Missbrauch mit dem Missbrauch. Rainer Bertram

Missbrauch mit dem Missbrauch - Rainer Bertram


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Abend wird wieder die Beziehung der Freundin zu ihrem Freund Thema. Für mich wird deutlich, dass sie den Sohn des Freundes ablehnt. Der steht wohl aus Sicht von ihr durch seine Stellung zwischen seiner Mutter und seinem Vater der Beziehung zwischen ihr und dem Vater im Weg. Ich mahne an, dass nicht der Sohn das Problem ist, sondern der Freund seine Probleme in den Griff kriegen muss. Die Geschichten um Verdienst, Schulden, Urlaube des Freundes sind mir einfach zu fantastisch. Die Freundin spricht davon, dass sie in einen gemeinsamen Urlaub mit dem neuen Freund gehen will. Merkwürdig ist nur, dass ich ihr dann zuhause allein mit ihrer Tochter begegne. Auch unsere Hausgeschichte ist wieder Thema. Dann freuen wir uns jedoch auf Hiddensee. Heute muss ich zur Kenntnis nehmen, dass beide Frauen offensichtlich systematisch die Gespräche auf Sexualität und Missbrauch gelenkt haben. Die Frage, wer eigentlich die Kinder gefunden hat, wird in diesem Kontext wichtig. Hat die Freundin vielleicht schon vor meiner Partnerin gewusst, dass sich Fotos auf dem Handy befinden. Hat sie vielleicht schon bei ihrem ersten Kontrollgang wegen des Fensters gesehen, dass die Kinder fotografiert haben.

      Donnerstag, den 05.07.2012

       noch 24 Stunden

      Das Frühstück ist heute mal etwas kürzer. Meine Partnerin und ich sind uns einig, Brot zu essen und nicht Brötchen zu holen. Nach dem Frühstück kümmere ich mich um die Wäsche. Irgendwann höre ich, dass sie telefoniert.

      Nach einiger Zeit kommt sie in den Keller und fragt was sie tun soll. Ihre Schwester, wohnt bei dem Vater einer ihrer Töchter, erhebt gegen diesen aber angeblich Vergewaltigungsvorwürfe und will deshalb ausziehen. Meine Partnerin hält den Willen zum Auszug für „Blödsinn“. Jetzt hat die Schwester aber wohl doch einen Mietvertrag für eine andere Wohnung unterschrieben und will am Samstag zu uns nach Hause kommen, um mit uns darüber zu sprechen. Meine Partnerin meint, dass es ein Problem geben würde, weil wir sehr spät ankommen würden und außerdem ihre Eltern bereits im Haus wären. Zwischen den Eltern und ihrer Schwester gibt es erhebliche Differenzen wegen ihrer angeblichen „Vergewaltigung“. Ich bin der Meinung, dass wir trotzdem ja sagen sollten, da sich in der Vergangenheit gezeigt hat, dass eine Verschiebung oder Absage an die Schwester zu langer Funkstille mit ihr führt. Vielleicht sprechen sich Schwester und Eltern auf dem neutralen Boden in unserem Haus schon vor uns aus. Die Schwester hatte die Eltern einige Wochen vorher um Hilfe gebeten. Sie könne mit ihrem Freund nicht mehr zusammenleben, da er sie sexuell nötigen, sogar vergewaltigen würde. Zum Beweis zeigte sie den Eltern einen Kalender in dem wohl die „Wunschtermine“ des Freundes zum Sex oder Termine zum Sex eingetragen waren. Meine Partnerin hat mir zu dem Thema immer wieder gesagt, dass ihre Schwester schizoide Wahrnehmungen habe und niemals ausziehen werde. Zwei Wochen zuvor hatte ich bei der Geburtstagsfeier meiner Partnerin – natürlich bei den Eltern – Gelegenheit mit ihrer Schwester zu sprechen. Sie war nur zum Gratulieren gekommen, sprach mit ihren Eltern kein Wort. Ich habe ihr das Gespräch angeboten und sie entgegnete mir, dass sie nicht mehr wisse wem sie glauben könne, käme aber auf mich zu, wenn ich mal allein wäre. Jetzt wollte sie wohl einen Mietvertrag unterschrieben haben. Scheinbar hat sie diesen Schritt zum Auszug wohl gegen den Rat der Eltern und meiner Partnerin doch vollzogen. Hiddensee erkunden wir mit einer Kutschfahrt. Danach lassen wir die Kinder ans Wasser. Diese beschäftigen sich mit Quallen und ähnlichem. Wir haben doch mehr Geld als geplant ausgegeben. Trotzdem reicht es auf der Rückfahrt noch zu drei Portionen Pommes Frites für alle. Am Abend ruft die Mutter meiner Partnerin auf meinem Handy an und lässt sich erklären, wie das Wasser zum Rasen- und Blumengießen angestellt werden kann.

      Freitag, den 06.07.2012

       noch 10 Stunden

      Frühstück, Kika und Gespräche. Wir wollen in Ruhe packen. Der tote Junge von Amrum ist wieder mal Thema. Ich gehe in den Keller und bügele die gesamte trockene Wäsche. Die Freundin hat mit den Kindern Brötchen geholt und Levin eine Angel gekauft. Die Kinder spielen vor der Tür Schnecken suchen. Die Freundin erzählt uns, dass ihre Tochter draußen einen schwarzen Mann sieht. Ich kümmere mich nicht darum, weil beide Kinder im Vorgarten und unter Aufsicht beider Mütter sind.

      Meine Partnerin telefoniert. Nach dem langen Telefongespräch kommt sie nach unten und erzählt mir, dass sie mit ihrer Schwester gesprochen habe. Sie nimmt die bereits gebügelte Wäsche mit nach oben. Nachdem ich die restliche Wäsche fertig habe, gehe ich nach oben. Doris sitzt im Wohnzimmer. Wir kommen ins Gespräch über den Besuch der Schwester. Doris hatte Teile unseres Gesprächs zu dem Für und Wider mitbekommen. Ich erzähle ihr kurz, dass es schon problematisch ist, wenn die Schwester und die Eltern zur gleichen Zeit in „D“ sind. Doris kennt die Oma von Levin und hat mir oft genug gesagt, dass sie sich deren Benehmen nicht gefallen lassen würde und hat auch meine Partnerin oft darauf angesprochen, dass die Oma sich unmöglich verhält, wenn sie z. B. meine Tochter wie Luft behandelt oder mir wieder glaubt sagen zu müssen, was ich zu tun habe. Sie kennt den ungeheuren Alkoholkonsum der Oma und hat das mehr als einmal kritisch angesprochen.

      Meine Partnerin kommt die Treppe hinunter. Sie hat geschlafen. In kurzen Worten erzählt sie Doris vom Vorwurf der Vergewaltigung Ihrer Schwester durch deren Partner und das daraus entstandene Zerwürfnis zwischen ihr und den Eltern. Sie stuft die Erzählungen ihrer Schwester ein wie ihre Mutter, nämlich als nicht wahr oder so nicht wahr. Dann erklärt sie aber, dass es gut sei, wenn ich mit der Schwester sprechen würde, denn ich hätte einen guten Draht zu ihr und könne manches sagen, was andere ihr nicht sagen dürften.

      Ich stehe auf und gehe mit meiner Partnerin nach oben und helfe beim Packen. Das geht verhältnismäßig schnell. Als mich meine Partnerin anspricht, warum ich in den letzten Tagen manchmal so nachdenklich war, will ich ihr eigentlich erzählen, dass ich mir wirklich Sorgen um sie mache, dass ich manchmal frustriert bin, weil sie sich verändert hat, Karriere und die Wirkung nach außen für sie wichtiger wird, aber ich erzähle ihr nur, dass der bevorstehende Prozess zum Haus mir Sorgen macht. Ich will ihr auch nicht erzählen, dass mich einige Diskussionsthemen wirklich genervt haben und ihre plötzliche Ehrlichkeit, was mich betrifft, mir zu denken gibt. Ich will die gerade empfundene schöne Stimmung nicht zerstören und sage ihr nur dass ich mir vorstellen könnte, dass die Verschleppung einer Entscheidung des Gerichts zu dem illegalen Bau des Nachbarn uns richtig Geld kosten könne. Natürlich relativiere ich das gleich wieder, um ihr keine Angst zu machen. Ich gehe zu ihr und nehme sie in den Arm. Meine Partnerin schaut mich an und sagt wie sehr sie mich liebe. Sie ruft nach unten, dass wir gleich kommen werden, macht die Tür zu und zieht die Gardinen zu. Es fällt mir auf, dass sie sich von einem Moment zum anderen verändert. Ich sehe in ein verzerrtes, hochrotes mit hektischen Flecken übersätes Gesicht. „Was ist denn mit dir?“ frage ich. Ohne zu antworten reißt sie die Tür auf rennt wie in Panik nach unten. Ich rufe ihr nach, aber sie ist bereits ganz unten. Schämt sie sich plötzlich vor Doris? Das überlege ich noch und packe dann aber die Koffer fertig. Einige Koffer und Taschen bringen wir zum Auto. Doris gibt mir Geschirr, um es besonders einzupacken. Die restlichen Gepäckstücke sollen erst am Abend folgen, da ich noch eine Menge leerer Flaschen im Kofferraum habe, die weggebracht werden müssen. Wie ich später erfahre, hat Doris in der Zeit, in der wir packten, dilettantisch Bilder malen lassen. Da soll unser Sohn nur mit schwarzem Stift gemalt haben, während das Mädchen angeblich ihre Bilder in den verschiedensten Farben sehr fröhlich gemalt habe. Zwischenzeitlich habe ich zu diesem Thema recherchiert und erfahren, dass man seit langem weiß, dass Bilder denkbar ungeeignet sind Hinweis auf einen Missbrauch zu geben. Das muss auch die Psychologin, eine Freundin von Doris, die sie telefonisch kontaktiert hatte, um „Beweise“ zu erhalten, wissen. Diese Psychologin beschäftigt sich beruflich mit „antriebslosen“ Jugendlichen oder Jugendlichen aus sozial problematischem Umfeld und hat später vor dem Staatsanwalt erklärt, dass sie überhaupt nicht wusste, um was es geht. Auch heute kann ich noch nicht fassen, dass meine Partnerin von sich aus Zärtlichkeit sucht und später bei der Staatsanwaltschaft aussagt, das nur zur Ablenkung gemacht zu haben. Wenn sie so berechnend beobachtet, muss sie auch wissen, dass ich schon gar nichts von dem gemacht habe, was ich laut Aussage der Schwester getan haben soll. Wie soll sie das, was sie ihre Schwester später aussagen lässt, denn gesehen haben? Sie verschwand doch fluchtartig nach unten, um die angeblich gemalten Bilder zu begutachten. Eigentlich würde ich ja gerne wissen, wie man sich fühlt, wenn die Freundin Bilder malen lässt und genau weiß, was die andere gerade verabredungsgemäß tut. Ich würde mich in Grund und Boden


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