Missbrauch mit dem Missbrauch. Rainer Bertram
rufe ich in der Kanzlei „L“ an und bitte den Anwalt um Beistand. Die Kanzlei „L“ ist nach einem klärenden Gespräch bereit, mich in allen Belangen zu vertreten. Beide, meine Partnerin und ich sind den dortigen Anwälten bekannt. Aber einfach nur ein Mandat übernehmen will die Anwaltskanzlei nicht. Drei Stunden berichte ich, antworte auf Fragen, erkläre Situationen und stelle selbst Fragen. Die beiden anwesenden Anwälte fragen, bohren, fragen wieder und wieder und lassen keine Peinlichkeit aus. Später wird es sich auszahlen, denn auch eine Beschwerde der gegnerischen Rechtsanwältin vor der Anwaltskammer kann die Unterstützung der Kanzlei für meine Interessen nicht erschüttern. Die Beschwerde hatte, wie ich viel später erfahren sollte, keinen Erfolg – wie alle anderen noch folgenden Beschwerden. Nach dem Anwalt zieht es mich wieder zur Kirche. Ich laufe durch die Hauptstraße und sehe auf der anderen Straßenseite Doris mit Tochter und einer Freundin und deren zwei Kinder in die Stadt laufen. Sie schaut zu mir rüber, flüstert mit der Freundin und dann zeigen mir beide was für ein Abschaum ich bin. Selbst heute noch empfinde ich tiefen Zorn, wenn ich an dieses boshafte und herablassende Lachen denke. Ich merke, dass ich Menschen anders sehe. Jedem Menschen, der mir entgegenkommt, möchte ich sagen, nein ich habe nichts getan. Mein Anwalt sagt mir immer wieder, dass ich unbedingt professionelle Hilfe suchen soll? Nein, ich schaffe das schon allein. In einigen Tagen wird sich alles aufgeklärt haben. Unser Sohn hat bestimmt bei seiner Vernehmung erzählt und damit ist das Thema erledigt. Dann können wir endlich miteinander reden.
Samstag – 28. Juli 2012
Die Firma „Service K“ sucht Mitarbeiter zur Unterstützung ihres Immobiliengeschäfts. Nach einem kurzen Gespräch bin ich mit dem Firmeninhaber einig, dass ich für ihn tätig sein kann. Die Objekte, die ich erhalte, habe ich nicht nur zu vermarkten, sondern aufzunehmen, zu bewerten, zu vermieten oder zu verkaufen. Eine Provision von 20 % eröffnet mir zumindest finanziell wieder eine Perspektive. Die entsprechenden Genehmigungen zur Maklertätigkeit kann ich nach einer Eingewöhnungszeit einholen. Ich habe wieder eine Aufgabe, komme mit Menschen zusammen und kann meine Zeit wieder sinnvoll planen. Jedes Mal, wenn ich durch „D“ fahre, schaue ich, ob ich unseren Sohn irgendwo sehe, aber das passiert nicht. Das einzige, was ich im Vorbeifahren wahrnehme ist, dass entweder das Auto der Oma oder dass der Schwester oder alle im Hof stehen. Die Oma hat jetzt die gesamte Organisation des Haushalts und des Familienlebens übernommen. Einmal an einem Donnerstag kommt Levin mit seiner kleinen Schubkarre aus der Einfahrt. Ich sehe ihn von weitem. Als ich näherkomme, taucht auch der Opa mit einer Schubkarre auf. Scheinbar wollen sie Grün Müll zum Wertstoffhof bringen. Ich fahre langsamer und winke unserem Sohn im Vorbeifahren zu. Er stellt die Schubkarre ab und schaut mir nach. Im Rückspiegel sehe ich noch, dass der Opa ihn auffordert weiterzugehen. Offensichtlich hat er Angst ich könne anhalten. Dass ich das gekonnt hätte, fällt mir aber erst später ein. Ich war so überrascht, dass mir der Gedanke gar nicht gekommen ist.
Montag – 20. August 2012
Mein Rechtsanwalt informiert mich telefonisch, dass meine Partnerin bei der Kammer Beschwerde gegen ihn eingereicht hat, weil er gegen Standesrecht verstoßen hat. Sie hat durch Frau Neumann erklären lassen, dass die Kanzlei „L“ mich kostenlos vertreten würde. Es ist mir zwar aufgefallen, dass Frau N, die Mutter des kleinen Freundes von Levin bei Christel vom Status „Persona non Grata“ in den Stand „liebste Freundin“ aufgestiegen ist, aber ich habe nicht weiter darüber nachgedacht, was ich der als Information direkt nach meiner Rückkehr gegeben habe. Allerdings weiß ich eines, mit dieser Frau sprach ich, da wurde ich noch durch Rechtsanwältin S. vertreten. Ich kann überhaupt nichts von der Kanzlei „La“ erwähnt haben. Erzählt haben kann ich lediglich, dass die Kanzlei „S“. Prozesskostenbeihilfe für mich beantragt habe und ich damit weitgehend kostenlos vertreten werde. Zwei Tage später hat die Anwaltskammer die Beschwerde zurückgewiesen. Nachdem deutlich wird, dass meine Ex-Partnerin nicht bereit ist, anzuerkennen, dass ich einiges an Finanzmitteln für das Haus aufgenommen und verwendet habe und nachdem deutlich wird, dass sie sogar abstreitet einen Mietvertrag mit mir zu haben, muss ich sehen wie ich das beweisen kann. Die notwendige Nachfinanzierung für das Haus war nur durch den Mietvertrag möglich. Über ein Mannheimer Finanzierungsunternehmen haben wir im Januar 2012 die Nachfinanzierung durch die finanzierende oder andere Bank beantragt. Einige Tage später, die Rechnungen werden mehr und mehr und mir fallen eigentlich auch keine Begründungen mehr ein, warum unser Bauträger noch warten muss, teilt uns der Finanzvermittler aus Mannheim mit, dass die Bank nicht finanzieren würde, er würde es über eine andere Bank versuchen. Da kommt dann aber nichts mehr. Über eine Bausparkasse haben wir dann die Finanzierung beantragt. Einige Tage später teilt uns die Mitarbeiterin der Kasse mit, dass es abgelehnt ist. Dann schicke ich am 01.02.2012 als Einnahme steigernd den Mietvertrag an die Mitarbeiterin. Daraufhin erreicht sie bei einer Bank eine Zusage. Die Finanzierung mit 7 % ist zu teuer, ich versuche es dann über ein anderes bekanntes Finanzierungsunternehmen.
Der Repräsentant dieses Unternehmens hat den Mietvertrag als Einnahmesteigerung in den Antrag eingefügt. Daraufhin genehmigt die finanzierende Bank die Nachfinanzierung. Ich selbst erkläre bei der Antragsunterzeichnung durch meine Partnerin, dass die gemieteten Räume von mir als Büro genutzt werden sollen, da ich eine Immobilienfirma eröffnen will. An diesen Finanzvermittler erinnere ich mich und frage ihn, ob er denn den Mietvertrag noch in seinen Unterlagen habe. Er ruft zurück und teilt mir mit, dass er alles an die Bank geschickt habe und keine Kopien aufbewahre. Glaube ich ihm? Aber irgendwie muss ich doch an den Mietvertrag kommen. Sicher, auf meinem Rechner habe ich die pdf-Datei. Aber der ist in Mainz bei der Kriminaltechnik. Dann fällt mir ein, dass ja die Mitarbeiterin der Bausparkasse diese Unterlagen noch haben könnte, denn wir hatten sie ja gebeten, nichts an die damals zur Finanzierung bereite teure Bank weiterzuleiten. Also rufe ich sie an. Und ich habe Glück. Sie übergibt mir den Vertrag und sogar noch die Kopie der Mietüberweisung.
Donnerstag – 23. August 2012
Auch wenn es schwerfällt, die erste Aufstellung von persönlichen Sachen, die ich dringend benötigte, habe ich gemacht. Das Telefon klingelt. Am Apparat ist Herr KS von der Kripo „S“. Ob ich Zeit habe, zu kommen. Inzwischen vorsichtig geworden, frage ich erst einmal warum. „Die Rechner sind gekommen und sie können diese abholen, möglichst gleich“. Dreißig Minuten später halte ich vor dem Revier in der Hauptstraße. Ein ganz anderer Herr „KS“ begrüßt mich. Nicht der abweisende auf Distanz bedachte Mann steht mir gegenüber, sondern ein hilfsbereiter Mensch, der froh ist, den ganzen „Kram“ loszuwerden. Er klappt demonstrativ den Deckel der Akte zu, schreibt etwas und brummelt vor sich hin „so abschließen und weg an die Staatsanwaltschaft. Mir hilft er noch beim Einladen, dann wünscht er mir „alles Gute“!!! und verabschiedet sich herzlich. Ich sage ihm adieu, aber nicht auf Wiedersehen.
Und dann erfahre ich durch die Akte etwas. Bis dahin sah ich die Bilder, die unser Sohn gemacht hat, Bilder die angeblich auf meinem Rechner, Speichermedien oder sonst wo vorhanden sein sollen, die ich ins Netz gestellt haben soll oder zu denen ich ihn angeleitet haben soll, als Grund der Verhaftung an. Jetzt lese ich das erste Mal, dass der eigentliche Grund meiner Verhaftung die Aussage der Schwester war, dass ich unseren Sohn entführen wolle und ihn dann, um der möglichen Aufklärung zu entgehen, zu ermorden. Nur aus diesem Grund wurde die Polizei auf Rügen aktiv. Wie verquer muss denn Levins Mama denken, wenn sie den Mann mit ihrem I-Phone fotografiert, der gerade die Schürfwunde ihres Sohnes verbindet, ihn tröstet und mit ihm lachend einen kleinen „Wettlauf“ macht. Wie abstrus ist es, wenn sie dem kleinen Mann sagt: „was würdest du ohne deinen Papa machen“, dann das I-Phone ans Ohr nimmt und ihrer Schwester sagt, sie solle jetzt die Entführungs- und Mordabsichten anführen, damit die Polizei auch wirklich komme. Jetzt wird mir auch klar, warum die Polizisten auf Rügen so „freundlich“ waren, denn die „Mordabsichten“ haben sie mit Sicherheit nicht geglaubt.
Dienstag – 28. August 2012
Einige Ordner habe ich durch die gegnerische Anwaltskanzlei endlich erhalten. Bei der Durchsicht stellte ich fest, dass wichtige Papiere von mir fehlen. Diese Papiere lagen bei den Ordnern oder waren abgeheftet. Ich brauche z. B. den Bescheid über die Bezüge unbedingt für den Abschluss einer Wohnungsfinanzierung, denn mir ist inzwischen klar, eine Rate von 360 € ist leichter zu finanzieren als eine Miete von vielleicht 500 € und mehr.
Mittwoch