Vom Glück zu leben. Titus Müller

Vom Glück zu leben - Titus Müller


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sollen ihr Leben hier auf der Erde verlängern. Wir sollen Gott als den Schöpfer ehren, indem wir unseren Körper und unsere Seele gut behandeln.

      Gott zäumt das Pferd also von der anderen Seite auf. Nicht die Arbeitsmenge oder die Fülle an Vergnügen versucht er zu erweitern, indem er immer mehr davon in immer knappere Zeitbudgets presst. Gott schenkt Zeit. Hier. Und auf der neuen Erde. Verblüffend einfach, nicht wahr?

      Eine CD brauche ich nicht, um das Entspannen als medizinisches Event zu deklarieren. Das Kommando kommt von meinem Schöpfer höchstpersönlich: Mein Kind, ruh dich aus. Du hast Zeit. Viel Zeit.

       Vom Glück zu leben

      Die University of California untersuchte zwei Gruppen von Menschen: solche, die in der Lotterie gewonnen hatten, und solche, die durch einen Unfall gelähmt worden waren. Ziel war es herauszufinden, ob ein Lottogewinn glücklich und ein schwerer Unfall mit Dauerfolgen unglücklich macht. Das Ergebnis verblüfft: Zwar waren kurz nach dem Ereignis die Lottogewinner glücklicher und die Unfallopfer unglücklicher, bald aber kehrten die Menschen zum gleichen Maß an Zufriedenheit zurück, das sie zuvor gehabt hatten.

      Dr. H. Roy Kaplan, ein amerikanischer Wissenschaftler, der sich mit Lotteriegewinnern befasst, erklärt diesen Effekt: „Man kann Menschen über Nacht von einem ökonomischen Status zu einem anderen katapultieren, aber die Überzeugungen und Erfahrungen, die sie während ihrer Lebenszeit angesammelt haben, ändern sich nicht so schnell.“

      Ein anonymer Gewinner schreibt im Internet: „Glücklich zu sein, das kommt von innen. Ich habe eine Menge Geld im Lotto gewonnen. Dadurch geht es mir finanziell sehr gut. Mein Gefühl von Glücklichsein hat sich aber nicht verändert.“

      Umgekehrt gelingt es selbst schwer geschlagenen Menschen, ihre innere Zufriedenheit wiederzuerlangen, so wie sie vor dem Unglück mit den kleinen Widrigkeiten des Lebens zurechtgekommen sind. Ich kann das alles nicht beurteilen. Weder bin ich über Nacht reich geworden noch habe ich bei einem Unfall das Augenlicht verloren oder die Fähigkeit, meine Beine zu bewegen. Dass unser Glücksempfinden aber auf die Dauer nicht von solchen äußeren Ereignissen abhängen muss, glaube ich, denn ich erlebe es im Kleinen jeden Tag.

      Am besten geht es mir, wenn ich mich von innen heraus an Kleinigkeiten freuen kann. Um zufrieden zu sein, muss man keine Geschenke oder Liebeserklärungen bekommen – auch wenn man das in missmutigen Momenten glaubt. Jeden Tag, jede Stunde gibt es genug Dinge, die uns mit tiefer Zufriedenheit erfüllen können. Die gewöhnlichen Tipps kennen Sie, darum stelle ich Ihnen ein paar von den verrückteren vor.

      An den vergangenen Tagen war es sehr heiß. Heute, während ich diesen Text schreibe, ist es bewölkt und kühl, der erste kalte Tag seit langer Zeit. Darüber traurig zu sein, wäre Unsinn. Im Gegenteil, man kann es genießen! Ich mag es, wieder ein Kleidungsstück mit langen Ärmeln anziehen zu können. Ich mag die kühle Luft, das veränderte Wetter. Es wird nie langweilig!

      Kürzlich war ich sechs Stunden mit dem Auto unterwegs. Wie wertvoll eine Mohrrübe auf so einer Fahrt ist, ein Schluck Wasser, ein Stück Brot! Aber auch etwas anderes hat mich glücklich gemacht unterwegs. Lachen Sie nicht über mich, versprechen Sie das? Ich musste einen stillen Ort aufsuchen, und nach einer unerklärlichen Gesetzmäßigkeit kommt immer dann kein Rastplatz, wenn man ihn braucht. Wie glücklich war ich, als ich endlich einen fand! Zurück auf der Autobahn war ich richtig gut gelaunt und musste selber staunen darüber: Es ist ein Segen, wenn man sich erleichtern kann und danach entspannt die Reise fortsetzt.

      Keine Reise, kein interessantes Wetter – was dann? Man kann Pilze suchen wie früher in der Kindheit. Man kann sich beim Bäcker ein Stück Kuchen leisten. Man kann zum nächstgelegenen Bach oder See spazieren und die Füße ins Wasser stecken. Man kann auf einer Wiese Sauerampfer sammeln und ihn essen. Man kann sich ein neues Brettspiel ausdenken und die Nachbarn oder Freunde einladen, um es zu spielen. Man kann einen Raubvogel beobachten.

      Ohne die großen Ereignisse dafür verantwortlich zu machen, dass man nicht zufrieden ist, kann man glücklich sein. Wie? Den Rat kennen Sie schon: „Seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch“ (1. Thessalonicher 5,18).

       Raumstationen und Freizeitparks

      Steve Ditko ist einer der erfolgreichsten Comiczeichner der Welt, er gab unter anderem „Spider-Man“ seine Gestalt. Dennoch hasst er öffentliche Auftritte. Seit 1960 hat er kein Interview mehr gegeben, und es existieren nur zwei unscharfe Fotos von ihm. „Ich rede nie über mich“, sagt er. „Ich bin meine Arbeit.“

      Zuerst einmal fasziniert das. Kein großes Gerede. Kein Starkult. Ein Mann, der zeichnet, jahrzehntelang, und nichts weiter. Und doch hat seine Aussage einen bitteren Beigeschmack. „Ich bin meine Arbeit.“ Stellt sich Gott so seine Geschöpfe vor? Sind wir, was wir tun?

      Wäre das Gottes Maßstab, dann könnten ihm Kinder nicht so wertvoll sein. Er aber schätzt Kinder – die nicht arbeiten! – genauso wie die Erwachsenen. „Werdet wie die Kinder!“, riet er sogar. Um Lahme kümmerte er sich, die nicht arbeiten konnten, um Aussätzige, die von der Arbeitswelt ausgeschlossen waren.

      Unsere Gesellschaft schätzt die Arbeit höher ein als alles andere. Familie, Gesundheit, Träume – alles muss sich unterordnen. Den Takt gibt das Arbeitsleben vor. Im Wahlkampf ist Arbeit das wichtigste Thema, und wenn wir jemanden kennenlernen, fragen wir als Erstes nach seinem Beruf.

      Bestsellerautor Nicholas Sparks schreibt in seiner Autobiografie Nah und fern: „Schon morgens beim Aufwachen würgt einen das Gefühl, im Hintertreffen zu sein, und jeder Tag wird ein hektischer Wettlauf gegen die Uhr. Krampfhaft versucht man, allen Ansprüchen gerecht zu werden … So fühlte ich mich während des ganzen Jahres 2002 … Ich war gestresst: mental, körperlich, psychisch.“

      Sparks spürte: Das Leben hatte ihn im Schwitzkasten. Und es forderte mehr, als er geben konnte. Er wusste, dass er Urlaub brauchte. Gleichzeitig gab es tausend Gründe, warum eine Auszeit gerade unmöglich war.

      Hört sich das vertraut an? Trifft Ditkos Aussage auf Sie zu: Sie sind Ihre Arbeit?

      Es gibt Alternativen. Immer mehr Menschen in meinem Umfeld lehnen es ab, sich von den Normen und Erwartungen der Gesellschaft zu Arbeitssklaven machen zu lassen. Sie treffen Vereinbarungen mit ihrem Arbeitgeber, dass sie 80 Prozent der Stunden für 80 Prozent des Lohns arbeiten. Oder 60. Oder 50. Wir leben in einem reichen Land. Das Geld reicht trotzdem für Wohnung, Essen und Kleidung.

      Fleiß ist gut. Etwas zu schaffen ist gut. Wenn wir aber die Freude am Arbeiten verlieren, wenn wir bereits am Frühstückstisch die Schultern krümmen, weil wir wissen, dass wir den Tag kaum schaffen werden – dann übersteigt die Arbeitslast das gesunde Maß.

      Wir sind nicht unsere Arbeit. Zuallererst sind wir Geschöpfe Gottes, die zum Lieben und Geliebtwerden existieren, zum Entdecken neuer Dinge, zum Schmecken, Fühlen, Riechen, Füreinanderdasein.

      Mag sein, dass wir Raumstationen gebaut haben, Wolkenkratzer, Freizeitparks; mag sein, dass wir in Unterseeboten durch die Weltmeere streifen und dass unsere Computer ihre Taktfrequenz alle zwei Jahre verdoppeln. Sind das die Leistungen, die unser Menschsein ausmachen?

      Letzten Endes befinden wir uns auf einer Reise hin zu Gott, unserem Schöpfer. Über unsere Gebäude, Geräte und Arbeitserfolge werden wir später nur milde lächeln. Was am Ende zählt, ist allein die Liebe: Dass wir einem Kind über den Kopf gestreichelt haben, einen Kranken gepflegt haben und einem Freund ein guter Freund gewesen sind.

       Vom Fernwehschrei einer Lokomotive

      Es gibt Sätze, die machen mich glücklich wie ein Ferientag am Meer. Begegnen Sie auch manchmal solchen Schätzen? Zuletzt fand ich in Brigitte Reimanns Roman Franziska Linkerhand den Ausdruck vom „Fernwehschrei einer Lokomotive“. Ein Genuss, sich


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