Das Haus hinter den Magnolienblüten. Pam Hillman
gezogen haben. Würdet ihr ihn gerne einmal probieren?“
Megan wusste nicht genau, was sie wollte, und trat unsicher von einem Bein auf das andere, während ihr Blick weiter von Kiera zu Connor wanderte. „Ich bleibe hier. Danke trotzdem, Ma’am“, antwortete sie schließlich.
Kiera widerstand dem Drang, ihrer Schwester zu sagen, dass sie richtiges Englisch sprechen solle. Es gab wichtigere Dinge zu regeln, als Megan auf ihren irischen Dialekt hinzuweisen, der sich wie so oft in ihre Sprache mischte. Ohne ihre Augen von Connor zu wenden, befahl sie ihr stattdessen: „Nun geh schon. Sei ein braves Mädchen.“
„Aber, Kiera …“
„Tu, was ich dir sage.“
Isabella streckte dem jungen Mädchen eine Hand entgegen, doch Megan beachtete sie erst gar nicht. Wütend zischte sie an ihr vorbei ins Haus. Zögernd folgte Patrick mit besorgter Miene und warf dabei immer wieder einen prüfenden Blick über die Schulter auf Kiera und Connor.
Wankend trat Mr Bartholomew nach vorne und legte Wainwrights Stallburschen eine Hand auf die Schulter. „Jack, was hältst du davon, wenn wir derweil die Pferde zu den Stallungen bringen? Sie haben sich etwas Ruhe redlich verdient und sind sicher froh, endlich die Sättel loszuwerden. Außerdem will ich wissen, was es Neues aus Natchez zu berichten gibt.“
„Ja, Sir.“ Geschickt schnappte sich der Junge die Zügel der Pferde und führte sie gemeinsam mit dem alten Mann den Weg zu den Ställen hinab.
Rory blickte so entschlossen drein, dass er vermutlich nur an Händen und Füßen von hier weggezerrt werden konnte.
Amelia trat näher an Kiera heran. Erstaunlicherweise bewegte sich auch Quinn fast unmerklich in ihre Richtung. Dennoch hatte Kiera nicht das Gefühl, dass er auf ihrer Seite war. Mit verschränkten Armen stand Quinn vor seinem Bruder und blickte ihn verbissen an. Kiera kam der Verdacht, dass er vor allem anderen einfach nicht auf Connors Seite sein wollte. Warum stand er gegen seinen Bruder?
„Sie erinnern sich nicht an mich, habe ich recht?“ Prüfend betrachtete Connor die junge Frau ihm gegenüber.
Die Kinnlade fiel Kiera hinunter. „Sollte ich?“
„Vermutlich nicht. Es ist lange her.“ Connor zuckte mit den Schultern. „Zehn Jahre, um genau zu sein. Damals war ich ein Stallbursche auf der Farm Ihres Vaters. Ich weiß noch, dass Cinnamon Ihr Lieblingspony gewesen ist.“
„Wie …?“ Kopfschüttelnd versuchte Kiera, sich zu erinnern. Besonders viel Zeit hatte sie nie in den Ställen verbracht. Vor allem deshalb, weil Charlotte ihre meiste Zeit dort verbrachte. Wo immer Kiera ihrer Halbschwester begegnete, lief sie in den meisten Fällen nur weinend wieder davon. Aber sie erinnerte sich an Cinnamon. Nachdem Charlotte nach London gezogen war, hatte Kiera entsprechend viel Zeit in den Ställen verbracht und die Ausritte mit ihrem Pony genossen. „Sie sind wirklich bei uns in den Ställen zur Hand gegangen? Und Sie kannten Charlotte? Wie kam das?“
„Möchten Sie wirklich die Einzelheiten hören?“, erwiderte Connor seufzend. „Vielleicht sollten wir es hierbei belassen: Letzten Endes wurde Charlotte mit dem zukünftigen Lord von Manderly verlobt und ich auf die lange Reise als Knecht in die Kolonien geschickt.“
Die Erkenntnis traf Kiera wie ein Schlag ins Gesicht. Charlotte war schon immer ein Luder gewesen und war es heute noch. Auch wenn es Kiera mit großer Scham erfüllte, wusste sie, dass ihre Halbschwester auch nach ihrer Hochzeit mit George Liebschaften zu anderen Männern gepflegt hatte. In den letzten Jahren hatte Charlotte oft ohne ihren Mann den Sommer in Irland verbracht. Während Kiera sich nur vage vorstellen konnte, was George in Abwesenheit seiner Frau trieb, wusste sie umso besser, wozu Charlotte fähig war. Ohne Zweifel war George keinen Deut besser. Vermutlich passten sie deshalb so gut zueinander.
Kein Wunder, dass Connor die steinerne Maske aufgesetzt hatte, als Kiera ihren Nachnamen erwähnt hatte. So schnell er konnte, würde er sie von Breeze Hill wegschicken. Das war ihr klar. Versteckt in den Falten ihres stoffreichen Kleides ballte sie die Fäuste. Dazu würde sie ihm keine Möglichkeit geben.
„Das tut mir leid. Ich … wusste nichts davon.“ Kiera hob ihr Kinn. „Zusammen mit Jack werden wir wieder zurück nach Natchez gehen.“
„Nein“, spie Quinn aus. Seine Augen funkelten Connor an. „Nur über meine Leiche.“
Unbeeindruckt starrte Connor zurück. „Quinn, du hast keine Ahnung, wovon du redest. Es ist vermutlich für alle am besten, wenn Miss Young und ihre Schwestern auf schnellstem Weg nach Natchez zurückkehren.“
„Für wen am besten?“ Mit erhobenen Fäusten schritt Quinn langsam auf seinen älteren Bruder zu. Dieser richtete sich zu voller Größe auf, hielt seine Hände jedoch unten. Connor hatte Quinn nichts voraus. Beide Männer waren in etwa gleich groß und breitschultrig. Die Muskeln an Armen und Beinen zeugten von jahrelanger, harter Arbeit. Sorgen schlichen sich in Kieras Gedanken und ihr Magen zog sich zusammen. Bestimmt würden die zwei sich nicht einigen können. „Am besten für dich oder für Kiera? Weiß deine Frau, weshalb du Irland verlassen musstest?“
„Ja, sie weiß es.“
„Ach, sie weiß es jetzt also“, spottete Quinn. „Ich wette, sie weiß nicht, dass eure kleine Affäre genauso dein Verdienst war wie der von Charlotte.“
„Isabella weiß alles“, presste Connor zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Ich habe nichts vor ihr verschwiegen.“
„Quinn, bitte. Wir gehören nicht hierher.“ Kiera schüttelte den Kopf. „Wenn ich das vorher gewusst hätte, wäre ich gar nicht erst hierhergekommen.“
„Kiera? Wir können nicht zurück!“ Das blanke Entsetzen stand Amelia ins Gesicht geschrieben. Fest packte sie Kiera am Arm. „Dieser Mann. Er …“
„Connor, du meinst also, dass Charlotte ein böses Spiel mit dir gespielt hat?“ Vor Wut und Anspannung atmete Quinn schwer. Die beiden Brüder schlichen umeinander herum wie wilde Tiere. „Nun ja, was sie dir angetan hat, ist nichts im Gegensatz zu dem, was sie ihren eigenen Schwestern angetan hat.“
„Quinn, ich bitte Sie …“ Rot leuchtete Kieras Gesicht auf, als Connor nur kurz den Blick zu ihr schweifen ließ. Es war ihm egal, was Charlotte ihren Schwestern angetan hatte. Ihn interessierte nur, was sie ihm angetan hatte. „Es ist nicht nötig, dass Sie …“
„Und ob es nötig ist.“ Mit ausgestrecktem Zeigefinger zeigte Quinn abwechselnd auf Kiera, dann auf Amelia. „Ihre Schwester – ihr eigen Fleisch und Blut – hat ihrem Ehemann erlaubt, sie nach Natchez bringen zu lassen. Die gesamte Zeit über wurde Kiera in dem Glauben gelassen, dass in den Kolonien ein Ehemann auf sie warten würde. Ehemann? Ha! Als sie hier eintrafen, wartete nur der Besitzer eines Bordells auf sie.“
Connors Kiefer verhärtete sich. „Wie seid ihr in die Sache hineingezogen worden?“
Kurz schilderte Quinn die Ereignisse, die letztlich dazu geführt hatten, dass Kiera und ihre Schwestern aus den Fängen von Le Bonne befreit wurden.
„Bei der Rettung der Mädchen kam Mr Marchette tragischerweise ums Leben. Sie können einfach nicht zurück. Zumindest nicht, bis Mr Wainwright Licht in die Angelegenheit gebracht hat.“
Unschlüssig blickte Kiera von Connor zu Quinn und wieder zurück. „Habe ich nicht auch ein Wörtchen mitzureden?“
„Nein“, blaffte Quinn zurück.
Connor atmete tief ein und ließ die Luft langsam wieder entweichen. Dann erst blickte er Kiera direkt an. „Miss Young, ich kann nicht leugnen, dass Ihre Anwesenheit mir großes Unbehagen bereitet. Um ehrlich zu sein, hatte ich gehofft, den Namen Charlotte Young nie wieder in meinem Leben hören zu müssen. Und jetzt soll ich auch noch Gastgeber für ihre Familienmitglieder spielen …?“
„Dann …“, setzte Kiera an, doch sie kam nicht weit.
Connor hob die Hand. „Es ist, wie es ist. Unter den gegebenen Umständen kann ich Sie und Ihre Schwestern auf keinen Fall zurück nach Natchez,