EQUALIZER. Michael Sloan

EQUALIZER - Michael  Sloan


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Footballtypen hinter sich nicht bemerkt, bis der ihm gegen den Kopf geschlagen hatte. Das hatte ihn überrascht. Er drehte sich um, brachte einen Schlag an, den sein Sensei ihm beigebracht hatte – einen Ellbogen ins Gesicht. Gegen die Schläfe. Das rüttelte den Schulhofschläger ordentlich durch, der ins Stolpern kam. Der junge McCall hatte den Kerl unter dem Arm gepackt, angehoben und sich dabei auf ein Knie fallen lassen. Der Schwung hatte den Sportlertypen über McCalls Schulter geschleudert. Er war hart auf dem Asphalt aufgeschlagen. McCall hätte es dabei belassen sollen. Schließlich war er keine Bedrohung mehr. Aber in einem plötzlichen Wutanfall hatte er dem Jungen seitlich gegen den Kopf getreten. Er war bewusstlos geworden und hatte eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen. In den Tagen nach dem Kampf hatte der Footballspieler, dessen Namen er nicht einmal mehr wusste, Schwierigkeiten, sich an kurz zurückliegende Ereignisse zu erinnern, ihm war schummrig, er verlor manchmal das Gleichgewicht und hatte ein ständiges Klingeln im Ohr. Es dauerte noch zwei Wochen, bis man bei ihm eine Hirnblutung diagnostizierte. Der Arzt hatte dem jungen McCall im Krankenhaus erklärt, dass sich zwischen der schützenden äußeren Membran des zentralen Nervensystems und dem Schädel Blut angesammelt hatte. Das erzeugte Druck im Inneren des Schädels und konnte das Hirngewebe quetschen. McCall erinnerte sich daran, dass er sich verzweifelt gewünscht hatte, der Junge – Billy Jackson, das war sein Name gewesen – möge nicht sterben. Das war auch nicht passiert. Aber er war nie wieder ganz der Alte geworden.

      Der zweite Angreifer war der Quarterback, Jerry Stiles. Er war von links auf McCall losgegangen und hatte ihm einen Schlag auf den Solarplexus verpasst, der ihn auf die Knie gehen ließ. Der Regen war wie eine Sturzflut. So wie heute Abend. Stürmisch und unnachgiebig und nie nachlassend. Er erinnerte sich daran, wie sich Blut mit dem Wasser vermischt hatte, als einer der anderen Sportlertypen ihn ins Gesicht getreten hatte. Heiß war das Blut aus seiner Nase geströmt, aber wie durch ein Wunder war sie nicht gebrochen.

      Er hatte an diesem Abend Glück gehabt.

      Sie hatten ihm einen Krankenhausaufenthalt bescheren wollen.

      McCall hatte den Kerl, der ihm eine blutige Nase verpasst hatte, einen Linebacker, gepackt und zu Boden gerissen. Er war groß und langsam und der peitschende Regen hatte ihm die Sicht genommen. McCall verpasste ihm einen Schlag mit dem Ellbogen seitlich gegen den Hals, der ihn stöhnend auf dem Boden zurückgelassen hatte.

      Dann zerrten sie McCall grob auf die Beine und deckten ihn von allen Seiten mit Schlägen ein, aber der Angriff war unkoordiniert. Sie schlugen einfach blindlings auf ihn ein, traten ihn, in der Annahme, ihre zahlenmäßige Überlegenheit genüge bereits. McCall trat einen von ihnen in die Eier und es faltete ihn zusammen. Er zog die Beine an, um sich zu schützen. Ein vierter der Sportfuzzis versuchte, McCall am Kopf zu packen und ihm die Daumen in die Augen zu bohren, aber der Angriff war unbeholfen. McCall trat dem Jungen die Beine weg. Es war so rutschig, dass jede Kampftaktik zum Scheitern verurteilt war außer McCall gegen die graffitibeschmierte Ziegelwand zu drücken und wild auf ihn einzuschlagen. Der Kerl versuchte aufzustehen. McCall knallte ihm den Absatz seiner Nikes gegen die Stirn. Er ging wieder zu Boden.

      Jerry hatte nun den Arm um McCalls Kehle und drückte ihm die Luftröhre zusammen. Er war stark und McCall merkte, wie ihm die Sinne schwanden. Gleichzeitig strömte eine Eiseskälte durch seine Adern, kälter als der Regen. Er fühlte sich, als müsse er kotzen, und ihm wurde schwarz vor Augen. Das Einzige, was ihm einfiel, bevor er sicherlich bewusstlos wurde, war, sich nach hinten abzustoßen und den Quarterback mitzureißen. Er erinnerte sich daran, dass er, während er mit Jerry rückwärts taumelte, gedacht hatte, wie dämlich dieser Kampf war. Er mochte Andras nicht mal besonders. Aber er wollte auch nicht zusehen, wie diese Typen ihn quälten. Nicht, dass ihn das was anging. Die meisten Schüler machten einen großen Bogen um McCall.

      Das Wort Einzelgänger war ihm quasi auf die Stirn tätowiert.

      Jerry und McCall krachten gegen einen der Stahlpfosten, an denen die Basketballnetze festgemacht waren. Die Wucht lockerte den Griff um McCalls Hals. Er hatte sich halb umgedreht, Jerrys Arm gepackt, ihn mit beiden Händen fest umklammert, nach oben geschoben und dann mit Wucht nach unten gerissen und gebrochen.

      Das hatte den Kampf beendet. McCall hatte sich vom Pfosten des Basketballkorbs abgestoßen, nach Luft geschnappt und war selbst im strömenden Regen auf die Knie gegangen. Er erinnerte sich daran, dass er aufgeblickt und den Schmerz und Unglauben in Jerrys Augen gesehen hatte. Ein gebrochener Arm beendete seine Footballkarriere in diesem Jahr. Vermutlich für immer. Und die Mavericks waren auf dem ersten Platz gewesen. Ohne Jerry konnten sie die Meisterschaft nicht gewinnen, daran erinnerte sich McCall. Er war überzeugt, das hatte die Schulleitung mehr aufgeregt als der Kampf an sich.

      Sie hatten sich dann verkrümelt und den jungen Robert McCall auf Knien auf dem Spielplatz zurückgelassen, während ihn der Regen durchweicht hatte.

      McCall war langsam aufgestanden. Er hatte auf ein Hochgefühl gewartet, aber es hatte sich nicht eingestellt. Ihm war einfach nur schlecht gewesen. Nichts hatte sich verändert. Die anderen Kinder in der Schule würden immer noch einen riesigen Bogen um Robert McCall machen. Ein paar der Streber würden weiter gemobbt werden, aber die anderen Schulhofschläger überlegten es sich möglicherweise zweimal, wenn sie den Arm ihres Star-Quarterbacks in einer Schlinge sahen und die Chancen auf die Ligameisterschaft dahin waren.

      Aber es hatte noch eine weiterreichende Auswirkung.

      McCall war von der Schule geflogen.

      »Du bist der letzte Mensch, den ich hier im Regen auf diesem Spielplatz erwartet hätte«, sagte sie leise.

      McCall drehte sich um und lächelte. Er musste für sie wie eine ersoffene Ratte ausgesehen haben. Irgendwie schaffte sie es, selbst in einem Wolkenbruch noch elegant und völlig gelassen zu wirken. Sie hörte sich sogar ein wenig ironisch an.

      Aber seine Ex-Frau hatte für ihn schon immer toll ausgesehen.

      Kapitel 8

      Sie saßen in einer Ecke im Vorderbereich des 21 Club in zwei großen roten Ledersesseln neben dem offenen Kamin. Ein Feuer loderte darin. Die Lounge war voller Menschen, die auf einen Tisch warteten. Von da, wo McCall saß, konnte er einen kleinen, schrägen Ausschnitt des Bar-Restaurants sehen, mit den diversen Kuriositäten, die von der Decke hingen. Das Goodyear-Luftschiff, ein Flugzeug, ein Football, ein Rennwagen mit der Nummer 24 darauf, ein Bauarbeiterhelm und eine alte 45er-Schallplatte, die in Plastik eingepackt war. Sein Lieblingsspielzeug war das Modell einer PT-109, das ein Geschenk an den 21 Club von Präsident John F. Kennedy war.

      McCall mochte das Restaurant. Als er nach der Hochzeit mit Cassie mehr Zeit in New York verbracht hatte, war er häufig hierhergekommen. Er erinnerte sich an einen der Oberkellner, Harry, ein netter Kerl. Er hatte sich schon lange zur Ruhe gesetzt. Aber es gab ein paar vertraute Gesichter, die ihn grüßten, und McCall wusste, dass der Barkeeper immer noch derselbe Typ war, der die Drinks schneller und akkurater servierte, als er selbst es jemals können würde. McCall fand das irgendwie tröstlich. Manche Dinge sollten sich nicht ändern. Er erinnerte sich daran, dass man ihn einmal in den Weinkeller mitgenommen hatte, wo es immer noch die Flüstertür gab, die während der Prohibition verwendet worden war. Es war die am besten getarnte Geheimkneipe in New York und die Feds hatten den Raum nie gefunden. Um die Tür zu öffnen, musste man einen 40 Zentimeter langen Fleischspieß in eine der Ritzen in der Kellerwand stecken. Harry hatte es McCall an einem Abend gezeigt. Er fragte sich, ob besondere Kunden weiterhin einen Rundgang durch die Flüsterkneipe bekamen.

      McCall betrachtete die Fenster zu seiner Linken, gegen die der Regen prasselte, und er sah ein paar gelbe Taxis vorfahren. Ein paar Leute stiegen aus, die gekleidet waren, als wollten sie essen gehen. Auf dem schmiedeeisernen Geländer im ersten Stock standen eine ganze Reihe prächtig bemalter Jockeyfiguren. Außerdem auch die gesamte Treppe hinab, um die Gäste am Eingang mit den altmodischen Lampen zu begrüßen. Es gab nicht mehr viele Restaurants in New York mit derart viel Geschichte.

      Der Hintergrundlärm in der Lounge war beträchtlich, während mehr und mehr Menschen vor dem Unwetter Zuflucht suchten. Aber niemand drang in ihre ruhige Oase vor dem Kamin ein. McCall hielt


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