Palle. Oskar Meding

Palle - Oskar Meding


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O das ist alles leicht zu durchschauen, wie wir es schon lange durchschaut haben. Wir, die alten vornehmen Geschlechter von Florenz, welche durch die tückische Demagogie der Medici von allem Einfluß zurückgedrängt sind, wir denken anders, wir würden es mit Freuden sehen, wenn an unseren Grenzen starke Verbündete zur Vertretung des Rechts gegen den blinden Pöbel, der die Medici auf seinen Schultern emporhebt, vorhanden wären, und wenn besonders der apostolische Stuhl durch seine Getreuen, wie Ihr es seid, erlauchter Graf, dort einen festen Einfluß erhielte, der überall das Recht schützte und die demokratische Tyrannei unmöglich machte.«

      »Der edle Francesco hat in allem Recht, was er sagt,« bemerkte der Erzbischof, »es ist nur der persönliche Ehrgeiz Lorenzos, der die Romagna zu einem florentinischen Vasallenstaat machen möchte und der auch die Macht und den Einfluß des Papstes unseres heiligen Vaters von den Grenzen seiner auf den Pöbel gestützten Herrschaft fern halten möchte. Hat er es doch gewagt, mir, obgleich ich aus florentinischem Hause stamme, den Besitz des erzbischöflichen Stuhls von Pisa, den Seine Heiligkeit mir verliehen, zu verweigern und es ist jetzt erst mit Mühe gelungen, seine Einwilligung zu erlangen, daß ich mich dorthin begeben dürfe, um mein Amt anzutreten.«

      »Und das ist erst geschehen,« rief der Graf Girolamo, heftig auf den Tisch schlagend, »nachdem ich dem hochmütigen Medici die schriftliche Versicherung gegeben, daß Seine Heiligkeit bei Eurer Ernennung, hochwürdiger Herr, nicht die Absicht gehabt habe, die florentinische Republik oder das Haus der Medici zu kränken.«

      »Eine solche Versicherung,« rief Francesco Pazzi, »ist eine Demütigung des heiligen Stuhls, gegen welche sich alle, die demselben in Wahrheit ergeben sind, erheben sollten. – Wie darf Lorenzo von Medici es wagen, einem Fürsten der Kirche den Einzug in den Sitz des ihm von dem heiligen Vater verliehenen Erzbistums zu verweigern. Daß des heiligen Vaters Weisheit es hier nötig hat erachten müssen, einen solchen Trotz stillschweigend zu dulden, ist tief zu beklagen, denn nun wird der Hochmut der Medici ohne Maß sich steigern, und jeder Versuch, die päpstliche Herrschaft und den päpstlichen Einfluß in Umbrien und der Romagna zu befestigen, wird vor diesem trotzigen Ehrgeiz scheitern.«

      »Aber was ist zu thun,« rief Girolamo, »um einen solchen illoyalen Ehrgeiz eines einzelnen von der Hefe des Pöbels emporgetragenen Mannes zu brechen?«

      »Zunächst ist es nötig,« erwiderte Francesco, »den heiligen Vater davon zu überzeugen, daß er sich in seinem Vertrauen getäuscht hat, daß die Medici mit ihren Ergebenheitsversicherungen ihn betrügen und die schlimmsten Feinde des heiligen Stuhls und damit des Friedens, der Eintracht und der Macht Italiens sind.«

      »Ein solcher Beweis ist schwer zu führen,« sagte der Erzbischof, »da Seine Heiligkeit sich nicht so leicht von so tiefer und unverbesserlicher Schlechtigkeit wird überzeugen lassen. Wenn man beweisen könnte,« fügte er mit lauerndem Blick hinzu, »daß die Medici ihn in der Angelegenheit des Kaufs von Imola betrogen hätten und die Geldnot nur vorschützten, um den Grafen Girolamo und damit die päpstliche Obermacht von der Romagna fern zu halten –«

      »Diesen Beweis werde ich führen, hochwürdigster Herr!« rief Francesco Pazzi. »Die Medici haben behauptet, daß die Kaufsumme für Imola auch unter der Mitwirkung anderer Bankhäuser nicht zu beschaffen sei. Nun wohl, sie soll beschafft werden, ich stelle die dreißigtausend Goldgulden nach Ablauf einer Woche Seiner Heiligkeit zur Verfügung und was das Haus Pazzi allein thun kann, das sollten die Medici doch zu stande zu bringen vermögen, wenn sie den Beistand der ihnen Verbündeten Häuser anrufen!«

      »Bei Gott,« rief Girolamo, der Beweis ist schlagend und wenn Ihr ihn führen könnt, edler Francesco, so ist Euch meine Dankbarkeit und Freundschaft für alle Zeit gewiß und Seine Heiligkeit wird sich wohl von der heuchlerischen Falschheit der Medici überzeugen müssen.«

      »Und ich werde ihn führen, erlauchter Graf,« sagte Francesco, »mein Wort ist verpfändet und noch niemals ist das Wort eines Pazzi uneingelöst geblieben. – Verfügt über diese dreißigtausend Goldgulden, unsere Bank wird sie auf Eure Anweisung zahlen.«

      Girolamo sprang auf, schüttelte Francesco die Hände und drückte ihn an seine Brust.

      »Ihr seid ein Mann,« rief er, »wie ihn Italien bedarf, um in geschlossener Eintracht unter dem Schutz und der Führung des apostolischen Stuhls zu erstarken und der Welt zu gebieten. Ihr seid Zeuge, hochwürdigster Erzbischof, und Ihr, tapferer Montesecco, daß ich mein Wort verpfände, jeden Wunsch des edlen Francesco zu erfüllen, soweit meine eigene Kraft und mein Fürwort bei meinem geheiligten Oheim reicht.«

      »O ich freue mich von Herzen,« sagte der Erzbischof, während Girolamo mit Francesco anstieß und seinen Kelch in einem langen Zuge leerte, »der edlen Gesinnung meines jungen Freundes und Landmannes, die ja in dem Hause der Pazzi erblich ist; um so trauriger aber ist es, daß dies edle Haus in meiner Vaterstadt zurückgedrängt ist von der ihm gebührenden und in einer ruhmreichen Geschichte begründeten Stellung, daß der tückische und treulose Lorenzo unumschränkt gebietet in dem schönen Florenz, das nur noch den Namen der Republik führt.«

      »Was ist dagegen zu thun,« sagte Francesco seufzend, »der Pöbel in seiner Masse gehorcht blindlings dem Lorenzo, der ihm schmeichelt, wie es alle Tyrannen schon im Altertum thaten.«

      »Und dagegen,« rief Graf Girolamo, »sollten die edlen Geschlechter, die doch von Gott und der Geschichte zur Herrschaft berufen sind, machtlos sein? – Wenn sie nur wollen, so müssen sie doch eine solche Herrschaft ohne Recht und vaterländische Gesinnung zerbrechen können.«

      »Das müßten sie wohl,« sagte der Erzbischof, während Francesco finster vor sich niederblickte, »wenn sie den Mut des Wollens und Handelns fänden.«

      »Dieser Mut,« rief Francesco auffahrend, »ist vorhanden, hochwürdigster Herr und wenn nirgends anders, so lebt er im Hause der Pazzi! – Von uns wird keiner zurückbleiben uns wohl würden noch manche uns folgen, die, wie wir, knirschend nur das Joch der Emporkömmlinge tragen! – War nicht,« rief er immer feuriger, »Pazzo de Pazzi an der Seite Gottfrieds von Bouillon im heiligen Kreuzzuge nach Jerusalem gezogen und trug nicht Giacomo de Pazzi in der Schlacht von Perti das Banner von Florenz? Glänzen nicht in unserem Schilde die goldenen Fische als heiliges Symbol für des Heilands Namen und die vier Doppelkreuze, welche zeigen, daß wir nur in dem Kreuz unsere Kraft und unsere Ehre suchen? – Und was sind die Medici – wo kommen sie her? Niemand weiß es, niemand vermag es zu sagen, wenn auch die Schmeichelei diese sechs Kugeln in ihrem Schilde, der wahrlich nicht unter der Kreuzesfahne nach Jerusalem getragen wurde, bis zu den Äpfeln der Hesperiden zurückführt, wenn sie selbst auch behaupten, daß diese Kugeln runde Male von der Streitkeule eines Riesen bedeuten, wahr ist es doch, daß diese Kugeln Pillen oder Schröpfköpfe sind und mit dem Namen übereinstimmen, den ein längst vergessener und nicht zu den Priestern des Äsculap emporgestiegener Vorfahr der plebejischen Tyrannen auf seine Nachkommen übertrug. Das wahnsinnige Volk, wenn es nach diesem seltsamen Wappen seinen Abgöttern sein Palle – Palle entgegenbrüllt, denkt nicht daran, welch bitterer Hohn in solchem Ruf liegt, denn reichen sie diesem Volk nicht die überzuckerten Giftpillen, die in seinem Mark den festen Mut und die treue Liebe zum Vaterlande zerstören – setzen sie nicht die Schröpfköpfe an, um aus seinem Blut die Nahrung zu ziehen für ihren Hochmut und ihre prachtschimmernden Feste, mit denen sie die Sinne bethören?«

      »Bravo, Signor Francesco, bravo!« rief Girolamo mit lautem Hohnlachen, »was Ihr da sagt ist vortrefflich und so verstanden, werde ich der erste sein, der Seiner Magnificenz dem großen Lorenzo das Palle – Palle entgegenruft!«

      »So haben wir das Recht zu denken und zu empfinden,« sagte Francesco, »und mit uns manche andere, die von den Emporkömmlingen in den Schatten herabgedrängt sind, unter denen das Haus des hochwürdigen Erzbischofs, die Salviati nicht zu den letzten gehören! Aber was ist zu thun gegen die Menge des Pöbels, der alle edlen Denkmäler der Vergangenheit überflutet und mit seinem brüllenden: Palle – Palle, jedes Wort der Gerechtigkeit und Wahrheit übertäubt.«

      »Ihr sprecht goldene


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