Fürchtet euch nicht. Betsy Duffey
verbrachte sie im Bett.
Richard machte sich große Sorgen um sie.
„Morgen musst du unbedingt zu Dr. Amos gehen“, sagte er und versorgte sie mit Suppe und Ginger Ale. „Vielleicht brütest du etwas aus.“
„Das ist nichts“, winkte sie ab. „Vermutlich das mexikanische Essen von gestern Abend.“
Doch am nächsten Morgen kehrte die Übelkeit zurück. Wieder blieb sie im Bett liegen, bis die Übelkeit vorüber war.
Später an jenem Tag war ihr der Gedanke gekommen. Vielleicht war sie schwanger …
Sie verhüteten nicht. Schließlich waren die Chancen, mit vierzig schwanger zu werden, äußerst gering. Das hatte ihr Gynäkologe gesagt, und da sie Medikamente nur dann nahm, wenn es sich nicht umgehen ließ, hatte sie sich gegen die Antibabypille entschieden.
Aber so war das mit der Statistik. Selbst eine geringe Chance war eine Chance, und jemand musste ja die Ausnahme sein. Jetzt war sie es vielleicht.
Donna senkte den Blick auf das weiße Plastikstäbchen, und da stand es ganz deutlich im Fenster des Teststreifens: SCHWANGER.
Sie ließ das Stäbchen fallen, als hätte es ihr die Hand verbrannt. Ihr Herz tat einen Satz. Dann bückte sie sich langsam, um den Teststreifen wieder aufzuheben.
Das Wort stand immer noch da.
SCHWANGER.
Ein lebensveränderndes Wort. Ein Kind von Richard, dem Mann, den sie liebte. Ein Kind, das ihr geordnetes und ruhiges Leben durcheinanderbringen würde …
Vielleicht sollte sie noch einen Test kaufen, nur um sicherzugehen. Nein, da stand es schwarz auf weiß. Sie war wirklich schwanger.
Freude machte sich in Donna breit, ein unbeschreibliches Glücksgefühl und Staunen. Sie würde Mutter werden! Eigentlich hatte sie diesen Traum längst aufgegeben, doch jetzt würde sie tatsächlich ein Kind bekommen. Sie würde Leben schenken. Wie glücklich sie sich schätzen konnte! Das war ein wundervolles Geschenk von Gott. Sie legte die Hände auf den Bauch und sprach ein leises Gebet.
Aber was war mit Richard? Sie erinnerte sich an seinen Gesichtsausdruck, als sie ihn gefragt hatte, ob er sich Kinder wünsche. „Du bist alles, was ich brauche“, hatte er geantwortet.
Ihre Freude wich der Unsicherheit.
Was, wenn er sich über die Neuigkeit gar nicht so freute wie sie? Das könnte sie nicht ertragen.
Ihre Heirat hatte einen tiefen Einschnitt für sie beide bedeutet und gravierende Veränderungen mit sich gebracht. Ihren Kater Mr Darcy hatte Richard nur schwer akzeptieren können. Er hatte sich Mühe gegeben, sich an das Tier zu gewöhnen. Nach ihrer Verlobung hatte er ihr ein hübsches mit Steinen besetztes Halsband für den Kater geschenkt, was sie als eine nette Geste empfand.
Doch als sie Mr Darcy das Halsband anlegte, wälzte er sich auf dem Boden und versuchte, es wieder loszuwerden. Dann protestierte er mit lautem Maunzen und wilden Luftsprüngen. Sie nahm es ihm wieder ab, und seither war das Halsband in der Versenkung verschwunden.
Als Richard nach ihrer Hochzeit in ihr Haus gezogen war, hatte Mr Darcy sich unter das Bett im Gästezimmer verkrochen und war drei Wochen lang nicht mehr hervorgekommen.
Richard und der Kater kamen einfach nicht miteinander aus. Selbst jetzt hatte er noch seine Probleme mit dem Tier. Große Probleme. Wie würde er mit einem Baby klarkommen?
Wann sollte sie Richard die große Neuigkeit beibringen? Im Augenblick war er in der Kirche und probte das Orgelstück für Sonntag. Donna wollte ihn gleich dort abholen und anschließend zur Werkstatt fahren, um seinen Wagen zu holen.
Sie schnappte sich ihre Handtasche und ging zur Tür. Sie würde abwarten, wie seine Stimmung war.
Sie stieg in ihren Wagen und schnallte sich an. Ihre Hand ruhte einen Augenblick auf ihrem Bauch. Ein Baby. Sie konnte es immer noch nicht fassen.
Auf der Fahrt wirbelten ihre Gedanken durcheinander.
Ich muss es ihm sagen.
Ich kann es ihm nicht sagen.
Aber ich muss es ihm sagen.
Aber ich kann es ihm nicht sagen.
Auf dem Parkplatz vor der Kirche standen die Fahrzeuge einer Baufirma. Auf dem Rasen waren die Krippenfiguren aufgereiht. Donna blieb stehen, um sie zu bewundern. An einem warmen Herbsttag wie diesem wirkten sie ein wenig fehl am Platze. Sie passten besser in die Kälte eines winterlichen Dezembertages.
„Hallo, Donna“, rief Pastor Higgins, „könntest du dir vorstellen, eine dieser hübschen Figuren bis Weihnachten mit nach Hause zu nehmen? Während der Umbauarbeiten haben wir im Kirchengebäude keinen Platz für sie.“
Donna betrachtete die Figuren. Das stattliche Kamel. Den Esel, der zum Kirchgarten hinüberblickte. Den einsamen Weisen, der ein blaues Fläschchen in der Hand hielt, als wolle er es ihr anbieten. Josef, der sich vorbeugte und sie lockte, ihn zu beherbergen. Aber es war Maria, die ihre Aufmerksamkeit fesselte. Sie kniete auf dem Rasen, die Arme ausgestreckt nach einem nicht vorhandenen Baby.
Donna schaute in ihr zufriedenes Gesicht. Plötzlich füllten sich ihre Augen mit Tränen. Sie blinzelte sie fort und hoffte, dass der Pastor sie nicht bemerkt hatte. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchströmte sie. Ich werde Mutter!
„Ich nehme Maria.“
„Eine gute Wahl.“
Vorsichtig hob sie die Figur hoch. Sie war ungewöhnlich leicht.
„Los geht‘s, Maria“, sagte sie.
Maria im Arm zu haben, war irgendwie tröstlich. Donna ging zurück zum Parkplatz, öffnete die Heckklappe ihres Wagens und legte die Figur in den Kofferraum. Um sie vor der Sonne zu schützen, breitete sie eine leichte Decke über ihr aus.
„Ich bin gleich wieder da.“ Ganz vorsichtig schloss sie die Heckklappe. Vielleicht sollte sie Richard noch nichts von dem Baby erzählen. Sie waren auch so glücklich miteinander, und sie wollte ihr Glück nicht gefährden, indem sie ihm eine Neuigkeit überbrachte, über die er sich vielleicht gar nicht freute.
Seine Worte verfolgten sie. Kinder sind mir nicht so wichtig. Du bist alles, was ich brauche.
Sie sollte nichts überstürzen. Zuerst würde sie Dr. Amos aufsuchen.
Ihr Blick wanderte zum Kirchengebäude.
Richard trat aus der Seitentür und kam auf sie zu. Im Arm hielt er ein Bündel Papiere, vermutlich seine Noten. In seiner Musik konnte er sich verlieren. Sie liebte seinen Gang, ein wenig steif und gemessen. Lächelnd winkte sie ihm zu. Als er sie entdeckte, winkte er zurück, kam auf sie zu und begrüßte sie mit einem Kuss.
Vielleicht würde sie es ihm doch schon jetzt erzählen. Sie war so unglaublich aufgeregt, und sie wollte die Neuigkeit gern mit ihm teilen.
Sie stiegen in den Wagen und fuhren vom Parkplatz.
„Was hast du im Kofferraum?“, fragte er.
„Maria.“
Donna fädelte sich in den Verkehr ein. Richard, der gedanklich noch bei seiner Musik war, fragte nicht einmal nach, warum Maria in ihrem Kofferraum lag.
„Wie war deine Probe?“
„Ich habe Mühe mit dem Fingersatz für das Präludium. Irgendwie klappt das immer noch nicht richtig.“
Die Probe war nicht so gut gelaufen, wie er gehofft hatte. Vielleicht sollte sie mit der Neuigkeit doch lieber noch ein wenig warten.
Sie hielten an einer Ampel und Donnas Gedanken wanderten in die Vergangenheit.
Richard