Schauderwelsch. Jochen Stüsser-Simpson
der Hit, an der Spitze
all unserer lässlichen Sünden
das waren Sünden, die zünden.
Wir sprachen uns ab und berieten
versuchten uns zu überbieten
in der Schule, im Fußballverein
kann auch im Schwimmbad gewesen sein
wir sammelten und erfanden
und wo wir uns gerade befanden
Witze wurden ausgebreitet
und die Beichte vorbereitet.
Die Beichte hat uns angesteckt
und die Erzählfreude geweckt.
Der Pfarrer hat fast nie gelacht
im Beichtstuhl dann den Job gemacht:
„Ego te absolvo a pecatis
tuis in nomine Patris
et Filii et Spiritus Sancti. Amen.“
Danach die Bußauflagen kamen
zehn „Vater unser“ hinterher
zu beten war denn nicht so schwer
auch „Gegrüßet seist Du, Maria“
trainierte gratia plena
hervorragend die Fertigkeit
verbaler Hochgeschwindigkeit.
*
Der Elefant ist interessant
Suchst du zum Elefant den Schlüssel
dann rat ich dir, such nach dem Rüssel
sehn im Gesicht wir eine Nase
steht da vielleicht ein Hund, ein Hase
doch ganz bestimmt kein Elefant
der wird am Rüssel nur erkannt.
Die Elefanten leben wo?
Meist in den Steppen, oft im Zoo
wo sie zwischen andern Dingen
gerne Schwanz und Rüssel schwingen.
Der Elefant hat keine Pranken
für die Bananen wird er danken
gibst du ihm aber Tannenzapfen
so wird er mit den Füßen stapfen.
Bekommt er Wasser aus der Schüssel
bläst er Fontänen mit dem Rüssel
wenn Wärter ihm die Ohren kneten
hören wir leise ihn trompeten
*
Liebe Mama, deine Anna
Liebe Mama,
eigentlich geht es mir sehr gut, das Wasser im Mittelmeer ist schön warm und das Brot hier schmeckt cool. Jeden Morgen esse ich ein ganzes Baguette. Nur gestern hatte ich ein weniger schönes Erlebnis. Wir waren mit unserer Pfadfinder-Gruppe ja neu in St. Maries angekommen und kannten den Campingplatz noch nicht richtig. Ich musste dringend aufs Klo, aber habe es nicht richtig gefunden. Das mit den Waschräumen und Duschen war klar, aber wo waren die Klos? Nur so eine Art Bodenwaschbecken gab es, mit einem nicht allzu großen Loch in der Mitte. Ich habe eine Frau nach den Toiletten gefragt, das ist ja ein französisches Wort, und sie hat gelacht und auf diese Bodenwannen gezeigt. In der Mitte haben die solche Erhebungen, zwei waagerechte Flächen für die Füße. Auf die habe ich mich mit den Flipflops gestellt. Und habe mein Geschäft verrichtet. Wahrscheinlich hätte ich mehr in die Hocke gehen sollen. Jedenfalls ist es über die Füße gegangen – und ich habe einen Schrecken bekommen, weil es plötzlich so warm war. Nicht nur warm, auch feucht. Und ich hatte Angst, wegzurutschen.
Deshalb habe ich mit einer schnellen Bewegung nach Halt gesucht und den Griff zu fassen bekommen. Den Griff an der Kette des riesigen Wasserkastens irgendwo unter der Decke. Und dann kam das Wasser angerauscht, wie bei einem Wasserfall. Plötzlich wirbelten die Wassermassen um meine Füße und über das Bikiniteil zwischen meinen Schienbeinen. Ich habe mich so erschreckt, dass ich wirklich ausgerutscht bin und mit dem linken Fuß – er tut immer noch weh – in das Loch geglitscht. Da steckte ich dann fest und konnte mein Bein nicht mehr herausziehen – und die Wassermassen konnten nicht richtig abfließen. Einen Moment hatte ich Panik, zu ertrinken, weil ich inzwischen auf dem Beckenboden saß oder hockte und das Wasser bis über die Hüfte sprudelte. So laut ich konnte, habe ich um Hilfe geschrien.
Jean-Pierre, der Mann vom Campingplatz, hat mich nicht verstanden, aber er konnte ja sehen, was los war. Unter den Armen hat er mich abgestützt und mein Bein aus dem Loch vorsichtig herausgedreht und gehoben. Jetzt weiß ich auch, dass es ein normales südfranzösisches Klo ist.
Als wir nach dem Abendessen am Lagerfeuer saßen, hat mein lieber Bruder die Gitarre genommen und das Scheiße-Lied gespielt. Du weißt, das mit den Strophen wie Scheiße in der Lampenschale gibt gedämpftes Licht im Saale und so weiter – du magst es nicht und hast ihm zu Hause verboten, es zu singen. Und jetzt hat er es in der großen St. Georgs-Lagerfeuerrunde vorgetragen – und sogar noch eine neue Strophe dazugedichtet. Auf mein Missgeschick. Die ist so dumm, dumm, dumm, dass ich sie hier nicht schreiben will. Sag ihm bitte nicht, dass du das alles von mir hast. Dann nennt er mich wieder Petze.
Ansonsten ist es hier sehr warm und wir baden immer im Mittelmeer. Ich bin schon eine richtige Wasserratte.
Liebe Mama, viele Grüße, deine Anna
*
Frischwärts
Zwanzigpunktzwanzig
Immer spielt der Peter
online.
Oma schickt ihn
in die Garage.
Frische Luft,
sagt sie.
Sie denkt:
Vielleicht wird es
ein Weltkonzern.
*
Wie ich Herrn Müller ausgetrickst habe
So übel ist mein neuer Klassenlehrer nicht. Wir haben ihn in Deutsch und Sport. Er kann super Fußballspielen und beim Turnen hat er uns ein Flickflack vorgemacht. In Deutsch hat er eine Leseliste ausgeteilt. Wenn man ein Buch von der Liste gelesen hat, lässt du dich abfragen und bekommst dafür Punkte, für die dickeren und langweiligeren Bücher gibt es mehr als für die dünnen und spannenden. Für einen Band Harry Potter will er nur fünf Punkte geben, weil das angeblich sowieso jeder kennt. Die Punkte werden aufgeschrieben und am Ende des Halbjahres kannst du deine mündliche Deutschnote um eine ganze Stufe verbessern, aus einer Drei wird eine Zwei usw.. Bei der Gesamtnote zählt bei uns das Mündliche mehr als das Schriftliche. Ich will gute Noten haben, weil ich später ein weltberühmter Architekt werde. Mit einigen Jungen aus meiner Klasse, die im selben Fußballverein spielen, hatte ich mich verabredet, dasselbe Buch zu wählen: Jugend ohne Gott, von Horvath. Jeder liest nur ein Kapitel, beim Training erzählen wir uns dann schnell die anderen in der Umkleide, sodass jeder einen Überblick hat. Herr Müller fragt meist mehrere Schüler zugleich in den Pausen ab. Anselm hatte dann im Internet noch eine Zusammenfassung gefunden und für uns ausgedruckt.
Und dann ging es los, direkt nach der normalen Deutschstunde zu Beginn der großen Pause. Ole erzählte den Anfang des Buches, wie der Lehrer neu in die Klasse