Das Haus hinter den Magnolienblüten. Pam Hillman

Das Haus hinter den Magnolienblüten - Pam Hillman


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Isabella stand auf und lief aus der Küche. Zu Kiera sagte sie noch: „Ich bin gleich zurück“, dann war sie verschwunden.

      Allein in der Küche sitzend griff Kiera nach dem Zipfel ihrer Schürze und wischte sich die Nase daran ab. Bedächtig achtete sie darauf, keinen Zwiebelsaft in ihre Augen zu bekommen. Um das Brennen zu verringern, schielte sie aus zusammengekniffenen Augen auf die Zwiebeln und schnitt sie, so schnell sie nur konnte, zu Ende. Endlich ließ sie auch den letzten Rest in den Schmortopf fallen.

      Im Stillen dankte sie Isabella für ihre lieben Worte. Sie meinte es sicher nur gut mit ihr. Trotzdem konnte sie den Ärger in Connors Stimme nicht vergessen, als er herausgefunden hatte, wer sie war. Das würde sich auch heute noch nicht geändert haben. Connor wollte sie und ihre Schwestern immer noch loswerden. Je schneller, desto besser.

      Die Tür öffnete sich und Isabella kam wieder herein. In der Hand hielt sie einen runden Laib Käse. „Oh, gut, du bist ja schon fertig mit den Zwiebeln.“ Sie drückte Kiera den Käse in die Hand. „Schneide ein paar Scheiben ab, ich brate derweil ein wenig Speck. Im Brotkasten findest du Brot, das kannst du auch in Scheiben schneiden.“

      Kiera tat, wie ihr geheißen wurde. Während sie Brot und Käse schnitt, füllte der Geruch nach gebratenem Speck die Küche.

      Kurz darauf gabelte Isabella den Speck auf die Hälfte der Brotscheiben und bedeckte sie mit einer weiteren Scheibe Brot. Die Sandwiches wickelte sie mehrfach ein, um sie warm zu halten, und legte sie in den Korb. Dann griff sie nach ihrem Schal und schwang sich den Korb über den Arm. Bevor sie die Tür aufstieß, drehte sie sich lächelnd zu Kiera um. „Kommst du nicht mit?“

      „Ich glaube nicht, dass …“ Isabellas hochgezogene Augenbraue ließ sie innehalten. „Natürlich. Lass mich nur schnell meinen Überwurf holen.“

      Auf dem Weg redeten die beiden Frauen nicht viel miteinander. Beide hingen ihren eigenen Gedanken nach. Als das Sägewerk in Sicht kam, hielt Kiera sich jedoch dicht bei Isabella. Mehrere Männer hatten sich zu zweit zusammengetan und sägten Baumstämme in großen Sägegruben. Andere Arbeiter waren damit beschäftigt, die abgesägten Holzbretter über die Lichtung zu tragen, wieder andere stapelten das Schnittholz aufeinander.

      Ein großer, schlaksiger Mann lupfte seinen Hut in ihre Richtung. „Guten Morgen, Miss O’Shea. Miss.“

      „Guten Morgen, Mr Horne“, rief Isabella fröhlich zurück und nickte ihm zu. An Kiera gewandt sagte sie: „Das war Mr Horne. Sicher wirst du bald seine Frau und Töchter kennenlernen.“

      „Mary?“

      „Du hast sie schon kennengelernt?“

      „Ja. Sie hat die Kinder gestern dazu gebracht, Mais zu schälen.“

      „Wahrscheinlich nicht, ohne ihnen dabei die eine oder andere Geschichte zu erzählen.“

      „Genau.“

      „Sie hat eine Gabe dafür, die Kinder beschäftigt zu halten.“ Isabella lachte. „Die Hornes haben zehn Kinder. Das jüngste ist fünf Monate alt, nur ein paar Wochen jünger als mein Neffe. Du wirst die Gottesdienste lieben. Mrs Horne und ihre Töchter haben wundervolle Stimmen und Mr Horne ist ein sehr lebhafter Prediger.“

      Das Chaos auf der Lichtung schien Isabella nicht im Mindesten zu beeindrucken. Entschlossen lief sie zwischen den Arbeitern hindurch. Kiera beeilte sich, nicht von ihrer Seite zu weichen. An einer der Sägegruben stand Quinn. Das Hemd klebte ihm am Körper, als er das Sägeblatt mit aller Kraft durch den Baumstamm schob. Das rhythmische Hin und Her der Säge klang beruhigend in Kieras Ohren. Als er kurz innehielt, um sich mit dem Halstuch den Schweiß von der Stirn zu wischen, trafen sich ihre Blicke. Kiera errötete und schaute schnell in eine andere Richtung.

      Neben dem Stamm kniete Connor sich nieder und trieb einen Keil in den entstandenen Spalt, um das Holz auseinanderzuhalten. Als er die beiden Frauen entdeckte, reichte er den Hammer an einen seiner Männer weiter. Energisch schritt er auf sie zu, seine Miene so düster wie eine Gewitterwolke. Doch sein Blick war allein auf seine Frau gerichtet, nicht auf Kiera. Als er bei ihnen ankam, packte er Isabella am Arm und zog sie an seine Seite. „Du hättest nicht so weit laufen sollen, Liebe. Es ist viel zu früh, seit …“

      „Mir geht es wunderbar, Connor. Hör auf, dir Sorgen zu machen.“

      „Brr! Halt, du Dummkopf!“

      Kiera wirbelte herum, als das ängstliche Wiehern eines Pferdes direkt hinter ihr ertönte. Das arme Tier bäumte sich auf. Seine hinteren Hufe hatten sich im Geschirr verheddert, das an einem der Baumstämme festgemacht war. Vor Schreck machte Kiera einen Schritt zurück und stolperte auf dem unebenen Boden.

      Das riesige Arbeitspferd scheute erneut und riss sich los. Wild schlug es mit den Hufen aus, nur wenige Meter von Kiera entfernt. Plötzlich wurde Kiera hochgehoben und aus der Gefahrenzone gebracht. Männer kamen aus allen Eckern herbeigeeilt, um das Tier zu bändigen und die Ketten zu lösen, in welchen sich das Pferd verfangen hatte.

      Als Kiera aufblickte, sah sie direkt in die blauen Augen von Quinn.

      Besorgt schaute er sie an. „Alles in Ordnung mit Ihnen?“

      „Mir … mir geht es gut.“ Seinen rechten Arm hatte er um ihre Hüfte geschlungen und hielt sie damit aufrecht. Laut pochte Kieras Herz bei dem Gedanken an die Hufe des Pferdes, die sie nur knapp verfehlt hatten – oder war es wegen des Gedankens an Quinns unmittelbare Nähe? Sie schob Quinn von sich, um wieder frei atmen und richtig denken zu können.

      „Björn!“

      Connors lautes Brüllen ließ Kiera zusammenzucken. Mit Quinn im Schlepptau rannte er auf die Stelle des Geschehens zu.

      „Wie konnte das passieren?“, bellte er den unglückseligen Mann an, der wieder den Führstrick des Pferdes in beiden Händen hielt. Zitternd, aber folgsam stand das endlich befreite Pferd neben ihm.

      „Ich weiß es nicht, Master O’Shea. In der einen Minute verhielt es sich lammfromm, in der nächsten trat es um sich wie der Teufel selbst.“

      „Es hat beinahe meine Frau getroffen und …“ Das gefährliche Funkeln in Connors Augen traf Kiera, „und Miss Young getötet.“

      „Es tut mir leid“, murmelte Björn beschämt, während er nervös seinen Hut in den Händen knetete. „Es wird nicht wieder vorkommen.“

      „Wenn du das Tier nicht unter Kontrolle bekommst, kann ich dich nicht länger auf Breeze Hill gebrauchen.“ Connors Stimme schnitt durch die Stille.

      „Aber ich habe nichts getan …“

      „Er hat recht, Connor.“ Quinn bückte sich und nahm die Kette in die Hand, die neben dem Baumstamm lag. „Es war nicht seine Schuld. Die Kette ist gerissen.“

      „Lass mich mal sehen.“ Nach der ausführlichen Begutachtung des gebrochenen Kettengliedes riss sich Connor den Hut vom Kopf und ließ die freie Hand durch die Haare gleiten. Dann wandte er sich wieder dem muskulösen Schweden zu, der mit gesenktem Blick vor ihm stand.

      „Es tut mir leid, Björn.“ Er zeigte auf Isabella und Kiera. „Meine Sorge um meine Frau und Miss Young hat mich überreagieren lassen.“

      Voller Hoffnung hob der Mann den Kopf. „Ich habe also immer noch einen Job, ja?“

      Connor lächelte. „Ja.“

      Grinsend setzte sich der Mann den Hut wieder auf den Kopf und eilte mit dem Pferd davon. Im Weggehen konnte Kiera hören, wie er das Tier immer wieder liebevoll schimpfte und es Dummkopf nannte.

      Kapitel 7

      Immer noch auf dem Boden kniend blickte Quinn zu Connor auf. „Die Arbeit des Mannes kann noch so gut sein, wenn die Ketten nichts taugen.“

      „Du bist doch ausgebildeter Schmied. Kannst du sie nicht reparieren?“

      „Ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee ist.“

      „Warum


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