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an. Endlich kam die Antwort. Willst du sie sehen?“
Sie riß ein Blatt Papier aus dem Kleide, hielt es ihm hin. Hastig griff er danach, las ...
„Gewinne Sir William! Greville.“
„Vier Worte! ... Nun wußte ich es. Wenn Sir William mich gewann, sollte Greville sein Erbe sein.“ Sie lachte schneidend auf. „Heute aber — ich bin seine Erbin, ich! Weil ich nun auch schlecht wurde. Rechnen lernte. Erst dann gewann er mich, als ich vor dem Altar Lady Hamilton geworden war ... Eine Lady! Freust du dich nicht, Tom? Wünschest du mir nicht Glück? Oder glaubst du mir nicht? So verurteile mich doch! Brich den Stab über mir!“ Sie schrie es ihm zu, zitternden Mundes, mit flackerndem Blick. Er stand ihr gegenüber, totenblaß. Brachte kein Wort hervor. Sah sie nur an ...
Aber da sie sich von ihm abwenden wollte, fiel er vor ihr nieder, küßte den Saum ihres Kleides, brach in Schluchzen aus ...
Sie sah auf den gesenkten Kopf, die zuckenden Schultern.
„Tom ... mein alter, treuer Tom ...“
Plötzlich sank sie zu ihm nieder, umfaßte ihn, weinte mit ihm.
Um das Glück der kleinen Amy ...
***
Langsam erhob sie sich.
„Laß uns nun gehen, Tom. Kapitän Nelson erwartet seinen Sohn.“ Und da er erschreckt, abwehrend die Hand erhob, gab sie ihm Nelsons Schreiben. „Er will es, Tom.“
Er schien ganz verstört.
„Er will es? Trotz allem, was ich ihm sagte?“
„Ach ja, dein Traum! Er sprach davon. Was war es, Tom? Kannst du es mir nicht sagen?“
„Sagen...“ Düstere Schatten traten in seine Augen. „Auf dem Meer war’s, im Sturm. Auf einer Brücke ging Kapitän Nelson, neben ihm eine Frau, hinter ihnen Josiah. Plötzlich stürzte sich der Knabe auf seinen Vater, hob seine Hand gegen ihn. Nelson wandte sich... Stieß er ihn? ... Josiah fiel. Mit einem gellenden Schrei. Verschwand in der Brandung ... Sein Vater aber ging weiter. Kehrte sich nicht nach seinem Sohne um. Hilflos ließ er ihn untergehn, sterben ...“
Er schwieg.
„Und die Frau?“
„Um ihr Gesicht war ein Schleier. Aber ihre Gestalt... einst sah ich ein Bild ...“
Er stockte. Scheu glitt sein Blick an ihr vorüber.
„Dem Bilde glich sie, Tom? Der Circe, die Romney nach mir malte?“
Wie verzweifelnd ließ er den Kopf auf die Brust sinken.
„Ihr glich sie.“
Sie brach in ein grelles Gelächter aus. „Seltsame Träume hast du! Weißt du, wer Circe war? Eine schöne Zauberin; alle Männer, die ihr nahten, verwandelte sie. Aus sinnloser Liebe zu ihr wurden sie zu Tieren. Nelson also wird mich lieben, und ich werde ihn verderben. Das sagt dein Traum, nicht wahr? Alle Männer habe ich verdorben, die mir nahten. Den sittsamen Prinzen von Wales, den sanften Sir John, den starken Romney, den ehrlichen Greville, den braven Sir William. Und auch den träumenden Tom Kidd. Weil du mir nach London folgen solltest, log ich dir vor, daß ich dich liebte. Weil du mir dort lästig wurdest, ließ ich dich durch Sir John pressen. Weil ich mich am Anblick deines Blutes erfreuen wollte, ließ ich dich peitschen. Weil ich ...
„Fräulein Emma!“ schrie er auf, hob entsetzt die Hände gegen sie. „Hören Sie auf! Hören Sie auf!“
„Was willst du? Du hast dir das alles von Greville einreden lassen und dann hast du darüber gegrübelt und endlich davon geträumt. Dein Traum aber ist wahr, und ich bin eine Lügnerin. Ach, Tom, deine Träume! ... Und dein Nelson! Er hat doch eine Frau, mit der er glücklich ist. Warum sollte er sich in mich verlieben? Ist er so verderbt, daß du ihm das zutraust?“
„Er ist treu und rein.. .‘‘
„Also fürchtest du, daß ich mich in ihn verliebe? Die Lady Hamilton in einen Schiffskapitän? Ja, wenn er reich wäre! Das ist für mich doch die Hauptsache, nicht wahr? Wahrhaftig, Tom, wenn ich nicht daran dächte, daß wir zusammen aufgewachsen sind, daß du einst mein Freund warst ... Aber wozu alle diese Worte! Geh, hole Nelsons Sohn! Wir müssen uns beeilen!“
„Wir? Bedeutet das, daß ich bei Josiah bleiben darf?“
Sie nickte.
„Kapitän Nelson sagte, daß du seiner Frau gelobt hast, über den jungen Menschen zu wachen.“
In seine Augen kam ein Leuchten.
„In Not und Gefahr, habe ich geschworen, ihm beizustehen. Und darum ... ja, ich muß mit ihm gehen. Fürchten Sie nicht, daß ich Ihnen im Wege sein werde. Ich weiß, zwischen Tom Kidd und Fräulein Emma ist alles anders geworden.“
„Allerdings, Tom ... niemand darf wissen, daß wir uns früher kannten ... Sir Williams Stellung ...“ Sie stockte, errötete unter seinem langen, forschenden Blick.
„Ja, darum sind Sie wohl hergekommen. Sie fürchteten sich vor mir. Und doch hat Tom Kidd in allen den Jahren kein böses Wort über Klein-Amy gesprochen. Selbst nicht nach dem, was ihm Greville sagte. Auch Kapitän Nel weiß nur Gutes von ihr!“
Sie fuhr auf, starrte ihn an.
„Kapitän Nel?“
„So nennen wir Matrosen ihn. ,Unser Nel‘, sagen wir, ,ist tapfer wie ein Löwe und sanft wie ein Lamm!“‘
„Du hast es ihm gesagt? Alles?“
„Er zwang mich. Sechs Jahre sind es nun. Wir kamen mit dem ,Boreas‘ aus Westindien, gingen in Portsmouth vor Anker. In Westindien hatte Nel denen, die sich an den Lieferungen wider Recht und Gesetz bereicherten, scharf auf die Finger geklopft. Nun waren die Lords der Admiralität ihm feind. Sie wollten ihm einen Schimpf antun, ihn quälen, bis er aus dem Dienst ginge. So schickten sie ihm zur Revision in Portsmouth einen Admiral aufs Schiff, mit dem Nel schlecht stand. Einen von den Matrosenschindern, die Nel haßt. Sir John.“
Emma schrie auf.
„Tom...“
„Sir John Willet-Payne! ... Er kam, hochmütig, mit verbissenem Gesicht. Stieg bis zum Kielraum, schnüffelte überall, tadelte alles. Mit glatten Worten, daß Nel nicht an ihn heran konnte. Zuletzt kam er zu uns Maats, die wir an der Bordwand bei unseren Hängematten standen. Er sah mich, stutzte, mäkelte an mir, fragte nach meinem Namen. Ich schwieg; Nel antwortete für mich. Da sah er mich scharf an. Ließ seinen Handschuh fallen. ,Heb’ auf, Bootsmann!‘ sagte er. Ich rührte mich nicht. Dreimal schrie er mir’s zu. Ich biß die Zähne aufeinander, sah ihm gerade in die Augen. Da riß er den Säbel heraus, mir scharf über den Kopf.“
„Tom ...“
„Er ist einer von denen, die in dem Maat ein Tier sehen!... Nachher, beim Verhör, sagten sie mir, ich habe ihm den Säbel zerbrochen. Erst im letzten Augenblicke hätten sie Sir John aus meinen Händen reißen können ... Nun ja, es gab viel Unzufriedenheit auf den Schiffen, Meuterei lag in der Luft. Sie wollten wohl ein Beispiel aufstellen, verurteilten mich zum Tode. Nel war der einzige, der widersprach'. Die anderen aber überstimmten ihn. So erzählte mir’s später die Frau. Nels Frau!“
Er hielt inne. Ein Leuchten ging über sein Gesicht. Und während er nach dem Schreibtisch hinübersah, faltete er, wie einem inneren Antriebe gehorchend, die Hände.
Unwillkürlich folgte Emma seinem Blicke. Auf dem Schreibtisch stand das Bild einer Frau mit hübschem, nichtssagendem Gesicht, ein Lächeln um den Mund.
Emma betrachtete es lange.
„Das ist Mrs. Nelson?“ fragte sie dann, sich abwendend. „Josiahs Mutter?“
Sie war enttäuscht. Anders hatte sie sich die Herrin Nelsons vorgestellt, größer, schöner, bedeutender.
Toms Augen strahlten.
„Immer war sie gut