Auf keinen Fall wir. Iris W. Maron

Auf keinen Fall wir - Iris W. Maron


Скачать книгу
statt der Kartoffeln, das passt besser. Die Karotten brauchen wir dann vielleicht doch nicht, aber die kann ich ja für etwas anderes verwenden. Für eine Suppe am besten. Ein Dessert wäre noch gut. Etwas mit karamellisierten Feigen würde gut passen. Aber Feigen haben jetzt keine Saison.«

      »Du sollst mir nicht erzählen, was wir essen, sondern was zwischen dir und diesem heißen Typen ist. Wieso starrt er dich so an? Und wieso redest du nicht mit ihm? Du redest doch sonst mit allen.«

      »Schau, dort ist der Fleischstand.«

      »David, du weichst aus.«

      »Miri, du nervst.«

      Miri lacht auf und schlägt mir nicht gerade sanft gegen die Brust. »Du sollst mich nicht immer so nennen, das weißt du doch. Dann fühle ich mich wie eine Zwölfjährige mit Zöpfen und Zahnspange. Ich heiße Miriam.«

      »Für mich wirst du immer eine Zwölfjährige mit Zöpfen und Zahnspange bleiben, Mirilein.«

      Miri schlägt noch einmal lachend zu, dann sind wir am Fleischstand angekommen und sie lässt mich erst einmal vom Haken.

      Zum Glück verschont sie mich auch, nachdem ich das Lamm erstanden habe, mit weiteren Fragen. Sie lässt sich stattdessen von mir kreuz und quer über den Markt schleifen, während ich mich spontan zu den weiteren Gängen meines Menüs inspirieren lasse, und wirft nur ab und zu ein, was ihr besonders gut und was ihr so gar nicht schmeckt. Anschließend müssen wir noch zum Supermarkt, weil der Markt zwar viel, aber nicht alles hat.

      Vollbepackt und mit hängenden Zungen kommen wir schließlich in meiner Wohnung an. Nachdem alles verstaut ist und wir uns die Hände gewaschen haben – da bin ich pingelig –, kommandiere ich Miri zum Gemüseschnippeln ab. Das kann sie immerhin, auch wenn sie sonst in der Küche völlig unfähig ist. In der Zeit, in der wir noch eine WG hatten, haben wir diese Zusammenarbeit perfektioniert und sie lässt sich brav von mir herumkommandieren.

      Ich beginne mit dem Lammschmortopf, weil der am längsten braucht. Unterdessen schneidet Miri zunächst unter Tränen Zwiebeln – was natürlich noch schlimmer wird, als sie sich mit der Hand, in der sie die Zwiebeln gehalten hat, über die Augen fährt. Völlig unfähig in der Küche, ich sage es ja. Ich kann mir ein hämisches Lachen nicht verkneifen.

      »Als ob dir das nicht passieren würde!«, motzt Miri prompt.

      »Ich weine nie.«

      »Ja, klar. Und was war das damals, als Layne Staley gestorben ist?«

      »Ich war ein Teenager, meine Hormone waren durcheinander, das zählt nicht.«

      »Du hast geheult wie ein Schlosshund!«

      »Das war ja auch wirklich traurig!«

      »Siehst du. Sag ich doch.«

      »Halt die Klappe und schneid die Tomaten.«

      Miri salutiert lachend und widmet sich den Tomaten, während ich das Lamm in einer Mischung aus Olivenöl, Chili, Ingwer und allen Gewürzen mariniere, die ich finden konnte und auf die ich Lust hatte. Dann erhitze ich Öl in einer Kasserolle und brate das Fleisch von beiden Seiten scharf an. Sofort erfüllt ein intensiver Duft meine Küche.

      »Oh Gott, ich kriege Hunger!«, meint Miri prompt.

      »Da wirst du dich noch eine Weile gedulden müssen. Mach inzwischen doch mal den Dreck da weg. Husch, husch!«

      »Husch, husch dich selber, du Spinner.«

      Miri wirft lachend ein Geschirrtuch nach mir – zum Glück nicht das Messer, das sie in der anderen Hand hat –, macht sich dann aber doch, wie von mir geheißen, ans Aufräumen und Putzen.

      Das Fleisch ist inzwischen so weit angebraten, also nehme ich es aus der Kasserolle heraus und lege es beiseite. Dann dünste ich die Zwiebeln an und beobachte, wie sie langsam anschwitzen. Ich liebe das. Es brutzelt vor sich hin und riecht so gut. Nach ein paar Minuten gebe ich die Tomaten dazu und dann wieder das Fleisch, ehe ich mit Wasser aufgieße. Noch ein paar Gewürze sowie Datteln, dann kann das Ganze in den Ofen. Bevor ich das Gericht dann serviere, werde ich noch frischen Koriander über den Eintopf streuen und ihn dann mit dem Couscous anrichten. Dazu noch ein Klecks Joghurt. Perfekt.

      Als Nächstes widme ich mich der Vorbereitung der Vorspeise. Es gibt eine Karotten-Ingwer-Suppe. Also muss Miri wieder ran ans Schneidbrett, um Karotten und Sellerie zu schneiden. Zwiebeln haben wir noch, die röste ich mit dem Sellerie an, ehe die Karotten dazukommen. Nach einiger Zeit lösche ich das Gemüse mit Weißwein ab und gieße etwas Kokosmilch sowie Gemüsebrühe darüber. Nein, die ist nicht selbst gemacht, man kann es ja auch übertreiben.

      Als ich umrühre, knurrt mein Magen verdächtig. Das Frühstück ist wirklich schon lange her und in meiner Küche riecht es fantastisch.

      Während die Suppe vor sich hin köchelt, widme ich mich der Vorbereitung des Desserts. Ich habe mich für einen Schokokuchen mit flüssigem Kern entschieden. Das beeindruckt die Leute immer maßlos und nach zahlreichen missglückten Experimenten zu Beginn meiner Schokokuchen-Karriere habe ich dessen Zubereitung inzwischen perfektioniert. Dazu gibt es Granatapfelkerne mit einem leicht säuerlichen Dressing, das passt zum orientalischen Touch der Hauptspeise. Den Granatapfel entkerne ich selbst und lasse Miri ihn nicht anrühren. Würde sie das machen, gäbe es eine riesige Sauerei.

      Dann bereite ich noch schnell den Schokoteig vor, das ist kein Aufwand, und stelle ihn in den Kühlschrank. Anschließend widme ich mich noch mal der Suppe. Ich püriere das inzwischen weiche Gemüse und gieße es mit dem Saft der Orangen auf, die Miri brav ausgepresst hat. Dann noch Ingwer und Muskatnuss dazu, das war's.

      Mit einer theatralischen Geste lege ich den Kochlöffel beiseite und wende mich Miri zu.

      »Fertig!«

      »Wird ja auch Zeit. Es ist zwanzig vor sieben.«

      »Schon? Scheiße! Ich muss noch ins Bad!«

      »Ich geh zuerst!«, ruft Miri und stürmt sofort los, so schnell kann ich gar nicht schauen. Manche Dinge werden sich nie ändern.

      Ich rufe ihr noch ein paar unschöne Schimpfworte hinterher, doch Miri lacht nur und dann ist sie auch schon im Bad verschwunden. Grummelnd nutze ich die Zeit, die ich noch habe, um meine Küche aufzuräumen und den Tisch zu decken. Miri braucht wie immer ewig im Bad. Zum Glück gehört Barbara nicht zu den pünktlichsten Menschen – Justus bestimmt schon –, deswegen habe ich dennoch genug Zeit, um mich in einen halbwegs annehmbaren Zustand zu versetzen. Okay, annehmbar ist untertrieben. Ich sehe gut aus, wie immer. Nur die Frisur hätte etwas mehr Zuwendung vertragen können, aber das Klingeln reißt mich aus meiner Routine.

      Es wird ein lustiger Abend. Miri, Barbara und Justus sind angemessen begeistert von meinen Kochkünsten. Natürlich gehen wir nicht mehr aus, nachdem wir aufgegessen haben. Wir sind alle viel zu vollgestopft. Also plündern wir meine eigenen Alkoholvorräte; nur für Justus gibt es Cola, weil er noch fahren muss. Was sind die auch aufs Land gezogen. Ist ja furchtbar.

      Kapitel 5

      Am Tag nach Miris Abreise ist die Kältewelle vorbei und der Frühling kehrt mit aller Kraft zurück. Es wird schnell warm. Blumen und Gastgärten schießen gleichermaßen aus dem Boden. Die Stadt ist sichtlich belebter, die Leute scheinen jede nur mögliche Minute im Freien verbringen zu wollen. Ich selbst nutze das gute Wetter für ausgedehntere Jogging-Runden, eine Mountainbike-Tour mit Manuel und den einen oder anderen Aufriss.

      Die Situation mit Sven hat sich inzwischen eingespielt. Außerhalb der Lehrveranstaltung sprechen wir nicht miteinander. Im Unterricht benimmt er sich unauffällig und lässt sich nichts anmerken. Allerdings ist er ein sehr engagierter Student. Bedauerlicherweise stellt sich heraus, dass Sven alles andere als dumm ist. Ich hatte ja gehofft, dass er sich als dämlich entpuppt, weil ich kaum etwas unerotischer finde als Dummheit. Sein Referat ist aber erstaunlich gut. Und auch sonst arbeitet er motiviert mit. Er stellt intelligente Fragen und bringt interessante Diskussionsbeiträge. Was er sagt, hat Hand und Fuß. Leider.

      Während Sven sich unauffällig


Скачать книгу