Funkelsee – Der Ruf der wilden Pferde (Band 4). Ina Krabbe

Funkelsee – Der Ruf der wilden Pferde (Band 4) - Ina Krabbe


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das blöde Hotel!«

      Rebekka sah ihre Tochter entgeistert an. »Jetzt ist aber Schluss, Malu. Wenn Pferde irgendwo in Sicherheit sind, dann ja wohl auf der Insel. Außerdem sind noch zwei Männer zur Aufsicht mit dort. Vielleicht hast du das ja wirklich geträumt.«

      »Hab ich nicht!«, zischte Malu. »Ich finde, du solltest es dieser Frau Horapez sagen, dann könnte sie wenigstens mal nachsehen, ob es ihren Pferden gut geht. Ich würde auch mitfahren«, fügte sie nach einer kurzen Pause hinzu.

      »Das glaube ich dir gerne«, lachte ihre Mutter. »Aber du hast heute Vormittag etwas anderes zu tun und Señora Horapez sollten wir mit diesen Gespenstergeschichten nicht belästigen.«

      »Pedro hat mir erzählt, dass in zwei Tagen noch mehr Pferde zur Insel gebracht werden und zwar nachts! Ich glaube, die Señora hat Angst davor ausspioniert zu werden«, sagte Edgar und schüttete sich eine Riesenportion Müsli in die Schüssel. »Die kommen direkt von diesem Gestüt in Jordanien. Megawertvolle Tiere. Wenn die so schön sind, wie die schwarze Stute, die Señora Horapez bei uns im Stall hat ...« Ihr Bruder pfiff leise durch die Zähne.

      »Ich finde dieses ganze Getue, dass niemand die Pferde sehen darf, ziemlich albern«, erklärte Malu. »Was soll das überhaupt? Man kann denen ja nichts weggucken. Warum versteckt sie die auf der Insel?«

      Ihr Bruder sah sie so begeistert an, als würden die Pferde ihm gehören. »Señora Horapez will mit den Arabern auf der Insel Rennpferde züchten und es sollen die schönsten und schnellsten Fohlen der Welt werden. Wahrscheinlich geht es da einfach um wahnsinnig viel Geld und niemand soll sehen, mit welchen Pferden sie züchtet.«

      »Trotzdem albern. Aber diese Geräusche von der Insel, die waren nicht albern, sondern einfach schrecklich!«

      »Vielleicht hast du auch eine Eule gehört, deren Schreie klingen auch ganz schön gruselig«, sagte Rebekka be­stimmt und damit war das Thema für sie endgültig beendet.

      Eine Stunde später stand Malu hinter dem Empfangs-­tresen in der Schlosshalle. Sie hatte tatsächlich noch eine schwarze Bluse in der hintersten Ecke ihres Klei­der­­­schrankes gefunden. Leider hatte die ein grässliches beiges Blumen­­muster, aber für einen Tag würde es wohl gehen. Die Bluse hatte sie letztes Jahr zur Beerdigung von Sybill von Funkelfeld getragen. Seitdem war sie zwar gewachsen und die Ärmel waren viel zu kurz, aber die hatte sie kurzerhand hochgekrempelt.

      Unglaublich, dass das erst in den letzten Sommerferien gewesen war. Mit dem Tod von Sybill hatte sich ihr Leben komplett umgekrempelt und jetzt stand sie hier am Empfang eines Pferdehotels. Sie seufzte. Eigentlich hatte sie allen Grund zufrieden zu sein. Warum nur war sie in letzter Zeit trotzdem ständig schlecht gelaunt?! Laut Rebekka war das ganz klar: Hormone. (Also konnte sie ja gar nichts dafür!)

      Gedankenverloren wischte Malu über die matt schimmernde Holzplatte des Tresens. Dann wanderte ihr Blick hoch zu dem Portrait des alten Barons, das nach der Reno­vierung wieder in die Halle zurückgekehrt war. Gesine war sich sicher, dass ihr menschenscheuer Vater es nicht gut­geheißen hätte, dass sein Schloss in ein Hotel umgewandelt worden war. Andererseits hatte der Baron keinerlei Ver­­mögen hinterlassen, mit dem der Betrieb des Schlosses auf­rechterhalten werden konnte, und ihre Großtante war der Ansicht, dass man neue Wege gehen musste und nicht immer im Alten verharren sollte. Aus ihrer Hosentasche dudelte Musik: HEY GIRL, LET ME KNOW. Schnell zog sie es heraus, um Leas Nachricht zu lesen.

      Lea:

      Wir fahren gerade los. Wo bist du?

      Malu:

      Bei der Arbeit. Da kannst du dich gleich nützlich machen

      HEY GIRL, LET ME KNOW - Lea:

      Beim Ausmisten bin ich raus!!!! Wenn du nichts anderes für mich zu tun hast, dreh ich gleich wieder um.

      Malu:

      Empfangsdame im Hotel?

      HEY GIRL, LET ME KNOW - Lea:

      Schon eher. Erwartet ihr denn ein paar Promis???

      Malu:

      Wohl nicht.

      HEY GIRL, LET ME KNOW - Lea:

      Menno!!! Kein Glitzer, Glamour, Paparazzo??? Nur Stallgeruch? Puh!!!

      Ein Auto fuhr auf den Schlossplatz.

      Malu:

      Muss Schluss machen. Kundschaft.

      Jetzt war Malu doch ein bisschen nervös. Edgar hätte doch auch prima den Empfangschef geben können. Hallo, ich bin Edgar von Funkelfeld, äffte sie ihn lautlos nach. Aber ihr Bruder musste beim Ausladen der Pferde helfen (hätte sie viel lieber gemacht!).

      HEY GIRL, LET ME KNOW - Lea:

      Wir sind in der Kastanienallee ...

      Malu stellte ihr Handy auf lautlos und schob es unter die erhöhte Holzumrandung, damit es von der Gästeseite aus nicht zu sehen war. Wo blieben die denn nur? Geschäftig sortierte sie Papiere von der einen Seite des Tresens auf die andere.

      Leises Surren - Lea:

      Ganz schön was los bei euch auf dem Schlossplatz.

      Malu grinste. Es war so schön, dass Lea kam. Die nächsten zwei Wochen waren auf jeden Fall gerettet.

      Leises Surren - Lea:

      Bin da!

      Die große Holztür öffnete sich und ihre Freundin stürmte herein. Als sie vor Malu stand, riss sie ihre riesige Sonnen­brille herunter und lehnte sich über den Tresen. »Weißt du, wer da draußen steht?«, fragte sie ganz außer Atem.

      »Äh ... Moment ...« Malu blätterte schnell im Empfangs­buch. »Thorwald und Jelena Kampari.«

      Lea tippte sich an die Stirn. »Klar, Kampari, von wegen. Das ist doch nicht deren richtiger Name, die sind inkognito hier!«

      »Wer soll das denn –«

      Die Tür öffnete sich erneut und Edgar trat in die Halle. Hinter ihm folgten ein Mann und eine Frau, beide mit dunklen Sonnenbrillen und jeweils einer schwarzen Reisetasche in der Hand. Der Mann hatte kurze, dunkle Haare, einen ordentlich gestutzten Bart und wirkte ziemlich muskulös. Die Frau hatte ihre langen hellblonden Haare zu einem Dutt zusammengezwirbelt, sie war groß und schmal und schien ebenfalls ziemlich durchtrainiert zu sein. Die beiden sahen ein bisschen so aus, als ob sie einem Fitnessmagazin entsprungen wären.

      Lea war um den Tresen herum zu Malu gegangen und zupfte ihrer Freundin von hinten an der Bluse. »Siehst du?«, zischte sie. »Erkennst du sie?«

      Malu versuchte ihre Freundin zu ignorieren und sich auf ihren Job zu konzentrieren. »Herr und Frau Kampari? Herzlich willkommen bei uns im Reit­hotel Funkelfeld.« Sie lächelte das Ehepaar so freundlich an, wie man es eben kann, wenn einem die beste Freundin gerade ins Ohr quietscht.

      Frau Kampari stellte ihre Tasche ab und schob die Son­nen­­brille auf die Stirn. »Hallo, das ist ja wunderbar kühl hier bei Ihnen.«

      Malu musste sich ein Grinsen verkneifen. Sie war noch nie von jemandem gesiezt worden.

      »Hoffentlich sind die Zimmer genauso angenehm tempe­riert«, ließ sich Herr Kamparis dunkle Stimme vernehmen.

      »Na ja, leider ist es in den oberen Stockwerken schon etwas wärmer.« Malu zuckte entschuldigend die Schultern und drehte sich zur Schlüsselwand. Dort nahm sie die Nummer fünf vom Haken und schob sie über den Tresen. »Wir haben Zimmer fünf für Sie vorbereitet.«

      Edgar räusperte sich. »Sollen


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