Palle. Oskar Meding

Palle - Oskar Meding


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giebt sie die Rose, die ich ihr bot, die ihr ein Zeichen meiner Liebe sein sollte! O, wenn es nicht so lächerlich wäre, mit diesem Cosimino, wie sie ihn nennen, in die Schranken zu treten, so sollte mein Degen sein girrendes Herz durchbohren! Alles, was mit diesen aus dem Staube aufgewachsenen Medici zusammenhängt, wird zum Fluch für uns und für alle alten Geschlechter von Florenz, die das ritterliche Schwert führten, ehe noch die Medici aus ihrem Kramladen hervorgetreten waren! – Vom Pöbel sind sie emporgetragen zur Macht über uns alle, und nun wagt dieser Rucellai gar, mir meine Liebe zu stehlen!«

      Er spannte die Hand um den Griff seines Dolches und schritt so schnell vorwärts, daß die Fackelträger ihm kaum zu folgen vermochten.

      Er ging über die Brücke, wendete sich vor dem Castell San Angelo links und kam bald zu dem am Ausgange der Via de Longara in der Nähe von St. Peter liegenden Palast des Grafen Girolamo Riario, einem villenartigen Gebäude, hinter dem sich ein großer Garten nach dem Tiber hin ausdehnte.

      Der Vorhof und die Fenster des Palastes waren hell erleuchtet, in dem Vestibül standen zahlreiche Diener und führten Francesco sogleich über die Marmortreppe zu der nach dem Garten hin gelegenen Wohnung des Grafen. Alles war hier mit höchster Pracht und verschwenderischer Üppigkeit ausgestattet, es fehlte die edle Einfachheit, welche in Tornabuonis Wohnung herrschte, wenn auch überall ein seiner Geschmack und ein harmonischer Schönheitssinn zu erkennen waren, wie das zu jener Zeit in Rom nicht anders sein konnte, wo die Kunst auch das häusliche Leben und die Wohnstätten der vornehmen Welt so sehr erfüllte, daß der Glanz des Reichtums und des Luxus sich kaum in geschmackloser Weise geltend machen konnte. Bilder der ersten Meister schmückten die Wände und auch die goldschimmernden Rahmen waren Kunstwerke in ihrer Art. In verschwenderischer Fülle strahlten die Wachskerzen von den Kronleuchtern und Girandolen ihr Licht aus, feine orientalische Wohlgerüche durchdufteten alle Räume.

      In dem kleinen Speisesaal des Grafen saßen mit diesem noch zwei Personen auf kunstvoll geschnitzten und reich vergoldeten Lehnsesseln an dem runden Tisch.

      Die Abendmahlzeit war beendet und abgetragen, in großen goldenen Körben ständen auf dem schneeigen Tafeltuch die seltensten Früchte und die verschiedenen Konfekte, welche die Kochkunst jener Zeit in so großer Vollkommenheit herzustellen verstand, in geschliffenen Krystallkaraffen funkelten die goldgelben und purpurroten Weine der berühmtesten Reben Italiens und vor den drei Herren standen hohe Kelche mit dem Wappen des Grafen geschliffen.

      Der eine der Gäste war der Erzbischof von Pisa, Francesco Salviati, ein schlank gewachsener Mann von etwa fünfunddreißig Jahren mit einem feinen bleichen Gesicht, das mit seinem kleinen unter dunklen scharf gezeichneten Brauen hervorblitzenden Augen mehr listige Verschlagenheit als umfassendes und großes geistiges Leben ausdrückte; sein schwarzes Haar war glatt gescheitelt, das violette Gewand mit dem großen von Edelsteinen funkelnden Kreuz, das an einer goldenen Kette auf seiner Brust hing, sowie die feinen weißen Hände gaben ihm das außerordentlich elegante und vornehme Aussehen der hohen Prälaten jener Zeit, welche auf den Luxus ihrer Toilette fast ebenso viel Wert legten, als die Damen der so üppigen und prachtliebenden großen Welt.

      Neben ihm saß ein hochgewachsener Mann von athletischer Gestalt, der in seiner Kleidung und Haltung das unverkennbare Bild eines jener Soldaten vom Handwerk zeigte, welche nur vom Kriege lebten und ihre Dienste bald dem einen bald dem anderen Herrn gegen hohe Belohnung zur Verfügung stellten, um in den zahlreichen Fehden der großen und kleinen Staaten die Mannschaften anzuwerben und zu führen, die ihnen um so leichter und bereitwilliger zuströmten, je größer der Siegesruhm der Kondottiere war und je mehr dieselben Plünderung und reiche Beute in Aussicht stellten.

      Er trug ein anschließendes Wams von grauem Wollenstoff mit roter Seide besetzt; sein dunkelbraunes Haar war kurz und kraus gelockt und sein wettergebräuntes Gesicht, mit dem spitzgestutzten Bart, zeigte soldatische Entschlossenheit, dabei aber auch eine gewisse freundliche Gutmütigkeit; er trug einen großen Stoßdegen an einem Bandelier von starkem Leder, um dessen Griff er seine nervige Hand gespannt hielt.

      Der Graf Girolamo ging Francesco entgegen und führte ihn zu einem für ihn bereit stehenden Sessel.

      »Es ist schön von Euch, edler Francesco,« sagte er, »daß Ihr Euer Wort haltet, Ihr kommt früher noch, als ich Euch erwartet, aber gerade zu rechter Zeit, denn bei der Sache, die wir eben besprochen, sind Euere Meinung und Euer Rat von großem Wert. Erlaubt, daß ich Euch hier den tapferen Herrn Giovan Battista de Montesecco vorstelle, der seinen tapferen und berühmten Degen meiner Sache zur Verfügung gestellt hat und die Truppen befehligt, welche ich in der Romagna zusammenziehe, um dort für meine Besitzungen sichere Deckung zu schaffen.«

      Francesco begrüßte den ihm seit lange bekannten Erzbischof, der aus einer seinem Hause nahestehenden florentinischen Familie stammte, verbeugte sich mit etwas zurückhaltender Höflichkeit gegen Montesecco und erklärte mit freudiger Bereitwilligkeit, dem erlauchten Grafen in jeder Weise mit Rat und That dienstbar zu sein, wie es ja seine Pflicht und Schuldigkeit gegen den Neffen Seiner Heiligkeit des Papstes sei, »obgleich,« fügte er hinzu, »der heilige Vater, wie es scheint, das Haus Pazzi nicht mit besonders gnädigen Blicken ansieht, da er ja den Medici, die doch wahrlich nichts vor uns voraus haben, das Schatzmeisteramt verliehen hat.«

      »Das hat mein gnädigster Oheim gethan,« rief Graf Girolamo, »weil er voraussetzte, daß die Medici sich einer solchen Ehre würdig zeigen würden und weil er den Versicherungen der Ergebenheit Glauben schenkte, die Lorenzo ihm schriftlich und mündlich so oft wiederholte, aber leider hat der heilige Vater sich getäuscht und die Medici haben die Probe nicht bestanden.«

      »Und wie das?« fragte Francesco aufhorchend.

      »Könnt Ihr Euch denken, Signor Francesco,« rief Girolamo, »daß dieser doppelzüngige Tornabuoni mir erklärt hat, die Mediceische Bank sei außer stande, die dreißigtausend Goldgulden aufzubringen, welche der heilige Vater an Mailand als Kaufpreis für Imola zu zahlen hat, das mein gnadenreicher Oheim mir geschenkt, und ich bin doch gewiß, daß Lorenzo allein in seinen Gewölben mehr als diese Summe liegen hat.«

      Eine düstere Freude blitzte in Francescos Augen auf.

      »Das hätten die Medici gewagt?« fragte er, »und warum sind sie denn nicht, wenn ihre Mittel nicht ausreichen, zu anderen gekommen –«

      »Sie wollen das gethan haben,« fiel Girolamo ein, »aber weder die Altoviti noch die Chigi und die anderen großen Bankhäuser wären im stande gewesen, das Geschäft zu machen.«

      »Das ist nicht wahr,« rief Francesco, »und wenn jene Häuser selbst so sprachen, so ist es nur, um den Medici zu gefallen, zu denen sie ja wie zu ihrer Vorsehung aufblicken.«

      »So glaubt Ihr,« fragte Niario, »daß die Medici soweit ihre Pflichten verleugnen, um nicht nur selbst dem heiligen Vater diesen Dienst zu verweigern, sondern auch andere davon zurückzuhalten?«

      »Das glaube ich gewiß,« sagte Francesco, »denn der beste Beweis ist, daß sie bei mir nicht angefragt haben.«

      »Aber welchen Grund sollten sie dazu haben,« sagte der Erzbischof mit einem lauernden Blick, »ein solches Verhalten wäre ja eine Beleidigung des heiligen Vaters, ein Verrat an dem apostolischen Stuhl, dessen Schatzmeisteramt sie führen.«

      »Weshalb?« sagte Francesco, »das ist leicht beantwortet, hochwürdigster Herr. – Ist es nicht bekannt und aus allem ersichtlich, daß dieser Lorenzo ganz Italien nach seinem Willen beherrschen möchte, wie er seine eigene Vaterstadt unter eine unerträgliche Tyrannei gebeugt hat? Er will selbst den heiligen Vater die Abhängigkeit von seinem Willen fühlen lassen und ihm zeigen, daß er ohne Lorenzos Zustimmung nichts zu thun vermöge. Und gerade in dieser Angelegenheit ist der böse Wille Lorenzos um so deutlicher erkennbar, er wie sein ganzes Haus streben danach, die Romagna in den Besitz oder die vollständige Botmäßigkeit von Florenz zu bringen, das heißt also in den Besitz des Hauses Medici, das ja nur dahin arbeitet, ein großes toskanisches Herzogtum für sich durch die demokratische Tyrannei


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