Im Bett mit dem Teufel. Dolores Schmidinger

Im Bett mit dem Teufel - Dolores Schmidinger


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bin Luzifer, der Verführer! Der Herr Kaunitz Hackenberg ist nicht zu Hause! Hihihihi!«, und die Teufelsmaske verschwindet. Als sich die Eva von ihrem Schock erholt hat, ist der Joachim mit der Maske in der Hand zum Haustor heruntergekommen und sagt: »Die Maske ist handgeschnitzt! Oben habe ich noch drei davon hängen.«

      Er lacht und es ist jetzt gar nichts Unheimliches mehr um ihn herum. Wieder Seidenhemd, diesmal kurzärmelig, von einem blassen Gelb, und wieder eine beige Leinenhose, dazu hat er trotz der Hitze ein Tuch um den Hals gebunden.

      »Kommen Sie doch weiter! Bitte mich in den Hof zu begleiten!«, er spielt den Fremdenführer, »Da ist zur Jause gedeckt.«

      Sie gehen durch einen kleinen Gang nach hinten in einen Innenhof, der mit roten Ziegeln gepflastert ist. Drum herum gibt es Sträucher und ein kleines Gemüsebeet.

      Ein länglicher Holztisch steht dort, der mit einem weißen Spitzentischtuch bedeckt ist. An den beiden Kopfenden liegt je ein Gedeck. Zwei gepolsterte Sessel stehen davor. Es sieht aus wie in einem historischen Film, wo das adelige Paar weit voneinander entfernt seine Mahlzeit einnimmt.

      »Dass wir uns nicht zu nahe kommen«, sagt der Joachim, »bitte Platz zu nehmen, der Kaffee kommt gleich.«

      Die Eva setzt sich an das untere Ende des Tisches unter einen frisch gepflanzten Baum.

      »Das ist eine Eiche«, erklärt der Joachim. »Die stärkt das Ich-Bewusstsein und die Gesundheit. Übrigens …«, er zwinkert ihr zu, »eine Eiche gedeiht besonders gut, wenn Tote darunter begraben sind!«, und er entschwindet ins Haus. Die Eva steht auf und kratzt mit der Fußspitze in der Erde herum. »Wenn Tote darunter begraben sind« … dann setzt sie sich wieder. Der Joachim hat offensichtlich einen sehr schwarzen Humor.

      Er kommt mit Kaffee und einem Kuchen aus dem Haus und stellt beides auf den Tisch. »Rhabarberkuchen!«, sagt er, »selbst gebacken«, und schneidet den Kuchen auf.

      Dann kommt er mit der Porzellankanne zur Eva und schenkt ihr Kaffee ein. Er ist bemüht, ihr dabei nicht zu nahe zu kommen, aber beugt sich doch so weit herunter, dass sie ihn spüren kann. Und er riecht nach Lavendelseife.

      Man trinkt Kaffee und plaudert.

      Er ist also auch Schauspieler?

      Ja, schon, obwohl man fast keine Rollen mehr annehmen kann, seit das moderne Regietheater die Stücke nur mehr verhunzt. Aber er hat genug Geld, um sich nur dem »Schöngeistigen« zu widmen. Sein Vater hat ihm das Haus vererbt und dazu noch eine größere Summe. Er hatte sich nämlich in der Nazizeit durch »Arisierung« ein Industrieunternehmen angeeignet und es zu einem beträchtlichen Reichtum gebracht.

      »Meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben und die Großmutter hat mich aufgezogen. Mein Vater war ein böser Charakter, er hat mich sehr viel geschlagen. Und dann bin ich von vier Internaten geflogen. Aber die Großmutter hat mich geliebt und wir haben hier miteinander gewohnt. Im selben Bett geschlafen, bis sie vor sieben Jahren gestorben ist.«

      Dann geht es wieder um das Theater: Ein Thomas Bernhard ist ihm zuwider. Er liebt die Klassiker.

      Die Eva will jetzt nicht mit ihm über das Theater diskutieren. Er hat offensichtlich sehr konservative Ansichten und sie hat keine Lust mit ihm zu streiten. Sie schaut ihm in die Augen, er schaut zurück.

      Sie steht auf und nimmt ihren Sessel. »Ich glaube, ich werd’ ein bisserl näher zu dir … zu Ihnen hinrücken«, sagt sie, doch der Joachim ruft: »Nein, nein, das kann ich nicht zulassen! Bleiben Sie dort, wo Sie sind!«

      »Aber einen Kaffee kann ich doch noch haben, oder?«

      Er kommt wieder mit der Kaffeekanne zu ihr und schenkt ein. Diesmal legt sie dabei ihren Kopf auf seinen Arm, diesmal weicht er nicht zurück.

      »Könnte ich vielleicht ein Bussi haben?«, sagt sie.

      Er beugt sich zu ihr hinunter und küsst sie, der Sessel fällt um. Sie fallen beide auf den Flecken Gras, der um die junge Eiche herum gepflanzt ist.

      »Gehen wir hinein!«, sagt sie und ihre Stimme ist ganz heiser.

      Er steht auf und putzt die Erde-Reste von seinen Knien.

      Dann räuspert er sich.

      »Machen wir eine kleine Führung durch die Wohnung«, sagt er.

      »Aber das Schlafzimmer kann ich Ihnen nicht zeigen, da gibt es Haifische!«, er bleckt die Zähne und macht ein paar schnappende Geräusche.

      Sie gehen durch den Gang eine Treppe hinauf in den ersten Stock und er hat dabei seinen Arm um ihre Schulter gelegt.

      »Bitte einzutreten, hier das Vorzimmer«, der Joachim tut so, als ob er ein Museumsführer wäre, »und rechts die Küche!«

      Er führt sie in einen Raum, der ganz mit hellem Holz verkleidet ist.

      »Zirbenholz«, erläutert er. »Die Zirbe ist die Königin der Alpen. Senkt die Herzfrequenzrate. Die hab ich so gelassen, wie sie die Großmutter eingerichtet hat. Hier hängt noch ihre Schürze«, er weist auf einen blauen Kittel, der neben dem Eiskasten auf einem Haken hängt.

      Sie schauen sich an und küssen sich wieder.

      »Und bitte weiterkommen«, er löst sich von ihr und sie gehen in den nächsten Raum.

      »Das Herrenzimmer«, sagt er.

      Es ist ein Zimmer mit wuchtigen, altdeutschen Möbeln. Und dort an der Wand hängen vier Teufelsmasken, die, mit der er sie vorhin erschreckt hat, in der Mitte.

      »Die sind von einem sehr begabten Maskenschnitzer gefertigt«, erklärt er, »ich hätte gerne noch eine gehabt, aber er hat sich dann leider umgebracht.«

      Gegenüber hängt ein Ölbild von einem mürrisch dreinschauenden Mann. »Der Professor«, sagt der Joachim ehrfürchtig, »mein Lehrmeister!«

      Dann führt er sie ins Wohnzimmer. Dort geht das Fenster hinunter in den Hof, und man kann die Tafel mit zwei Gedecken und den Resten des Rhabarberkuchens von oben sehen.

      Er hat seinen rechten Arm um ihre Schultern gelegt und auf einmal spürt sie, wie sich etwas Hartes in ihre Rippen drückt. Es ist eine Pistole.

      »Die hat meine Großmutter immer in der Nachttischlade gehabt«, sagt der Joachim fröhlich.

      Die Eva spürt die Angst in allen Eingeweiden, besonders in der Nähe des Beckenbodens.

      »Muss ich mich nicht fürchten vor dir?«, ist das Letzte, was sie sagt, bevor sie mit dem Joachim in einem zuerst innigen, dann immer wilder werdenden Kuss sich zusammenfügt.

      Er knöpft ihr das Kleid auf, sie hilft ihm dabei, er zieht sie Richtung Schlafzimmer, dorthin wo einen die Haifische fressen – sie kann noch wahrnehmen, dass dort die Wand in ineinanderfließenden Farben bemalt ist. Von Orange über Rot in ein tiefes Blau übergehend, und wo das Blau anfängt, hat jemand drei Fische gemalt. Aber keine Haifische, sie sehen eher aus wie Karpfen.

      Sie fallen auf das Bett. Ein altes Doppelbett mit Gitterstäben aus Messing.

      Sie hat ihm das gelbe Seidenhemd aus der Hose gezogen und nimmt seine Brust und seinen Rücken mit ihren Händen in Besitz. Er zieht ihr das Kleid über den Kopf. Sie öffnet seinen Gürtel und zieht ihm die Hose bis zu den Knien.

      Sie streicht mit der Hand über seine Unterhose, dort, wo er schon in voller Erregung ist. Er küsst ihren Hals, genau in der Kurve, wo sich bei einer Berührung die Körperhaare aufstellen. Die Eva ist überrascht, dass kein Vorspiel nötig ist, dass ihre Angst ein Vorspiel gänzlich ersetzt. Er dringt in sie ein und in kürzester Zeit kommt sie so intensiv, dass sie das Gefühl hat, ihre Eingeweide würden sich zusammenziehen.

      Nachdem auch er wie vor Schmerz wimmernd gekommen ist, liegen sie erschöpft nebeneinander. Sie legt ihren Kopf auf seine Schulter.

      »Schön war das«, sagt sie.

      Er setzt sich plötzlich auf.

      »Sie müssen jetzt gehen. Sie haben mein Ich-Bewusstsein gestört


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