Palle. Oskar Meding

Palle - Oskar Meding


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daß seine tyrannische Herrschaft gebrochen wurde durch starken Willen und festen Mut. Und doch führte Cäsar die siegreichen Adler auf seinen Feldzeichen, statt der Pillen und der Schröpfköpfe. Die Menge gehorcht den Mutigsten und Stolzesten und vergißt schnell ihre Idole des Augenblicks.« »Bei Gott, der hochwürdigste Erzbischof hat Recht!« rief Girolama. »Warum wird die Tyrannei dieser engherzigen und feigen Pillenritter geduldet – warum beugen sich die alten edlen Geschlechter in Florenz vor der Pillengesellschaft? Ein kräftiger Entschluß und Florenz ist befreit von seinen Zwingherren und Italien wird nicht mehr der Spielball eines verhängnisvollen Ehrgeizes sein, der selbst dem heiligen Stuhl zu trotzen sich nicht entblödet. Unter dem Volk schreien viele mit, die sich nichts dabei denken und die eben so laut und vielleicht noch lieber einem anderen, Würdigeren zujauchzen möchten.«

      »So ist es« sagte der Erzbischof, »aber« fügte er seufzend hinzu, »wo finden sich heut noch die mutigen Herzen, die es wagen möchten über den Tyrannen von Florenz das Urteil zu sprechen und zu vollstrecken wie es einst Brutus that über den Gebieter der Welt?«

      »Diese Herzen werden sich finden« rief Francesco, der sich in tiefem Sinnen in seinen Sessel zurücklehnte und dann schnell aufsprang – »sie sind da und bei Gott, ich selbst werde sie erwecken zu mutiger That, wenn es Euch ernst ist mit Eueren Worten edle Herren! Aber der Plan dazu muß wohl erwogen werden und vor allem muß das tiefste Geheimnis ihn umgeben, denn Lorenzos Ohr ist, dem des Dionycius gleich, auch dem leise geflüsterten Worten geöffnet!

      Er warf einen mißtrauischen Blick auf Montesecco, der die bisher immer lebhafter geführte Unterhaltung schweigend zugehört hatte.

      »Gewiß ist es mir ernst« rief Girolama, »wenn ich dem hochwürdigsten Erzbischof zustimme und gewiß bin ich bereit, wie er selbst annimmt, wichtigen und Gott wohlgefälligen Unternehmen mit voller Kraft mitzuwirken! – So lange die Medici ihre ehrgeizige Macht ausüben, wird mein Besitz an den Grenzen von Florenz nicht gesichert sein und das edle Florenz, diese Perle Italiens, wird immer ein Stein des Anstoßes für alle Patrioten bleiben, die sich unter des heiligen Vaters Führung zur Blüte und zur Macht des Vaterlandes zusammenschließen wollen. Und, edler Francesco, vor diesem Kriegsmann hier, dem braven Battista Montesecco, können wir ohne Scheu sprechen, er ist seiner Heiligkeit treu ergeben, sein Bruder ist Hauptmann der Wache des vatikanischen Palastes und er selbst hat oft schon die päpstlichen Truppen befehligt, wie er jetzt die meinigen führen soll – sprechen wir also ohne Scheu und geloben wir uns einander unbedingtes Stillschweigen zu dem wir auch alle anderen verpflichten wollen, die wir später noch für unsere Befreiungsthat gewinnen müssen.«

      »Gewiß edle Herren« sagte Montesecco, »könnt Ihr Euch auf mich verlassen, ich habe noch niemals ein Geheimnis verraten das man mir anvertraut und würde es gewiß am wenigstens thun, wenn es gilt, die Macht des heiligen Vaters zu befestigen und auszudehnen. Ich gelobe« sprach er mit erhobener Stimme die Finger seiner Rechten auf den Kreuzgriff seines Degens legend, »gegen niemand auf Erden ein Wort von all dem zu verraten, was ich von den edlen Herren hier gehört habe und noch hören werde. Aber Ihr Herren« fuhr er fort, während Girolamo ihm herzlich auf die Schulter klopfte – »bedenkt wohl was Ihr thun wollt und überlegt, daß es keine leichte That ist, die Ihr unternehmt. Florenz ist nicht eine Stadt wie eine andere, das Volk dort ist nicht feig und gleichgültig wie der Pöbel von Rom und wenn es zu grimmigem Zorn erwacht, ist es gefährlich wie der brüllende Löwe. – Ich bin wohl zuweilen dort gewesen, Lorenzo hat einen großen Anhang und einen gewaltigen Einfluß auf das Volk wie auch auf die vornehmeren Bürger, wenn der Plan mißlingt, so wäre es schlimmer als wenn er gar nicht gefaßt wäre, denn dann würde Lorenzo unumschränkter herrschen als vorher.«

      »Darum muß der Plan gelingen« rief Francesco, »diese Medici müssen fallen, für immer fallen, wenn jemals in Florenz Recht und Gesetz gelten soll. – Haben sie es doch im vorigen Jahre durchgesetzt, das alte Erbschaftsgesetz der Republik zu ändern, nur weil Lorenzo unserem Hause das reiche Erbe der florentinischen Linie der Familie Borromeo entziehen wollte. Solche Willkür darf nicht bestehen und ich kann versichern, daß sie von vielen bitter empfunden wird. Die beiden Medici, Lorenzo und Giuliano müssen verschwinden, vor ihren Leichen« sagte er mit grimmigem, bitterem Lachen, »wird das Palle Palle wohl verstummen und die vollendete That wird bald freudige Zustimmung finden. Die Salviati und die Pazzi allein haben Einfluß genug, um ihn bei festem Zusammenwirken auf die halbe Stadt geltend zu machen und sind die beiden Medici erst niedergeworfen für immer, so werden unsere Freunde das Wort führen und unsere Feinde verstummen. Aber zu aller Vorsicht muß man Truppen nahe an der Grenze bereit halten, die augenblicklich, wenn die That geschehen ist, in die Stadt einrücken, um jeden Widerstand, der sich zeigen könnte, niederzuwerfen.«

      »Dazu wird der tapfere Capitano bereit sein«, rief Girolamo, »er kann nach Belieben Truppen anwerben auf meine Rechnung und sie von meinen Besitzungen in der Romagna sehr nahe an die florentinische Grenze bringen, daß sie, wenn er von dem Augenblick der Ausführung benachrichtigt wird, unmittelbar gegenwärtig sind, um sogleich die öffentlichen Gebäude zu besetzen und die Straßen von jeder Volksbewegung frei zu halten.

      »Dann« rief Francesco Pazzi, »ist alles gewonnen. Für die Ausführung der That bürge ich, meines Hauses glaube ich in allen seinen Gliedern sicher zu sein, selbst Guiglielmo wird nicht widerstreben, obgleich er mit der Schwester des Lorenzo vermählt ist, freilich wird man ihm nicht gerade sagen, daß es dem Leben der Medici gilt, wir aber edle Herren, dürfen uns darüber nicht täuschen, daß allein der Tod beider Brüder Florenz von der Tyrannei befreien kann.«

      »Würde nicht Lorenzo allein genügen?« fragte Girolamo, »er ist es doch allein, der die Regierung führt und sich überall dem päpstlichen Stuhl entgegenstellt; sein Bruder Giuliano ist eine heitere lebensfrische Natur, der, wie ich glaube, wenig an der Tyrannei hängt und uns keine Sorge machen wird.«

      »Nein erlauchter Graf« sagte Francesco mit Nachdruck, beide Brüder müssen fallen. Ich weiß wohl, daß Giuliano weniger gefährlich ist als Lorenzo, aber wenn einer der Brüder übrig bleibt, so werden ihre Freunde den Mut und einen Sammelpunkt behalten und wenn die Pöbelhaufen noch einen Medici sehen, so werden sie schwer zu bändigen sein und mindestens wird es zu einem harten, blutigen Kampf in den Straßen kommen. Dann aber ist es doch besser, daß ein Mann, wenn er auch der minder Schuldige ist, dem Wohl des Vaterlandes geopfert wird, als daß das Blut Unschuldiger und nur Verblendeter in Strömen vergossen wird.«

      »Ich glaube, Francesco Pazzi hat Recht« sagte der Erzbischof, »ich möchte gewiß lieber das blutige Opfer einer gerechten und heiligen Sache auf den einen Schuldigen beschränken, aber immerhin ist, um diese Sache zum Siege zu führen, das Blut eines Mannes weniger wert, als das von Hunderten; sind beide Brüder verschwunden, dann wird das Volk, dem ein sichtbares Haupt fehlt, keinen ernsten Widerstand wagen und es wird ein Leichtes sein, unmittelbar nach der That die alte Verfassung wieder aufzurichten und den alten Geschlechtern ihr zu Boden getretenes Recht wiederzugeben, wenn zugleich die Truppen des tapferen Capitano die Stadt besetzt haben.«

      »Nun so sei es« sagte Graf Girolamo mit kaltem, spöttischem Lächeln, »ich bin wahrlich nicht dazu da, um die Sache eines Medici zu verfechten, wenn er von seinen eigenen Landsleuten zum Tode verurteilt wird. So haltet Euch denn bereit, Giovan Battista, und schafft so viel Truppen als Ihr anwerben könnt nach der Romagna, wozu meine Erwerbung von Imola, die ja nun, Dank dem edlen Hause der Pazzi zweifellos ist, die ganz natürliche Veranlassung bietet.«

      »Und ich, edle Herren« sagte Francesco, »werde voraus nach Florenz gehen, sobald ich hier die Geschäfte geordnet habe, um dort alles vorzubereiten. Ich halte es auch für wichtig, daß der hochwürdigste Erzbischof seinerseits nach unserer Stadt kommt, um die etwa Zögernden durch seinen Einfluß zu bestimmen. Es ist ja ganz natürlich, daß der hochwürdigste Herr,« fügte er mit bittrem Lachen hinzu, »dem Lorenzos Gnade den erzbischöflichen Stuhl nun endlich eingeräumt, einen Besuch in seiner Vaterstadt macht, er wird es am Besten verstehen, den ganzen Plan zu regeln und festzustellen, namentlich auch was zu geschehen habe, nachdem die entscheidende Thai ausgeführt. Auch wird es nötig sein, die Anhänger der Medici, die Soderini und Rucellai zu verhaften und zunächst


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