Palle. Oskar Meding

Palle - Oskar Meding


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      »Auch damit bin ich einverstanden« sagte der Erzbischof, »ich werde mich bald nach Florenz begeben und Lorenzos heuchlerische Worte, die er für mich ohne Zweifel bereit hat, so erwidern, daß er selbst an eine aufrichtige Versöhnung glauben soll.«

      »Was mich betrifft, erlauchter Graf« sagte Montesecco, der sich nachdenklich seinen Bart gestrichen hatte, so stehe ich zu Euren Befehlen bereit, ich werde pünktlich auf den mir gesandten Befehl in Florenz einrücken, halte ich die Stadt einmal in meinen Händen, so soll der Teufel sie mir nicht mehr entreißen und mit den Pöbelhaufen werde ich fertig werden; an der That gegen die beiden Brüder Medici aber kann ich mich nicht beteiligen und ich freue mich, daß bei dem Plan, wie er jetzt vorliegt, daran auch nicht gedacht ist. Ich bin Soldat und thue meine Schuldigkeit, wie sie der Herr, dem ich meinen Degen zu Gebote gestellt, von mir verlangt – ich thue sie gern gegen aufrührerische Pöbelhaufen, wenn es gilt, das alte Recht der vornehmen, ritterlichen Geschlechter wieder herzustellen, mit denen ich in ihrer Abstammung und Gesinnung innerlich verwandt bin, aber zum Tode eines einzelnen wehrlosen Mannes würde ich niemals meinen Degen ziehen.«

      »Und wenn ein solcher Mann« fragte Girolamo, die Augenbraunen zusammenziehend, »von den besten seiner eigenen Mitbürger zum Todte verurteilt ist?«

      »Auch dann nicht« fiel der Capitano ein, »dann mögen sie sich ihren Henker suchen wo sie wollen, aber Giovan von Montesecco wird es nicht sein.«

      »Der Capitano hat Recht« sagte der Erzbischof schnell, ehe Girolamo ein heftiges Wort sprechen konnte, »die beiden Brüder zu beseitigen, das ist Sache der Florentiner selbst!«

      »Und Sie werden dafür sorgen, fiel Francesco lebhaft ein. Montesecco thut vollkommen genug, wenn er seiner Pflicht gemäß den Pöbel davon abhält, sich in die Ordnung der Regierung aufrührerisch zu mischen.

      »Nun noch eins, edle Herren« sagte Montesecco. »Alles was ich in der Sache thun kann, da ich nun einmal weiß wohin dieselbe geführt werden soll, kann ich selbst auf Befehl des erlauchten Grafen Riario nicht thun, wenn es nicht von Seiner Heiligkeit dem Papste genehmigt wird, ohne diese ausdrückliche Genehmigung kann und werde ich meinen Degen in dieser Angelegenheit nicht ziehen, selbst wenn auch der Graf Girolamo mir bei solcher Weigerung den Befehl seiner Truppen abnehmen sollte.«

      »Das wird nicht geschehen, tapferer Capitano« sagte der Erzbischof, »denn Ihr habt vollkommen Recht nichts zu thun in Dingen, die unserm Herrn, dem heiligen Vater, dem wir alle unterthan und zu Gehorsam verpflichtet sind, nicht angenehm sein möchten. – Ihr habt aber auch nicht zu sorgen, denn Seine Heiligkeit ist schwer erzürnt gegen Lorenzo, der ihm unter heuchlerischen Versicherungen überall den Gehorsam versagt und mit den Feinden des heiligen Stuhles Verschwörungen treibt. Seine Heiligkeit wird hoch erfreut sein, wenn die Tyrannei der Medici gestürzt wird und wird auch Dienste, die Ihr ihm bei solchen Unternehmungen geleistet, hoch anrechnen.«

      »Und ist das gewiß?« fragte Montesecco. »Hat Seine Heiligkeit Euch dessen versichert?«

      »Ganz gewiß« rief der Erzbischof, »er hat zu wiederholten Malen sich bitter über Lorenzo beklagt und nur schwer seinen Zorn überwunden, daß dieser es gewagt, mich von meinem Bischofsitz in Pisa auszuschließen.«

      Aber Montesecco schien durch diese Antwort nicht befriedigt.

      »Und würde« sagte er, »Seine Heiligkeit selbst die hohe Gnade haben, mir diese seine Willensmeinung kund zu thun und mir das Einrücken in Florenz, mit dem Seine Heiligkeit doch im Frieden lebt, zu befehlen? Verzeiht meine Frage, aber es gilt die heiligsten Pflichten, die ich auf Erden anerkenne und es würde mir nach meinem Gewissen unmöglich sein, ohne den persönlichen und bestimmten Befehl Seiner Heiligkeit in einer so wichtigen und verantwortungsvollen Sache zu handeln.«

      »Seine Heiligkeit lebt mit Florenz in Frieden« erwiderte der Erzbischof, »das ist richtig, aber es soll ja nichts gegen die Stadt Florenz unternommen werden, Eure Truppen sollen im Gegenteil nur die würdigsten Vertreter der Republik in ihrem angestammten alten Recht schützen und den aufrührerischen Pöbel zurückwerfen.«

      Girolamo hatte sich ungeduldig die Hände gerieben. »Ihr verlangt die Zustimmung und den persönlichen Befehl Seiner Heiligkeit unseres erhabenen Herrn« fiel er ein, »Ihr sollt diese Zustimmung und diesen Befehl haben, haltet Euch bereit vor Seiner Heiligkeit zu erscheinen, er wird Euch alle Zweifel nehmen.«

      »Ich habe keine Zweifel erlauchter Graf« sagte Montesecco, »sie würden dem Soldaten nicht anstehen, der nicht zu urteilen, sondern zu gehorchen hat, aber der Befehl muß von daher kommen, wohin das Recht dazu von Gott gegeben ist, damit der Soldat mit leichtem Gewissen und freudigem Mut seine Schuldigkeit thun kann.«

      »Nun das wird geschehen« rief Girolamo, seine Verstimmung über Monteseccos Bedenken unter der Miene freundlicher Herzlichkeit verbergend, »es soll nicht lange dauern, so sollt Ihr befriedigt sein und auch Ihr, edler Francesco Pazzi, haltet Euch bereit vor Seiner Heiligkeit zu erscheinen, ich glaube gewiß, daß der Papst, der so gerecht und dankbar ist, Euch in gnädiger Weise den Dienst vergelten wird, den Ihr ihm erwiesen und der von seinen Schatzmeistern, den Medici, unter leeren Vorwänden verweigert wurde.«

      Stolze, triumphirende Freude blitzte aus Francescos Augen, indem er sich tief verneigte.

      »Nun also« rief Girolamo, »sind wir verbunden zu edler, vaterländischer That, an einem jedem von uns ist es, nun das Seine zu dem Gelingen zu thun und das Geheimnis vor den Feinden bewahren. Laßt uns noch einmal trinken auf gutes Gelingen!«

      Er füllte die Becher. Alle leerten sie bis auf den Grund.

      Dann zog sich der Erzbischof in seine Wohnung, in Girolamos Palast, zurück.

      Auch Francesco verabschiedete sich und kehrte, von seinen Fackelträgern begleitet, nach seiner Wohnung zurück.

      Montesecco ging allein durch die dunkle Nacht nach der Osteria hin, in der er sein Quartier genommen.

      »Bei Gott« sagte er zum dunklen Himmel aufblickend, »ich würde tausendmal lieber gegen die Franzosen oder gegen den Teufel selbst ausrücken, als gegen eine unbefestigte Stadt, wie das schöne Florenz, um dort die Einen an die Stelle der Anderen zu setzen, von denen beide mir gleichgültig sind. Aber wenn der Graf Recht hat, wenn Seine Heiligkeit es mir befiehlt, so ist meine Pflicht als guter Italiener, als guter Edelmann und guter Christ zu gehorchen und meine Schuldigkeit zu thun – was daraus wird, kann mir gleichgültig sein, das wird Seine Heiligkeit am besten beurteilen. Was wir Soldaten thun, um mit unserem Degen das weltbeherrschende Gold zu gewinnen, das haben die großen Herren zu verantworten und wenn gar der heilige Vater die Verantwortung übernimmt, dann kann ich mich ja leichten Herzens des Lebens freuen, das mir eine so freundliche Blume hat erblühen lassen.

      Er hatte die Piazza del Popolo überschritten und wendete sich nach dem damals mit seiner heutigen Gestaltung und Ausschmückung nicht vergleichbaren Monte Pincio hin, an dessen Abhang sich eine unter hohen Baumkronen halbversteckte Osteria befand, welche zwar an einer Seite, des ziemlich lang ausgestreckten Gebäudes, eine Weinschenke hatte, die von den jungen Künstlern aus den Schulen der größeren Maler und auch von den vatikanischen Leibwachen zahlreich besucht wurde, aber auf dem anderen Flügel viele Zimmer enthielt, in denen Fremde mittlerer Stände, die in Rom keine Gastfreunde hatten, Aufnahme und Beköstigung fanden.

      Montesecco wandte sich diesem Flügel zu, ging durch einen von einer herabhängenden Lampe freundlich erleuchtenden Flur und öffnete eine der Thüren, welche zu den Gastzimmern führten.

      Er trat in einen einfachen aber sauber und behaglich eingerichteten Raum, an den sich ein zweites Zimmer anschloß.

      Auch hier hing eine Lampe von der Decke herab und beleuchtete ein eigentümlich malerisches Bild.

      Auf einem niedrigen Ruhebett, nach Art türkischer Divans, ruhte neben dem Kohlenbecken, das in der kühlen Jahreszeit


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