Palle. Oskar Meding
so daß, wenn Lorenzo zustimmt, mein Gemahl wohl auch Eurer Liebe nicht feindlich sein wird.«
»Dank, Dank, erlauchte Madonna –« rief Cosimo, indem er aufsprang und auch Giovanna zu ihrer Mutter hinzog, »Ihr hört es – könnt Ihr auch dem Bunde unserer Herzen Euern Segen heute nicht geben, so segnet wenigstens unsere Hoffnung, der Ihr ja Euern Schutz verheißen habt!«
»Ich werde Gott bitten,« sagte die Markgräfin, indem sie ihre Hand auf das Haupt Giovannas legte, die sich zu ihr herabbeugte, »daß er Eure Hoffnung erfüllen möge.«
»Und Gott wird Euer Gebet erhören,« rief Cosimo, »ist doch mein edler Vetter Lorenzo mir von Herzen zugeneigt und ein treuer Freund des Hauses Soderini wie des Euren. Nicht wahr, Giovanna, jetzt laßt Ihr mich freudigen und leichten Herzens fortgehen, ich gehe ja zu Lorenzo, der auch bei Euerm Vater für uns sprechen wird.«
Giovanna reichte ihm glücklich lächelnd die Hand und beide beugten noch einmal das Knie vor der Markgräfin, die mit liebevoller Herzlichkeit zu ihnen herabsah.
Dann begaben sich alle in Tornabuonis Wohnung zu dem gemeinsamen Abschiedsmahl.
Auch Madonna Magdalena mußte wohl etwas gehört oder bemerkt haben von dem, was zwischen, den beiden jungen Leuten vorgegangen, denn sie blickte sie lächelnd, fast neckend und doch mit weicher Rührung an, und obgleich man bei dem kurzen Mahl nur von ganz gleichgültigen Dingen sprach, so schien es doch niemand auffallend zu finden, daß Cosimo und Giovanna nur für einander Blicke hatten und daß sie sich oft mit leise flüsternden Worten die Hände drückten und einander zutranken, indem sie ihre Kelche so zärtlich und innig mit den Lippen berührten, als wollten sie in diese symbolische Begrüßung alle Glut eines heißen Liebeskusses hineinlegen.
Als Cosimo dann aufbrach und, nachdem er im Hofe zu Pferde gestiegen, mit seinem Gefolge an den Fenstern vorbeiritt, grüßten ihn noch einmal Giovannas Blicke, und füllten sich auch die Augen des schönen Mädchens, nachdem er an der Biegung des Weges verschwunden war, mit Thränen, so lächelte sie doch glücklich dabei, denn durch den Schmerz der Trennung hindurch leuchtete ihr ja die Hoffnung eines glückseligen Wiedersehens entgegen.
Als aber Tornabuoni in sein Arbeitszimmer zurückkehrte, fand er dort ein Schreiben des Kardinals Borromeo, in welchem ihm der Sekretär der päpstlichen Breven in kurzen und bestimmten Worten mitteilte, daß Seine Heiligkeit beschlossen habe, das Amt eines Schatzmeisters des apostolischen Stuhls dem Hause der Medici abzunehmen. Der Kardinal forderte daher den Vertreter der Mediceischen Bank auf, die Rechnungen abzuschließen und einzureichen.
Finsteren Blickes durchlas Tornabuoni das Schreiben noch einmal.
»Das ist der Rückschlag unserer Weigerung,« sagte er, »das Geschäft mit dem Grafen Girolamo abzuschließen; ich glaubte nicht, daß derselbe so schnell erfolgen würde; daß dies dennoch geschehen, beweist, daß der Zorn des Papstes hoch gestiegen sein muß, da er sich sonst nicht so schnell zu einer einschneidenden und verletzenden Maßregel verstanden haben würde. Doch vielleicht ist das nur eine Drohung, und wenn wir dennoch des Papstes Wunsch erfüllen, wird auch dieser Beschluß wieder aufgehoben. Jedenfalls ist es nötig, daß Lorenzo sofort Kenntnis erhält, um den ganzen Ernst der Lage zu begreifen.«
Er schrieb einen kurzen Brief und versiegelte denselben mit dem Schreiben des Kardinals zusammen. Dann ließ er einen seiner vertrauten Diener rufen, befahl demselben, sogleich ein schnelles Pferd zu satteln, um Cosimo nachzureiten und demselben das Schreiben zur Mitnahme nach Florenz zu überbringen.
Am Abend fand wie gewöhnlich der Empfang der Freunde und Bekannten des Hauses statt, es war fast dieselbe Gesellschaft wie am Abend vorher beisammen. Daß Cosimo Ruccellai plötzlich nach Florenz gereist war, erregte keine weitere Verwunderung, da bei den ausgedehnten Bankgeschäften des Hauses solche Sendungen ja öfter vorkamen. Peinlich betroffen aber wurde Tornabuoni, als der Kardinal Napoleone Orsini ihm sein Bedauern darüber aussprach, daß den Medici das Schatzmeisteramt abgenommen worden. Da man die Sache im Vatikan so öffentlich behandelte, so mußte sie kein bloßes Drohungsmittel sein, oder wenigstens mußte der Papst die Absicht haben, eine Demütigung der Medici durch die Bitte um ihre Wiedereinsetzung herbeizuführen.
»Hat Seine Heiligkeit einen anderen Schatzmeister ernannt?« fragte er den Kardinal.
»Davon habe ich nichts gehört,« erwiderte dieser, »an Euch wird es sein, dies zu verhindern, indem Ihr dem heiligen Vater keine Schwierigkeiten macht, die mehr für Euch als für ihn verhängnisvoll sein müssen.« Auch Acciaiuoli wußte bereits von der Entsetzung des Hauses Medici, aber er nahm die Sache leichter als Tornabuoni, denn bei aller diplomatischen Gewandtheit, die er besaß, wiederstrebte seiner feurigen und stolzen Natur doch jede Abhängigkeit von Rom.
»Ich hoffe,« sagte er, »daß nun gerade Lorenzo festhalten wird. Die Mediceische Bank kann auch ohne dieses oft lästige Ehrenamt bestehen, der Papst aber wird schwerlich einen Schatzmeister finden, der ihm Ersatz bietet, und wir müssen vor allem zeigen, daß wir wohl, wie ich es von Herzen wünsche, Freunde des heiligen Stuhls, aber nicht seine Vasallen sein sollen.«
Auch Francesco Pazzi erschien in dem kleinen Kreise, Er hatte von Cosimos Abreise gehört, und seine Leidenschaft wie sein Stolz trieben ihn an, seine Hoffnung in betreff Giovannas nicht aufzugeben, es mußte ihm, dem reiferen, trotz seiner Jugend hoch angesehenen Manne ja doch gelingen, den kaum dem Knabenalter entwachsenen Cosimo bei Giovanna auszustechen, wenn überhaupt das Herz der schönen Marchesina bereits sich dem verhaßten Nebenbuhler zugewendet hätte, woran er auch noch, die Hoffnung mit dem Wunsch verbindend, zweifelte; denn was er an dem gestrigen Abend gesehen zu haben glaubte, konnte ja auch ein einfaches Spiel des Zufalls oder der leichten Galanterie gewesen sein. Heute machte ihm niemand den Platz neben Giovanna streitig, und wie gestern es Cosimo gethan, wendete er sich in flüsterndem Gespräch zu ihr, während von verschiedenen Sängern ein vierstimmiges Lied vorgetragen wurde.
»Fast müßte ich Euch zürnen, edle Signora,« sagte er, »wenn es mir überhaupt möglich wäre, ein solches Gefühl gegen Euch zu hegen.«
»Mir zürnen,« fragte Giovanna, aus ihrem träumenden Sinnen auffahrend, »und warum – wüßte ich doch nicht, daß ich Euch gekränkt hätte, Signor Francesco?«
»Und nennt Ihr es keine Kränkung,« fragte Francesco, »wenn ich habe sehen müssen, daß Ihr eine Blume, die ich Euch gebracht, einem andern gegeben habt, einem anderen, den Ihr seit kürzerer Zeit kennt als mich und dem ich keine Berechtigung zu einem Vergleich mit mir zugestehen kann.«
Giovanna war erschrocken durch den feurigen, fast drohenden Ton seiner Worte.
Aber, schnell gefaßt, antwortete sie lachend:
»Ihr nehmt eine zufällige und gleichgültige Sache zu ernst, Signor Francesco. Ist eine Blume nicht geschaffen, um allen Freude zu bringen – warum sollte ich denn nicht eine von den herrlichen Rosenblüten, die Ihr mir geschenkt, dazu benutzen, einem anderen ebenfalls Teil an meiner Freude darüber zu gewähren, einem anderen, der mein Freund ist, wie der Eurige.«
»Weil,« erwiderte Francesco, noch leiser flüsternd, »jene Rosen nur für Euch bestimmt waren – weil sie Euch eine Botschaft sein sollten meiner tiefen Verehrung und Bewunderung, die ich nicht leicht irgend jemand gewähre und die ich noch keiner Dame, das schwöre ich, so wahr und innig geweiht habe, als Euch, edle Signora. Sprechen doch die Orientalen miteinander durch die Zeichen der Blumen, wenn sie sich die innigsten Geheimnisse ihrer Herzen mitteilen wollen, und eine Blume, die ein solches Geheimnis in sich birgt, sollte nur dem gehören, dem sie es verkündet, ebenso wie ein inniges und warmes Wort im Herzen bewahrt bleiben und nicht in die Winde hinausgerufen werden soll.«
Giovanna wendete sich schnell um und blickte erschrocken in seine flammenden Augen.
»Dann habt Ihr Unrecht gethan, Signor Francesco, jene Blumen mir zu geben,« sagte sie, »denn ich verstehe es nicht, deren Geheimnisse zu lesen und bin darum