Palle. Oskar Meding

Palle - Oskar Meding


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      Das Mahl war nach der in dem Hause der Medici herrschenden Sitte einfacher, als es der reiche Tafelschmuck hätte erwarten lassen. Die wenigen Gänge bestanden aus Wild und Geflügel, feinem Gemüse und ausgesuchten Früchten, aber alles zeigte die Meisterschaft der damaligen Kochkunst und die edlen Weine von Griechenland, Italien und Burgund waren tadellos, so daß der Kardinal Napoleone, trotz seiner feinen und verwöhnten Zunge, nichts auszusetzen fand und durch seine vortreffliche Laune und sprudelnde Unterhaltung immer mehr dazu beitrug, die allgemeine Heiterkeit zu erhöhen.

      Der Glücklichste in dieser ganzen Tischgesellschaft war aber doch Cosimo Rucellai und er hätte des in den Krystallkelchen funkelnden edlen Rebensaftes nicht bedurft, um sein Blut feuriger durch die Adern wallen zu lassen.

      Er war in ein eifriges Gespräch mit Giovanna vertieft. Unter all den fröhlichen Stimmen hätte niemand hören können, was beide miteinander sprachen, wenn auch ihre Unterhaltung nicht im halbem Flüsterton geführt worden wäre, aber sie mußten sich wohl lauter gute und fröhliche Dinge sagen, denn Giovannas Augen leuchteten oft so hell unter den Seidenwimpern hervor und ihre Wangen erröteten in lieblich glücklicher Verwirrung, wenn er nahe zu ihr hingebeugt feurig und lebhaft sprach. Und wenn sie dann halb scheu, halb schalkhaft, kaum die Lippen bewegend, eine Antwort flüsterte, dann blitzten seine Augen flammend auf, und er leerte seinen Kelch, als ob er irgend ein großes Glück feiern wolle.

      Der Kardinal Napoleone blickte oft mit seinem Lächeln zu den beiden hinüber, und wenn er dann an Cosimo oder Giovanna über die Tafel hin ein Scherzwort richtete, so schien er seine besondere Freude daran zu haben, daß sie wie aus einem Traum aufgeschreckt emporblickten und nur eine verlegene und oft kaum passende Antwort fanden.

      Als die Tafel aufgehoben war, verabschiedete sich der Kardinal zuerst, er flüsterte Giovanna beim Abschiede einige leise Worte zu, unter denen das schöne Mädchen hoch errötete und sagte zu Cosimo, der ihn bis zu seiner unter dem Portal wartenden Sänfte begleitete:

      »Ich wünsche Euch Glück, mein junger Freund, zu dem heutigen Tage!«

      »Glück« erwiderte Cosimo erstaunt, »und wozu, wenn ich Eure Eminenz fragen darf?«

      »Das müßt Ihr besser wissen,« sagte der Kardinal lachend, »ich verstehe mich auf die Physiognomik und sehe Euch wohl an, daß Euch heute ein großes Glück wiederfahren ist. In den Geheimnissen des Herzens vermag ich freilich nicht zu lesen und bin auch nicht neugierig und indiscret, aber ich rate Euch, das Glück, das sich heut Euch zugeneigt, fest zu halten und die Blüten zu pflegen, die es in Eure Hand gelegt, denn Fortuna ist launisch und lächelt nur dem kühnen Mut, besonders, wenn sie im Bunde steht mit dem tückischen und unbeständigen Sohn der Aphrodite.«

      Er grüßte noch einmal mit der Hand aus der Sänfte, welche die Träger in Bewegung setzten und Cosimo stieg schnell an den übrigen dem Kardinal folgenden Gästen vorbei die Treppe, hinauf um die Markgräfin und ihre Tochter noch nach ihren Zimmern in dem oberen Stockwerk zu begleiten.

      Als er durch einen warmen Händedruck Giovannas beglückt in das Wohnzimmer zurückkehrte, fand er Tornabuoni allein.

      »Halte Dich bereit, Cosimo« sagte dieser, der ernst und nachdenklich in seinem Lehnstuhl saß, »morgen und übermorgen nach Florenz zu reisen, es gilt einen wichtigen und eiligen Brief an Lorenzo zu bringen, den ich Dir anvertrauen will, ich werde Dir den Inhalt desselben mitteilen und Dir noch mündliche Aufträge mitgeben, die Sache ist wichtig und eilig, ich möchte sie keinem fremden Boten übertragen und Du sollst so schnell als möglich mit Lorenzos Antwort zurückkehren.«

      Cosimo hätte wohl durch diesen Vertrauensauftrag seines sonst so vorsichtigen und zurückhaltenden Oheims hoch erfreut sein sollen, aber er schien fast bestürzt und blickte zögernd zu Boden.

      »Scheust Du die Reise?« fragte Tornabuoni erstaunt und vorwurfsvoll, »sie ist freilich etwas beschwerlich in dieser Jahreszeit, aber in Deinem Alter darf man solche Schwierigkeiten nicht kennen.«

      Noch stand Cosimo schweigend da, er gedachte der Worte des Kardinals und seine Befangenheit verschwand schnell vordem in seiner Brust aufflammenden mutigen Entschluß.

      »O es ist nicht das, mein Oheim« sagte er frei aufblickend, »nur heute, gerade heute berührt es mich schmerzlich, mich von hier entfernen zu sollen, denn heute ist mir eine Hoffnung aufgegangen, welche das Glück meines ganzen Leben in sich schließt. Ich liebe« fuhr er, Tornabuonis fragenden Blick beantwortend, schnell fort, indem seine Wangen erglühten und seine Blicke feuriger strahlten, »ich liebe zum erstenmal und wie ich gewiß weiß, zum einzigen Mal in meinem Leben, und von Dir wollte ich Fürsprache und Beistand für meine Liebe erbitten.«

      »Du liebst und wen?« fragte Tornabuoni lächelnd, »so viel ich weiß, bist Du seit kurzem erst hier und hast wenig Damen gesehen, wenn nicht –«

      »Ich habe nur eine gesehen« rief Cosimo, »Giovanna Malaspina, und nie wird ein anderes Bild in meinem Herzen Platz finden.«

      »Und sie?« fragte Tornabuoni.

      »O« erwiderte Cosimo noch höher errötend, »kaum kann ich mein Glück fassen, sie erlaubt mir sie zu lieben und sie erwidert meine Liebe, ich darf es hoffen, ich weiß es seit heute – sie ist zwar eine vornehme Dame vom ersten Range, ihr Vater der Markgraf von Fosdinuovo ist stolz auf seinen Namen und sein Geschlecht und doch wage ich auf mein Glück zu hoffen, wenn Du, mein Oheim, für mich handeln und sprechen willst.«

      »Warum sollte ich es nicht?« sagte Tornabuoni, »wohl sind wir keine Grafen und Fürsten, aber doch dürfen wir uns den Ersten gleich stellen in Italien und wenn die stolzen Orsini nicht gezögert haben sich mit unsern Vettern, den Medici, zu verschwägern, dann darf sich wohl ein Rucellai nicht scheuen, um die Marchesina Malaspina zu werben.«

      »Auch der Kardinal Napoleone« sagte Cosimo, »hat mir Hoffnung gemacht durch einige scherzende Worte, die ich nicht mißverstehen konnte, sein scharfer Blick, der alles durchdringt, muß in meinem Herzen gelesen haben, aber Du begreifst es, mein Oheim, daß es mir weh thut, gerade jetzt Rom zu verlassen, so freudig ich auch stets bereit bin, meine Pflicht zu erfüllen.«

      »Nun« erwiderte Tornabuoni, »Du kannst ruhig abreisen, ein warmes Abschiedswort Giovannas wird Dich ja begleiten und hier soll Deine Sache in guten Händen bleiben, das verspreche ich Dir. Ist doch auch für Deine Herzensangelegenheit Deine Reise nützlich – sprich mit Lorenzo – den wir ja doch alle als unser Haupt betrachten müssen, wenn er zustimmt, so steht Deinem Glück nichts im Wege, und fast glaube ich, daß die Neigung Deines Herzens bei ihm keinen Widerspruch finden wird. Hat er doch selbst für die Markgräfin die Gastfreundschaft meines Hauses gewünscht und ist doch Gabriel Malaspina, Giovannas Vater, einer unserer besten Freunde. Halte Dich also bereit – morgen werde ich Dir Deinen Brief übergeben und Dir Deinen mündlichen Auftrag erteilen, den Du Dir wohl einzuschärfen hast.«

      »Dank, Dank, mein Oheim«, rief Cosimo, »dann reise ich freudig und müßte mein Weg auch über die Alpen führen! Nehme ich doch die Hoffnung mit, die Bürgschaft des herrlichsten Glücks für mein ganzes Leben zurück zu bringen.

      Er umarmte Tornabuoni stürmisch und als er in seine Wohnung zurückgekehrt war, zog er Giovannas Rose aus seinem Wams, stellte sie in ein Kelchglas mit frischem Wasser und bedeckte die zarte Blüte mit zärtlichen Küssen.

      II.

      Francesco de Pazzi war, von seinen Fackelträgern begleitet, davon gestürmt, die frische, etwas rauhe Luft vermochte es nicht, seine heiße Stirn zu kühlen und in schweren Atemzügen arbeitete seine Brust.

      »Ha,« sprach er vor sich hin, nur mühsam einen lauten Ausbruch vor den Lakaien zurückhaltend, »dieser elende Bube, kaum der Kinderstube entwachsen, wagt es, sich mir entgegenzustellen und diese Giovanna, von der Natur mit allem Reiz geschmückt, der aus den Blüten


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