Cochise, wohin sich die Graugesichter gewandt haben?«
»Ja, sie sind nach Süden geritten.«
»Und ihre Zahl? Kennt er auch die?«
»Ja, es waren fünf Männer.«
»Jetzt wüßte ich noch gern, ob auch Jallinco bei ihnen war.«
Der Indianer sagte ohne jede Bewegung: »Wenn Wyatt Earp den Mexico Man meint, so kann ich ihm sagen, daß er nicht dabei war.«
Der Marshal war verblüfft über die Antwort des Indianers. Er hatte die Frage eigentlich gar nicht an ihn gerichtet, sondern mehr sich selbst gestellt.
»Cochise kennt den Mexikaner?«
»Ja, ich kenne Gipsy Jallinco. Er hat sich vor mehreren Wintern an der Grenze Mexikos herumgetrieben. Grenzgelder einkassiert und ganze Wagenzüge überfallen. Nein, er war nicht bei den fünf Männern.«
»Er ist gestern abend hier in Red Rock gewesen«, erklärte der Marshal.
»Dann habe ich ihn heute im Morgengrauen gesehen. Er ritt auf einem hellen Pferd und hielt scharf nach Süden zu.«
Die beiden Dodger waren wie elektrisiert.
»Kann sich Cochise daran erinnern, wie weit es von der Stadt entfernt war?«
»Ja, es war ungefähr die Strecke, die die weißen Männer achtzehn Meilen nennen.«
Cochise streckte dem Marshal die Hand zum Abschied entgegen.
»Mein kranker Bruder wartet auf mich. Als mir mein Späher sagte, daß der Sheriff Earp gestern in Marana gewesen sei, entschloß ich mich, in diese Stadt zu reiten, um ihm von dem Überfall in Marana zu berichten.«
»Ich danke dem großen Häuptling der Apachen und hoffe, daß auch ich ihm einmal einen Dienst erweisen kann.«
Ein feines Lächeln spielte in den Augenwinkeln des Indianerfürsten. »Wyatt Earp hat mir schon mehr als einen Gefallen erwiesen.«
Nach diesen Worten wandte er sich um, ging auf sein Pferd zu, stieg auf und ritt im gestreckten Galopp zurück.
Doc Holliday schüttelte den Kopf.
»Das ist der eigenartigste Mann, der mir je über den Weg gekommen ist.«
Der Missourier nickte.
»Ganz sicher ist er ein sonderbarer Mensch. Aber auch ein großer Mann, und ein guter Mann.«
»Da war doch einmal ein General«, fand der Georgier, »der behauptete, daß nur ein toter Indianer ein guter Indianer sei. Auf Cochise trifft diese Behauptung jedenfalls ganz und gar nicht zu…«
Eine Viertelstunde später stellte Wyatt Earp fest, daß Jallincos Pferd aus dem Stall des Sheriffs gestohlen worden war!
Sofort verließen die beiden Dodger Red Rock und ritten nach Süden. Die große Fahrtstraße hinunter nach Tucson hatten sie westlich liegen lassen und folgten jetzt einem schmalen Weg, der nur wenig benutzt wurde und daher vom Flugsand er Savanne fast völlig bedeckt war.
Nur eine einzige Spur erkannten sie. Es war die Fährte eines huflosen Pferdes. Der Marshal deutete auf die Spur und meinte: »Hier ist Cochise geritten.«
Und nach einer halben Stunde hielt er seinen Falbhengst an und blinzelte in die Ferne.
»Da drüben läuft eine Fährte, die auch noch nicht sehr alt ist. Warten Sie, ich werde sie mir ansehen.«
Während der Georgier langsam weiterritt, sprengte der Marshal in östlicher Richtung davon, bis er den schmalen dunklen Streifen im Sand erreicht hatte, der sich in südlicher Richtung durch die Prärie zog.
Es war die Fährte eines einzelnen Reiters.
Wyatt stieg ab und kniete an der Erde nieder. Aufmerksam beobachtete er die Hufspur.
Das Pferd hatte einen ungleichmäßigen Tritt.
Jallinco mußte es sich in Red Rock beschafft haben. Der linke Hinterhuf wurde nach außen gesetzt.
Ein verräterisches Zeichen!
Er winkte dem Georgier, und gemeinsam folgten sie der Spur.
Es war am späten Nachmittag, als die Fährte aus der Ebene eine Hügelkette hinanstieg.
Der Marshal hielt seinen Falben wieder an.
»Den Gefallen können wir ihm nicht tun.«
Der Georgier blinzelte zu dem Kamm der Hügel hinauf.
»Nein. Also? Sie rechts, und ich links?«
Der Missourier nickte.
Sie nahmen die Zügelleinen hoch und trennten sich.
Während der Marshal nach Osten ritt, sprengte der Georgier hinüber nach Westen, um nach einer Dreiviertelmeile einen Halbkreis nach Süden zu beschreiben.
Der Marshal hielt den Kurs nach Osten und wandte sich dann ebenfalls in südlicher Richtung.
Doc Holliday hatte die Fährte gefunden.
»Sie läuft da drüben durch die Kakteenfelder. Er hat sich keine Minute aufgehalten und schien es sogar sehr eilig gehabt zu haben, denn die Hufeindrücke sind hier nur halb und flüchtig.«
Da das Gelände jetzt unübersichtlich war, beschloß der Marshal, doch nicht direkt auf der Fährte zu reiten.
Sie hielten sich, der eine links, der andere rechts, vierzig, fünfzig Yard von der Spur entfernt und ritten weiter nach Süden.
Kurz vor sechs Uhr tauchten in der Ferne in einer Talmulde die Bauten einer großen Ranch auf. Die beiden Dodger hielten ihre Pferde an.
Der Georgier wandte den Kopf und blickte auf das kantige Profil des Marshals, das jetzt Unmut widerspiegelte.
»Glauben Sie, daß er da Quartier gemacht hat?« forschte der Gambler.
Wyatt nahm seine lederne Zigarrentasche hervor, die er noch vom Vater hatte, schob sich eine Zigarre zwischen die Zähne und zündete sie an.
»Die Geschichte gefällt mir nicht«, sagte er, während er die Ranch fixierte.
»Eben.« Doc Holliday stützte sich mit beiden Händen auf sein Sattelhorn und starrte ebenfalls auf die Ranch. »Was mir insbesondere nicht gefällt, ist die Tatsache, daß der Halunke genau auf die Ranch zugeritten ist. Er scheint sie also zu kennen. Vielleicht sind es Freunde von ihm, die da leben.«
»Leider ist das nicht ausgeschlossen.«
»Vielleicht wäre es am besten, ich ritte in einem Bogen um die Ranch herum, um festzustellen, ob er weitergeritten ist.«
»Ja, aber bis dahin ist es dunkel geworden.«
»Das wäre vielleicht nicht das schlechteste. Im hellen Tageslicht können wir sowieso nicht auf die Ranch reiten.«
Der Marshal schüttelte den Kopf. »Nein, wir werden es uns einfacher machen. Wir warten, bis es dunkel geworden ist, und dann reitet einer von uns auf den Hof, während der andere ihn sichert.«
»Auch das ist ziemlich riskant.«
»Ja, riskant ist es auf jeden Fall, was wir auch unternehmen.«
»Wir haben natürlich noch die Möglichkeit, bis morgen früh zu warten und dann um die Ranch herumzureiten. Finden wir seine Spur, dann wissen wir, daß er weitergeritten ist.«
»Ja, aber wenn dem so ist, dann hat er vierundzwanzig Stunden Vorsprung.