Funkelsee – Der Ruf der wilden Pferde (Band 4). Ina Krabbe

Funkelsee – Der Ruf der wilden Pferde (Band 4) - Ina Krabbe


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um, »da kommen wir besser mit, nicht wahr, Thorwald? Dann können Sie uns gleich mal den Stall und das Gelände zeigen.«

      Herr Kampari nickte. Er hatte immer noch seine Sonnen­brille auf und Malu war sicher, dass er damit in der Halle nicht viel sehen konnte.

      »Ich bringe Ihre Taschen dann schon mal nach oben«, schlug Malu vor. »Dann können Sie sich in Ruhe um Ihre Pferde kümmern.«

      Frau Kampari sah ihren Mann etwas unentschlossen an. Der nickte zwar, stellte seine Tasche dennoch widerstrebend ab.

      Als Edgar mit den beiden verschwunden war, atmete Malu erleichtert auf. »Und, wie war ich?«, fragte sie ihre Freundin und breitete theatralisch die Arme aus, als würde sie tosenden Applaus erwarten.

      »Wahnsinn, wie du da so cool bleiben kannst«, hauchte Lea und schlug die Hände zusammen. »Ich wäre gestorben an deiner Stelle!«

      »So schwer war das nun auch wieder nicht«, beschwichtigte Malu. »Ich hab doch nur –«

      »Du hast sie gar nicht erkannt, oder?« Lea grinste.

      »Nun sag schon, wer sind die zwei denn jetzt?«

      Lea senkte ihre Stimme noch mehr. »Das ist Danni Morilla.« Sie sah Malu mit großen Augen an.

      »Danni wer?«

      »Danni Morilla!«

      »Kenn ich nicht«, sagte Malu. »Und warum sollte diese Danni sich mit falschem Namen bei uns anmelden?«

      Lea verdrehte die Augen. »Das ist doch nur Tarnung. Danni Morilla spielt doch die Hauptrolle in Zusammen für alle Zeiten. Und wenn jeder wüsste, dass sie sich bei euch aufhält, dann würde es hier ja bald vor Paparazzi nur so wimmeln.«

      Malu war davon nicht wirklich überzeugt. Aber ganz egal, wie die Leute hießen, sie musste jetzt diese Taschen nach oben verfrachten.

      »Komm, fass mal mit an«, sagte Malu und deutete auf die Taschen.

      »Ich nehm Dannis!« Lea sprang vor und griff sich die Tasche der Frau.

      Malu sah ihrer Freundin grinsend hinterher, die die Reise­tasche vor sich hertrug, als ob es sich um die Kron­ju­­welen der Königin von England handelte. Mit dem General­schlüssel und der Reisetasche des (offenbar nicht ganz so berühmten) Ehemanns folgte sie ihrer Freundin die Treppe hoch.

      Im ersten Stockwerk angekommen, öffnete Malu die frisch lackierte weiße Holztür mit der goldenen Fünf und stellte die Tasche vor dem Kleiderschrank ab.

      »Echt schick geworden«, stellte Lea fest, als sie sich im Zimmer umsah. Die Wände waren mit einer blauweiß gestreiften Tapete bespannt und auf dem gewaltigen Doppelbett lag eine Überdecke in den gleichen Farben. Die Möbel waren allesamt Antiquitäten, die noch aus dem Besitz des Barons stammten. Jetzt waren sie neu geschliffen, lackiert und poliert und strahlten den Glanz vergangener Zeiten aus.

      Das Zimmer lag im hinteren Teil des Schlosses. Durch das große Doppelfenster mit den weißen Sprossen konnte man auf die Pferdewiese mit dem neuen Offenstall sehen. Daneben verlief der Feldweg, den gestern die schwarze Araberstute entlanggaloppiert war. Malu warf einen Blick auf ihre friedlich grasende Herde. Papilopulus stand wieder dösend mit hängendem Kopf am Zaun. Malu zog es ein bisschen im Herzen, wenn sie ihn so sah. Das erinnerte sie daran, dass er schon ziemlich alt war und seine Kräfte langsam nachließen. Schnell schaute sie nach Alibaba und dem kleinen Stutenfohlen, um die düsteren Gedanken loszuwerden. Die beiden standen am anderen Ende der Wiese – Alibaba jedenfalls, Lapislazuli jagte in wilden Bocksprüngen um ihre Mutter herum. Malu lächelte. Das Fohlen war einfach Lebensfreude pur!

      Plötzlich huschte etwas durch den Offenstall. Was war das? Doch Ratten? Nein, das war etwas Größeres gewesen. Sie kniff die Augen zusammen, um im schummrigen Licht des Stalls etwas zu erkennen. War das ein Mensch?!

      4. Kapitel

      Ein lautes Krachen hinter ihr ließ Malu herumfahren. Ent­­­setzt sah sie ihre Freundin an, die vor der offenen Reise­tasche stand.

      »Was machst du da?!«

      Lea lief hellrot an und räumte das sperrige Gerät, das ihr aus der Hand gefallen war, hastig in die Tasche zurück. »Ich war so neugierig, was Danni wohl mitgebracht hat, ihre Tasche war so schwer«, sagte sie entschuldigend. »Guck mal, eine Kamera mit Stativ und allem drum und dran.«

      »Du spinnst wohl, pack das sofort wieder ein!«

      »Ja, ja, keine Panik«, beruhigte Lea ihre Freundin und zog den Reißverschluss zu. »So, merkt doch keiner.«

      »Man wühlt doch nicht in den Sachen von anderen Leuten rum«, sagte Malu vorwurfsvoll.

      »Hast ja recht«, Lea warf ihre Zöpfe nach hinten und grinste ihre Freundin an, »aber ganz manchmal ist es schon erlaubt, zum Beispiel, wenn man sonst vor Neugierde sterben würde.«

      Malu verdrehte die Augen. »Komm, lass uns nach unten gehen, bevor die Kamparis kommen.« Schnell sah sie noch mal aus dem Fenster, aber es war kein Schatten mehr zu sehen. Vielleicht war es doch eine Katze gewesen.

      Malu war froh, als Rebekka und Gesine endlich von der Beerdigung zurückkamen und die Gästebetreuung über­­­nahmen. Gerade im richtigen Moment, denn die Kamparis hatten sich eben vor dem Tresen aufgebaut und beschwerten sich über ihr Zimmer. Sie hätten extra bei der Anmeldung ein Zimmer mit Seeblick bestellt, ausdrücklich! Wahrscheinlich waren die vorderen Zimmer noch nicht ganz fertig, aber darum musste sich jetzt ihre Mutter kümmern.

      Nachdem sie Leas Taschen und Koffer in Malus Zimmer geschleppt hatten, suchten sie erst mal in der Küche nach etwas Essbarem. Zum Glück fand sich noch ein Rest von Rebekkas köstlichem Nudelauflauf, den Malu fast alleine verdrückte, weil Lea wieder mal Angst hatte, danach nicht mehr in ihre neue Hose zu passen und die brauchte sie am Freitag ganz dringend, wie sie überdeutlich betonte.

      »Nun frag mich doch endlich, was ich wahnsinnig Tolles vorhabe«, platzte Lea plötzlich heraus.

      Malu schluckte den letzten Bissen herunter und grinste. »Also erst mal will ich wissen, wie du darauf kommst, dass Frau Kampari Danni Morilla ist.«

      Lea ließ sich auf ihrem Stuhl nach vorne fallen und beugte sich über den Tisch. »Danni Morilla hat doch diesen YouTube-Kanal Style-up-your-life, der ist doch mega­­­bekannt und dann hat sie die Hauptrolle in der Serie Zusammen für alle Zeiten bekommen, die musst du doch kennen!« Sie betrachtete ihre Freundin kopfschüttelnd. »Du hast echt zu viel Pferde im Kopf, da gehen solche Highlights eben an dir vorbei.«

      Malu bezweifelte insgeheim, dass es sich bei dieser Serie wirklich um ein Highlight handelte, aber selbst wenn, hätte sie keine große Chance davon etwas mitzubekommen. Rebekka wachte streng über den Medienkonsum ihrer Kinder (völlig übertrieben!), der Fernseher war im Schrank und das WLAN oft ausgeschaltet. Das war eigentlich der einzige Vorteil daran, dass ihre Mutter so im Dauerstress war, sie dachte nur noch selten daran, Malu den Laptop wegzunehmen. Wenigstens etwas!

      »... und dann stellt sich heraus, dass der Graf ihr verschwundener Cousin ist, in den ihre Schwester aber schon verliebt war. Und jetzt muss Lavanda auf das Gestüt und da ... Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?«

      Schuldbewusst sah Malu ihre Freundin an. Sie hatte nur noch das Ende mitbekommen, aber da Lea ihr sicherlich gerade den Inhalt der kompletten Serie in Kurzform wiedergegeben hatte, war es wohl nicht so schlimm. »Doch, doch, klar, sie muss zum Gestüt«, beteuerte Malu. »Und diese Lavanda spielt Danni Morilla?« Sie hoffte, dass sie den Zusammenhang richtig erraten hatte.

      Lea lehnte sich zurück und nickte. »Der Hammer, oder?«

      »Und du bist sicher, dass Frau Kampari diese Danni ist?« Malu machte ein skeptisches Gesicht.

      »Hundert Pro!« Lea zog ihr Handy aus der Hosentasche und switchte durch die Kanäle. »Hier.« Sie hielt Malu den Bildschirm unter die Nase, auf dem eine blonde schmale Frau mit riesiger Sonnenbrille posierte.


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